Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Quarks & Co Quarks & Co Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde Autoren: Anahita Parastar Redaktion: Ulrich Grünewald, Eva Schultes, Dagmar Stöckle, Ismeni Walter Mit immer leistungsstärkeren Teleskopen blicken Wissenschaftler in den Himmel – getrieben von der großen Frage: Gibt es eine „zweite Erde“, gibt es vielleicht sogar Leben im All? Inzwischen haben sie über 400 Exoplaneten entdeckt – Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Quarks & Co begibt sich auf eine faszinierende Reise ins Universum und erklärt, wie man die Wahrscheinlichkeit von fernen Zivilisationen „berechnen“ kann. Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Jagdfieber im All Auf der Suche nach der zweiten Erde Lange Zeit war der Glaube an Planeten um ferne Sonnen den Science Fiction-Autoren vorbehalten. Das änderte sich schlagartig, als 1995 die beiden Schweizer Michel Mayor und Didier Queloz den Beweis lieferten, dass um den Stern 51 Pegasi ein Planet kreist. Er befindet sich im Sternbild Pegasus, 42 Lichtjahre von der Erde entfernt. Diese Entdeckung war ein Wendepunkt in der astronomischen Forschung. Inzwischen durchforsten Planetenjäger auf der ganzen Welt Nacht für Nacht den Himmel auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage: Gibt es dort oben Planetensysteme Riesenteleskope in der chilenischen so wie unseres, vielleicht sogar eine zweite Erde? Atacama-Wüste helfen bei der Suche nach der zweiten Erde Rechte: ESO Das Wackeln des Sterns verrät den Planeten In den Jahren nach der Entdeckung des ersten Exoplaneten wurden schnell weitere entdeckt. Im Jahr 2001 waren es bereits 62. Doch die Jagd ist mühselig. Im Vergleich zu den Sternen sind die fernen Planeten sehr klein und leuchten nicht selbst. Daher ist es unmöglich, sie direkt zu beobachten. Die Suche konzentriert sich auf den Mutterstern. Die bislang erfolgreichste Methode zur Entdeckung von Exoplaneten ist die sogenannte Radialgeschwindigkeitsmethode. Mit ihrer Hilfe wurden die ersten Exoplaneten entdeckt. Sie berücksichtigt, dass Sterne, um die ein Planet kreist, Die Schwerkraft des Planeten bringt den Stern zum Wackeln nicht still stehen, sondern sich ebenfalls bewegen. Dieses Wackeln kann man auf der Erde messen. Es ist umso stärker, je größer der Planet ist und je näher sich seine Umlaufbahn am Mutterstern befindet. Deshalb sind die ersten Exoplaneten, die man fand, nur gigantische Gasplaneten, die enge Kreise um ihren Mutterstern ziehen. Mit unserem Sonnensystem haben diese Welten allerdings nicht viel gemeinsam. Wenn das Sternenlicht blasser wird Im Laufe der nächsten Jahre entwickelten die Planetenforscher empfindlichere Messgeräte und Computersuchprogramme, die ihnen die Auswertung der gemessenen Daten erleichterten. Die Zahl der neu entdeckten Planeten stieg auch schnell weiter an. Aber selbst der kleinste von ihnen war immer noch viel größer als die Erde. Außerdem war die Jagd im Grunde nur ein „Stochern“ – mehr oder weniger zufällig wurden einzelne Sterne zur Beobachtung ausgewählt. Ob sich einer mit Planet darunter befand, war eigentlich Glückssache. Selbst ein sehr kleiner Planet kann bei seinem Umlauf die Helligkeit des Sterns Eine neue Methode sollte das ändern: Bei der sogenannten Transitmethode nutzt man aus, dass absenken die Helligkeit des Muttersterns periodisch schwankt, wenn ein Planet bei seinem Umlauf vor ihm Rechte: ESA entlang zieht. Auch kleinere Planeten sind auf diese Weise zu entdecken. Von der Erde aus gestaltet sich die Suche mit der neuen Methode aber schwierig, weil die Erdatmosphäre im Weg steht. Verschmutzungen und Wetter behindern die Sicht und machen das Bild unscharf. Seite 2 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Das Auge im Weltall Seit Dezember 2006 suchen die Planetenjäger deshalb auch direkt vom Weltall aus: mit dem europäischen Weltraumteleskop COROT. Es umkreist die Erde und beobachtet jeweils 150 Tage lang ein bestimmtes Sternenfeld. COROT macht in kurzen Abständen Fotos von bis zu 12.000 Sternen. Mit Hilfe von Computerprogrammen werden diese Fotos durchgescannt und nach Sternen mit Helligkeitsänderungen abgesucht. Das Stochern hat ein Ende – nun wird gezielter gesucht. Immer mehr Forscher beteiligen sich inzwischen an der Jagd. Kein anderes Gebiet in der Astronomie entAn der Weltraumsonde COROT sind wickelt sich so rasant. Ab 2007 steigt die Zahl der entdeckten Planeten explosionsartig. In immer auch deutsche Forscher beteiligt kürzeren Abständen wird der Nachweis weiterer Exoplaneten gemeldet. Die Zahl wächst – auf über Rechte: ESO 400. Neben Gasriesen findet man endlich auch kleinere Planeten, sogar welche mit felsiger Oberfläche. Doch eine zweite Erde ist immer noch nicht dabei. Die neu entdeckten Planeten fliegen alle sehr nah um ihren Stern, hier ist es viel zu heiß für Leben. Mit den bisherigen Möglichkeiten sind Planeten, die in größerem Abstand kreisen, aber kaum zu entdecken. Nur noch eine Frage der Zeit? Das könnte sich bald ändern: 2009 schickt die amerikanische Weltraumbehörde NASA ihr Weltraumteleskop KEPLER ins All. KEPLER ist die erste Mission, die tatsächlich Planeten finden könnte, bei denen Größe, Beschaffenheit und auch der Abstand vom Mutterstern stimmen. KEPLER soll über 100.000 Sterne in den Sternbildern Schwan und Leier absuchen, bis zu 3.000 Lichtjahre entfernt. Wie COROT sucht auch KEPLER ferne Planeten mit Hilfe der Transitmethode. Die Kamera an Bord misst selbst geringste Helligkeitsschwankungen. Die NASA-Forscher erwarten, dass KEPDie amerikanische Weltraumsonde LER mindestens 50 Planeten von erdähnlicher Größe aufspüren wird. Noch nie war man der KEPLER soll rund 50 erdähnliche Entdeckung einer zweiten Erde so nahe. Möglicherweise wissen wir schon bald, ob es noch ande- Planeten aufspüren re belebte Planeten im All gibt, oder ob wir doch allein sind. Rechte: NASA Autorin: Eva Schultes Zusatzinfos: Radialgeschwindigkeitsmethode Bei der Radialgeschwindigkeitsmethode wird das Spektrum des Sternenlichts beobachtet. Dabei macht man sich zunutze, dass der Mutterstern durch die Anziehungskraft des Planeten nicht auf einer Stelle steht, sondern sich ebenfalls bewegt – er wackelt. Stern und Planet kreisen um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Diesen Effekt kann man auf der Erde beobachten und messen: Der Stern bewegt sich nämlich mal auf den Betrachter zu und dann wieder von ihm weg. Dadurch kommt es zu einer sogenannten Dopplerverschiebung des Sternenlichts: Wenn sich der Stern dem Betrachter nähert, wird das Licht blauer, wenn er sich weg bewegt, wird das Licht roter. Das kann man auf der Erde messen. Das Wackeln des Sterns ist sehr schwach, aber mit Hilfe von genauen Messmethoden messen die Wissenschaftler inzwischen auch geringe Bewegungen. Dennoch können mit Hilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode heute noch keine Planeten entdeckt werden, die so klein sind wir unsere Erde. Seite 3 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Transitmethode Bei der Transitmethode wird die Helligkeit eines Sterns beobachtet. Wenn sie in immer gleichen Abständen absinkt und wieder ansteigt, dann könnte der Stern einen Planeten besitzen. Beim sogenannten Transit, wenn der Planet von der Erde aus gesehen vor dem Stern entlang zieht, verdeckt er einen kleinen Teil des Sterns, der für diese Zeit weniger hell leuchtet. So können auch kleinere Planeten gefunden werden - allerdings nur, wenn ihre Bahn von der Erde aus gesehen vor dem Stern entlang läuft. Sterne können aber auch aus anderen Gründen weniger hell leuchten, zum Beispiel wegen Sternenflecken. Daher sprechen die Forscher erst dann von der Entdeckung eines Planeten, wenn sie drei periodische Helligkeitsschwankungen beobachten konnten. Da das Weltraumteleskop COROT immer nur 150 Tage auf dieselbe Stelle schaut, kann es nur Planeten entdecken, die eine Umlaufbahn von höchstens 50 Tagen haben. Das Weltraumteleskop KEPLER dagegen beobachtet Sterne über mindestens dreieinhalb Jahre und könnte daher auch Planeten aufspüren, die weiter entfernt von ihren Sonnen sind. Seite 4 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Der Star unter den Exos: Corot-7b Die Entdeckung des ersten Felsplaneten Es ist der 27. Dezember 2006. Auf dem Weltraumbahnhof Baykonur in der Steppe von Kasachstan startet eine Trägerrakete vom Typ Soyuz. An Bord: Das Weltraumteleskop Corot. Es wird außerhalb der Erdatmosphäre ausgesetzt. Das Corot-Projekt steht unter der Leitung der französischen Weltraumforschungs-Organisation CNES, beteiligt sind etliche europäische Länder, darunter auch Deutschland. Corot soll bei der Suche nach Gesteinsplaneten in fernen SonnenDas Weltraumteleskop Corot sucht systemen helfen. Bei der Suche nach Kandidaten also, die in ihrer Beschaffenheit unserer Erde Exoplaneten möglichst ähnlich sind. Rechte: ESO Das Weltraumteleskop speichert die Lichtspektren zigtausender Sterne und schickt die Daten zur Erde. Die französischen Astronomen verteilen die Datenbündel weiter an viele europäische Teams. Eine spannende Suche beginnt. Ein vielversprechender Stern im Visier Winter 2007, ein Jahr nach dem Start von Corot. Arbeitsalltag statt großer Visionen. Neben sechs europäischen Teams und zwei weiteren deutschen durchforstet auch ein Team aus Tautenburg in Thüringen den riesigen Datensatz. Chef des Teams ist Artie Hatzes, gebürtiger Texaner und Experte für Exoplaneten. Seine Vision: Die Entdeckung eines erdähnlichen Planeten, einer Super-Erde. Seit zwanzig Jahren sucht er schon nach einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, auf dem Leben möglich wäre. Astrophysiker Artie Hatzes ist seit 20 Jahren Planetenjäger Die Suche nach Exoplaneten ist mühsam. 40.000 Sterne scannt das Weltraumteleskop – und jeder könnte der richtige sein. Die Wissenschaftler suchen vor allem Schwankungen in den Lichtkurven. Denn Exoplaneten umkreisen ihren Mutterstern und bringen ihn dabei durch ihre Anziehungskraft leicht aus der Bahn. Unklare Signale verwirren die Forscher Plötzlich haben die Astrophysiker erneut einen ganz bestimmten Stern im Visier. Einen, den die Franzosen versehentlich bereits „aussortiert“ haben, den späteren „Corot-7“. Der Stern „tanzt“, er bewegt sich leicht. Ein deutlicher Hinweis, dass ein Exoplanet um ihn kreisen könnte. Das Problem: Das Signal des möglichen Exoplaneten ist winzig, die „Fieberkurve“ bricht immer wieder ein. Zweifel beim Forscherteam: So ein Signal hat es in der Astronomie noch nie gegeben. Der Stern Corot ist durchs Teleskop nur Deshalb lehnt die CNES, die federführende französische Weltraumagentur, im Winter 2007 den ein unscharfer Fleck Stern als Kandidaten ab. Doch Artie Hatzes lässt nicht locker, überzeugt die Leitung des CorotProjektes und bekommt schließlich grünes Licht für neue Messungen. Seite 5 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Riesenteleskope helfen bei der Suche Für Messungen dieser Art braucht man extrem leistungsstarke Teleskope. Doch auf der ganzen Welt gibt es nur eine Handvoll dieser riesigen Teleskope, sie sind heiß begehrt. Die Deutschen nutzen jedes Beobachtungs-Zeitfenster, das sie auf den Superteleskopen ergattern können: In Südfrankreich, auf den Kanaren, Chile, Hawaii und Australien. 150 Messungen in drei Monaten. Doch noch immer trüben Anomalien das Bild. Die Messwerte ergeben keine klare Kurve, viele Werte scheinen einfach aus der Reihe zu tanzen. Die französischen Kollegen sind weiter unsicher, ob das Bildunterschrift: Superteleskope in Chile Objekt wirklich der ersehnte erste Felsplanet ist. Rechte: ESO Die Lösung des Rätsels – ein System mit mehreren Planeten Artie Hatzes vermutet zu diesem Zeitpunkt bereits, dass um den Stern Corot-7 noch ein weiterer Planet kreist. Er verwendet neue Formeln, beseitigt störende Effekte in den Messdaten. Dann endlich kann er die richtige Masse beider Planeten korrekt berechnen. Der Astrophysiker knackt das Rätsel. Seine Analyse zeigt: Corot-7b ist fast sechsmal so schwer wie die Erde. Eine Sensation, denn das bedeutet: Der Planet besteht aus Fels. Der bisher erdähnlichBildunterschrift: Das Planetensystem ste Exoplanet, den man gefunden hat! von Corot Rechte: ESO Das Planetensystem erhält nun den Namen des Weltraumteleskops Corot. Um den Mutterstern Corot-7 kreisen zwei Planeten: Der Felsplanet Corot-7b und unter ihm noch ein weiterer Planet, der die Messungen der Forscher so lange gestört hat. Autorin: Dagmar Stoeckle Seite 6 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Die habitable Zone Kann es auf Corot-7b überhaupt Leben geben? Leben – wie wir es kennen – kann nur auf ganz bestimmten Planeten entstehen. Diese Planeten müssen in einem bestimmten Abstand um ihre Sonne kreisen. Es darf auf ihnen nicht zu heiß und nicht zu kalt sein. Die Astrophysiker können das sogar noch genauer sagen: Es müssen Temperaturen zwischen 0 und 100 Grad Celsius herrschen, damit flüssiges Wasser dauerhaft existieren kann – wie auf unserer Erde. Diese schmale Zone rund um eine Sonne nennt man deshalb die habitable, also „belebbare Zone“. Wasser ist die Voraussetzung für Leben. Doch kann auf einem Wasser ist die Voraussetzung jungen Planeten wie Corot-7b mit einer Oberfläche aus kochender Lava überhaupt Wasser ent- für Leben stehen? Die Entstehung des Lebens auf einem Planeten Zu Beginn seiner Entstehung macht Vulkanismus die Oberfläche eines jungen Planeten durchlässig. Wichtige chemische Elemente steigen als Gase auf. In dieser giftigen „Ur-Atmosphäre“ existieren unter anderem Methan, Kohlendioxid, Schwefel – und Wasserstoff. Hat der Planet genug Abstand von seinem Stern, kühlt die Atmosphäre irgendwann soweit ab, dass Wasser nicht mehr sofort verdampft. Durch die immer noch große Hitze auf der Oberfläche steigen Wasserstoffmoleküle auf. Je höher sie steigen, desto kühler ist die Atmosphäre. Die Wasserstoffmoleküle Nur in einem schmalen Streifen um bewegen sich langsamer, binden sich aneinander und an Ascheteilchen, die in der Atmosphäre einen Stern herum ist Leben überhaupt umherschweben. Sie bilden Wassertropfen. Es beginnt zu regnen, viele Millionen Jahre lang. Die möglich Ozeane entstehen, jedoch nicht gefüllt mit klarem Quellwasser, sondern der sogenannten Ursuppe, also Wasser mit vielen chemischen Elementen. Der Dauerregen wäscht nun Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Organische Verbindungen sammeln sich im Wasser. Bakterien bilden sich. Sie lernen, aus Wasser, Sonnenlicht und Kohlendioxid Energie zu gewinnen. Dabei entsteht als Abfallprodukt Sauerstoff. Der Sauerstoff reichert sich im Wasser an. Bald ist das Meer gesättigt mit Sauerstoff, der nun aufsteigt und eine Atmosphäre bildet, die vor der Sonnenstrahlung schützt. So verlief jedenfalls die Entstehungsgeschichte unserer Atmosphäre auf der Erde. Leben in der habitablen Zone Vergleicht man den Exoplaneten Corot-7b mit unserer Erde, gibt es einige Gemeinsamkeiten, jedoch auch viele Unterschiede. Corot-7b ist doppelt so groß wie unsere Erde. Aber er ist deutlich schneller: Während die Erde in 365 Tagen um die Sonne kreist, flitzt Corot-7b in gerade mal 21 Stunden um seinen Mutterstern. Außerdem umrundet er seinen Stern sehr nah – in nur 2,5 Millionen Kilometern Entfernung. Unsere Erde hat mit 150 Millionen Kilometern einen viel größeren Abstand zur Sonne. Ein entscheidender Unterschied! Hat ein Planet nicht genug Abstand und ist Corot-7b kreist in 21 Stunden um Stern, großer Hitze durch seine Sonne ausgesetzt, bleibt er heiß. Den schmalen Streifen mit dem richti- Erde braucht 365 Tage gen Abstand des Planeten zu seiner Sonne nennt man die „habitable Zone“. Seite 7 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Corot-7b ist extrem lebensfeindlich Durch die Nähe zu seinem Mutterstern und die hohe Gravitationskraft dreht Exoplanet Corot-7b sich nicht mehr um seine Achse. Auf seiner Sonnenseite herrschen fast 2000 Grad Celsius, auf der „kühleren“ Rückseite immerhin noch 200 Grad. Bei diesen Temperaturen besteht ein Großteil der Oberfläche aus verflüssigtem Gestein. Von der Oberfläche steigen Dämpfe auf. Sie bilden schwere Wolken mit mineralhaltigen Bestandteilen. Darin bilden sich keine Wassertropfen, sondern kleine Kieselsteinchen, vergleichbar mit größeren Hagelkörnern. Da Corot-7b sich so nah an seinem Auf Corot-7b regnet es Kieselsteinchen Mutterstern befindet, nimmt dessen Anziehung ständig zu. Der Exoplanet kommt seinem Stern immer näher. Deshalb sind sich die Astrophysiker sicher, dass es auf Corot-7b niemals Abkühlung oder gar flüssiges Wasser geben wird - und damit auch kein Leben. Autorin: Dagmar Stoeckle Seite 8 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Wie tickt das Leben im All? ... vielleicht ganz anders als wir denken! Forscher, die auf Exoplaneten, also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, nach Leben suchen, können dabei nur indirekte Hinweise nutzen. Sie suchen in den Atmosphären dieser Planeten nach Stoffen, die von Lebewesen erzeugt worden sein könnten, wie Sauerstoff oder Methan. Dabei konzentrieren sie sich auf Spuren, bei denen sie sicher sein können, dass sie wirklich von Lebewesen stammen. Das bedeutet: Sie suchen nur nach Leben, so wie sie es von der Erde her kennen. Dadurch kann es passieren, dass sie unter Umständen Leben „übersehen“, falls Astrobiologe Dirk Schulze-Makuch sucht es andere Formen angenommen hat als auf der Erde. Der Astrobiologe Dirk Schulze-Makuch von nach neuen Lebensformen der Washington State University beschäftigt sich damit, was für Formen das sein könnten. Überlebenskünstler auf der Erde Die besten Hinweise dafür liefert nach der Meinung des Astrobiologen die Erde selbst: Dort finden sich in extremen Lebensräumen immer wieder Mikroben, die bis dato unvorstellbare Überlebensstrategien entwickelt haben: Bakterien, die an 400 Grad Celsius heißen mineralreichen Quellen der Tiefsee gedeihen, 120.000 Jahre im 3.000 Meter tiefen Eis eines Grönland-Gletschers überleben oder sich in Bergwerkstollen von Radioaktivität ernähren. Angesichts dessen ist SchulzeMakuch sicher, dass es an vielen Orten im All Leben in exotischen Formen und mit erstaunlichen Auch auf der Erde gibt es beeindrucken- Strategien gibt. de Lebensformen, wie zum Beispiel an heißen Quellen in der Tiefsee Rechte: Gretchen Bernasconi-Green, Wasserscheue Mikroben auf dem Mars? ETH Zürich Der Astrobiologe hat zum Beispiel den Mars unter die Lupe genommen. Er hat die Ergebnisse der Vikingexpedition von 1976 wieder hervorgeholt und kommt zu dem Schluss: Die Viking-Lander haben damals Leben auf dem Mars gefunden - es wurde nur nicht erkannt! Einige Experimente mit Bodenproben vom Mars deuteten damals auf den Stoffwechsel von Mikroben hin – aber nur, wenn die Proben völlig trocken blieben. Sobald die Sonden Wasser dazu mischten, reagierten die Proben wie unbelebte Materie. Die Viking-Forscher werteten dies als negativ: Sie nahmen an, dass Astrobiologe Schulze-Makuch glaubt: flüssiges Wasser auch auf dem Mars eine Grundvoraussetzung für Leben ist. Schulze-Makuch hat Die Viking-Lander haben 1976 auf dem einen Gegenvorschlag: Viking sei auf Mikroben gestoßen, für die Wasser in größerer Menge nicht Mars Leben entdeckt lebensspendend ist, sondern tödlich. Diese Zellen enthalten nach der Vorstellung von Dirk Schulze- Rechte: dpa picture alliance Makuch und seinen Kollegen eine Mischung aus Wasserstoffperoxid (H2O2) und Wasser. H2O2 wirkt ätzend und tötet die meisten irdischen Zellen. Doch auf dem sehr trockenen Mars hätte es als Zellflüssigkeit enorme Vorteile: Es zieht sehr stark Wasser an. So könnten die Mikroben die wenigen Wassermoleküle einfangen, die in der Marsluft herumfliegen und die sie zum Leben bräuchten. Aber schon ein Tropfen flüssiges Wasser wäre ihr Tod: Sie würden sich damit vollsaugen und platzen oder ertrinken. Auf der Erde macht diese Strategie wenig Sinn, und solche Bakterien sind bisher hier auch nicht gefunden worden. Aber auf dem Mars wären sie hervorragend angepasst. Seite 9 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Ökosysteme auf dem Jupitermond Europa Auf dem Jupitermond Europa stellt sich Dirk Schulze-Makuch sogar richtige Ökosysteme vor. „Europa“ ist von einer kilometerdicken Eisschicht bedeckt, darunter vermuten Astronomen einen Ozean aus flüssigem Wasser. Selbst wenn es dort keine heißen Quellen geben sollte: Der Biologe denkt, dass Mikroben dort eine andere Energiequelle haben könnten. Sie könnten vielleicht die Tatsache nutzen, dass am Boden des Ozeans vom Jupitermond Europa die Salzkonzentration hoch ist und oben, direkt unter der Eisdecke, dagegen niedrig. In Bodennähe könnten die Zellen Salze Unter dem Eispanzer des Jupitermondes aufnehmen, mit der Strömung nach oben wandern und sie dort wieder abgeben. Das Ein- und Europa könnte es Ökosysteme geben – Ausströmen der Salze durch ihre Zellmembran könnten sie zur Energiegewinnung nutzen. Auf der zumindest theoretisch Erde ist dieses Prinzip noch bei keinem Bakterium gefunden worden, doch physikalisch wäre diese Rechte: dpa picture alliance Überlebensstrategie möglich. Der Forscher hat berechnet, dass im Ozean von „Europa“ auf dieser Grundlage eine Nahrungskette mit zwei bis vier Stufen existieren könnte. Die höchste Stufe könnten Lebewesen sein, die etwa so groß sind wie Kaulquappen oder kleine Garnelen. Leben in den Methanseen von Titan Auf dem Saturnmond Titan gibt es, wie auf der Erde, Seen. Und es fällt Regen. Allerdings bestehen die Seen und der Regen nicht aus Wasser, denn dort ist es – 167°Celsius kalt. Die wichtigste Flüssigkeit ist Methan, also müsste Leben dort auch Methan als Lösungsmittel haben, und nicht Wasser. Methan ist ein Kohlenwasserstoff, ebenso wie Öl oder die Bestandteile von Benzin, und Kohlenwasserstoffe haben grundlegend andere chemische Eigenschaften als Wasser. Die Biochemie von Lebewesen in Methan müsste also völlig anders funktionieren als die von Leben Im Asphaltsee Pitch Lake auf Trinidad im Wasser. Trotzdem hält Dirk Schulze-Makuch die Idee nicht für abwegig. Er hat sogar auf der Erde gibt es Leben! einen Ort gefunden, der den Methanseen auf Titan chemisch sehr nahe kommt: Den riesigen Rechte: Dirk Schulze-Makuch Asphaltsee Pitch Lake auf Trinidad. Und ausgerechnet dort hat er Leben gefunden: Bakterien und Archebakterien. Im Moment untersuchen er und seine Kollegen, ob diese Mikroben tatsächlich Kohlenwasserstoffe als Lösungsmittel nutzen. Auf jeden Fall aber zeigt sein Fund: Leben ist in einem „Meer“ von Kohlenwasserstoffen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es lohnt sich also, bei der Suche nach Leben über die Erde hinaus zu denken. Autorin: Ismeni Walter Zusatzinfos (Fachausdrücke, Erklärungen): Sauerstoff oder Methan in der Planetenatmosphäre Sauerstoff in einer Planetenatmosphäre kann auf das Vorhandensein von grünen Pflanzen hinweisen, denn sie produzieren dieses Gas bei der Photosynthese. Methan in der Atmosphäre kann chemischen Ursprungs sein, könnte aber auch von Methan bildenden Bakterien stammen. Besonders interessant wird es, wenn Sauerstoff und Methan gleichzeitig zu finden sind: Diese beiden Stoffe reagieren sehr leicht miteinander und bilden dabei Wasser und Kohlendioxid. Wenn sie also beide in der Atmosphäre eines Planeten gemessen werden können, bedeutet das, dass sie auf seiner Oberfläche ständig nachgebildet werden müssen – und das ist ein starker Hinweis auf die Aktivität von Lebewesen. Seite 10 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Kohlenwasserstoff Kohlenwasserstoffe sind Verbindungen, die nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen. Vor allem durch ihre riesigen Vorkommen als fossile Brennstoffe haben sie große Bedeutung. Das Methan (CH4) ist mit nur einem Kohlenstoffatom (C-Atom) der einfachste Kohlenwasserstoff und Hauptbestandteil des Erdgases. Auf der Erde sind Kohlenwasserstoffe mit bis zu vier C-Atomen bei Zimmertemperatur gasförmig, mit bis zu 16 C-Atomen flüssig und mit mehr als 16 fest. Bei den extrem niedrigen Temperaturen auf dem Saturnmond Titan ist Methan jedoch flüssig. Kohlenwasserstoffe und Wasser haben chemisch stark gegensätzliche Eigenschaften: Sie sind nicht mischbar, und Stoffe, die gut in Wasser löslich sind, lösen sich in der Regel nicht in Kohlenwasserstoffen und umgekehrt. Vikingexpedition Das Viking-Programm der NASA von 1976 war ein Höhepunkt bei der Erforschung des Mars. Die zwei Raumsonden Viking-1 und 2 sandten zum ersten Mal überhaupt Bilder von der Oberfläche des roten Planeten. Benannt wurde das Programm nach den Wikingern – sie waren die ersten, die nach Amerika segelten. Mikroben Mikroben ist ein Sammelbegriff für alle Mikroorganismen, also mikroskopisch kleine, einzellige Lebewesen. Dies können Archebakterien oder Bakterien sein, aber auch einzellige Algen oder Tiere wie zum Beispiel Pantoffeltierchen oder Amöben. Archebakterien Archebakterien oder Archaea sind einzellige Mikroorganismen, die man früher für sehr primitive, urtümliche Bakterien gehalten hat. Inzwischen weiß man, dass sie sich von den übrigen Bakterien (und allen anderen Lebensformen) so stark unterscheiden, dass sie eine gänzlich eigenständige Domäne bilden. Seite 11 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Die Drake-Gleichung Sind wir alleine im Universum? Beim Blick in den Sternenhimmel stellen sich viele Menschen die Frage, ob wir alleine sind, oder ob es „da draußen“ noch etwas anderes gibt – zum Beispiel einen Planeten, der ähnlich ist wie unsere Erde. Auf dem es Leben gibt oder sogar eine intelligente Zivilisation. Der Astrophysiker Frank Drake stellt sich 1961 die gleiche Frage und kommt auf eine erstaunliche Antwort – eine mathematische Gleichung. Seiner Meinung nach gibt es sieben wichtige Voraussetzungen, um mit einer außerirdischen Zivilisation in Kontakt zu Frank Drake, der „Vater“ der gleichnamigen Gleichung treten. Jeder dieser Voraussetzungen ordnet er einen mathematischen Faktor zu. Seine Gleichung fasst alle Voraussetzungen zusammen, indem alle Faktoren miteinander multipliziert werden. Heraus kommt die Zahl „N“, die angibt, mit wie vielen Außerirdischen in unserer Milchstraße wir theoretisch jedes Jahr Kontakt bekommen können. Als Frank Drake die Formel 1961 aufstellte, war leider noch so wenig über den Weltraum, über Sterne und Planeten bekannt, dass er die Werte für die verschiedenen Faktoren nur aus dem Bauch heraus schätzen konnte. Er kam auf ganze zehn Zivilisationen von Außerirdischen. Inzwischen haben Astronomen, Physiker und Biologen viele Erkenntnisse gewonnen, so dass zumindest ein Teil der Faktoren recht zuverlässig bestimmt werden kann. Quarks & Co hat die Drake-Gleichung mit dem heutigen Wissen nachgerechnet und kommt auf N=0,01. Das bedeutet: In einhundert Jahren können wir gerade mal mit einer einzigen außerirdischen Zivilisation Kontakt bekommen – theoretisch. Doch noch immer sind einige Werte reine Spekulation. Sie sind daher herzlich eingeladen, Ihre ganz persönliche Einschätzung abzugeben und zu erleben, wie Ihre Angaben die Wahrscheinlichkeit für außerirdisches Leben steigern oder senken. Rechts: Die Gleichung mit den von Quarks & Co vorgegebenen Werten. Sie können die Gleichung auch selber im Internet unter www.quarks.de durchspielen! Anzahl der Sterne Der erste Faktor in Drakes Gleichung R*, steht für die Anzahl der geeigneten Sterne, die jedes Jahr in unserer Milchstraße entstehen. Sterne sind eine wichtige Voraussetzung für Leben, denn sie liefern Energie. Im leeren Weltraum kann auf keinen Fall Leben entstehen. Seit der Geburt unserer Milchstraße sind Milliarden von Sternen entstanden, aber viele sind als Zentrum eines Planetensystems nicht geeignet. Sehr große Sterne strahlen zum Beispiel extrem hell, verbrennen daher aber auch rasch. Nach wenigen Millionen Jahren explodieren sie in einer Supernova und reißen alles in ihrer Nähe in den sicheren Tod. Solche Sterne sind im Zentrum unserer Milchstraße Seite 12 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de besonders häufig. Dort verhindern sie auch für benachbarte Sterne eine lebensfreundliche Entwicklung. Ein geeigneter Ort für außerirdisches Leben ist daher irgendwo in einem der Spiralarme. So befindet sich zum Beispiel unsere Sonne ungefähr auf halben Weg vom Zentrum unserer Milchstraße zu den Randbereichen. Sterne, die etwa ein Zehntel so groß sind wie die Sonne, sind zahlenmäßig am häufigsten, jedoch wahrscheinlich ebenfalls ungeeignet für die Entstehung von Leben. Viele dieser sogenannten „M-Zwerge“ strahlen über sehr lange Zeit sehr Unsere Sonne ist ein besonders geeig- energiereiche Röntgenstrahlung in die Umgebung ab und würden dadurch selbst einfachste orga- neter Stern für die Entstehung von nische Verbindungen sofort wieder zerstören. Leben Rechte: ESA/Hubble Am besten geeignet für die Entstehung von Leben sind daher Sterne, die ungefähr so groß sind wie unsere Sonne. Davon entsteht in unserer Milchstraße jedes Jahr rund einer. Das heißt, Quarks & Co setzt in der Gleichung: R*=1. Drake selbst ging 1961 sehr optimistisch von R*=100 aus. Auf welchen Wert tippen Sie? Planetensystem Der zweite Faktor, fp, gibt an, welcher Anteil der geeigneten Sterne zusätzlich Planeten besitzen. Bis 1995 war völlig unklar, ob es außerhalb unseres Sonnensystems überhaupt Planeten gibt. Doch inzwischen haben Wissenschaftler mehr als 400 solcher Exoplaneten gefunden. Und sie kennen inzwischen auch den Geburtsort der Planeten: eine Scheibe aus Gas und Staub, die um alle noch jungen Sterne kreist. Diese Scheiben lösen sich jedoch innerhalb von nur zehn Millionen Jahren auf – eine extrem kurze Zeitspanne, um einen Planeten zu bilden. Ist sie ungenutzt verstrichen, Sieht so ein fremdes Planetensystem bleibt der Stern ohne Planet. aus? Rechte: NASA Astronomen gehen heute davon aus, dass jeder zweite Stern auch Planeten besitzt. fp ist für sie deshalb gleich 0,5. Drake war an dieser Stelle etwas vorsichtiger und schätzte fp = 0,25. Was glauben Sie, wie groß ist der Anteil der Sterne mit Planeten? Bewohnbare Planeten Der Faktor ne gibt an, wie viele bewohnbare Planeten es in einem Planetensystem gibt. Bis heute geht man dabei davon aus, dass für Leben flüssiges Wasser eine unverzichtbare Voraussetzung ist. Das bedeutet, dass ein Planet sich in einem bestimmten Abstand von der Sonne befinden muss, der sogenannten habitablen Zone. Ist der Planet zu nah an der Sonne, ist es zu heiß und es verdampft alles Wasser. Ist der Planet zu weit weg, ist es zu kalt und das Wasser erstarrt zu Eis. Wo genau die habitable Zone liegt, ist von Stern zu Stern unterschiedlich. Je größer und Noch bewohnbar: Die Erde heißer ein Stern ist, umso weiter außerhalb liegt sie. In unserem Sonnensystem liegt die Erde Rechte: ESA/Hubble ziemlich genau in der Mitte dieser Zone. Merkur und Venus sind zu dicht an der Sonne dran und der Mars ist zu weit weg. Zumindest in der heutigen Zeit. Früher strahlte unsere Sonne etwas heißer als heute. Seite 13 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Vor einer Milliarden Jahre lag daher auch der Mars noch in der habitablen Zone, so dass damals dort vielleicht Leben entstehen konnte. Frank Drake wählte daher ne gleich 2. Inzwischen geht man jedoch davon aus, dass noch mehr Voraussetzungen für die Entstehung von Leben gegeben sein müssen als nur Wasser. Zum Beispiel darf der Planet selbst nicht zu groß sein. Ab einem Gewicht von rund zehn Erdmassen zieht der Planet riesige Mengen Gas an und entwickelt sich zu einem „Gasriesen“, wie zum Beispiel Jupiter oder Saturn. Unter dieser riesigen Gasschicht kann kein Leben entstehen. Zu klein darf der Planet aber auch nicht sein, da er sonst keine Atmosphäre halten kann. Auch die Wanderung der Planeten innerhalb des Planetensystems sowie Vulkanismus auf den Planeten spielen eine wichtige Rolle. Die Schätzung heutiger Experten fällt daher im Vergleich zu Drakes Schätzung deutlich vorsichtiger aus: ne=0,01. Wie ist Ihre Einschätzung? Wie viele bewohnbare Planeten gibt es in einem durchschnittlichen Planetensystem? Die Entstehung von Leben Es ist eine Sache, ob die Bedingungen für Leben gegeben sind, eine andere, ob dann auch tatsächlich Leben entsteht. Der Faktor fl gibt an, wie häufig das passiert. Bisher kennen wir Leben nur auf der Erde. Dort hat es die Wissenschaftler jedoch immer wieder überrascht. Denn selbst in der dunklen Tiefsee wurden in der Nähe kochend heißer Quellen Bakterien gefunden, die diesen extremen Bedingungen standhalten. Auch besonders kälteresistente Bakterien wurden inzwischen entdeckt und haben unsere Vorstellungen von den Möglichkeiten des Lebens erweitert. Wo immer Bauanleitung für das Leben, wie wir wir uns Leben vorstellen können, dort wird es sich auch entwickeln. es kennen Entsprechend schätzt Quarks & Co mithilfe der Experten fl auf 1. Frank Drake war in diesem Punkt sogar pessimistischer und ging davon aus, das sich Leben nur in jedem zweiten Fall entwickelt, fl also gleich 0,5 ist. Was schätzen Sie? Intelligentes Leben Ab dem Faktor fi, der angibt, wie oft intelligentes Leben entsteht, ist die Drake-Gleichung bis heute extrem spekulativ. Intelligenz bedeutete für Frank Drake die Fähigkeit, technische Geräte herzustellen. So gibt es nach dieser Definition auf der Erde nur eine einzige intelligente Lebensform: den Menschen. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass Intelligenz eine zwingende Folge der Evolution ist. Auch Frank Drake schätzte, dass in jedem zehnten Fall intelligentes Leben entsteht. Aber bei näherem Hinsehen gibt es viele Umweltbedingungen, die verhindern, dass überWir Menschen sind per Definition haupt sehr große und komplexe Lebensformen entstehen. Zum Beispiel, wenn unter einer dicken intelligent Eisschicht zwar Bakterien leben, diese aber nicht in der Menge vorhanden sind, dass sich davon größere Tiere ernähren können. Eine mittlere Schätzung für fi ist daher 0,001. Nur in jedem tausendsten Fall entsteht danach intelligentes Leben. Frank Drake glaubte, dass das wesentlich häufiger passiert, nämlich in jedem zehnten Fall, also fi=0,1. Was meinen Sie? Seite 14 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Kommunikation Um mit anderen Zivilisationen, zum Beispiel mit uns, in Kontakt treten zu können, müssen die Außerirdischen natürlich auch in der Lage sein, sich bemerkbar zu machen. Der Faktor fc gibt den Anteil der außerirdischen Zivilisationen an, die kommunizieren können und wollen. Die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass alle Zivilisationen früher oder später auch Signale ins All schicken und so auf sich aufmerksam machen. Die zur Zeit wahrscheinlichste Kommunikationsmethode sind Radiowellen. Wir Menschen senden sie seit rund 100 Jahren - wenn auch eher unabSowohl zum Senden als auch zum sichtlich. Denn bisher wurden erst wenige Male absichtlich Botschaften ins All hinausgeschickt. Empfangen von kosmischen Signalen Die meisten Signale von uns kommen von den großen Radio- und Fernseh-Sendeantennen. Die geeignet: ein Radioteleskop strahlen das Programm in alle Richtungen ab und damit auch einen Teil in den Weltraum. Das Abfallprodukt unserer Medien ist sozusagen eine kosmische Visitenkarte. Mit fortschreitender Technik nimmt die Sendeleistung jedoch immer weiter ab. Bei der Übermittlung der Signale per Satellitenschüsseln oder Kabel wird kaum noch etwas in den Weltraum gestrahlt. Das bedeutet: Auch wir werden für außerirdische Zivilisationen immer schwerer zu entdecken. Quarks & Co und Frank Drake sind sich in diesem Punkt einig, dass wahrscheinlich jede zehnte Zivilisation kommunikativ ist. Das heißt: fc ist gleich 0,1. Aber wie kommunikativ schätzen Sie die Außerirdischen ein? Überleben Als letzter Faktor in der Drake-Gleichung steht L für die durchschnittliche Lebensdauer einer Zivilisation. Wie lange kann sie auf einem technisch hohen Standard überleben, bevor Kriege oder Naturkatastrophen sie zerstören? Je länger sie überlebt, umso besser sind die Chancen auf einen Kontakt. Als Drake 1961 die Gleichung aufstellte, befand sich die Welt mitten im Kalten Krieg. Es war durchaus möglich, dass sich die menschliche Zivilisation innerhalb der kommenden Jahre selbst vernichten würde. In diesem Fall wäre L kleiner als 100 gewesen. Inzwischen scheint dieEine Planetenkollision zerstört jede Art ses Szenario glücklicherweise eher unwahrscheinlich. Und vielleicht schaffen es intelligente von Leben Lebewesen ja generell, ihre kriegerischen Tendenzen zumindest großflächig im Zaum zu halten. Rechte: NASA/JPL-Caltech Dann kann allerdings immer noch eine Naturkatastrophe die Zivilisation auslöschen. Zum Beispiel ein Asteroideneinschlag oder ein gewaltiger Sonnensturm. Vielleicht überlebt die eine Zivilisation tatsächlich nur 100 Jahre, ein andere dafür aber 100.000 Jahre. Quarks & Co wählt eine mittlere Schätzung und geht von L gleich 20.000 Jahre aus. Frank Drake war zu Zeiten des Kalten Krieges wesentlich pessimistischer und ging nur von wenigen Jahrzehnten aus. Wie lange, schätzen Sie, kann eine Zivilisation überleben? Ergebnis Der Astrophysiker Frank Drake kam 1961 auf geschätzte zehn außerirdische Zivilisationen. Optimistischere Zeitgenossen kamen sogar auf 10.000 und mehr. Quarks & Co hat mit der Unterstützung von Wissenschaftlern nach heutigen Stand nachgerechnet und kommt gerade mal auf N = 0,01. Das bedeutet: Rein rechnerisch dauert es einhundert Jahre, bis wir mit einer außerSehen die Außerirdischen so aus? irdischen Zivilisation in Kontakt treten können. Welcher Wert kommt mit Ihren Zahlen heraus? Seite 15 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Wie dieser theoretische Kontakt dann tatsächlich aussieht, hängt natürlich auch davon ab, wo in der Milchstraße die Außerirdischen leben. Denn die Milchstraße ist riesig, sie hat einen Durchmesser von rund 100.000 Lichtjahren. Unsere Erde befindet sich in einer Region in einem der Spiralarme, der schon etwas außerhalb liegt, rund 25.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt. Wenn die zweite Zivilisation zum Beispiel auf der anderen Seite lebt, dann benötigt ein Signal von dort 50.000 Jahre, bis es uns erreicht. Selbst wenn wir dann direkt antworten, dauert es wieder 50.000 Jahre, bis die Aliens unsere Antwort haben. Ein flüssiges Gespräch ist etwas anderes. Autor: Ulrich Grünewald Zusatzinfos (Fachausdrücke, Erklärungen): Milchstraße Die Milchstraße ist eine von Milliarden Galaxien in unserem Universum. Eine Galaxie ist eine riesige Ansammlung von bis zu einer Billionen Sterne. Je nach der Form der Galaxie unterscheidet man verschiedene Typen. Es gibt einfache kugelförmige Galaxien, Galaxien mit einem breiten Balken, aber auch Galaxien, die von oben betrachtet aussehen wie eine Spirale. Unsere Milchstraße ist eine Balken-Spiralgalaxie. Der Name Milchstraße kommt daher, dass wir sie nachts als schwach leuchtendes Band am Himmel erkennen. Sie besteht aus vielen Einzelsternen, Sternhaufen und Nebeln. Auch unsere Sonne und das gesamte Sonnensystem gehören dazu. Wir können etwa 5.000 Sterne der Milchstraße am Himmel sehen; sie befinden sich nahe genug an unserem Sonnensystem. Darüber hinaus gehören ihr jedoch noch circa 200 Milliarden weitere Sterne an. Das Zentrum der MilchstraßenGalaxie befindet sich in Richtung des Sternenbildes Schütze und ist etwa 26.000 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Supernova Am Ende ihres Lebens vergehen schwere Sterne in gewaltigen Explosionen. Dabei stoßen sie einen großen Teil ihrer Hülle ab und schleudern ihn in das Weltall hinaus. Dadurch leuchtet eine Supernova im Moment der Explosion so hell wie mehrere Milliarden gewöhnlicher Sterne zusammen. Spiralarme Von oben betrachtet hat unsere Galaxie, die Milchstraße, die Form einer Spirale mit einem kleinen Balken in der Mitte. Die einzelnen Spiralarme sind dabei keine fest zusammenhängende Struktur, sondern lediglich Bereiche, in denen die Sterne enger zusammen liegen. Seite 16 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Lesetipps Life in the Universe Expectations and Constraints, 2. Auflage Autoren: Dirk Schulze-Makuch und Louis N. Irwin Verlagsangaben: Springer, Berlin 2008 ISBN-10: 3540768165 Sonstiges: 252 Seiten, 42,75 Euro In diesem englischsprachigen Buch analysieren die Autoren wissenschaftlich sehr fundiert, wo im Universum Leben zu finden sein könnte und mit welchen Strategien Lebewesen unter den jeweiligen Bedingungen existieren könnten. Das Buch wendet sich an interessierte Laien, setzt aber einige naturwissenschaftliche Grundkenntnisse voraus. Die verrückte Welt der Paralleluniversen Autoren: Tobias Hürter und Max Rauner Verlagsangaben: Piper Verlag ISBN-10: 978-3-492-05332-7 Sonstiges: 268 Seiten, 14,95 Euro Während Exoplaneten-Forscher noch nach der „zweiten Erde“ suchen, geben einige (seriöse) Physiker davon aus, dass es eine Doppelgänger-Erde gibt, die mit unserer identisch ist, und auf der Doppelgänger von uns wohnen. Diese befindet sich in einem Paralleluniversum oder zumindest weit jenseits des sichtbaren Rands unseres Universums. Max Tegmark vom MIT hat sogar ausgerechnet, wie weit unser nächster Doppelgänger theoretisch entfernt ist: 10 hoch 10 hoch 29 Meter. Diese Theorie der Multiversen klingt verrückt und lässt sich leider auch nicht überprüfen sie wird aber von Naturwissenschaftlern zur Zeit ernsthaft und heiß diskutiert. Seite 17 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Linkstipps Enzyklopädie der extrasolaren Planeten http://exoplanet.eu/ Seit Februar 1995 werden unter diesem Link alle neu entdeckten Exoplaneten aufgelistet. Es gibt einen interaktiven Katalog, in dem man nach Entdeckungsjahr, Methode, Größe oder Namen der Planeten suchen kann, sowie mit neuesten Nachrichten aus der Exoplanetenforschung. Erforschung ferner Welten mit Hilfe des Weltraumteleskops COROT http://www.corot.de/index.html Die Web-Seite der an COROT beteiligten deutschen Forschergruppen, vor allem das DLR und das Kölner Institut für Geophysik. Alle Informationen rund um die COROT-Mission. Auf der Suche nach bewohnbaren Planeten: Die Kepler-Mission http://www.nasa.gov/mission_pages/kepler/main/index.html Die NASA stellt ihre KEPLER-Mission vor. Hier erfährt man mehr über den Start der Rakete, die Instrumente an Bord, die Suche und die erwarteten Erfolge (Englisch). Online-Dienst für Astronomie http://www.astronews.com/ Der deutschsprachige Online-Dienst für Astronomie, Astrophysik und Raumfahrt berichtet regelmäßig auch über neueste Entwicklungen bei der Exoplanetenforschung. Neuester Stand der Planetenjagd http://planetquest.jpl.nasa.gov/index.cfm Ebenfalls eine Seite der NASA mit Informationen über die Jagd nach Exoplaneten mit kleinen Animationen und einem Link zu einer virtuellen Reise zu den bekannten Exoplaneten – the visual guide to exoplanets (Englisch). Fremde Welten http://www.alienearths.org/ Das Space Science Institute (Colorado, USA) hat hier in verständlicher Form zusammengetragen, welche Forschung im Zusammenhang mit Exoplaneten betrieben wird: von der Entstehung von Sternen und Planeten bis zur Suche nach außerirdischen Lebensformen, ansprechend für Laien und auch Kinder aufbereitet (Englisch). Wer hat außerirdisches Leben gefunden? http://www.astrobio.net/astrobiological_news.php Tägliche Nachrichten über die Erforschung von Leben außerhalb der Erde. Diese Seite wird von der NASA gesponsert (Englisch). Alle wichtigen Filme und Bildmaterialien zum Thema Corot http://television.esa.int/videoarchive.cfm Offizielle Homepage der ESA, der European Space Agency. Hier findet man sämtliche Infos zum Thema Corot-Projekt und Corot-7b. Im Videoarchiv sind für jeden Filme und Fernsehbeiträge zu diesem und weiteren spannenden Weltraumthemen abrufbar. Seite 18 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Nachrichten und Neuigkeiten rund ums All http://www.space.com/scienceastronomy/091216-super-earth-water-atmosphere.html Gut informierende Seite, auf der, verständlich und komprimiert zusammengefasst, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Veröffentlichungen vorgestellt werden. Offizielle Homepage der ESO, der Europäischen Südsternwarte http://www.eso.org/public/germany Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Offizielle Homepage der CNES http://smsc.cnes.fr/COROT/index.htm Die französische Organisation CNES hat die Hoheit über das Corot-Projekt. Alles Wichtige über das Weltraumteleskop, Ziele und Umsetzung der Mission findet sich hier. Das SETI-Institut http://www.seti.org Homepage des Instituts zur Suche nach außerirdischer Intelligenz (SETI: http://de.wikipedia.org/wiki/Search_for_Extraterrestrial_Intelligence) – gegründet 1984 durch die Initiative von Frank Drake. Englisch Laboratory for Astrobiological Investigations & Space Mission Planning http://www.sees.wsu.edu/ABcenter/index.html Auf dieser (englischsprachigen) Seite der School of Earth & Environmental Sciences der Washington State University finden sich zahlreiche Links zu interessanten astrobiologischen Projekten und geplanten Raummissionen, an denen zum Teil auch Dirk Schulze-Makuch beteiligt ist. Spitzer Weltraum Teleskop http://www.spitzer.caltech.edu/Media/mediaimages/index.shtml Foto- und Video-Galerie zu verschiedenen astronomischen Themengebieten mit vielen Originalaufnahmen. Außerdem Hintergrundinformationen zum Spitzer Weltraum Teleskop. Englisch (NASA) Hubble Weltraum Teleskop http://www.spacetelescope.org/index.html Informationen zum Teleskop, den wissenschaftlichen Erfolgen und jede Menge Fotos, Videos und Animationen. Englisch (NASA) Kepler Weltraum Teleskop http://kepler.nasa.gov/media/index.html Foto- und Video-Galerie der Kepler Mission zur Suche nach bewohnbaren Exoplaneten. Englisch (NASA) Seite 19 Quarks & Co | Exoplaneten – Die Suche nach der zweiten Erde | Sendung vom 02.02.10 http://www.quarks.de Impressum: Herausgegeben vom Westdeutschen Rundfunk Köln Verantwortlich: Quarks & Co Claudia Heiss Redaktion: Anahita Parastar Gestaltung: Designbureau Kremer & Mahler Bildrechte: Alle: © WDR © WDR 2010 Seite 20