PD Dr. med. Jörg Johannes Höer Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie - Zentrum für minimal Invasive Chirurgie – Urseler Straße 33 61348 Bad Homburg Tel.: 06172-14-3131 Fax: 06172-14-4646 Internet: www.allgemeinchirurgie-badhomburg.de Patienteninformation Sigmadivertikulose / Sigmadivertikulitis Liebe(r) Patient(in), Sie sind an einer gutartigen Erkrankung des Dickdarmes erkrankt, der Sigmadivertikulose bzw. Sigmadivertikulitis. Im Folgenden werden wir versuchen, Ihnen Informationen über die Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten bzw. vorbeugende Maßnahmen zu geben. Sigmadivertikulose – was ist das eigentlich? Es handelt sich dabei um eine Zivilisationserkrankung westlicher Länder, deren Häufigkeit mit dem Alter zunimmt. Vor allem Nahrung mit hohem Fett- und Fleischanteil, wenig pflanzlichen Anteilen und wenig Ballaststoffen scheint die Entstehung zu fördern. Neben der Ernährung spielen wahrscheinlich auch eine genetiDivertikel Divertikulitis sche Veranlagung sowie Transportstörungen Dickdarm des Darmes eine Rolle. Aufgrund o. g. Faktoren kommt es zur Ausbildung kleiner Schleimhauttaschen (Divertikel) durch Muskellücken im S-förmigen Dickdarmabschnitt, dem so genannten Colon sigmoideum oder kurz Sigma. Diese Prozesse laufen im allgemeinen über einen langen Zeitraum ab, und so kommt es mit zunehmendem Lebensalter zur Ausbildung mehr oder weniger zahlreicher Divertikel. Dieses Stadium bezeichnet die sog. „Divertikelkrankheit“ (Divertikulose). Dieses Krankheitsstadium ist die Domäne der konservativen Therapie in Form von Stuhlregulierung und Ernährungsumstellung. Sigmadivertikulitis In den Divertikeln kann es durch Verschmutzung zu einer Entzündung kommen. Dieses Stadium bezeichnet man als Divertikulitis. Die Divertikulitis ist durch mehr oder weniger starke Schmerzen im linken Unterbauch gekennzeichnet. Nahrungsaufnahme führt zu einer Schmerzverstärkung, Stuhlgang zu einer (vorübergehenden) Erleichterung. Unter Umständen kommen Fieber und Übelkeit hinzu, Druck auf den Bauch ist sehr schmerzhaft. Das Stadium der Entzündung muss fast immer operiert werden. Je nach Ausmaß kann ein konservativer Therapieversuch unternommen werden, der aber nicht immer zu einem endgültigen Abheilen des erkrankten Darmes führen kann! Woher weiß ich, dass ich Divertikel habe? Divertikel können als harmloser Zufallsbefund bei einer Darmspiegelung im Rahmen der Krebsvorsorge oder bei einer Röntgenuntersuchung des Darmes gefunden werden. Auch eine Computertomographie kann Divertikel nachweisen. Das Vorhandensein von Divertikeln allein ist kein operationswürdiger Befund! Im Stadium der Entzündung wird die Darmspiegelung zurückhaltend angewandt. Ein Kontraströntgen mit wasserlöslichem Kontrastmittel oder eine Computertomographie erbringen sichere Ergebnisse und dienen der weiteren Planung. Was kann passieren? Die Divertikelkrankheit ist eine chronische Erkrankung. In vielen Fällen kommt es zu keiner Entzündung. Ist diese jedoch eingetreten, kann es zu einem Abheilen unter medikamentöser Therapie kommen. Problematisch wird es, wenn bereits mehrere Entzündungen abgelaufen sind, da es dann zur narbigen Schrumpfung des Darmes kommen kann und der Transport des Stuhlganges gestört wird. Es entsteht eine Engstelle (Stenose). In anderen Fällen bleibt die Entzündung bestehen, und es können sich Abszesse ausbilden. Auch Blutungen aus Divertikeln sind möglich. Im schlimmsten Fall platzen die entzündeten Divertikel, und es kommt zu einer Bauchfellentzündung mit schweren Allgemeinsymptomen. Wann muss operiert werden? Beim Versagen der konservativen Therapie, wiederholten Schüben („rezidivierende Divertikulitis“) oder Komplikationen stellen der behandelnde Arzt und der Chirurg die Indikation zur Operation. Je nach aktuellem Krankheitsbild kann diese als Wahleingriff (elektiv), als dringlicher Eingriff nach Vorbehandlung (5 – 6 Tage) oder als sofortige Notoperation durchgeführt werden müssen. Wie wird operiert? Es stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl, deren gemeinsames Ziel die Entfernung des erkrankten Darmabschnitts und die Wiederherstellung der natürlichen Darmpassage ist. Je nach Krankheitsbild kann entweder minimal-invasiv (sog. „Schlüsselloch-Chirurgie“) oder offen operiert werden. Diese beiden Verfahren werden im Folgenden erläutert. „Schlüsselloch-Chirurgie“ Dieses moderne Operationsverfahren wird bei Wahloperationen und vermehrt auch nach ausreichender Vorbereitung nach einem entzündlichen Schub bevorzugt angewandt. Dabei wird eine kleine Kamera durch einen Schnitt im Bereich des Bauchnabels eingebracht, weitere Mini-Instrumente werden durch kleine Schnitte im Unterbauch eingeführt. Die Präparation des erkrankten Darmes erfolgt unter Sicht auf einen Monitor quasi durch die geschlossene Bauchdecke. Durch einen ca. 5 cm großen Schnitt im Unterbauch wird der erkrankte Darm dann entfernt. Der Wiederanschluss des Darmes geschieht ebenfalls minimal-invasiv mit Nahtapparaten. Der Vorteil für die Patienten sind die schnellere Erholung von der Operation, keine großen Narben und weniger Verwachsungen. Offene Operation Ist es zu einer ausgedehnten entzündlichen Reaktion im Bauchraum gekommen oder bei einer Notoperation muss häufig offen operiert werden. Dazu wird ein Bauchschnitt in der Mittellinie angelegt, um die Bauchhöhle ausreichend spülen zu können. Der erkrankte Darmabschnitt wird entfernt. Ist das Gewebe nicht stark entzündet, kann ein sofortiger An- schluss zwischen den verbleibenden Darmabschnitten, ohne künstlichen Darmausgang, hergestellt werden. Manchmal muss jedoch zum Schutz der Darmnaht ein vorübergehender Kunstafter gelegt werden. Dieser kann nach dem Ausheilen der Naht wieder zurückverlegt werden. Was muss ich nach der Operation beachten? Postoperativ werden Sie kurzfristig intravenös ernährt, bis die Darmtätigkeit wieder einsetzt. Nach dem Kostaufbau und Abklang eventuell entzündeter Divertikel (Normalisierung der Entzündungswerte im Blut) sollten Sie sich ballaststoffreich ernähren. Ballaststoffe werden auch als Füll-, Quell- und Faserstoffe bezeichnet und sind im wesentlichen Bestandteil pflanzlicher Lebensmittel (Getreide, Obst, Gemüse). Sie werden im Körper nicht verdaut, sondern vorwiegend mit dem Stuhl wieder ausgeschieden. Sie quellen im Darm durch Bindung von Wasser auf, regen die Darmtätigkeit an und sorgen dadurch für eine regelmäßige Darmentleerung. Ganz wichtig ist die tägliche Flüssigkeitszufuhr, mindestens 1,5 - 2 Liter! Empfehlenswerte Lebensmittel Ungünstige Lebensmittel Fein ausgemahlenes Vollkornbrot, ohne Körner Grobes Vollkornbrot, Weißbrot, Auszugsmehl, Typ 405 Vollkornbackwaren, Vollkornnudeln und Naturreis Backwaren aus weißem Mehl Kartoffeln Bratkartoffeln, Pommes frites Karotten, Broccoli, Fenchel, Sellerie Hülsenfrüchte, Kohlgerichte, Zwiebeln Äpfel, Melone, Trockenobst Steinobst Joghurt oder Buttermilch mit 1 Eßl. Weizen/Haferkleie unterstützt Ihre Verdauung, Kleie bitte mit viel Flüssigkeit nehmen! Vorsicht bei Kernen wie Sonnenblumen, Kürbis oder Sesam. Sie setzen sich gern in Divertikeln fest und können Entzündungen begünstigen! Ernährungs-Team Hochtaunuskliniken, Bad Homburg Sportliche Tätigkeiten sind absolut erwünscht und können bei laparoskopischen Operationen nach Abheilen der Wunden zügig wieder aufgenommen werden. Nach einer offenen Operation sollte eine langsame körperliche Belastung (s.u.) erfolgen, um das Auftreten eines Narbenbruchs zu vermeiden. - Ab der 2. Woche nach Entlassung: leichte Sportarten, z. B. Spaziergänge, Schwimmen Ab der 3. Woche n.E. : mittelschwere Sportarten, z. B. Radfahren Ab der 4. Woche n.E.: zunehmende Belastung und ein Erweitern des Trainingsumfanges Maximale Belastung sollte erst nach 6 Wochen wieder aufgenommen werden!