Das Papsttum im Mittelalter - ReadingSample - Beck-Shop

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Das Papsttum im Mittelalter
1. Aufl. 2010. Taschenbuch. 251 S. Paperback
ISBN 978 3 8252 3351 8
Format (B x L): 12 x 18,5 cm
Gewicht: 214 g
Weitere Fachgebiete > Religion > Kirchengeschichte
Zu Inhaltsverzeichnis
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Thomas Frenz
Das Papsttum im
Mittelalter
BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN · 2010
Thomas Frenz ist Professor für Historische Hilfswissenschaften
an der Universität Passau.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über http://dnb.ddb.de abruf bar.
ISBN 978-3-8252-3351-8 (UTB)
ISBN 978-3-412-20483-9 (Böhlau)
© 2010 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien
Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com
Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
ist unzulässig.
Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
Satz: Peter Kniesche Mediendesign, Tönisvorst
Druck und Bindung: AALEXX Buchproduktion GmbH, Großburgwedel
Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier. Das eingesetzte Papier
stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern.
Printed in Germany
ISBN 978-3-8252-3351-8
Inhaltsverzeichnis
Vorwort..........................................................................................
9
Einleitung......................................................................................
11
I. Epochen der mittelalterlichen Papstgeschichte.......................
15
1. Das Papsttum bis zur Kirchenreform..................................
a) Unter ostgotischer Herrschaft......................................
b) Zwischen Byzanz und den Langobarden......................
c) Das Papsttum und die Karolinger.................................
d) Das Papsttum und Süditalien.......................................
e) Zur Zeit der sog. italienischen Nationalkönige.............
f ) Das Papsttum und die Ottonen....................................
g) Das Tuskulanerpapsttum..............................................
2. Das Papsttum zur Zeit von Kirchenreform und .
„Investiturstreit“..................................................................
a) Die Anfänge des Reformpapsttums..............................
b) Heinrich IV. und Gregor VII. ......................................
c) Der Abschluß des Investiturstreites..............................
3. Das Papsttum im Spannungsfeld von Römern, .
Normannen und Staufern...................................................
a) Das Schisma von 1130..................................................
b) Das Papsttum im Konflikt mit Friedrich Barbarossa .
und Heinrich VI. Das Schisma von 1159.....................
c) Innozenz III. . ..............................................................
d) Der „Endkampf“ zwischen Papsttum und Staufern......
4. Vom Sieg über die Staufer nach Avignon...........................
a) Das Papsttum im Dienste der Anjou............................
b) Cölestin V. und Bonifaz VIII. ......................................
15
16
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21
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25
26
28
31
34
36
36
37
40
43
44
46
48
6
5.
6.
7.
Inhaltsverzeichnis
Das Avignonesische Exil und das Große Schisma.............
a) Die Päpste in Avignon..................................................
b) Das Große Schisma......................................................
Das Papsttum zur Zeit der Renaissance.............................
Ausblick: Das Papsttum in der Zeit von europäischer .
Expansion, Glaubensspaltung und Atheismus....................
51
52
55
59
II. Papsttum und Politik...............................................................
66
63
1. Der Papst und die Staaten.................................................. 66
a) Das Verhältnis zum Kaiser............................................ 66
b) Das Verhältnis zum Königreich Sizilien....................... 74
c) Das Verhältnis zu den übrigen Staaten......................... 78
d) Das Papsttum und Byzanz im Hoch- und .
Spätmittelalter.............................................................. 80
e) Das Papsttum und die Kreuzfahrerstaaten.................... 82
f ) Das Papsttum und die außereuropäischen Gebiete....... 82
2. Der Papst als weltlicher Herrscher..................................... 83
a) Der Kirchenstaat........................................................... 84
b) Rom.............................................................................. 93
3. Der Papst als Kriegsherr..................................................... 97
a) Papsttum und Kreuzzüge.............................................. 98
b) Andere militärische Aktione......................................... 101
III.Papsttum und Kirche............................................................... 104
1. Die religiösen Funktionen..................................................
a) Der Papst als Verbreiter des Glaubens: Mission...........
b) Der Papst als Hüter des Glaubens: theologische .
Entscheidungen und Ketzerbekämpfung......................
c) Heiligsprechungen........................................................
d) Der Ablaß.....................................................................
e) Der Papst und die nicht-christlichen Religionen..........
2. Der Jurisdiktionsprimat......................................................
a) Die Rolle des Papstes in der lateinischen Kirche..........
b) Papsttum und Ostkirchen.............................................
3. Papsttum und Konzilien.....................................................
104
104
106
107
108
111
112
113
119
121
Inhaltsverzeichnis
7
IV.Der Papst als Bischof von Rom................................................ 126
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Beginn und Ende des Pontifikats........................................
a) Papstwahl und Papstkrönung........................................
b) Soziale Herkunft und Lebenswandel............................
c) Papsttod........................................................................
d) Freiwilliger Rücktritt und Absetzung des Papstes........
Die liturgischen Funktionen...............................................
Der Papst als Mäzen...........................................................
Päpstliche Wohltätigkeit.....................................................
Wissenschaftliche Tätigkeit an der Kurie...........................
Papstheraldik......................................................................
126
126
139
145
147
151
154
160
161
162
V. Die Römische Kurie und ihre „Außenstellen“......................... 164
1. Der päpstliche Hof.............................................................
a) Der päpstliche Hof als Gebäude...................................
b) Der päpstliche Hof als Organisation............................
2. Die kurialen Finanzen........................................................
a) Einnahmen...................................................................
b) Ausgaben......................................................................
c) Die Organisation: Apostolische Kammer, Datarie, .
thesauraria sancte cruciate...............................................
3. Ämter und Behörden..........................................................
a) Die apostolische Kanzlei und die aus ihr .
hervorgegangenen Behörden........................................
b) Die Pönitentiarie...........................................................
c) Die Sacra Romana Rota...............................................
4. Die Kardinäle.....................................................................
5. Legaten, Nuntien, Kollektoren...........................................
167
167
174
176
177
183
184
185
186
197
198
199
205
Anhang: Papstliste......................................................................... 209
Auswahlbibliographie.................................................................... 221
Abbildungsnachweis...................................................................... 229
Register.......................................................................................... 231
Vorwort
Quis es? Sacerdos magnus, summus pontifex. Tu princeps episcoporum, tu
heres apostolorum, tu primatu Abel, gubernatu Noe, patriarchatu Abraham,
ordine Melchisedech, dignitate Aaron, auctoritate Moyses, iudicatu Samuel,
potestate Petrus, unctione Christus. Tu es, cui claves tradite, cui oves credite
sunt. (Wer bist du? Der Hohepriester, der oberste Bischof. Du bist der
Fürst der Bischöfe, der Erbe der Apostel, im Primat Abel, in der Herrschaft Noe, im Patriarchat Abraham, in der Weihe Melchisedech, in
der Würde Aaron, im Ansehen Moses, im Richtertum Samuel, in der
Macht Petrus, in der Salbung Christus. Du bist es, dem die Schlüssel
übergeben, dem die Schafe anvertraut sind.) Mit diesen Worten redet
Bernhard von Clairvaux (1090–1153) – nicht von ungefähr doctor mellifluus, der „honigsüße Lehrer“ genannt – den neugewählten Eugen III.
(1145–1153) an, den ersten Papst aus seinem Zisterzienserorden. Bernhards Darstellung (De consideratione ad Eugenium papam II,8) ist zutreffend, aber sie schildert nur einen Aspekt des Papsttums. Die Rolle,
die die Päpste im 12. und 13. Jahrhundert erlangt haben, war das Ergebnis einer historischen Entwicklung, die alles andere als gradlinig verlaufen war und weiterhin verlaufen sollte. Zwischen religiöser Aufgabe
und weltlicher Politik bestand eine unauflösbare Spannung, die gerade
den bedeutenden Papstgestalten schmerzlich bewußt war. In dem weiten Bogen zwischen dem Ende des Weströmischen Reiches und der
Reformation wurde bald die eine, bald die andere Seite stärker betont:
eine Patentlösung wurde nicht erreicht und konnte auch nicht erreicht
werden, so sehr eine solche Lösung gerade mittelalterlicher Mentalität
entsprochen hätte.
Das Papsttum ist ein sperriges historisches Phänomen. Es ragte als
Relikt des antiken Weltreiches ins Mittelalter hinein. Die Erinnerung
an das Kaisertum, später dessen Erneuerung durch Karl den Großen,
hielt seine Optionen offen, so unbedeutend auch die Gegenwart des
frühen Mittelalters sein mochte. Und als übernationales Pendant des
10
Vorwort
Kaisertums vermochte es den Dualismus von geistlicher und weltlicher
Gewalt zu bewirken, der für die lateinische Christenheit charakteristisch und einzigartig ist. Um so verhängnisvoller mußte sich seine nationale Beschränkung im 14. und 15. Jahrhundert auswirken.
Das Papsttum ist aber nicht nur ein historisches, sondern auch ein
religiöses Phänomen. Es auf bloße Machtausübung zu verkürzen –
wie dies viele Autoren heutzutage fast routinemäßig tun –, hieße die
lebendige Wirklichkeit des Mittelalters zu verkennen und dadurch die
Geschichte zu verfälschen. Beide Aspekte, den religiösen und den historischen, und bei beiden Licht und Schatten, muß also betrachten, wer
ein wirklichkeitsgetreues Bild des mittelalterlichen Papsttums und der
mittelalterlichen Päpste gewinnen will. Konfessioneller Eifer ist dabei
ebenso fehl am Platze wie die Rückprojektion moderner Vorstellungen.
Einleitung
Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam, et portae inferi non praevalebunt adversum eam, et tibi dabo claves regni coelorum, et
quodcumque ligaveris super terram, erit ligatum in coelis, et quodcumque
solveris super terram, erit solutum in coelis (Matth. 16, 18-19). (Du bist
Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und
die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Dir will ich die
Schlüssel des Himmelreiches geben. Alles, was du auf Erden binden
wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.) Auf diesen Text,
der in meterhohen Buchstaben im Innern der Kuppel des Petersdoms
angebracht ist, und auf einige verwandte Bibelstellen baut sich die mittelalterliche Lehre von der Rolle des Papsttums auf. Die Interpretation
bereitet freilich Probleme: ob der Wortlaut die Situation des Jahres 30
wiedergibt oder bereits eine bis zur Niederschrift des Evangelientextes
(etwa eine Generation später) erfolgte Entwicklung reflektiert, ob sich
die Worte Christi nur auf Petrus selbst oder auch auf seine Nachfolger
beziehen sollten, ob ihm nur ein Ehrenvorrang im Kreis der übrigen
Apostel eingeräumt oder eine Stellung über diesen begründet werden
sollte, ob ihm ein Vorrang nur im religiösen Bereich zugesprochen oder
auch die Rechte eines Vorgesetzten im juristischen Sinne verliehen werden sollten – all das ist bekanntlich zwischen den Konfessionen (den
Katholiken und Protestanten, aber auch der lateinischen und griechischen Kirche) umstritten.
Die mittelalterliche Auffassung im lateinischen Westen sieht jedenfalls den Papst in einer Stellung über den Bischöfen. Sein Primat
hat eine religiöse Seite, insofern er Lehrentscheidungen trifft (ein Anspruch auf Unfehlbarkeit wird explizit aber noch nicht erhoben), und
eine rechtliche Seite, die ihn zum obersten Vorgesetzten des gesamten
Klerus‘ macht. Man bringt dies in das Bild, daß seine Diözese die ganze
Welt umfasse, während die übrigen Bischöfe nur in ihrem jeweiligen
12
Einleitung
(Patrikular)bistum Oberhirten seien. Ihm allein stehe ferner die Bindeund Lösegewalt zu, kraft derer er von Eid und Gelübde dispensieren
kann; daraus leitet sich auch sein Recht ab, Bischöfe auf einen anderen
Stuhl zu versetzen. In der Praxis gilt freilich: bis weit ins 11. Jahrhundert hinein kann der Papst diese Rechte nur im Zusammenwirken mit
den weltlichen Gewalten ausüben. Und noch eine weitere Einschränkung ist zu beachten: liturgisch, d. h. nach dem Weihegrad, ist der Papst
ein Bischof wie jeder andere; es gibt keine eigene Papstweihe, sondern
der Papst und die übrigen Bischöfe sind in dieser Hinsicht gleichgestellte Brüder.
Wesentlich vor allem für die jurisdiktionelle Stellung des Papsttums
sind seine römischen Wurzeln. Die alte Kirche organisierte ihre räumliche Gliederung nach dem staatlichen Vorbild: wie der Bischof einer
Provinzhauptstadt eine Aufsichtsfunktion über die übrigen Bischöfe
in seiner Provinz innehatte (als Erzbischof oder Metropolit), so wuchs
dem Bischof der Reichshauptstadt Rom ganz selbstverständlich die
Führungsposition zu. Umgekehrt gilt: wenn Petrus im Kreise der Apostel die führende Rolle innehatte, so ist es ebenfalls ganz selbstverständlich, daß er sich auch ins politische Zentrum des römischen Reiches
begab. Daß Petrus in Rom wirkte und dort das Martyrium erlitt, ist
einhellige innerkirchliche Tradition, auch wenn der archäologische Beweis (infolge des Fehlverhaltens des Ausgräbers des Petrusgrabes) nicht
mehr eindeutig erbracht werden kann. Die römische Petrustradition
führte dazu, daß der Bischof von Rom seine herausgehobene Position
auch dann noch behaupte konnte, als die Kaiserresidenz nach Mailand
und später nach Ravenna verlegt wurde. (Versuche der Erzbischöfe von
Mailand und Ravenna, mit dem Papst irgendwie gleichzuziehen, sind
übrigens noch bis ins hohe Mittelalter zu beobachten.)
Zu bedenken ist ferner noch die Rolle des römischen Bischofs als
westlicher „Patriarch“: von den fünf Patriarchaten, in die sich die christliche Welt am Ende der Antike gliederte (Rom, Jerusalem, Antiochien,
Alexandrien, Konstantinopel) gerieten die drei im Ursprungsgebiet des
Christentums gelegenen unter die Herrschaft des Islam, so daß sich ein
Dualismus zwischen dem Papst als Exponenten der lateinischen und
dem Patriarchen von Konstantinopel als Exponenten der griechischen
Welt ergab.
Die geographische Komponente darf also nie vernachlässigt werden.
Als Bischof von Rom ist der Nachfolger Petri in seiner Stadt und in Ita-
Einleitung
13
lien verwurzelt. Ein freischwebendes Papsttum kann es – unbeschadet
der Theorie, daß seine Diözese die ganze Welt umfasse – nicht geben.
Die Katastrophe, zu der sich die 70jährige Abwesenheit der Päpste von
Rom im 14. Jahrhundert (während des sog. Avignonesischen Exils) auswuchs, ist schlagender Beweis dafür. Ob es allerdings erforderlich war,
daß die Päpste in Rom und Italien weltliche Herrschaftsrechte erwarben und so in die weltliche Politik in Italien verwickelt wurden, steht
auf einem anderen Blatt.
I. Epochen der mittelalterlichen Papstgeschichte
Wie in der Einleitung schon angedeutet, muß die mittelalterliche Papstgeschichte zunächst einmal in zwei Abschnitte eingeteilt werden: einen
Abschnitt, in dem die Päpste nur in Zusammenarbeit mit den weltlichen Mächten überregional tätig werden konnten, und einen zweiten
Abschnitt, in dem sie gegen bzw. ohne die weltlichen Instanzen agierten. Die Grenzlinie zwischen den Abschnitten liegt in der Mitte des
11. Jahrhunderts, d. h. zur Zeit der Kirchenreform. Während des ersten
Abschnittes stand der römische Pontifex nach dem Ende des Weströmischen Reiches zunächst den ostgotischen Königen gegenüber, geriet
dann in das Spannungsfeld zwischen langobardischem und byzantinischem Herrschaftsanspruch auf Italien, trat schließlich in enge Beziehung zu den fränkischen Karolingern. Nach deren Ende war er ganz
dem stadtrömischen Adel ausgeliefert, bis seit Otto I. (936–973) der
deutsche König ein Gegengewicht zu den lokalen Gewalten bildete. Der
zweite Abschnitt begann mit dem sog. Investiturstreit; es folgte die Auseinandersetzung mit den Staufern, dann die Abhängigkeit von Frankreich, das Große Schisma und nach dessen Ende die Zeit des Renaissancepapsttums, bis die Reformation ganz andere, in diesem Band nicht
mehr zu behandelnde Fakten schuf.
1. Das Papsttum bis zur Kirchenreform
Seit der Konstantinischen Wende war das Christentum im Römischen Reich erlaubte Religion, und Kaiser Konstantin (306–337) selbst
machte den römischen Basiliken bedeutende Schenkungen. Das bedeutete aber nicht, daß die heidnischen Kulte sofort erloschen. Zwar erklärte Theodosius der Große (379–395) das Christentum zur Staatsreligion, aber da er kurz darauf starb und seine Nachfolger unfähig waren,
blieb diese Maßnahme insbesondere im lateinischen Bereich folgenlos.
16
Epochen der mittelalterlichen Papstgeschichte
Mehr noch: gerade in Rom selbst hielt die Senatsaristokratie am heidnischen Kult noch jahrzehntelang hartnäckig fest, auch noch als das
weströmische Kaisertum unterging und zunächst Odowakar (476–493),
dann Theoderich (489–526) an die Macht kamen.
a) Unter ostgotischer Herrschaft
Wie Theoderich der Große die zivile römische Verwaltung in Italien
unangetastet ließ, mischte er sich auch nicht in die kirchlichen Angelegenheiten ein, zumal die Goten als Arianer auch konfessionell von
der lateinisch-katholischen Bevölkerung getrennt waren. Erst ganz am
Ende seiner Regierung kam es aus politischen Gründen zum Konflikt
mit dem römischen Senat (Boethius hingerichtet, Papst Johannes I. 526
im Gefängnis gestorben), ein Konflikt, der Theoderichs Ansehen bei
der Nachwelt unverdientermaßen verdunkelte. Von übergreifender Bedeutung ist eigentlich nur die zwiespältige Papstwahl von 498 zwischen
Symmachus und Laurentius: die römische Synode lehnt es ab (unter
Berufung auf das Konzil von Serdica 342), eine Entscheidung zu fällen,
da über den Papst niemand zu Gericht sitzen dürfe.
b) Zwischen Byzanz und den Langobarden
Nach dem Tode Theoderichs (526) ließ Kaiser Justinian I. Italien von
den Goten zurückerobern (535–553); dadurch gerät das Papsttum unter direkte byzantinische Herrschaft. Anders als in der Antike ist Italien jetzt aber nicht mehr Kernland des Reiches, sondern nur noch eine
ferne Provinz. Die Kaiser, die auch in theologischen Fragen die letzte
Entscheidung beanspruchen, scheuen sich deshalb nicht, gegen einzelne Päpste auch gewaltsam vorzugehen: so wird Papst Vigilius 555
abgesetzt, Martin I. 653 deportiert, und 730 entzieht der Kaiser dem
Papst seinen süditalienischen Besitz. Die zunehmende Gräzisierung des
Kaiserhofes seit Herakleios I. (610–641) führt auch zu einer mentalen
Entfremdung, die schließlich 1054 im dauerhaften Schisma lateinischer
und griechischer Kirche mündet.
Von 568 an eroberten zudem die Langobarden weite Teile Nord- und
Mittelitaliens und beendeten so definitiv die antike politische Ordnung
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