Hans Walser, [20111226a] DIN-Format und Pythagoras Es wird die Idee der pythagoreischen Dreiecke mit dem DIN-Format kombiniert. 1 Einstieg Ein jedermann im Lande kennt die Abbildung 1. Abb. 1: Pythagoreisches Dreieck Die kleinen Zählquadrate können durch Zählrechtecke im DIN-Format (also mit dem Seitenverhältnis 2 ) ersetzte werden. Das geht sogar auf zwei Arten (Abb. 2). Abb. 2: Zählrechtecke Die beiden Kathetenrechtecke und das Hypotenusenrechteck haben dann auch das DINFormat. Wenn wir die Zählrechtecke abzählen, ist immer noch 32 + 4 2 = 5 2 , und das rechtwinklige Dreieck hat seine Form nicht verändert. Allerdings passen die Kathetenrechtecke nicht in einen gemeinsamen Raster. Das liegt daran, dass 2 eine irrationale Zahl ist. Die nahe liegende Idee, den Quadratraster der Abbildung 1 affin zu verzerren, funktioniert nicht (Abb. 3). Die Kathetenrechtecke liegen nun zwar im selben Raster, aber das Hypotenusenviereck ist ein Parallelogramm. Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 2/11 Abb. 3: Affine Verzerrung Trotzdem können wir quasipythagoreische Dreiecke in einem Rechtecksraster finden. 2 DIN-Raster Wir arbeiten in einem Rechtecksraster, dessen Rechtecke das Seitenverhältnis 2 haben. Solche Raster können im „Hochformat“ oder im „Querformat“ vorliegen. In beiden Fällen ist es jedoch möglich, quasipythagoreische rechtwinklige Dreiecke einzupassen (Abb. 4). Die Ecken der rechtwinkligen Dreiecke sind Rasterpunkte, ebenso die Ecken der beiden Kathetenrechtecke und des Hypotenusenrechtecks. Abb. 4: Quasipythagoreische rechtwinklige Dreiecke im DIN-Raster Die beiden Dreiecke sind kongruent. Der Querformatraster (Abb. 4b) ist aus dem Hochformatraster (Abb. 4a) durch Halbieren der Rasterrechtecke entstanden. Entsprechend wurden die beiden Kathetenrechtecke und das Hypotenusenrechteck halbiert. Die Stimmigkeit der quasipythagoreischen Figuren lässt sich leicht verifizieren. Für die Rechnung wird jeweils die kürzere Seite der Rasterrechtecke auf 1 normiert. ( )2 = 32 , also 1 + 8 = 9 2 2 Im der Abbildung 4b ergibt sich: ( 2 ) + 4 2 = ( 3 2 ) , also 2 + 16 = 18 Im der Abbildung 4a haben wir: 12 + 2 2 In der Abbildung 4a (Hochformat-Raster) ist die Hypotenuse in „kleinen“ Einheiten (kurze Seite der Rasterrechtecke) gemessen, in der Abbildung 4b (Querformat) in „langen“ Einheiten. Dies ist aber nicht an den Rastertyp gebunden. Die Abbildung 5 zeigt ein Beispiel im Hochformat, bei dem die Hypotenuse in „langen“ Einheiten gemessen wird. Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 3/11 Abb. 5: Hochformat, Hypotenuse in langen Einheiten Wir sehen aber sofort, dass dieses Beispiel durch Vertauschen der beiden Katheten in den Fall der Abbildung 4b (Querformat) übergeführt werden kann. Dieser wiederum kann durch Verdoppeln der Rasterrecke in den Fall der Abbildung 4a übergeführt werden. Wir können also ohne Verlust an Allgemeinheit eine Standardisierung vornehmen. 3 Standardisierung Wir arbeiten im Hochformat-Raster und messen die Hypotenuse in Einheiten der kurzen Rasterrechtecksseite. Die Abbildung 6 zeigt ein etwas größeres Beispiel. Abb. 6: Größeres Beispiel 4/11 Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras Die Stimmigkeit der Figur lässt sich leicht verifizieren: ( 72 + 6 2 )2 = 112 also 49 + 2 36 = 121 4 Quasipythagoreische Zahlentripel Wir zählen die Rasterrechtecke längs der Seiten des rechtwinkligen Dreiecks. Im Beispiel der Abbildung 4a erhalten wir das Zahlentripel (1, 2, 3) , im Beispiel der Abbildung 6 das Zahlentripel ( 7, 6,11) . Die erste Zahl entspricht der horizontalen Kathete im standardisierten Fall, die zweite Zahl der vertikalen Kathete und die dritte Zahl der Hypotenuse. Die Zahlentripel ( p, q, r ) der beiden Beispiele genügen der Gleichung: p 2 + 2q 2 = r 2 Wegen der Rasterlänge 2 in vertikaler Richtung ist diese Bedingung allgemein genau dann erfüllt, wenn wir eine quasipythagoreische Figur in standardisierter Form haben. Diese quasipythagoreischen Zahlentripel können in Anlehnung an die gewöhnlichen pythagoreischen Zahlentripel zum Beispiel wie folgt generiert werden. Es zeigt sich allerdings, dass dazu zwei verschiedene Formelsätze benötigt werden. 4.1 Erste Parametrisierung Wir wählen zwei teilerfremde Parameter u mit u ungerade und v < u 1 . Dann erfül 2 len die Zahlen p = u 2 2v 2 q = 2uv r = u 2 + 2v 2 die Bedingung p 2 + 2q 2 = r 2 , wie man leicht nachrechnet. Zudem ist das Tripel teilerfremd. Die Tabelle 1 zeigt die ersten Beispiele. v p q r u 3 3 5 5 5 7 7 7 7 9 9 9 9 11 11 11 11 1 2 1 2 3 1 2 3 4 1 2 4 5 1 2 3 4 7 1 23 17 7 47 41 31 17 79 73 49 31 119 113 103 89 6 12 10 20 30 14 28 42 56 18 36 72 90 22 44 66 88 11 17 27 33 43 51 57 67 81 83 89 113 131 123 129 139 153 5/11 Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 11 11 11 13 13 13 13 13 13 13 13 13 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7 8 9 71 49 23 167 161 151 137 119 97 71 41 7 110 132 154 26 52 78 104 130 156 182 208 234 171 193 219 171 177 187 201 219 241 267 297 331 Tabelle 1 Für u = 3 und v = 1 ergibt sich das Tripel ( 7, 6,11) der Abbildung 6. Schön und gut. Allerdings fehlt das Beispiel der Abbildung 4a). Dort haben wir das Tripel (1, 2, 3) . Dazu würden die Parameter u = 2 und v = 1 2 gehören. Wir müssen also einen zweiten Anlauf nehmen. 4.2 Zweite Parametrisierung Wir wählen zwei teilerfremde Parameter u und v mit v < u 2 und v ungerade. Dann erfüllen die Zahlen p = 2u 2 v 2 q = 2uv r = 2u 2 + v 2 die Bedingung p 2 + 2q 2 = r 2 , wie man leicht nachrechnet. Zudem ist das Tripel teilerfremd. Die Tabelle 2 zeigt die ersten Beispiele. u v p q r 1 2 3 4 4 4 5 5 5 6 6 6 7 7 7 7 8 8 8 1 1 1 1 3 5 1 3 7 1 5 7 1 3 5 9 1 3 5 1 7 17 31 23 7 49 41 1 71 47 23 97 89 73 17 127 119 103 2 4 6 8 24 40 10 30 70 12 60 84 14 42 70 126 16 48 80 3 9 19 33 41 57 51 59 99 73 97 121 99 107 123 179 129 137 153 6/11 Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 8 8 8 9 9 9 9 10 10 10 10 10 10 7 9 11 1 5 7 11 1 3 7 9 11 13 79 47 7 161 137 113 41 199 191 151 119 79 31 112 144 176 18 90 126 198 20 60 140 180 220 260 177 209 249 163 187 211 283 201 209 249 281 321 369 Tabelle 2 Hier sehen wir nun zuoberst das Beispiel der Abbildung 4a. Die Abbildung 7 zeigt den Fall u = 2 , v = 1 mit dem Tripel ( 7, 4, 9 ) . Abb. 7: Tripel (7, 4, 9) Ich weiß nicht, ob die Vereinigung der beiden Tabellen (ad infinitum gedacht) nun alle Fälle umfasst. In interessantes zahlentheoretisches Problem. Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 7/11 5 Das Kantholz im Nacken „Das Kantholz im Nacken“ war früher ein didaktisches Prinzip. Das Kantholz war das Lineal des Lehrers, es hatte einen quadratischen Querschnitt (damit man durch „Abrollen“ eine Lineatur ziehen konnte). Ein Quader der Länge p mit quadratischem Querschnitt der Seitenlänge q hat die Diagonalenlänge r mit r 2 = p 2 + 2q 2 . Wir sind also beim Thema. Das Kantholz hat als Motivationsprinzip ausgedient. PISA sei Dank. 6 Überlagerung von DIN-Rastern 6.1 Beispiele mit der ersten Parametrisierung Wir zeichnen in der Abbildung 6 das ursprüngliche Rechtecksraster vor die quasipythagoreische Figur (Abb. 8). Wir haben somit im Bereich des Hypotenusenrechtecks eine Überlagerung von zwei kongruenten Rastern. Wir stellen fest, dass außer den Eckpunkten des Hypotenusenrechteckes noch weitere Punkte den beiden Rastern gemeinsam sind. Abb. 8: Überlagerung von Rastern. Gemeinsame Punkte Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 8/11 Wir können diese beiden Rastern gemeinsamen Punkte zu einem neuen Rechtecksraster im DIN-Format erweitern (Abb. 9). Abb. 9: Überlagerungsraster für u = 3, v = 1 Feststellungen ohne Beweis: Der ursprüngliche Raster und der Raster des Hypotenusenrechteckes sind gegenüber diesem neuen Raster gespiegelt. Die Rasterlinien des Überlagerungsrasters durch die Dreiecksecke links unten sind die innere und äußere Winkelhalbierende des dortigen Dreieckswinkels. Die kurzen Rechtecksseiten des Überlagerungsrasters haben die Länge r . Die zugehörigen Rasterlinien haben im Basisraster ein Steigungsdreieck mit Horizontalweite u und der Vertikalweite v. Die Steigung ist im Basisraster uv , geometrisch also v 2 u . 6.2 Beispiele mit der zweiten Parametrisierung Nehmen wir das einfachste Beispiel mit u = 2 und v = 1 , das zum Tripel ( 7, 4, 9 ) führt (Abb. 7). Wir erhalten wieder einen Überlagerungsraster (Abb. 10). Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 9/11 Abb. 10: Überlagerungsraster für u = 2, v = 1 Feststellungen ohne Beweis: Der ursprüngliche Raster und der Raster des Hypotenusenrechteckes sind gegenüber diesem neuen Raster gespiegelt. Die Rasterlinien des Überlagerungsrasters durch die Dreiecksecke links unten sind die innere und äußere Winkelhalbierende des dortigen Dreieckswinkels. Die kurzen Rechtecksseiten des Überlagerungsrasters haben die Länge r . Die zugehörigen Rasterlinien haben im Basisraster ein Steigungsdreieck mit Horizontalweite v und der Vertikalweite –u. Die Steigung ist im Basisraster uv , geometrisch also u v 2 . Das ist der einzige Unterschied zur ersten Parametrisierung. 7 Komplexe Zahlen Wir können die Parametrisierungen auch mit komplexen Zahlen beschreiben. 7.1 Erste Parametrisierung Wir wählen w = u + 2vi . Damit wird: Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras 10/11 w 2 = u 2 2v 2 + 2 2uvi = p + 2qi w2 2 = p 2 + 2q 2 = r 2 w2 = r w = r 7.2 Zweite Parametrisierung Wir wählen w = 2u + vi . Damit wird: w 2 = 2u 2 v 2 + 2 2uvi = p + 2qi w2 2 = p 2 + 2q 2 = r 2 w2 = r w = r 8 Ausblick Statt mit DIN-Rechtecken mit dem Seitenverhältnis 2 können wir mit Rechtecken im Seitenverhältnis n, n , arbeiten. Die Abbildung 11 zeigt ein Beispiel mit Rechtecken im Seitenverhältnis 3. 3 Der Rechtecksraster lässt sich in einen Dreiecksraster umbauen (Abb. 12). Abb. 11: Seitenverhältnis Hans Walser: DIN-Format und Pythagoras Abb. 12: Dreiecksraster 11/11