Soziale Kognition

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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie:
Soziale Kognition
Dr. Simon Hahnzog
© hahnzog 2011
hahnzog – organisationsberatung
Dr. Simon Hahnzog
Ringseisstr. 12 (Rgb.)
80337 München
Tel.: 089 – 95 48 79 49
E-Mail: [email protected]
Web: www.hahnzog.de
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Soziale Kognition oder
Informationsverarbeitung im sozialen Kontext
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Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
1.
Soziale Kognition - Grundlagen
2.
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.
Soziale Wahrnehmung
4.
Attribution
5.
Automatische Prozesse
6.
Stereotype
7.
Eindrucksbildung
8.
Urteilsbildung
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Soziale Kognition
Grundlagen
Definition:
„Soziale Kognition untersucht die Schritte im Strom der Gedanken, die
sich Menschen über andere Menschen machen.“ (Fiske 2004)
Anhand Untersuchungen zur sozialen Kognition wird Verhalten in
sozialen Situationen als Folge von Informationsverarbeitungsprozessen betrachtet:
o Wie wird eine „objektive Situation“ in eine „subjektive Realität“
transformiert?
o Wie können wir andere Menschen einschätzen?
o Warum können sich solche Beurteilungen ändern oder als „falsch“
herausstellen?
o Welche Prozesse bedingen diese Einschätzungen? usw.
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Soziale Kognition
Grundlagen
Wichtige Konstrukte:
• Kategorie:
Das Ergebnis der Kategorisierung von Objekten (Objektkategorie) oder
Menschen/-gruppen (soziale Kategorie).
• Dafür werden Prototypen gebildet:
Mentale Modelle der typischen Eigenschaften von Elementen einer
Gruppe. Prototypen beschreiben ‚das typische Mitglied‘ einer
Kategorie, ein Mitglied, das diese Kategorie am besten repräsentiert.
häufig synonym:
Schema: Unsere Erwartungen über Objekte oder soziale Gruppen.
• Kategorisierung:
Die Tendenz, der wir unterliegen, Objekte (einschließlich Menschen)
aufgrund gemeinsamer charakteristischer Merkmale in diskrete
Gruppen einzuteilen.
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Soziale Kognition
Grundlagen
Wichtige Konstrukte:
• Soziale Kategorie:
Eine soziale Kategorie „ist die Gruppierung zweier oder mehrerer
unterscheidbarer sozialer Objekte, die als gleich behandelt werden.“
(Leyens & Dardenne, 1996, 113).
• Stereotyp:
Soziale Prototypen werden als Stereotype bezeichnet:
Generalisierung über eine Gruppe von Menschen, bei der man praktisch
allen Mitgliedern der Gruppe identische Eigenschaften zuschreibt, ohne
Beachtung gegebener Variation unter den Mitgliedern.
Bestehende Kategorien/Schemata beeinflussen die Information,
die wahrgenommen wird, indem der Mensch bereits vorhandene
Informationen in seinem kognitiven System aktiviert.
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Soziale Kognition
Grundlagen
Soziale Kategorien:
o Primitive und umfassende Kategorien werden immer automatisch aktiviert
(Geschlecht, Alter, Ethnizität).
o Eine Unterscheidung in Ingroup- und Outgroup-Kategorien ermöglicht
soziale Orientierung.
o Kategorisierung ist auch in hohem Maße kontextabhängig: Das Maß der
Salienz eines Reizes bestimmt die Ausprägung der Kategorisierung.
o Kategorisierungsprozesse sind ebenfalls von Motivations- und
Aufmerksamkeitsfaktoren abhängig.
o Funktionen sozialer Kategorien:
– Strukturierung neuer Informationen
– Reduktion von Komplexität
– Gewinnung von Bedeutung: Beziehungen zwischen Merkmalen
– Erleichterung der Erinnerung und Rekonstruktion vergangener Ereignisse
sowie Erwartungen über zukünftige Ereignisse
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Soziale Kognition
Grundlagen
Begrenzung der Verarbeitungskapazität:
• Um den Grenzen der Kapazität der Informationsverarbeitung zu
begegnen nutzen Menschen verschiedene Strategien, um diese zu
kompensieren:
o Es wird nur eine stark begrenzte Menge des Wahrnehmungsinputs
verarbeitet: selektive Aufmerksamkeit und selektive Erinnerung.
o Es werden Prozesse genutzt, die eine Vereinfachung erlauben:
Top-Down-Verarbeitung, Urteilsheuristiken, Stereotypisierungen.
• Prozesse werden entsprechend der Zielorientierung des Verhaltens
gesteuert: bottom-up-Verarbeitung.
• Es werden eher die Informationen genutzt, die leicht verfügbar sind:
Accessibility (Zugänglichkeit) = Leichtigkeit, mit der Informationen
abgerufen werden können.
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Soziale Kognition
Grundlagen
Rolle von Vorwissen:
• Häufig ist das soziale Verhalten und Erleben stärker von Vorwissen
und damit verbundenen Vorannahmen geprägt, als durch aktuellen
Wahrnehmungsinput.
• Die soziale Wahrnehmung geht daher häufig über „objektive“
Informationen hinaus:
„Going beyond the information given.“ (Bruner, 1957)
• Spezifisches Vorwissen wird abhängig von der Zugänglichkeit und der
Passung genutzt:
Die Zugänglichkeit von Informationen ist dabei unter anderem
abhängig von der Häufigkeit (frequency) und der Kürzlichkeit
(recency) der Nutzung.
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Soziale Kognition
Grundlagen
Warnehmungsakzentuierung:
• Werden Objekte in einer kontinuierlichen Serie wahrgenommen, so
kann die Wahrnehmung der Objekte zu einer verzerrten
Kategorisierung der Reize führen:
o Unterschiede zwischen den Kategorien werden akzentuiert
(die Zwischenvarianz wird größer)
o Unterschiede innerhalb der Kategorien werden minimiert
(die Binnenvarianz wird kleiner)
Dieser Effekt tritt auch bei Objekten ohne bedeutenden
Informationswert auf und wird auf die soziale Kategorisierung im
Bereich der Gruppenwahrnehmung und der Stereotypisierung
übertragen.
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Soziale Kognition
Grundlagen
Wahrnehmungsakzentuierung:
Experiment von Tajfel & Wilkens (1963):
• Verlauf:
Vpn wurde eine Serie von Linien dargeboten, die kontinuierlich an
Länge zunahmen, deren Bezeichnung jedoch eine vermeintliche
Kategorisierung darstellte. AV: Schätzen der Linienlängen.
Dargebotene, objektive Längen:
a
a
a
a
b b
b
b
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Geschätzte Längen:
a
a
a
a
b b
b
b
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Soziale Kognition
Grundlagen
Automatische und kontrollierte Prozesse:
• Informationsverarbeitungsprozesse können kontrolliert verlaufen:
Bei konkreten Fragestellungen und deren Beantwortung, beispielsweise bei
Kundenbefragungen, Klausuren, Testverfahren etc.
• Informationsverarbeitungsprozesse können automatisch verlaufen:
o Stereotype, Assoziationen, Automatismen etc.
Diese werden beispielsweise in prozessorientierten Assessments untersucht.
o Funktionalität automatischer Prozesse:
schnelle Reaktion, geringer Verbrauch kognitiver Ressourcen, z.B. erleichtern
Stereotype die Personwahrnehmung bzw. situations- oder personspezifische
Reaktionen.
Häufig Mischform zwischen beiden Prozessen. Außerdem:
Bei wiederholter Ausführung von kontrollierten Verarbeitungsprozessen kommt es zu einer Prozeduralisierung und dadurch einer
möglichen Automatisierung dieser Prozesse ( Training).
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Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
3.1
Soziale Kognition - Grundlagen
3.2
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.3
Soziale Wahrnehmung
3.4
Attribution
3.5
Automatische Prozesse
3.6
Stereotype
3.7
Eindrucksbildung
3.8
Urteilsbildung
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Leitfrage: „Wer bin ich?“
• Ich und Selbst - „I and me“
Sich selbst zu untersuchen und zu hinterfragen - diese reflexive
Fähigkeit des Menschen ermöglicht es ihm, zugleich Objekt seiner
Untersuchungen (Kant (1781): empirisches Ich, William James
(1890): Me) und Forscher (Kant: reines Ich, James: I) zu sein. Das
Selbst erkennen wir erst in einem Alter von ca. 2 Jahren.
• Persönlichkeit (häufig synonym: Identität, Charakter, Selbst):
„Summe der Eigenschaften, die dem einzelnen sine charakteristische,
unverwechselbare Individualität verleiht.“ (Peters 2000, 402)
Das Konstrukt beinhaltet also drei sich überschneidende Bereiche:
o „allgemein-menschliche Universalien
o individuelle Unterschiede und
o individuelle Einmaligkeit“ (Pervin et al. 2005, 30)
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Funktionen des Selbst/der Persönlichkeit:
• Strukturierende Funktion:
Ein wichtiges Schema, das uns hilft Informationen über unsere eigene Person
und auch über die soziale Welt zu erinnern und zu interpretieren.
• Exekutive Funktion:
Durch einen beständigen Abgleich unseres Selbst mit dem aktuellen Zustand,
unseren Idealvorstellungen und den sozialen Erwartungen erfüllt das Selbst
eine ausführende bzw. Regulierungsfunktion.
Das Selbst trifft Entscheidungen, schmiedet Pläne, reguliert Verhalten
• Emotionale Funktion:
Ist das Selbst ausgeglichen, sind wir entspannt und ruhig, wenn nicht dient
das Selbst zur Steuerung unserer emotionalen Reaktionen.
Diese Funktionen benötigen Energie. Ist diese erschöpft („egodepletion“) werden die Funktionen vorübergehend verringert.
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Grundlagen:
• Selbstkonzept:
Das Wissen über das, wer wir sind - der Inhalt der Persönlichkeit:
Es setzt sich aus den Elementen zusammen, mit denen sich ein Mensch
selbst beschreibt. Dadurch werden Voraussagen über das Verhalten und
eine persönliche Orientierung ermöglicht.
• Selbstaufmerksamkeit:
Der Vorgang des „Über-sich-Nachdenkens“ und „Sich-Bewusstwerdens“.
• Selbstwirksamkeit:
Die Einschätzung, wie gut man eine Aufgabe glaubt bewältigen zu können.
• Selbstwert:
Die Wertschätzung, die wir gegenüber unserem Selbst empfinden.
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Grundlagen:
• Selbstwirksamkeit („self-efficacy“):
Die Regulationsfähigkeit der Persönlichkeit hängt stark von der
Überzeugung ab, die Umwelt kontrollieren und wichtige Ziele
erreichen zu können
vgl. Untersuchungen zum „locus of control“ ( 4.):
Menschen, die sich als internal kontrolliert erleben, sind in Schule
und Beruf erfolgreicher als solche mit eher externaler Kontrollüberzeugung.
•
Collective-Efficacy:
Bezeichnet den Umstand, dass eine Gruppe glaubt, stärkeren
Einfluss auf ein Ereignis zu haben als einzelne („Gemeinsam sind wir
stark“: Demonstrationen; Streiks; Rebellionen etc.).
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Soziale Identität:
„Jener Teil des Selbstkonzepts einer Person, der sich aus dem Wissen
über die Mitgliedschaft in einer sozialen Gruppe ableitet,
einschließlich des Werts und der emotionalen Bedeutung, die mit
dieser Mitgliedschaft verbunden sind.
Soziale Identität umfasst die Selbstdefinition als austauschbares
Gruppenmitglied im Sinne der Unterscheidung zwischen Eigengruppe
und Fremdgruppe (‚wir‘ im Unterschied zu ‚sie, die anderen‘).“
(Turner in: Jonas et.al 2007)
Persönliche Identität:
„Selbstdefinition als einzigartiges Individuum im Sinne von
interpersonellen oder intergruppalen Unterschieden (‚ich‘ oder ‚mich‘
versus ‚du‘ oder ‚dich‘ bzw. ‚ihr‘ oder ‚euch‘).“ (ebd.)
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Selbstkategorisierung:
Die kognitive Konstruktion von Kategorien und Gruppen die auf der
einen Seite die eigene Person und zugehörige Gruppenmitglieder und
auf der anderen Seite „andere“ Gruppen und Personen umfasst, z.B.:
Wir Deutschen
Ihr Italiener
Wir Bayern
Ihr Hessen
Wir Münchner
Ihr Nürnberger
Wir Giesinger
Ihr Schwabinger
Ich, mich
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Es gibt unterschiedliche Motive für die
Weiterentwicklung des Selbstkonzepts, u.a.:
Veränderung
oder
• Selbstbewertung/-beurteilung („self-assessment“, „self-evaluation“):
Bedürfnis nach aktuellem und zutreffendem Wissen über sich selbst.
• Selbst-Bestätigung („self-verification“):
Bedürfnis nach Bestätigung seiner Überzeugungen bzw. seines
subjektiven Selbstbildes
• Selbsterhöhung („self-enhancement“):
Bedürfnis nach positivem Feedback für seine Überzeugungen bzw.
sein subjektives Selbstbild.
Die Gewichtung der einzelnen Motive sind von Person zu Person,
von Kultur zu Kultur und je nach sozialer Situation unterschiedlich.
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Selbstwert:
Der Selbstwert/das Selbstwertgefühl („self-esteem“) ist skalierender
Ausdruck der Selbstbewertung, diese umfasst:
Bewertung des eigenen Verhaltens, des körperlichen Erscheinungsbildes, der
eigenen
Fähigkeiten
und
anderer
persönlicher
Merkmale
anhand
internalisierter Standards oder sozialer Normen (Jonas et.al. 2007).
Untersuchungen von Smith & Petty (1995):
• Werden Menschen mit niedrigem Selbstwert in eine negative Stimmung
versetzt, so können sie vermehrt negative Ereignisse aus ihrem Leben
erinnern.
• Menschen mit niedrigem Selbstwert interpretieren mehrdeutige Bilder in
negativer Stimmung negativer als Menschen mit hohem Selbstwert.
• Menschen mit hohem Selbstwert versuchen hingegen sich selbst wieder in
positive Stimmung zu versetzen, indem sie sich an positive Ereignisse
erinnern.
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Methoden zur Selbstwerterhaltung und –erhöhung:
4 Strategien zur Selbstwerterhaltung nach Tesser (1988), in: Jonas et.al (2007, S. 168)
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Methoden zur Selbstwerterhaltung und -erhöhung:
• Selbstwertdienliche Verzerrung („self-serving-bias“):
Erfolge werden auf internale Faktoren (Anstrengung, Wissen, Fertigkeiten)
und Misserfolge auf externale Faktoren (Zufall, Pech etc.) zurückgeführt.
• Selbstbehinderung („self-handicapping“):
Bereits vor dem möglichen Eintreten einer Niederlage werden Bedingungen
geschaffen, die im Nachhinein eine Begründung durch externale oder
temporäre Faktoren ermöglichen - man sabotiert sich selbst. Stellt sich
dann doch ein Erfolg ein, ermöglicht dies zudem eine Selbstwertsteigerung.
• Soziale Erwünschtheit und „Fishing for compliments“:
Wenn eine negativere Selbsteinschätzung vorgegeben wird, als eigentlich
existent: „Ich war ja so schlecht in der Klausur.“ - „Die neue Frisur steht mir
ja überhaupt nicht.“ etc.. Durch dieses sozial erwünschte Verhalten stellt
man sich bescheiden dar, obwohl man insgeheim Erfolge auf die eigenen
Fähigkeiten und Bemühungen zurückführt (auch: falsche Bescheidenheit).
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Persönlichkeit und Identität
Methoden zur Selbstwerterhaltung und -erhöhung:
• Selbstbestätigung:
Erleben Menschen die Bedrohung eines wichtigen Anteils ihrer Persönlichkeit, so werden andere, positiv konnotierte Anteile / Verhaltensweisen in
den Vordergrund gestellt und betont. Dadurch wird ein positives Gesamtbild
der Persönlichkeit wieder hergestellt, z.B.: „Ich kann vielleicht schlecht
Fußballspielen, dafür aber hervorragend Skifahren.“
• Abwärtsgerichtete soziale Vergleiche:
Wird der Selbstwert bedroht, werden Vergleiche mit anderen gezogen, die
in Bezug auf den bedrohten Persönlichkeitsaspekt unterlegen sind, z.B.:
„Ich habe zwar nur eine 4.0, es gibt aber viele mit einer 5,0.“
• Selbstdarstellung:
Das Bestreben, in sozialen Situationen dem Gegenüber ein möglichst
positives Bild unserer Persönlichkeit zu vermitteln. Maßstab sind dabei
vorhandene und vermutete soziale Werte wie auch das eigene Idealbild.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
3.1
Soziale Kognition - Grundlagen
3.2
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.3
Soziale Wahrnehmung
3.4
Attribution
3.5
Automatische Prozesse
3.6
Stereotype
3.7
Eindrucksbildung
3.8
Urteilsbildung
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Soziale Wahrnehmung
Zentrale Frage:
• „Wie bildet sich der Einzelne einen Eindruck von anderen Personen?“
• Notwendige Voraussetzung hierfür: implizite Persönlichkeitstheorien
o Spezifische Schemata, die verwendet werden, um verschiedene
Persönlichkeitsmerkmale des Gegenübers zu gruppieren.
o Die ~ werden genutzt, um die meist lückenhaften Informationen über die
andere Personen zu einem Ganzen zusammenzufügen. ( Gestaltpsy.)
o Dieser induktive Schluss dient dazu, dem wahrgenommenen Bild des
Gegenübers eine ganzheitliche Bedeutung zu geben.
o Die Persönlichkeitsmerkmale haben dabei eine unterschiedliche
Gewichtung. Den zentralen Persönlichkeitsmerkmalen kommt dabei eine
hohe integrative Bedeutung zu wohingegen periphere Persönlichkeitsmerkmale die soziale Wahrnehmung nicht bedeutsam beeinflussen.
(vgl. auch 7.)
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Soziale Kognition
Soziale Wahrnehmung
Dem nonverbalen Verhalten kommt in der sozialen
Wahrnehmung eine bedeutende Rolle zu:
• Insbesondere für den ersten Eindruck werden vor allem sensorische
Informationen verarbeitet (vgl. 3.7):
Gestik, Mimik, Stimmfärbung, Körperbewegung und -haltung,
Berührung und Blickkontakt sind die wichtigsten Informationskanäle
• Den nonverbalen Informationen liegen folgende Funktionen
zugrunde:
o Erleichterung der verbalen Kommunikation
o Ausdruck von Emotionen
o Betonung eigener Persönlichkeitsmerkmale
Stimmen nonverbales und verbales Verhalten nicht überein, kommt
es zu Verwirrung der sozialen Wahrnehmung (double-bind).
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Soziale Kognition
Soziale Wahrnehmung
Exkurs – Kommunikation:
Folgende Kommunikationskanäle werden i.d.R. differenziert:
1. Verbale Kommunikationsmittel:
Inhalt, Wortschatz, Sprachstil (Grammatik etc.)
2. Nonverbale Kommunikationsmittel:
Nähe- und Distanzverhalten, Körperkontakt, Haltung, Gestik, Mimik,
Bewegungen, Blickkontakt.
Gelegentlich noch dazu gezählt:
Staffage, Setting, Kleidung, Schmuck, Statussymbole, Raumgestaltung etc.
3. Paraverbale (Vokale) Kommunikationsmittel:
Sprachfluss, Stimmlage, Tonfall, Melodie, Atmung,…
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Soziale Kognition
Soziale Wahrnehmung
Exkurs – Kommunikation:
Zusammenspiel der Kommunikationskanäle:
• Wir senden und empfangen Botschaften im Allgemeinen auf
mehreren Kommunikationskanälen gleichzeitig:
Sprache, Blick, Gesichtsausdruck, Gesten, Stimmqualität, Kleidung,
Make-up, Distanzverhalten usw.
• Isolierte Botschaften gibt es nicht, und das Ganze ist auch hier mehr
als die Summe seiner Teile ( Gestaltpsychologie).
• Für die Interpretation einzelner Botschaften ist der Kontext,
entscheidend z.B. Lächeln aus Freundlichkeit oder Verlegenheit.
• Die Wichtigkeit und Häufigkeit der Verwendung der
unterschiedlichen Kommunikationskanälen ist sehr abhängig von
Kulturen und Subkulturen.
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Soziale Kognition
Soziale Wahrnehmung
Exkurs – Kommunikation:
Zirkuläres Prozessmodell der Kommunikation:
„Gemeintes“
Absicht
Kodierung
Dekodierung
„Gehörtes“
„Gesagtes“
Sender
Übermittlung
Dekodierung
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
Empfänger
Kodierung
Absicht
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Soziale Kognition
Soziale Wahrnehmung
Self-Fullfilling-Prophecy
• Definition:
Die SFP (Selbsterfüllende Prophezeiung) ist eine Vorhersage, die sich
nur aufgrund der Tatsache erfüllt, dass die Personen, die sie
wahrnehmen, daran glauben und sich entsprechend verhalten.
„Das was geschieht, wenn eine Überzeugung eine entsprechende
Realität hervorbringt.“ (Jonas et al, 2007, S. 74),
• Verlauf:
1. Erwartung an eine andere Person bzgl. Persönlichkeit und Verhalten
2. eigenes Verhalten wird so gezeigt, dass es mit diesen Erwartungen
konsistent ist.
3. Gegenüber reagiert auf das gezeigte Verhalten
4. Das Verhalten des Gegenübers wird als Beweis für die Erwartungen
bei 1. gesehen …
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Abb. aus:
Aronson et al.
2008, S. 71
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Soziale Kognition
Soziale Wahrnehmung
Self-Fullfilling-Prophecy
• Baskerville-Effekt (Philipps et al. 2001):
o Eine Untersuchung der Sterbedaten von US-Amerikanern aus den Jahren
1973 - 1998 ergab, dass am 4. eines Monats Amerikaner chinesischer oder
japanischer Abstammung überproportional häufig einem plötzlichen Herztod
erlagen - im Vergleich mit anderen Monatstagen um durchschnittlich 7%,
bei chronischen Herzleiden sogar um 13% häufiger. Bei Amerikanern
anderer Herkunft ließ sich dieser Effekt nicht beobachten.
o Hintergründe:
Die 4 gilt in Japan und China als Unglückszahl, der 4. des Monats als
Unglückstag, auf Mandarin, Kantonesisch und Japanisch klingen die
Worte „Tod“ und „vier“ ausgesprochen nahezu gleich.
Durch den Stress, den dieser Tag mit sich bringt, so der Rückschluss,
erhöht sich wiederum die Anfälligkeit für Herzerkrankungen, was
wiederum den Aberglauben stützt - eine selbst-erfüllende Prophezeiung.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
3.1
Soziale Kognition - Grundlagen
3.2
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.3
Soziale Wahrnehmung
3.4
Attribution
3.5
Automatische Prozesse
3.6
Stereotype
3.7
Eindrucksbildung
3.8
Urteilsbildung
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Attribution
Grundlagen:
• Zentrale Frage:
„Warum?“ oder „Wie erklären sich Menschen die Gründe für ihr eigenes
Verhalten oder das Verhalten anderer?“
Ist der Beobachter dieselbe Person wie der Handelnde, spricht man von
Selbstattribution (des eigenen Verhaltens).
• Bedeutung:
Attribution bedeutet „Ursachenzuschreibung“. Die Bezeichnung
Kausalattribution hat genaugenommen eine erweiterte Bedeutung
(≈ „Gründe für die Ursache“), wird jedoch meist synonym verwendet.
• Ziel:
Wahrgenommene Ursachen werden interpretiert - diese können von den
tatsächlichen abweichen. Es geht also nicht um objektive Ursachen für
Handlungen und Ereignisse, sondern um die Vermutungen der Menschen.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Attribution
Grundlagen:
• Anfänge:
Geprägt wurde das Konstrukt von Fritz Heider (1958). Er untersuchte hierzu
auf einer gestaltpsychologischen Basis, wie sich Menschen das Verhalten
ihrer Mitmenschen erklärten – insbes. in Bezug auf deren Dispositionen:
„Wenn wir das Verhalten von Menschen verstehen und vorhersagen wollen,
müssen wir wissen, was die Menschen glauben und denken, weil das ihr
Verhalten steuert.“ (Fritz Heider)
Das Verhalten wird in seiner Theorie einerseits auf Persönlichkeitsvariablen
(internale Faktoren) und andererseits auf Umgebungsvariablen (externale
Faktoren) zurückgeführt, z.B.: „Sie schimpft ihn,“ (bzw. „Er schimpft sie,“) :
weil sie (er) schnell verärgert ist (internaler Faktor)
er ihren Hochzeitstag (sie sein Fußballspiel) vergessen hat ;-)
(externaler Faktor).
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Soziale Kognition
Attribution
Attributionsmodell nach Heider
(auf Basis der Feldtheorie Lewins):
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Attribution
Dimensionen der Attribution:
• Lokation/Personabhängigkeit (internal vs. external):
Liegt die Ursache für ein Verhalten oder Erleben in der Person (internale
Faktoren) oder in der Situation (externale Faktoren)?
• Stabilität über die Zeit (stabil vs. variabel):
Ist die Ursache für ein Verhalten oder Erleben über die Zeit stabil (z.B.
Fähigkeiten, Schwierigkeit) oder variabel (z.B. Anstrengung, Zufall)?
• Kontrollierbarkeit (kontrollierbar vs. machtlos):
Unterliegt das Verhalten oder Erleben der willentlichen Kontrolle des
Handelnden oder ist es ein automatischer/willkürlicher Prozess?
• Globalität (global vs. spezifisch):
Ist eine Ursache für ein Verhalten oder Erleben über viele Situationen hinweg
wirksam oder nur in bestimmten Situationen.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Attribution
Theorie der leistungsbezogenen Attribution (Weiner 1979):
• Erfolge und Misserfolge veranlassen uns in hohem Maße zu
Attributionen und somit auf künftige Erwartungen, Motivationen oder
Emotionen. Drei grundlegende Kausalfaktoren bestimmen diesen
Prozess: Lokation, Stabilität und Kontrollierbarkeit.
Internale Ursache
Externale Ursache
stabil
kontrollierbar:
Fertigkeit
unkontrollierbar:
Begabung
kontrollierbar:
soziale Kontakte
unkontrollierbar:
Aufgabenschwierigkeit
variabel
kontrollierbar:
Anstrengung
unkontrollierbar:
Stimmung, Energie
kontrollierbar:
Rat, Unterstützung
unkontrollierbar:
Glück und Zufall
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Attribution
Kovariationstheorie (Kelley 1967) - 3 Arten von Informationen:
• Distinktheitsinformationen
Informationen darüber, wie sich die Person bei verschiedenen
Stimuli verhält:
hohe Distinktheit: Die Person reagiert auf verschiedene Stimuli anders.
• Konsistenzinformationen
Informationen darüber, wie der Handelnde - bezogen auf den gleichen
Stimulus - in verschiedenen Situationen reagiert:
hohe Konsistenz: Die Person reagiert auf diesen Stimulus auch in
verschiedenen Situationen auf die gezeigte Art und Weise.
• Konsensusinformationen
Informationen darüber, ob und wie sich andere Menschen in derselben
Situation verhalten:
hoher Konsensus: Andere Personen reagieren auf den gleichen
Stimulus in der gleichen Art und Weise.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Attribution
Theorie der erlernten Hilflosigkeit (Seligman 1975):
• Erleben Menschen sich und ihre Handlungen als wirkungslos, so kann
die Erwartungshaltung entstehen, dass auch zukünftige Handlungen
keine Auswirkungen haben werden.
Entwickelt als lerntheoretische Erklärung für Depressionen.
Kontingenz von Handlung und deren Erfolg stehen im Fokus.
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 87
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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Soziale Kognition
Attribution
Attributionsfehler und -verzerrungen
• Attributionen werden häufig nicht ausschließlich rational getätigt, so
dass es zu Verzerrungen (engl. bias) in der Informationsverarbeitung
kommen kann.
• Insbesondere unter Zeitdruck bzw. bei schnellen und kurzfristigen
Attributionen kommt es Attributionsverzerrungen (vgl. „erster
Eindruck“ Kap. 7 oder Gefühlsheuristik Kap. 8).
• Die bekanntesten Attributionsverzerrungen sind:
Selbstwertdienliche Verzerrung (self-serving-bias; vgl. Kap. 2)
Korrespondenzverzerrung oder Fundamentaler Attributionsfehler
Akteur-Beobachter-Divergenz
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
43
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 43
Soziale Kognition
Attribution
Attributionsfehler - Korrespondenzverzerrung:
• Definition:
Die Tendenz, das Verhalten anderer Menschen überwiegend anhand von
Persönlichkeitsmerkmalen (internale Faktoren) zu erklären und dabei die
Macht des sozialen Einflusses (externale Faktoren) zu unterschätzen.
•
Experiment von Jones & Harris (1967):
TN sollten einschätzen, wie eine Person zu Fidel Castro eingestellt ist.
Hierzu sollten sie einen Aufsatz lesen, in dem sich diese Person (ein
Kommilitone der teilnehmenden Studierenden) für Castro aussprach.
Der 1. TN-Gruppe wurde mitgeteilt: „Der Kommilitone konnte sich frei zu
einer Haltung entscheiden.“ Bei der 2. Gruppe sei der Kommilitone zu
einer pro-Castro Haltung aufgefordert worden.
Trotz der Verpflichtung zur pro-Castro Haltung wurde in der 2. Gruppe
in der Mehrheit eine solche zugeschrieben.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
44
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 44
Soziale Kognition
Attribution
Attributionsfehler - Korrespondenzverzerrung:
Experiment von Ross, Amabile & Steinmetz (1977):
• Simulation einer Quizshow.
Randomisierte Zuweisung der Rollen
des Quizmasters, des Kandidaten und
des Beobachters an die TN.
• Der Quizmaster sollte sich 10 Fragen
zur Allgemeinbildung ausdenken,
die herausfordernd, aber nicht unlösbar
sein sollten.
Sowohl die Kandidaten selbst als auch
die Quizmaster bewerteten die Kandidaten
signifikant schlechter als die Quizmaster.
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 93-93
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
45
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Soziale Kognition
Attribution
Korrespondenzverzerrung:
Experiment von Ross, Amabile &
Steinmetz (1977):
•
Kandidaten und Beobachter
bewerteten den Unterschied
zwischen Quizmaster und
Kandidaten deutlich größer als
die Quizmaster
•
In einem unabhängigen
„Kontrollquiz“ aller Teilnehmer
wurde kein signifikanter
Fähigkeitsunterschied zwischen
den Untersuchungsteilnehmern
festgestellt.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 94
46
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 46
Soziale Kognition
Attribution
Attributionsfehler - Korrespondenzverzerrung:
Kulturelle Abhängigkeiten - Untersuchung von Miller (1984)
• Befragte Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Indien und den USA,
bezüglich Erklärungen, die diese für abweichendes und prosoziales
Verhalten gaben.
Im Laufe der Entwicklung
scheinen US-Amerikaner zu
lernen, dispositionale
Erklärungsansätze zu
bevorzugen, im Gegensatz
zu hinduistischen Indern.
Vgl. Sozialisation in
Foliensatz zur
Soziale Gruppen
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 97
47
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 47
Soziale Kognition
Attribution
Attributionsfehler - Akteur-Beobachter-Divergenz:
• Definition:
Menschen neigen dazu, ihr eigenes Verhalten eher auf die Situation und das
Verhalten anderer eher auf deren Dispositionen zu attribuieren.
• Gründe sind u.a.:
1. Jeder verfügt über ein großes Spektrum an Konsistenzinformationen zu
seiner eigenen Person. Dadurch wird eher die aktuelle Situation mit
anderen verglichen, um das eigene Verhalten zu attribuieren.
Die Bandbreite der Informationen über den beobachteten Akteur in
unterschiedlichen Kontexten ist dagegen eher gering, daher wird eher auf
die Persönlichkeit als auf die Situation geschlossen.
2. Die Beobachtung eines Akteurs verlangt vom Beobachter einen gewissen
Grad an Aufmerksamkeit ( perzeptuelle Salienz). Werden andere
Personen fokussiert, verringern sich die wahrgenommenen Details der
Situation. Ist man selbst Akteur ist die Aufmerksamkeit hingegen stark auf
die Umgebung ausgerichtet.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
48
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 48
Soziale Kognition
Attribution
Attributionsfehler - Akteur-Beobachter-Divergenz:
Experiment von Storms (1973):
Ausgangshypothese: Die divergierende optische Perspektive von Akteur und
Beobachter führt zu unterschiedlichen Attributionen.
Experimentelles Design (vgl. Abb. nächste Folie):
1. Phase: Zwei TN sollten ein Kennenlerngespräch führen, dabei wurde
jeder von einem weiteren TN beobachtet. Zusätzlich wurden die beiden
Gesprächspartner jeweils einzeln gefilmt.
2. Phase: Experimentelle Manipulation: Gruppe 1 erhält keine weitere
Beeinflussung, Gruppe 2 sieht das aufgenommene Video mit gleichem
Blickwinkel an und Gruppe 3 sah das Video aus veränderter Perspektive.
3. Phase: Attribution des Verhaltens der Akteure durch die Beobachter
und sich selbst, bezogen auf den Anteil persönlicher und situativer
Variablen.
Die Verwendung situativer Attributionen hängt stark von der
Beobachtungsperspektive ab.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
49
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 49
Soziale Kognition
Attribution
Akteur-Beobachter-Divergenz - Storms (1973) :
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 99
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
50
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 50
Soziale Kognition
Attribution
Attributionsfehler - Akteur-Beobachter-Divergenz:
Experiment von Storms (1973) - Ergebnisse:
Die Verwendung situativer
Attributionen hängt stark von
der Beobachtungsperspektive ab.
Unaufmerksamkeit gegenüber
situativen Faktoren kann
korrigiert werden, indem die
Perspektive bzw. die
Aufmerksamkeit manipuliert
wird.
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 100
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
51
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 51
Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
3.1
Soziale Kognition - Grundlagen
3.2
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.3
Soziale Wahrnehmung
3.4
Attribution
3.5
Automatische Prozesse
3.6
Stereotype
3.7
Eindrucksbildung
3.8
Urteilsbildung
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
52
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 52
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Eigenschaften automatischer Prozesse (Bargh, 1994):
• Bewusstheit:
Wie explizit wird ein gegebener Reiz und/oder dessen Einfluss auf das
eigene Denken, Fühlen und Verhalten wahrgenommen?
• Intentionalität:
Wird ein Verhalten gezielt ausgelöst oder läuft es ohne
vorangegangene Absicht ab?
• Effizienz:
Konsumiert ein Prozess in starkem Maße kognitive Ressourcen, oder
verläuft er mit wenigen kognitiven Kosten?
• Kontrollierbarkeit:
Wie stark ist der Verlauf eines Prozesses durch die Person selbst
beherrschbar und lenkbar?
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
53
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 53
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Nachweis automatischer Prozesse:
Der empirische Nachweis erfolgt meistens nach dem gleichen Schema:
1. Aktivierung von kognitiven Konzepten (Priming) durch Verfassen von
Essays, Betrachten komplexer Stimuli oder subliminaler Präsentationen
unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, z.B.:
Fotos von Farbigen und Weißen zur Untersuchung ethnischer Stereotype.
2. Anwendung der kognitiven Konzepte durch Präsentation eines weiteren
Reizes, der bestimmten Kategorien zugeordnet werden muss, z.B.:
Beschreibungen positiver und negativer Eigenschaften.
3. Retrospektive Introspektion:
Nach dem Experiment werden die Teilnehmer zu Wahrnehmung der
Untersuchungssituation befragt.
Sind nachweisbare Zusammenhänge zwischen Aktivierung und
Anwendung des Konzepts vorhanden, ohne dass die Vpn die Aktivierung
bemerken, so wird auf einen automatischen Prozess geschlossen.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
54
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 54
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Exkurs: Priming
• Unterschwellige Wahrnehmung:
Annahme:
Reize, die nicht bewusst erkannt oder entdeckt werden können, haben
trotzdem Einfluss auf das Erleben und Verhalten.
Bsp.-“Experiment“: Vicary-Studie
:
Unterschwellige Werbung zur Anregung von Cola- und Popcornkonsum?
Ergebnisse tatsächlich durchgeführter Studien:
Langanhaltende konkrete Verhaltensänderungen konnten nicht
nachgewiesen werden. Einfluss der unterschwelligen Beeinflussung wirkt
äußerst kurzfristig und verblasst schnell (häufig innerhalb einer/weniger
Sekunden).
Unterschwellige Werbung erzielt keine besseren Ergebnisse
gegenüber überschwelliger Werbung.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
55
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 55
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Exkurs: Priming
Nachweis unterschwelliger Wahrnehmung:
Versuch zum affektiven Priming (Fazio et al. 1968):
Versuchsablauf:
Bearbeitung einer Reihe von
Zielwörtern am Computerbildschirm.
Jeweils Entscheidung, ob es sich um
ein positiv oder negativ besetztes
Wort handelt:
Tastendruck so korrekt und schnell wie möglich.
Vor den Zielwörtern werden für
einige Millisekunden Primewörter eingeblendet,
die nicht bewusst wahrgenommen werden können.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 56
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Exkurs: Priming
Nachweis unterschwelliger Wahrnehmung:
Versuch zum affektiven Priming (Fazio et al. 1968):
• Struktur:
Dabei ergeben sich kompatible Wortpaare (z.B.: Primewort = freudig,
Zielwort = friedlich, bzw. feige und fies) und inkompatible Wortpaare (z.B.
freudig und feige oder fies und friedlich).
AV: Zeit und Passung/Fehleranzahl der Prime-Zielwort-Zuordnung.
• Ergebnis:
Bei Durchgängen, in denen Prime- und Zielwort übereinstimmen kommt es
zu signifikant weniger Fehlern als bei inkompatiblen Wortpaaren (Affektiver
Priming-Effekt).
Experimentelle Kontrolle: Sollen die Primewörter klassifiziert werden, findet
man eine Leistung, die einer zufälligen Ratewahrscheinlichkeit entspricht!
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
•
57
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 57
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Exkurs: Priming
Priming im engeren Sinne:
• Kognitive Konzepte oder Verhaltenskonzepte werden voraktiviert und
ihre Auftretenswahrscheinlichkeit dadurch größer, z.B.:
Sie haben kürzlich einen Film über die Feuerwehrmänner von Ground Zero
gesehen.
Zweideutiges Verhalten einer anderen Person werden Sie mit
höherer Wahrscheinlichkeit als hilfsbereit interpretieren denn als aggressiv.
Insbesondere leicht zugängliches Vorwissen (auch im Sinne von
Zielen, Erwartungen, Verhaltensweisen etc.) sowie kürzlich
erlebte Inhalte beeinflussen die neue Informationsverarbeitung
und somit aktuelle Verhaltensweisen
( vgl. Verfügbarkeitsheuristik Kap. 8).
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 58
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Automatisches Verhalten:
• Häufig passen wir gezeigtes Verhalten an Geschehnisse in der
Umgebung an.
Bargh & Chartrand (1999) zeigten, dass Vpn dann häufiger an ihren
Augen rieben oder mit den Füßen wippten, wenn ein Konfident dieses
Verhalten zeigte. Bei einer Nachbefragung konnten sich die Vpn nicht an
diese Nachahmung erinnern.
• Experiment von Bargh et al. (1996) zur Konzeptaktivierung auf die
Verhaltenssteuerung:
Verlauf: Zunächst wurden durch Priming die Konzepte „höflich“ oder
„rüde“ bzw. in einer KG kein Konzept aktiviert. Anschließend sollten die
Vpn den VL in einem Nebenraum aufsuchen, wo dieser gerade einem
Konfidenten eine Aufgabe erklärte und die Vpn ignorierte.
Ergebnis:20% der „höflich“ geprimeten, 40% der neutralen und 60%
der „rüde“ geprimeten Vpn unterbrachen den VL.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 59
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Normaktivierung und automatisches Verhalten:
Experiment von Aarts & Dijksterhuis (2003):
Hypothese:
Gesellschaftliche Normen beeinflussen bei Aktivierung als automatischer
Prozess das Verhalten.
Verlauf:
1. Darbietung von Photos (darunter 4 edle Restaurants) mit jeweiliger
Präsentation einer Verhaltensweise (z.B. sich-gut-benehmen).
Anschließend Angabe, ob die Verhaltensweise der Norm der auf dem Foto
gezeigten Situation angemessen ist. Messung der Reaktionszeiten zum
Nachweis der Verinnerlichung der jeweiligen sozialen Norm.
2. Einen Monat später weiterer Versuch mit den Vpn: Präsentation des Fotos
eines edlen Restaurants oder eines Bahnsteigs. Anschließend sollten die
Teilnehmer einen Keks essen, der dabei sehr bröselte.
AV: Häufigkeit, mit der die Vpn die Krümel vom sauberen Tisch wischten.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
60
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 60
Soziale Kognition
Automatische Prozesse
Normaktivierung und automatisches Verhalten:
Experiment von Aarts & Dijksterhuis (2003):
Ergebnis:
Häufigkeit des Tisch-Reinigens korrelierte
sowohl mit dem Prime (in 2. entweder
Bahnhof oder Restaurant),
als auch mit der Verinnerlichung der
restaurant-spezifischen Normen (in 1.)
und mit der Interaktion zwischen Priming
und Normen.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
61
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 61
Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
3.1
Soziale Kognition - Grundlagen
3.2
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.3
Soziale Wahrnehmung
3.4
Attribution
3.5
Automatische Prozesse
3.6
Stereotype
3.7
Eindrucksbildung
3.8
Urteilsbildung
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
62
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 62
Soziale Kognition
Stereotype
Stereotyp, Vorurteil und Diskriminierung:
• Alle drei Konstrukte beinhalten Einstellungen gegenüber oder
Bewertungen einer oder mehrerer Personen auf der Grundlage der
Zugehörigkeit zu einer Fremdgruppe.
• Die drei Konstrukte unterscheiden sich hinsichtlich folgender
Komponenten:
Kognitive Komponente:
Steht bei der Funktionalität der Stereotype im Vordergrund.
Affektive oder emotionale Komponente:
Beim Vorurteil werden insbesondere affektive Erlebensmuster aktiviert.
Verhaltenskomponente:
Verhalten auf der Grundlage von Stereotypen für zu Diskriminierung.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
63
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 63
Soziale Kognition
Stereotype
Funktion von Stereotypen:
• Stereotype sind generische Wissensstrukturen, die uns helfen:
– neue Informationen zu strukturieren
– neue Informationen zu vereinfachen
– neue Informationen zu interpretieren und über sie hinaus zu gehen
– vergangene Ereignisse zu rekonstruieren
– Erwartungen über die Zukunft zu entwickeln
– unser Selbstwertgefühl aufrecht zu erhalten
vgl. abwärts gerichtete soziale Vergleiche
Stereotype beeinflussen die Aufmerksamkeit während Kodierung,
Enkodierung, Verarbeitung und Abruf von Informationen.
Stereotype sind oft nicht so „fehlerhaft“, sondern stimmen scheinbar häufig
mit „tatsächlichen Unterschieden“ überein. Allerdings Kausalität schwer zu
bestimmen ( Selbsterfüllende Prophezeiung!)
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
64
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 64
Soziale Kognition
Stereotype
Stereotype und Eindrucksbildung:
Police Officers‘ Dilemma (Payne 2001):
• Auslöser:
Bei einer Personenkontrolle 1998 wird ein Schwarzer mit 41 Schüssen
getötet: Trotz „Don‘t Move!“ wollte er seinen Pass aus der Tasche ziehen,
was als Ziehen einer Waffe von den Polizisten interpretiert wurde.
Frage: Hätten Polizisten bei einem Weißen anders gehandelt?
• Verlauf:
Vpn wird zunächst als Prime ein Foto eines weißen bzw. eines schwarzen
Mannes gezeigt (200ms). Nach Unterbrechung durch eine Maske am
Bildschirm wird ein Bild einer Pistole oder eines Akkuschraubers gezeigt
(200ms). Die Vpn sollen entscheiden, ob es sich bei dem zweiten Bild um
eine Waffe oder ein Werkzeug handelt.
AV: Korrekte Zuordnung und Dauer zwischen Bild und Entscheidung.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
65
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 65
Soziale Kognition
Stereotype
Stereotype und Eindrucksbildung:
Police Officers‘ Dilemma (Payne 2001):
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
66
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 66
Soziale Kognition
Stereotype
Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen:
• Soziale Kategorisierung:
Stereotype fungieren als Hilfsmittel der sozialen Wahrnehmung. Um die
komplexen Informationen der Umwelt erfassen zu können, organisieren diese
die Umwelt, indem sie einzelne Objekte zu Gruppen zusammenfassen.
• Rechtfertigungstheorie:
Vorurteile können aufgrund entstehen des verschiedenen sozialen oder
ökonomischen Status von Menschen und Gruppen entstehen und dienen der
ranghöheren Gruppe als Rechtfertigung für ihr Position.
• Ingroup-Bias:
Überbewertung der eigenen bei gleichzeitiger Abwertung der Fremdgruppe.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
67
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 67
Soziale Kognition
Stereotype
Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen:
• Frustration und Aggression:
Durch Angsterleben und Frustration kann Feindseligkeit entstehen, wenn für
diese Leidenssituation kein Verantwortlicher zu benennen ist (vgl. Kap. 5.).
Dann werden „Sündenböcke“ gesucht, auf die die aggressiven Verhaltensweisen übertragen werden (displaced aggression o. „scapegoating“), z.B.:
Ausländer die den Deutschen die Arbeitsplätze „wegnehmen“.
• Realistic Group Conflict Theory (vgl. Sherif in Kap. 1):
Vorurteile entstehen aus der Konkurrenz von mehreren Gruppen um knappe
Ressourcen. Je größer die Knappheit umso mehr Vorurteile entstehen.
• Bedürfnis nach Status und Gruppenzugehörigkeit:
Um das eigene Selbstbild als überlegen wahrzunehmen, sind andere Menschen
notwendig, die unterhalb des eigenen Ranges sind.
vgl. Bedürfnispyramide nach Maslow
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
68
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 68
Soziale Kognition
Stereotype
Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen:
• Illusion der Reaktanz auf Andersartigkeit (
vgl. Spotlight-Effekt):
Menschen gehen fälschlicherweise davon aus, dass andere auf ihre
empfundene Andersartigkeit reagieren.
Experiment von Kleck & Strenta (1980):
Verlauf: Zunächst werden Vpn „verunstaltet“ (mit Schminke übertrieben im
Gesicht angemalt). Anschließend wird diese „Verunstaltung“ wieder
rückgängig gemacht (Abschminken) und daraufhin sprechen die Vpn mit
einer neutralen Person (Konfident). KG wurde nicht „verunstaltet“.
Ergebnis: Die EG beschreibt das Verhalten ihres Gesprächspartner als
herablassend, distanziert und angespannt. Anders als die KG, die in ihrer
Beschreibung des Gegenübers eher neutral blieb.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 69
Soziale Kognition
Stereotype
Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen:
• durch Verfügbarkeitsheuristiken (
vgl. 3.8):
Extreme können leichter aus dem Gedächtnis abgerufen werden und können
daher das Bild einer Gruppe dominieren.
• Korrelationsillusion:
Treten zwei ungewöhnliche Ereignisse gleichzeitig auf, so zieht dies mehr
Aufmerksamkeit auf sich, als Situationen mit nur einem oder keinem
ungewöhnlichen Ereignis. Zwischen beiden Ereignissen wird ein
Zusammenhang vermutet und daraus ein Stereotyp abgeleitet.
• Das „Gerechte-Welt-Phänomen“ (Lerner 1980):
Bezeichnet die Tendenz des Menschen, zu glauben, dass die Welt „gerecht“ ist
und jeder bekommt, was ihm zusteht.
Vergleiche auch: Blaming-the-Victim-Phänomen.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
70
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 70
Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
3.1
Soziale Kognition - Grundlagen
3.2
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.3
Soziale Wahrnehmung
3.4
Attribution
3.5
Automatische Prozesse
3.6
Stereotype
3.7
Eindrucksbildung
3.8
Urteilsbildung
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
71
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 71
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Zentrale Frage:
• Wie werden verschiedene Einzelinformationen über eine Person zu
einem Gesamteindruck zusammen gesetzt?
Je nachdem wie bewusst verfügbar diese Informationen sind,
müssen unterschiedliche Messmethoden zur empirischen
Untersuchung genutzt werden
Direkte Maße:
• Sie erfordern die bewusste und
explizite Beurteilung einer Person.
• Beispiele sind:
– Bewertung (Rating)
– Freie Beschreibung (Abstract)
– Zuordnung (Assignment)
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
72
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 72
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Beispiel für Ergebnisse direkter Eindrucksmessung:
• Den zentralen Eigenschaften „warm-“ und „kalt(herzig)“ konnte Asch
(1946) folgende Beziehung zu peripheren Eigenschaften zuordnen:
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 72
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
73
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 73
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Beispiel für Ergebnisse direkter Eindrucksmessung:
• Auch die Reihenfolge der Darbietung von Eigenschaften spielt bei der
Eindrucksbildung eine Rolle.
Experiment von Asch (1946):
Verlauf:
Alle Pbn erhalten die gleiche Liste mit Eigenschaften, jedoch in
verschiedener Anordnung.
Ergebnis:
Primacy-Effekt auch bei der Eindrucksbildung.
Der Gesamteindruck einer Person ist
signifikant positiver, wenn die positiven Eigenschaften
(z.B. intelligent/fleißig) am Anfang der Darbietung stehen.
signifikant negativer, wenn die negativen Eigenschaften
(z.B. neidisch) am Anfang der Darbietung stehen.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
74
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 74
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Zentrale Ergebnisse von Aschs Untersuchungen:
• Nach Asch ist die Eindrucksbildung von folgenden Faktoren abhängig:
Hierarchienbildung:
Eigenschaften können zentrale oder auch periphere Bedeutung im
Gesamteindruck erhalten.
Zeitliche Strukturierung:
Die Anfangsinformationen haben ein stärkeres Gewicht und beeinflussen
die Bedeutung der nachfolgenden Informationen.
Einbettung in den Kontext:
Bedeutungsunterschiede einzelner Eigenschaften in Abhängigkeit von
anderen Eigenschaften.
Der Mensch bildet sich aus wenigen Eigenschaften einen
Gesamteindruck seines Gegenübers. Dem „ersten Eindruck“
kommt dementsprechend eine zentrale Bedeutung in der
Eindrucksbildung zu ( vgl. Gestalttheorie).
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
75
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 75
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Indirekte Maße zur Eindrucksmessung:
Indirekte Maße zur Eindrucksforschung wurden insbesondere in
neueren Studien ab den 90er Jahren verwendet.
Diese erfordern keine bewusste und ausdrückliche Beurteilung einer
Person. Priming-Effekte und Zugänglichkeit zu Informationen sowie
die kontextuelle Bedeutungszuschreibung spielen bei diesen
Methoden eine große Rolle.
Zentrale Ergebnisse:
Personeneigenschaften werden automatisch aus Verhaltensbeschreibungen geschlossen.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
76
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 76
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Indirekte Maße zur Eindrucksmessung:
• Vorteile:
geringe Verfälschbarkeit der Daten
hohe Auswertungsobjektivität im Vergleich zu anderen, älteren
indirekten Messverfahren (z.B. Rohrschach-Test)
soziale Erwünschtheit kann relativ gemindert werden
• Nachteile:
Zusammenhang zwischen Operationalisierung und Konstrukt ist
nicht immer deutlich: Wird wirklich der Eindruck gemessen?
(geringe Konstruktvalidität)
Auch die Reliabilität der Messverfahren ist relativ gering
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
77
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 77
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Beispiel und Ergebnisse indirekter Messverfahren:
Lexikalische Entscheidungsaufgabe:
Verlauf:
Den Vpn wird auditiv ein Satz (Situationsbeschreibung) dargeboten, z.B.:
EG: „John tritt seiner Freundin beim Tanzen auf die Zehen *.“
KG: „Der Fernseher steht in der hinteren Ecke des Zimmers *.“
Bei * wird den Vpn visuell ein Zielreiz dargeboten, z.B.: „tapsig“.
Anschließend muss per Tastendruck eine Frage beantwortet werden,
z.B.: „Ist der Zielreiz ein Wort?“
AV: Reaktionszeit zwischen Zielreiz und Tastendruck.
Ergebnis:
Reaktionszeit von EG: 1310 ms, von KG: 1430 ms
Stimmen Eindruck und Zielreiz überein, gelingt der Zugriff auf bekannte
sprachliche Bedeutungsmuster schneller.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
78
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 78
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Beispiel und Ergebnisse indirekter Messverfahren:
Wortstamm-Ergänzungsaufgaben (Whitney et al. 1990):
Verlauf:
Den Vpn wird ein Satz dargeboten, z.B.:
EG: Satz mit Verhaltensbeschreibung (dispositionale Implikation):
„John löst jedes Schachproblem in kurzer Zeit.“
KG: Neutraler Satz:
„Der Apfelbaum trägt in diesem Jahr viele Früchte.“
Anschließend sollen die Vpn ein Wort ergänzen, z.B.:
IN_________
Ergebnis:
Dispositionale Eigenschaften, die mit dem gegebenen Reiz in
Zusammenhang gebracht werden (z.B. „intelligent“) werden bei EG deutlich
häufiger (im Beispiel 31% der Nennungen) als bei KG (im Beispiel 10%)
genannt.
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
79
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 79
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Beispiel und Ergebnisse von Gedächtnismaßen:
Experiment zum Inkonsistenzeffekt (Hastie & Kumar 1979):
Verlauf:
Vpn erhalten eine Personenbeschreibung in Form einer Eigenschaftsliste
(intelligent, gescheit, schnell, sachkundig, ...).
Anschließend werden verschiedene Verhaltensweisen der Person geschildert.
3 mögliche Beziehungen zwischen Eigenschaften und Verhaltensweisen:
o kongruent (z.B. „Gewinnt ein Schachturnier.“)
o inkongruent (z.B. „Machte dreimal den gleichen Fehler.“)
o irrelevant (z.B. „Bestellte einen Cheeseburger zum Essen.“)
AV: Abruf der Verhaltensweisen durch freie Reproduktion
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
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© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 80
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Beispiel und Ergebnisse von Gedächtnismaßen:
Experiment zum Inkonsistenzeffekt (Hastie & Kumar 1979):
− Ergebnisse:
Abb. aus: Jonas et al. 2003
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
81
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 81
Soziale Kognition
Eindrucksbildung
Zentrale Ergebnisse der Untersuchungen mittels Gedächtnismaß:
• Das Personengedächtnis beeinflusst den Eindruck von einer Person
in hohem Maße.
• Dabei können inkonsistente Personenmerkmale besser erinnert
werden als konsistente Informationen (Inkonsistenzeffekt).
• Je weniger inkonsistente Eigenschaften präsentiert werden, desto
besser können diese erinnert werden.
Gedächtnislücken werden durch Raten in Richtung der
Erwartungskonsistenz gefüllt (stereotyp-basiertes Raten, vgl.
Zeugenaussagen).
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
82
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Soziale Kognition
Inhaltsübersicht
3.1
Soziale Kognition - Grundlagen
3.2
Der Einzelne im sozialen Kontext:
Persönlichkeit und Identität
3.3
Soziale Wahrnehmung
3.4
Attribution
3.5
Automatische Prozesse
3.6
Stereotype
3.7
Eindrucksbildung
3.8
Urteilsbildung
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Kognition
83
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Zur Urteilsbildung (= Vorgang, der zur Feststellung eines
Ergebnisses führt) werden auch im sozialen Kontext
Heuristiken zu Hilfe genommen:
Definition Heuristik:
Eine Heuristik ist „eine kognitive Faustregel, die Menschen verwenden,
um zu einem Urteil zu gelangen. Heuristiken liefern zwar häufig
zutreffende Ergebnisse, wegen ihres vereinfachenden Charakters aber
nicht immer. Soziale Stereotype können als Beispiele für Heuristiken
angesehen werden.“ (Jonas et al. 2007, 114)
Anhand der Regeln und Prinzipien, die durch Heuristiken repräsentiert
werden, sind wir in der Lage schnelle soziale Urteile zu fällen, die jedoch
nicht immer korrekt sein müssen.
Heuristiken werden vor allem dann deutlich, wenn sie versagen, also
wenn Urteilsverzerrungen und -fehler auftreten.
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Zu den häufigsten Heuristiken zählen u.a.:
• Repräsentativitätsheuristiken
• Ankerheuristiken
• Verfügbarkeitsheuristiken
• Gefühlsheuristiken
Zudem wird die Urteilsbildung von Framing-Effekten und der
Logik der Konversation beeinflusst.
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Repräsentativitätsheuristik
• Def. Repräsentativität:
Repräsentativität ist der geschätzte Grad an Übereinstimmung zwischen
einer Stichprobe und der dazugehörigen Grundgesamtheit.
• Repräsentativität und Eindrucksbildung
Vgl. Erwartungskonstistenz, z.B.:
Oktoberfest/Maibaumfest: Mann mit Lederhose und großem Bierglas
in der Hand
Der Mann ist ein Bayer
Der Mann spricht bayerischen
Dialekt
Der Mann kann Schuhplattln
...
• Repräsentativität und Urteilsbildung:
Im sozialen Urteil lassen wir uns häufig von Repräsentativitätsheuristiken
leiten und vernachlässigen zusätzliche Informationen (vgl. zentrale und
periphere Merkmale). Dabei werden die Regeln der Wahrscheinlichkeit
verletzt, wenn konjunkte Eigenschaften für wahrscheinlicher gehalten
werden als einzelne Eigenschaften.
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Ankerheuristik
• Def. Anker:
Vorhandene Elemente einer kognitiven Operation beeinflussen deren
Ergebnis, indem neue Informationen untergewichtet werden.
Diese vorhandenen Elemente bilden Verankerungspunkte der Urteilsbildung,
an denen die Operation festgemacht wird.
• Beispiel: Anker und juristische Urteile (Englich & Mussweiler, 2001):
Verlauf:
16 Richtern mit langer Berufserfahrung, wird ein Vergewaltigungsdelikt
geschildert. Zudem wurde Ihnen mitgeteilt, dass ein Informatikstudent ein
Strafmaß von 12 Monaten (Gruppe 1) bzw. von 32 Monaten (Gruppe 2)
vorschlagen würde. Die Richter sollten vorgeblich die Angemessenheit des
Vorschlags beurteilen.
AV: Richter setzen selbst ein Strafmaß fest.
Ergebnis: Niedriger Anker: 28 Monate, hoher Anker: 35 Monate.
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Ankerheuristik
Beispiel: Anker und Verhandlungen (Mussweiler & Galinsky 2002):
Grundlage:
Verhandlungssituationen sind typischerweise von großer Informationsunsicherheit geprägt.
Ankerheuristik
beliebiger Wert beeinflusst Ergebnis der Verhandlungen.
Effekt ist robust gegen Expertise und Plausibilität!
Untersuchungsdesign:
38 Dyaden (MBS-Studenten an einer amerikanischen Business-School)
verhandeln Verkauf eines Pharmakonzerns. Dabei übernehmen sie entweder
die Rolle des Käufers oder die des Verkäufers.
Informationen für beide:
Kaufpreis 15 Mio $ vor 3 J.; Schätzwert vor 2 Jahren 19 Mio $;
ähnliches Objekt ist gerade für 26 Mio $ verkauft worden
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Ankerheuristik
Beispiel: Anker und Verhandlungen (Mussweiler & Galinsky 2002):
2x2 Design (
4 mögliche Paarungen):
Erstes Gebot durch
Käufer
Verkäufer
Ja
BATNA
Nein
„Best alternative to a negotiated agreement“ (BATNA), hier:
Für Käufer: Neubau kostet 25 Mio, dauert 1 Jahr
Für Verkäufer: Abwicklung bringt 17 Mio.
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Ankerheuristik
Beispiel: Anker und Verhandlungen (Mussweiler & Galinsky 2002):
Ergebnis:
Erstes Angebot durch Käufer
Ø-Ergebnis: ca. 20 Mio. $
Niedriges Angebot durch Käufer (Ø: 16,5 Mio.$): Verkäufer assoziiert
zunächst die Argumente, die einen niedrigen Preis rechtfertigen. Auf diesem
Wissen basiert anschließend die Verhandlung.
Erstes Gegenangebot durch Verkäufer:
Erstes Angebot durch Verkäufer
Ø 22,9 Mio.$ (ohne BATNA)
Ø 24,8 Mio.$ (mit BATNA)
Ø-Ergebnis: ca. 25 Mio. $
Hohes Angebot durch Verkäufer (Ø 26,6 Mio.$): Käufer assoziiert zunächst
die Aspekte, die für einen hohen Preis sprechen.
Erstes Gegenangebot durch Käufer:
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Ø 21,3 Mio.$ (ohne BATNA)
Ø 18,2 Mio.$ (mit BATNA)
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Verfügbarkeitsheuristik
• Definition:
Sollen Urteile gefällt werden, orientieren sich Menschen häufig an den schnell
verfügbaren Informationen. Dabei wird jedoch nicht immer berücksichtigt, ob
diese Informationen auch auf einer repräsentativen Auswahl bestehen.
• Die Verfügbarkeit ist u.a. von folgenden Effekten abhängig:
Recency-Effekt
Informationen, die erst vor kurzem aktiviert wurden
Frequenz-Effekt
Informationen, die häufig aktiviert werden
Kontext-Effekt
Information wurde in ähnlichem Kontext aktiviert
Priming-Effekte
Primes rufen korrelierende Informationen hervor
Peak-End-Rule
Längere Ereignisse werden im Nachhinein vor allem
nach besonderen Einzelereignissen und Ereignissen
am Ende beurteilt
Moodcongruent-Recall
In schlechter Stimmung können eher negat.
Erinnerungen abgerufen werden, u. umgek.
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Verfügbarkeitsheuristik
Beispiel: „Famous Name“-Experiment (Tversky & Kahnemann 1973)
•
Verlauf:
Liste mit Namen von Männern und Frauen wird dargeboten. Gleich viele
Männer und Frauen. Dabei werden die männlichen Namen mit Namen von
Prominenten gemischt, die Frauennamen sind unbekannt – und umgekehrt.
AV:
Einschätzen, ob die Liste mehr Männer- oder mehr Frauennamen enthält.
•
Ergebnis:
Vpn überschätzen (bis zu 80%) den Anteil der Gruppe, die mit prominenten
Namen vermischt wurde.
Zudem ist auch die Leichtigkeit, mit der verfügbare Informationen
abgerufen werden können ausschlaggebend für die Anwendung von
Verfügbarkeitsheuristiken.
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Gefühlsheuristik
• Definition:
Urteile, die unter Zeitdruck oder starkem sozialen Einfluss gefällt werden
müssen, werden häufig eher auf der Basis von Emotionen denn auf Basis
rationeller Überlegungen getroffen.
• Beispiel: Spotlight-Effekt
(Gilovich et al. 2000):
Verlauf:
Vpn sollten mit auffälligem T-Shirt
(Portrait von Barry Manilow) in
Seminarraum gehen.
Zuvor Einschätzung, wie vielen
Personen das T-Shirt auffallen würde.
Anzahl weit überschätzt
(Emotionen als Anker).
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Soziale Kognition
Urteilsbildung
Weitere Einflüsse auf die Urteilsbildung:
• Framing-Effekte:
Das Antwortverhalten bei gezielte Fragestellung und das damit verbundene
Urteil kann stärker von der Formulierung und der Einbettung in die
Fragestellung abhängen, als von den konkreten Inhalten.
• Logik der Konversation:
Wenn Menschen Fragen beantworten und Urteile fällen sollen, dann gehen
sie auch immer auf die vermutete Intention des Fragestellers ein. Diese
Intention erschließen sie aus dem Kontext der Kommunikation.
• Soziale Erwünschtheit:
Auch in Urteilen streben Menschen danach, bestimmten Normen und Regeln
gerecht zu werden. Daher werden auch Urteilsheuristiken von diesen
Effekten beeinflusst.
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Soziale Kognition
Literatur
Lehrbücher:
• Aronson, E., Wilson, T.D. & Akert, R.M. (2008). Sozialpsychologie. München:
Pearson Studium.
• Baron, R. A., Branscombe, N. & Byrne, D. (2008). Social Psychology. Boston:
Pearson.
• Bierhoff, H.-W. & Frey, D. (Hrsg.)(2006). Handbuch der Sozialpsychologie und
Kommunikationspsychologie. Göttingen: Hogrefe.
• Gerrig, R. & Zimbardo, P. (2008). Psychologie. München: Pearson.
• Jonas, K., Stroebe, W. & Hewstone, M. (Hrsg.) (2007). Sozialpsychologie.
Heidelberg: Springer.
• Marmet, O. (2006). Ich und du und so weiter. Kleine Einführung in die
Sozialpsychologie. Weinheim: Beltz.
• Werth, L. & Mayer, J. (2008). Sozialpsychologie. Berlin: Spektrum.
Weitere Quellen und Literatur erhalten Sie gerne auf Anfrage oder in unseren
Literaturempfehlungen unter www.hahnzog.de
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Web: www.hahnzog.de
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