Physikdepartment Technische Universität München Christoph Schnarr & Michael Schrapp Blatt 4 - Lösungsvorschlag Ferienkurs Quantenmechanik – Sommer 2010 (Näherungsverfahren) 1 Ritzsches Variationsverfahren Für das angegebene Potential { fx V (x) = +∞ für x > 0 für x < 0 (1) führe man das Variationsverfahren unter Verwendung der Versuchsfunktionenschar u(x) mit dem Variationsparameter α durch: u(x) = xe−αx Geben Sie die dazugehörige minimierte Energie an. Geben Sie zudem ein Beispiel an, wo dieses Potential in der Realität auftauchen kann. Hinweis: Die Formel ∫∞ dx xn e−px = 0 n! pn+1 kann hilfreich sein. Lösung: Für das zu minimierende Energiefunktional gilt: E(α) = ⟨u(x)|H|u(x)⟩ ⟨u(x)|u(x)⟩ Zunächst berechnen wir: ∫∞ ⟨u(x)|u(x)⟩ = dx x2 e−2αx = 0 ∫∞ ⟨u(x)|H|u(x)⟩ = −α x dx x e 1 4α3 ( ) ~2 d2 − + f x xe−αx 2m dx2 0 = ~2 α m ∫∞ −2αx dxxe ~2 α2 − 2m 0 = ⇒ ∫∞ dxx e 0 ~2 3f + 4 8mα 8α ~2 α 2 3f E(α) = + 2m 2α 1 2 −2αx ∫∞ +f 0 dxx3 e−2αx Die Minimierung liefert: dE(α) dα = 0 )1/3 ( 3mf ⇒ α0 = 2~2 ( )1/3 9 2f 2 ~2 E(α0 ) = 4 3m Wählen wir f = mg, so handelt es sich um die potentielle Energie eines Teilchens im homogenen Gravitationsfeld der Erde. Das Teilchen wird bei x = 0 von einer ideal reflektierenden Ebene zurückgeworfen. 2 Störungstheorie 1. Ordnung Zwei identische Teilchen befinden sich in einem unendlich hohen Potentialtopf mit Wänden bei x = 0 und x = a. Für die Einteilchenwellenfunktion gilt: √ ( nπx ) 2 ψn (x) = sin a a Wir lassen die beiden Teilchen über das Potential V (x1 , x2 ) = −aV0 δ(x1 − x2 ) schwach miteinander wechselwirken. 1. Berechnen Sie die Grundzustandsenergie in erster Ordnung Störungstheorie. Lösung: 1. Die Energiekorrektur in 1. Ordnung Störungstheorie lautet: ⟨00| − aV0 δ(x1 − x2 )|00⟩ = −a ∫a ∫a ( )2 ( n πx ) ( n πx ) 2 1 1 2 2 V0 sin2 sin2 δ(x1 − x2 )dx1 dx2 a a a 0 = − 4V0 a 0 ∫a sin2 ( nπx ) a sin2 ( nπx ) a dx 0 = − 4V0 a ∫a sin4 ( nπx ) a dx 0 [ ]a 4V0 3 1 1 x− sin(2ax) + sin(4ax) a 8 4a 32 0 4V0 3 = − · a 8a 3 = − V0 2 Damit ist die Grundzustandsenergie die Summe der beiden ungestörten Teilchenenergien plus die Energiekorrektur. ⇒ E00 = − ~2 π 2 2 3 ~2 π 2 3 3 2 (1 + 1 ) − V = − V0 E0 = E10 + E20 − V0 = 0 2 2ma2 2 ma2 2 2 3 Eckige Versuchswelle Gegeben Sei ein Teilchen in einem Potentialkasten mit unendlich hohen Wänden und der Breite L. { L − |x| für |x| < L ψ(x) = A 0 für |x| > L Als Versuchswellenfunktion sei (2) gegeben. 1. Bestimmen Sie die Normierungskonstante A. 2. Schätzen Sie die Grundzustandsenergie ab und vergleichen sie es mit dem exakten Resultat E0 = π 2 ~2 8mL2 . Lösung: 1. Es muss ⟨ψ|ψ⟩ = 1 gelten: A2 ∫0 ∫L (L + x)2 dx + −L ([ 1 (L + x)3 3 (L − x)2 dx = 1 ! 0 [ ]0 1 + (L − x)3 3 −L √ 3 ⇒A= 2L3 2 A 2. Die Grundzustandsenergie schätzen wir über Ableitung der Wellenfunktion: A ′ ψ (x) = −A 0 ψ ′′ (x) ]L ) = 1 0 E0 = ⟨ψ|H|ψ⟩ ab. Dazu benötigen wir die 1. und 2. für − L < x < 0 für 0 < x < L sonst = Aδ(x + L) − 2Aδ(x) + Aδ(x − L) (3) (4) Man hat es bei der 1. Ableitung mit 3 Unstetigkeitsstellen zu tun. Dabei hat die Ableitung jeweils einen Sprung. Die Ableitung eines ”Sprungs” entspricht aber gerade einer Delta-Funktion. Dies liefert: E0 ( ) ∫L ~2 d2 = ⟨ψ|H|ψ⟩ = − dxψ(x) 2 ψ(x) 2m dx −L = − A~2 2m ∫L dxψ(x) [δ(x + L) − 2δ(x) + δ(x − L)] −L 2 = = A2 L~ m 3~2 2mL2 π ~ Vergleichen wir das mit dem exakten Ergebnis (E0 = 8mL 2 ), so sehen wir, dass die durch Variationsrechnung bestimmte Grundzustandsenergie etwas größer als die exakte Energie ist, was mit dem Ritzschen Prinzip übereinstimmt. 2 2 3 4 Oszillator mit quadratischer Störung Gegeben sei die Lösung des eindimensionalen harmonischen Oszillators: b0 H b 0 |n⟩ H ϵn pb2 mω02 2 + x b 2m 2 = ϵn |n⟩ ( ) 1 = ~ω0 n + 2 = (5) (6) (7) Nun soll das gestörte System mit dem Hamiltonoperator b =H b 0 + Vb H (8) Vb = λ x b2 (λ > 0). (9) (10) betrachten werden, wobei: 1. Berechnen Sie die Energieverschiebungen in 1. und 2. Ordnung Störungstheorie. 2. Vergleichen Sie die Ergebnisse mit dem exakten Resultat. Lösung: 1. Da die ungestörten Zustände {|n⟩} nicht entartet sind, ist die Störungstheorie für nichtentartete Zustände anzuwenden. In 1. Ordnung Störungstheorie ist die Energieverschiebung durch den Erwartungswert des Störoperators mit den ungestörten Zuständen gegeben: ( ) ~λ 1 (1) 2 b En = ⟨n|V |n⟩ = λ ⟨n|b x |n⟩ = n+ (11) mω0 2 Hierbei ist: ⟨n|b x2 |n⟩ ) ~ ( † † b a b a +b ab a+b a† b a+b ab a† |n⟩ 2mω0 ) ~ ( ⟨n|b a† b a† |n⟩ + ⟨n|b ab a|n⟩ + ⟨n|b a† b a|n⟩ + ⟨n|b ab a† |n⟩ 2mω0 √ √ √ ) √ √ √ √ ~ ( √ ⟨n| n + 1 n + 2|n + 2⟩ + ⟨n| n n − 1|n − 2⟩ + ⟨n| n n|n⟩ + ⟨n| n + 1 n + 1|n⟩ 2mω0 √ √ √ ) √ √ √ √ ~ (√ n + 1 n + 2 ⟨n|n + 2⟩ + n n − 1 ⟨n|n − 2⟩ + n n ⟨n|n⟩ + n + 1 n + 1 ⟨n|n⟩ 2mω0 ~ (n ⟨n|n⟩ + (n + 1) ⟨n|n⟩) 2mω0 ( ) ~ 1 n+ mω0 2 = ⟨n| = = = = = 4 In der 2. Ordnung Störungstheorie ist die Energieverschiebung gegeben durch: En(2) = ∞ ∑ | ⟨n|Vb |n′ ⟩ |2 ϵn − ϵn′ ′ n ̸=n = = = = = ∞ λ2 ∑ | ⟨n|b x2 |n′ ⟩ |2 ~ω0 ′ n − n′ n ̸=n ( † † ) ′ 2 ∞ ~ † † λ2 ∑ | ⟨n| 2mω0 a a + aa + a a + aa |n ⟩ | ~ω0 ′ n − n′ n ̸=n √ √ √ 2 √ √ √ 2 ∞ λ2 ~ ∑ | ⟨n| n′ + 1 n′ + 2|n′ + 2⟩ + ⟨n| n′ n′ − 1|n′ − 2⟩ + ⟨n| n′ |n′ ⟩ + ⟨n| n′ + 1 |n′ ⟩ |2 4m2 ω03 ′ n − n′ n ̸=n [ √ √ ] √ √ n − 2 + 1 n − 2 + 22 n + 2 n + 2 − 12 λ2 ~ + 4m2 ω03 n−n+2 n−n−2 ( ) 1 λ2 ~ − 2 3 n+ 2m ω0 2 b0 ergibt mit der Störung Vb wieder einen harmonischen Oszillator: 2. Der harmonische Oszillator H √ 2 2 p b 2λ mω b=H b0 + λb H x2 = (12) + x b2 mit ω = ω0 1 + 2m 2 mω02 Für diesen Fall sind die exakten Energieeigenwerte bekannt: √ ( ( ) ) 2λ 1 1 n+ En = ~ω n + = ~ω0 1 + 2 mω02 2 Die Störungstheorie entspricht einer Entwicklung nach Potenzen von λ: ] [ λ2 λ − + ... En = ~ω0 1 + mω02 2m2 ω04 = ϵn + En(1) + En(2) + ... (13) (14) (15) Dies stimmt mit den Energieverschiebungen, welche störungstheoretisch berechnet wurden, überein. 5 5 Asymptotik von WKB-Wellenfunktionen Bestimmen Sie das asymptotische Verhalten der WKB-Wellenfunktion tief im klassisch verbotenen Bereich, also im Grenzfall x → ∞, für 1. das lineare Potential V (x) = F · x mit F > 0. 2. das Potential V (x) = 12 mω 2 x2 des harmonischen Oszillators. Hinweise zu 2.: • ∫√ x2 − a2 dx = 1 2 √ [ √ ( )] x x2 − a2 − a2 ln x + x2 − a2 + C • Entwickeln Sie den Integranden in der Exponentialfunktion für große x Lösungsidee: Die angegebenen Potentiale in den allgemeinen Ausdruck für eine exponentiell abfallende WKB-Wellenfunktion x ∫ 1 exp − κ(x′ )dx′ u(x) = N √ κ(x) x0 √ mit V (x) − E ~2 einsetzen und die sich ergebenden Integrale auswerten. κ= 2m Lösung: ¯ 1. Für das lineare Potential V (x) = F · x mit F > 0 ergibt die Auswertung des Integrals1 : √ 2m − ~ ∫x √ √ F· x′ ′ − Edx = − x0 2m 2 3/2 (F x − E) ~ 3F Die WKB-Wellenfunktion lautet folglich: u(x) = N ∝ ) √ 2 2m 3/2 (F x − E) exp − 3~F ) ( 1 1/4 (2m (F x − E) /~2 ) ( √ 1 2 2m 3/2 (F x) exp − 3~F x1/4 1 Eine Änderung der unteren Integrationsgrenze x liefert lediglich einen konstanten Faktor, der durch die Normierungs0 konstante N kompensiert werden kann. Deswegen sei der Einfachheit halber hier und im Folgenden angenommen, dass x0 so gewählt ist, dass die Stammfunktion von κ bei x0 verschwindet, sodass die untere Integralgrenze keinen Beitrag liefert. 6 2. Für das Potential des harmonischen Oszillators V (x) = 12 mω 2 x2 kann unter Verwendung des angegebenen Integrals geschrieben werden: ( ∫ √ √ ) N 2m mω 2 x2 u(x) = ( −E )1/4 exp − 2 2 ~ 2 2m mω x −E 2 ~2 = = N √ √ mω x2 − ~ N √ √ mω x2 − ~ 2E mω 2 2E mω 2 ( ) ∫ √ 2E x2 − mω 2 { [ √ )]} ( √ x 2E E 2E 2 2 x − − ln x + x − 2 mω 2 mω 2 mω 2 mω exp − ~ mω exp − ~ Somit folgt: u(x) [ ( )] 1 mω x2 E √ exp − − ln (2x) ~ 2 mω 2 x ( ) mω x2 = xE/~ω−1/2 exp − ~ 2 ∝ Der Exponentialterm hat die erwartete Form der Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators. Damit das auch für den Vorfaktor gilt, muss gelten: ( ) 1 E = n+ ~ω 2 Dies entspricht exakt der bekannten Energiequantisierung. 7