Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald

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Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald 91
Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald
Es dürfte in ganz Deutschland geologisch kaum
komplizierter zusammengesetzte Regionen geben
als diese im ostbayerischen Raum aus metamorphen
und plutonischen Gesteinen aufgebauten variskischen Gebirge. Da sie zumeist unter Wald und Wiesen verborgen sind, erschließen sich ihre Gesteine
oft nur an Straßenanschnitten, Flussufern, Steinbrüchen oder einzelnen Bergwerken.
Sie bilden den südwestlichen Randbereich der
großen Böhmischen Masse und gehören großteils
zur Moldanubischen Zone (vgl. Abb.1). Neuerdings
unterscheidet man in diesem Bereich noch eine als
Bohemikum bezeichnete Einheit von einem Moldanubikum sensu stricto.
Geographisch trennt man u. a. den Oberpfälzer
Wald vom vorderen Bayerischen Wald, dem der
Böhmerwald als hinterer Bayerischer Wald gegenübergestellt wird; im vorderen Bayerischen Wald
unterscheidet man noch Regensburger und Passauer Wald. Letztere erstrecken sich von Nordwesten
nach Südosten und entsprechen damit der geologischen Hauptrichtung, die im Südwesten des großen
Kristallingebietes der Böhmischen Masse zu beobachten ist; ihr folgt die Grenze zu Tschechien.
Alles in allem ist es ein sehr altes Gebirge, das
heute fast überall seiner Deckschichten beraubt ist.
Am Südwestrand begleitet ein Streifen mesozoischer
Sedimentgesteine das Grundgebirge, wo man an der
grobklastischen Ausbildung des Permomesozoikums
noch das nahe gelegene Liefergebiet der Böhmischen Masse erkennen kann. (Schröder et al. 1998).
Während dieser Streifen, der von Bruchschollentektonik geprägt ist, zusammen mit prominenten,
weit reichenden Nordwest streichenden Störungen
die Grenze im Südwesten markiert, ist der Übergang
in die durch die Grenze zu Tschechien nur künstlich
markierten Anteile der Böhmischen Masse fließend
und geologisch nicht zu begründen. Man müsste
hier eigentlich zunächst eine Beschreibung dieses
Kerngebiets voranstellen, um die Randbereiche besser zu verstehen. Da das schon aus Platzgründen
nicht möglich ist, nur so viel, dass es sich hier um
die Innenzone des Variskischen Gebirges handelt.
In einer ersten Annäherung kann man sagen,
dass das Gebiet im Wesentlichen aus Gneis und
Granit besteht, dem klassischen Duo aller variskischen Grundgebirge, und dass es hier kein Deckgebirge gibt, weil die gesamte Region gegenüber ihrer
Umgebung herausgehoben und schon seit sehr langer Zeit Abtragungsraum war.
Jetzt ist es an tief reichenden, Nordwest verlaufenden Bruchlinien gegen die jüngeren, mesozoischen Gesteine im Südwesten scharf abgegrenzt;
die Störungen sind als Donau-Randbruch bzw. in
dessen nordwestlicher, etwas verspringender Fortsetzung, als Fränkische Linie bekannt.
Im Regensburger Wald sind aus einem Steinbruch
bei Völling vor noch nicht langer Zeit Zirkonkristalle eines Gneises mit einer äußerst professionellen
Methode datiert worden, die ein Alter von über 3,8
Milliarden Jahren ergeben haben (Gebauer et al.
1989); das sind die ältesten bisher bekannten Gesteinskomponenten Deutschlands, und daraus lassen sich vielfache Folgerungen ableiten.
Sie zeigen nämlich, dass zu dieser Zeit bereits
eine kontinentale Erdkruste entwickelt war. Diese
Kruste muss aber in einem plattentektonischen
Kontext gesehen werden, der die in unserer Region
heute angetroffenen Gesteine ursprünglich am
Nordrand von Gondwanaland beheimatet sieht, von
wo sie erst später nach Norden verfrachtet wurden.
Zwischen diesen 3,8 Milliarden Jahren und der
letzten variskischen Überprägung liegt eine gewaltige Zeitspanne, während der zeitlich nacheinander
eine ganze Anzahl von Umbildungsprozessen auf
die Gesteine eingewirkt hat. Sie sind mehrfach versenkt worden und wieder aufgestiegen und dabei
durch jeweils unterschiedliche Drücke und Temperaturen umgeprägt worden. Das hohe Alter und die
Beanspruchung gelten aber nicht zwingend für alle
hier diskutierten Gebirgsteile. Auch der räumliche
Beanspruchungsplan in diesen Gebirgen scheint
sich wiederholt geändert zu haben, wie man an unterschiedlichen, heute übereinander vorkommenden
Strukturrichtungen erkennen kann.
Daraus wird verständlich, dass man auf großmaßstäblichen geologischen Karten auch den Sachverhalt nur sehr begrenzt darstellen kann; das gleiche gilt hier für den vorliegenden Text, der nur als
Versuch einer groben Übersicht gewertet werden
sollte.
Bei den Gesteinen überwiegen Paragneise und
Glimmerschiefer, deren Ausgangssedimente man im
Allgemeinen jungpräkambrisches bis altpaläozoisches Alter zuordnet. Da man in den Metamorphiten praktisch niemals Fossilien findet, ist man auf
die physikalischen Altersbestimmungen angewiesen,
die aber wegen der mehrfachen Aufheizung der Gesteine meist wenig verlässlich sind. Einzig im Randbereich der Münchberger Masse, die als dorthin
transportiertes Bohemikum gilt (s. unten und das
gleichnamige Kapitel), hat man in Phylliten einmal
jungpräkambrische Mikrofossilien (Acritarchen) gefunden. Das andere Ende der Zeitskala ist durch die
letzten Metamorphoseereignisse gegeben, die in
jungvariskischer Zeit wirksam waren und mit etwa
320 Millionen Jahren angegeben werden können.
Anhand der Gesteine lässt sich aber dennoch eine
grobe Gliederung durchführen, die zunächst eine
Unterscheidung in eine sog. „Monotone Gruppe“
und eine „Bunte Gruppe“ gestattet. In den Paragneisen lässt sich nämlich trotz der Metamorphose
92 Kristallingebiete in Mittel- und Süddeutschland
noch vielfach der ursprüngliche sedimentäre Lagenbau erkennen, der durch Gesteinswechsel zustande
kommt.
So deuten helle Marmorlagen auf ehemalige
Kalkbänke, Kalksilikatgesteine auf Mergel und Graphiteinlagerungen auf Sedimente, die reich waren
an organischen Substanzen. Amphibolite sind dunkle Gesteine, die in den meisten Fällen auf basische
Vulkanite zurückgeführt werden können; die geochemischen Analysen gehen hier manchmal so weit,
dass man noch deren plattentektonische Zuordnung, etwa zu ehemaligen Riftbecken, versuchen
kann. Die Hauptmasse der Ausgangsgesteine für die
Paragneise und Glimmerschiefer dürften aber sandige und tonige Sedimente gewesen sein, für die
man einen passiven Kontinentalrand bzw. einen
Schelfmeerbereich als Ablagerungsraum diskutiert.
Aus solchen Gesteinen sind die Gneise der Monotonen Gruppe entstanden, in die nur selten Kalksilikate oder metamorphe Vulkanite eingelagert sind.
Die Bunte Gruppe dagegen hat ihre Bezeichnung
von einem abwechslungsreicheren Gesteinsspektrum, in dem vermehrt Amphibolite, helle Gneise,
Marmor- und Graphitlagen vorkommen, außerdem
auch lateritische Bildungen. Man nimmt an, dass
deren Ablagerungsraum Riftzonen, Randmeere oder
kleinere ozeanische Becken waren.
In solchen Bereichen könnten auch die vereinzelt
gefundenen Sulfiderze mit Pyrit und Magnetkies als
so genannte SEDEX-Erze entstanden sein, die man
bei Bodenmais, Lam und Pfaffenreuth als Eisenerze
abgebaut hat. Graphit ist in größerem Umfang noch
bis 1995 bei Kropfmühl im Regensburger Wald untertage gewonnen worden.
Manche der metamorphen Gesteinskomplexe
sind so tief versenkt gewesen, dass die schon bei
niedrigeren Temperaturen schmelzenden Anteile
wie der Quarz quasi „ausgeschwitzt“ wurden, sodass
sich helle Lagen von dunklen abzusondern begonnen hatten. Die durch das einsetzende Schmelzen
beweglicher gewordenen Gesteine sind dabei auch
vielfach in kleinere Falten gelegt worden, es entstanden Gneis-Anatexite und Migmatite, wie man sie
auch aus dem Schwarzwald kennt.
Bisher hat man Belege für Metamorphosen in
den Zeitspannen von 480 – 450 Millionen Jahren,
420–380 Millionen Jahren und 330–320 Millionen
Jahren. Es gibt aber in den Gneisen auch Relikte von
Granulit und Eklogit-Amphibolit, die noch älteren
Metamorphosen in wesentlich tieferen Krustenbereichen zugeordnet werden müssen. Bevor man solche Datierungen zur Verfügung hatte, galten die
Gneise im Bayerischen Wald praktisch als präkambrisch.
Neuere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass es
auch hier eine weit reichende Deckentektonik gibt,
die die Kristallingesteinskomplexe übereinander gestapelt hat. Wie im Schwarzwald, liegen hier gele-
gentlich Hochdruckgesteine über solchen, die unter
niedrigem Druck gebildet worden sind. Im plattentektonischen Kontext lässt sich das nur verstehen,
wenn man diesen Bereich als aus Krustenteilen (Terranen) am Nordrand von Gondwanaland zusammengesetzt interpretiert, mit Subduktionszonen
und magmatischen Inselbögen, großräumig erfolgten Aufschmelzungen der Erdkruste und einem Auf
und Ab, das kürzlich einmal als „Fahrstuhltektonik“
bezeichnet wurde (Zulauf & Vejnar 2003); dabei
wurden die Gesteinskomplexe in vielfältiger Weise
deformiert und unter sehr unterschiedlichen Metamorphosebedingungen umgewandelt. Ihre letzte
Prägung, die das heutige Erscheinungsbild im Aufschluss bestimmt, haben sie am Ende der variskischen Gebirgsbildung erfahren.
Neben Paragneisen und Glimmerschiefern sind
auch alte Orthogneise bekannt. Bei den plutonischen Gesteinen überwiegen Granite bei weitem, es
gibt aber auch Gabbros und Diorite, Gesteine, die
im Bayerischen Wald auf relativ kleine, eng begrenzte Vorkommen beschränkt sind. Da ist einmal die
als „Gabbro-Amphibolitmasse von Neukirchen bei
Hl. Blut“ bezeichnete Einheit, die sich noch weit
nach Tschechien hinein erstreckt. Sie bildet den westlichen Randbereich einer heute als Bohemikum vom
Moldanubikum abgetrennten Einheit, die eine tief
greifende mehrphasige Metamorphose seit dem
Präkambrium erfahren hat. Im bayerischen Bereich
sind es Amphibolite, die aus Basalten hervorgegangen sind, sowie Gneise.
Dieser Bereich ist für Böhmen wichtiger als für
Bayern. Auch dort gibt es einen Pfahl (s. u.), der als
Böhmischer Pfahl aber eher Nord-Süd streicht wie
die Westgrenze dieses basischen Gesteinskomplexes,
die östlich von Furth i. W. durch eine Störung markiert ist.
Bedeutender für die Geologie des Bayerischen
Waldes im weiteren Sinne sind Grünsteine, die den
Begriff Erbendorfer Grünschieferzone geprägt hatten.
Die grünen Gesteine sind durch Metamorphose aus
Basalten, Gabbros und ultrabasischen Ausgangsgesteinen entstanden, die man sofort mit alter ozeanischer Kruste assoziiert. Sie bilden die Basis eines wesentlich weiter reichenden Gesteinskomplexes, der
zwischen Erbendorf und Vohenstrauß entwickelt ist
und als Zone von Erbendorf-Vohenstrauß (ZEV) eine
bedeutende Rolle in der plattentektonischen Rekonstruktion des variskischen Gebirges in dieser Gegend spielt. Man sieht sie, ähnlich wie die Münchberger Masse, als einen dem Bohemikum entsprechenden Deckenrest an, der seinen Ursprung in
einem südlicher gelegenen, jungpräkambrischen bis
altpaläozoischen Ozean mit einer adäquaten Kruste
hatte.
In der Nähe von Erbendorf liegt bei WindischEschenbach „Deutschland tiefstes Loch“, die Kontinentale Tiefbohrung (KTB) – mittlerweile sogar auf
Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald 93
Straßenkarten eingetragen. Den über 80 m hohen
Bohrturm, der heute ein weithin sichtbares Zeichen
in der Landschaft bildet, hat man stehen lassen und
das Bohrloch wird für weitere Untersuchungen
offen gehalten (Abb.58).
Schon 1987 hatte man eine etwa 4 km tiefe Vorbohrung abgeteuft, die dort steil stehende, gefaltete monotone Paragneise, Amphibolite
und Metabasite angetroffen hat. Die 1990 begonnene und 1994 beendete Hauptbohrung
war über 9000 m tief und musste wegen unerwartet hoher Temperaturen (265°C) schließlich eingestellt werden. Auch die im tieferen
5
Bereich herrschenden Drücke (etwa 3000
Atm.) wurden zum Problem, weil das Bohrloch dadurch „zuwächst“. Man hatte damit
den Bereich von bruchhafter zu kriechender
10
km
Verformung der Erdkruste erreicht.
Der Ansatzpunkt bot, nach den geophysikalischen Vorerkundungen zu urteilen, die
besten Voraussetzungen zu den wesentlichen
wissenschaftlichen Fragestellungen. Nicht
nur die Arbeiten im Rahmen der Europäischen
Geotraverse (EGT, Blundell et al. 1992) hatten
nämlich gezeigt, dass in diesem Bereich die Grenze
zwischen Moldanubikum und Saxothuringikum verläuft, die sich als Sutur bis in den Erdmantel verfolgen lässt; sie wird auch als Erbendorf-Linie bezeichnet (Abb. 59). Es spricht alles dafür, dass hier
das Moldanubikum auf Saxothuringikum decken-
˚ Abb. 58: Bohrturm der Kontinentalen Tiefbohrung bei
Windisch-Eschenbach in der Oberpfalz.
NE
nie
rf-Li
do
rben
E
Friedenfels
Waldeck
Erbendorf
Alte
npar
Falkenberg
KTB
kste
5
Fichtelnaab-St.
in-S
t.
10
ZEV
SW
Basalt
Altpaläozoikum
(Saxothuringikum)
Oberkreide
Wetzldorf-Einheit
Trias
Erbendorfer
Grünschieferzone
Rotliegend und
Oberkarbon
ZEV: Metabasiteinheiten
Granit
ZEV: Wechsellagerungen
artig aufgeschoben ist; im Gelände ist das allerdings
nicht zu erkennen.
Aus den oben genannten Gründen hat man diese
Grenze zwischen den beiden Einheiten jedoch nicht
erreicht, sondern ist im Moldanubikum stecken geblieben. Bis in die Endteufe wurden im Wesentlichen zwei Gesteinseinheiten, nämlich Gneise und
Metabasite angetroffen, die steil stehen und von vielen Verschiebungsbahnen und zerrütteten Bereichen
durchsetzt sind. Dort hat man auch Graphit gefunden und auf Klüften zirkulierende salzhaltige Wässer – das Gestein ist also bei weitem nicht so dicht
wie erwartet, sondern so durchlässig, dass Gase und
Lösungen darin zirkulieren können. Solche Erkenntnisse sind auch wichtig für die Erklärung von
Erzgängen.
Außer den erwähnten Metamorphiten und Tiefengesteinen gibt es im Bayerischen Wald nur ganz
geringfügige Vorkommen paläozoischer Sedimentgesteine: sie sind in der Nähe von Erbendorf aufge-
ZEV: Gneiseinheiten
und ungegliedert
ZEV: vermutete
Erstreckung
Erbendorfkörper
Störungszonen
(sicher, vermutet)
Seismische
Reflektoren
˚ Abb. 59: Die komplizierte
geologische Situation im
Bereich der über 9000 m abgeteuften Kontinentalen
Tiefbohrung (KTB) bei Windisch-Eschenbach in der
Oberpfalz. In diesem Gebiet
grenzen Moldanubikum und
Saxothuringikum aneinander. Durchbohrt wurden
hauptsächlich steil stehende, gefältelte Gneise und
Metabasite, die von zahlreichen Störungszonen durchzogen sind. ZEV = Zone von
Erbendorf-Vohenstrauß
(nach Hirschmann, 1996).
94 Kristallingebiete in Mittel- und Süddeutschland
˚ Abb. 60: Migmatit aus
dem Steinbruch von Rattenberg im Bayerischen Wald.
Das Gestein zeigt bereits
die Trennung von dunklen
und hellen Mineralphasen,
die den beginnenden Übergang vom festen zum
Schmelzzustand andeutet.
˙ Abb. 61: Flossenbürg,
Entlastungsklüfte im Granit
unterhalb der Burg.
schlossen und reichen vom Ordovizium bis ins Unterkarbon.
Während man die oben erwähnten Gabbros und
Diorite aus Mantelschmelzen ableitet, sind die Granite und die mit ihnen verwandten Gesteine überwiegend aus Paragesteinen abzuleiten, die innerhalb
der Erdkruste aufgeschmolzen worden sind.
Im großen Steinbruch von Rattenberg kann man
beobachten, wie die dort anstehenden streifigen
Gneise in Augengneise übergehen und wie sie mit
faltenähnlichen Schlierenstrukturen, die Migmatite
kennzeichnen, den Übergang zur beginnenden Aufschmelzung anzeigen (Abb.60).
Granite und verwandte Gesteine sind auch im
Bayerischen Wald zu sehr unterschiedlichen Zeiten
aufgedrungen. Die älteren zeigen, wie
im Schwarzwald, noch den Einfluss
der variskischen Deformation, die
jüngeren dagegen sind von den Bewegungen nicht mehr erfasst worden.
Im Regensburger Wald hat man
unterschiedlich alte „Kristallgranite“
unterschieden, die wegen ihrer großen
Kalifeldspäte so heißen; die älteren gehören mit 340 Millionen Jahren zu
den ältesten Graniten im Bayerischen
Wald.
Auch im nördlichen Oberpfälzer
Wald sind granitische Gesteine weit
verbreitet; sie bilden hier weitgehend
eigenständige Plutone, die sich nach
Alter und Zusammensetzung geringfügig voneinander unterscheiden, aber
alle sind im Wesentlichen im Oberkarbon aufgedrungen.
Im Einzelnen lassen sich Leuchtenberg-, Zainhammer-, Liebensteiner-, Falkenberger-,
Mitterteicher-, Friedenfelser-, Steinwald-, Flossenbürg- und Bärnau-Granit unterscheiden, die vier
letzten sind sog. Leukogranite, die sich durch ihre
hellen Farben von normalen Graniten unterscheiden. Die Intrusionsalter liegen etwa zwischen 330
und 280 Millionen Jahren.
Im Granit von Flossenbürg, der großflächig unterhalb der Burgruine aufgeschlossen ist, lässt sich
sehr schön beobachten, wie das Gestein an den
oberflächenparallelen Lagerklüften zwiebelschalenartig aufblättert (Abb.61).
In der Nähe des Grenzübergangs Waidhaus liegt
das als Hagendorfer Revier bekannte Gebiet, in dem
die Spätphase der Kristallisation von Graniten in
Form von Pegmatiten auch durch den
früheren Bergbau gut aufgeschlossen
war. Diese Pegmatite, die die umgebenden Gneise durchschlagen, zählen
zu den größten Pegmatitstöcken Mitteleuropas. Sie werden als Restschmelzen des Flossenbürger Plutons angesehen. Sie sind schalenförmig aufgebaut
und haben einen Kernbereich aus
Quarz, wie er im benachbarten Pleystein mitten im Ort einen großen Felsen aus Rauchquarz, Milchquarz und
Rosenquarz aufbaut. Der Quarz ist
von einem Mantel aus Feldspat umgeben (der in Pleystein bereits erodiert
ist), in dem die Kalifeldspäte und
damit zusammen vorkommende
Quarzkristalle metergroß waren. Außerdem sind, der Restkristallisation
entsprechend, seltene Elemente angereichert (Phosphor, Lithium, Uran),
die z.B. eigene Phosphorminerale auf-
Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald 95
gebaut hatten und die neben dem Feldspat Gegenstand des Bergbaus waren. Daneben existiert auch
eine Reihe verschiedener Erzminerale, die aber wirtschaftlich ohne Bedeutung waren.
In der Gegend gibt es außerdem Aplit- und Quarzgänge, die mit ihrer nordwestlichen Streichrichtung
an den Pfahl erinnern; sie werden als Nebenpfähle bezeichnet und zeigen eine weiter reichende strukturelle Prägung des gesamten
Gebietes während der variskischen Gebirgsbildung an.
Der südliche Oberpfälzer Wald und das
Naabgebirge östlich von Amberg ist moldanubische Zone, in der die Granite etwas geringeren Raum einnehmen als im Norden; wie
fast überall in der Gegend, sind sie auch hier in
teilweise hochmetamorphe Rahmengesteine,
meist Gneise, eingedrungen.
Besonderer Beachtung wert sind die Gangmineralisationen im Wölsendorfer Flussspatrevier,
südlich Nabburg, wo noch bis 1987 Abbau betrieben wurde. Die hydrothermal entstandenen Gänge
folgen auch hier überwiegend einer NordwestRichtung und sind an tektonische Scherzonen gebunden, die auch nach der frühen Gangfüllung
noch aktiv waren; dadurch sind auch die mineralisierten Bereiche wieder zerbrochen und nachfolgend verheilt. Zu den Gangmineralen gehören
neben Flussspat (Abb. 62) auch Schwerspat, Quarz,
Dolomit, Calcit und diverse Erzminerale, darunter
Uranminerale, die im Flussspat radioaktive Höfe
verursacht haben. Erwähnenswert sind auch Einschlüsse von Zinnober. Die Gangfüllung scheint, in
mehreren Schüben, vor allem im Perm erfolgt zu
sein.
Die spektakulärste Gangfüllung im Bayerischen
Wald ist ohne Zweifel der Bayerische Pfahl, der als
Quarzgang auf einer Länge von über 150 km in der
Landschaft zu verfolgen ist; damit hat auch Bayern
seine „Teufelsmauer“. Der Pfahl verläuft völlig geradlinig von Südost nach Nordwest und damit in
einer Richtung, die vielfach an geologischen Strukturen in Deutschland zu beobachten ist, unter anderem auch in den unmittelbar benachbarten tertiären
Randbrüchen, die die Kristallingebiete der südwestlichen Böhmischen Masse gegen die Süddeutsche
Großscholle begrenzen. So läge es nahe, hier an eine
junge Tektonik zu denken. Die geologischen Gegebenheiten sprechen indes dagegen, weil es sich beim
Pfahl um eine alte, auf den Zeitraum zwischen
Oberdevon und Oberkarbon datierte, variskische
Scherzone handelt. Das lässt sich u. a. an den Gneisen erkennen, die auf beiden Seiten des Pfahls unterschiedlich ausgebildet sind.
Sie wurden durch Blattverschiebungen und vertikalen Versatz geschert und mechanisch zu Breccien
zertrümmert, die in der Folgezeit von Quarzlösungen durchtränkt wurden. Quarzfüllung und Neben-
gestein sind mehrfach zerbrochen und durch immer
neue Quarzlösungen wieder verheilt; man kann das
selbst im Handstückbereich noch sehen.
Da der Quarz auch ein wesentliches Rohmaterial
für die im Bayerischen Wald heimische Glasindustrie ist (z. B. Zwiesel), ist der Pfahl an vielen Stellen
bereits abgebaut, sodass man dann eher vor einer
vom Menschen verursachten Spalte steht. Die Seitenverschiebungen hatten auch aufreißende Fiederspalten zur Folge, die spitzwinklig zum Hauptpfahl
verlaufen und ebenso wie die zerscherten mylonitischen Gesteine, die schieferartig aussehen und deshalb Pfahlschiefer genannt werden, mit Quarzlösungen ausgefüllt wurden. Der auch heute noch vielfach
die Landschaft überragende Quarzgang kann bis zu
etwa 100m breit sein (Abb.63).
Das Alter der wahrscheinlich heißen (hydrothermalen) Quarzlösungen ist zunächst einmal spätbzw. postvariskisch. Nachdem man solche Gesteine
in anderen Gegenden verschiedentlich als mesozoische Bildungen erkannt hat, könnten sie auch
hier entsprechend eingestuft und möglicherweise
sogar noch im Tertiär entstanden sein.
Auf einer dem Pfahl parallelen Linie zwischen
Cham und Amberg ist zwischen Bayerischem und
Regensburger Wald die Bodenwöhrer Bucht eingetieft, die randlich Jurasedimente enthält, im Wesentlichen aber von Oberkreide bestimmt wird; es ist ein
aus dem Mesozoikum Süddeutschlands in das
Grundgebirge hineinreichender Ast. Die Ablagerungen reichen über Amberg hinaus nach Nordwesten
und bedecken dort noch weitere Bereiche um Sulzbach-Rosenberg und Auerbach.
Die Gegend ist lagerstättenkundlich vor allem
durch ihre Eisenerze bekannt, deren Abbau noch bis
1987 erfolgte; das war zugleich das Ende des Eisenerzabbaus in Deutschland. Das Eisen stammte letzt-
¯ Abb. 62: Flussspat (Fluorit) aus einem Gang im Wölsendorfer Revier.
96 Kristallingebiete in Mittel- und Süddeutschland
¯ Abb. 63: Bayerischer Pfahl. Die Quarzfüllung einer bis über 150 km langen Gangspalte überragt (hier am Weißenstein) mauerartig die Landschaft.
lich aus dem Dogger, aus dessen eisenreichen Schichten es gelöst und in
karstbedingten Hohlformen im Untergrund durch die Karstwässer neutralisiert und zusammen mit Sanden
und Tonen abgesetzt wurde. In tertiärzeitlich tektonisch angelegten Rinnen
eines Ur-Naab-Systems sind in der
Gegend auch miozäne Braunkohlenbecken entstanden, die überwiegend
parallel zum Pfahl verlaufen. Heute
sind in dem ausgekohlten Revier eine
Vielzahl von Seen anzutreffen.
Wie alle Mittelgebirge ist auch der
Bayerische Wald mit seinen geographisch begründeten Teilgebirgen erst
während des jüngeren Tertiärs an
Bruchlinien herausgehoben und so
zum morphologischen Gebirge geworden.
Für die Landschaft ist bestimmend,
dass auch die alten Gesteinseinheiten
der Gneise und große Störungszonen
oft in Nordwest-Richtung streichen.
Zeugen der jüngsten geologischen
Vergangenheit sind eiszeitliche Moränen, die eine Vergletscherung des Raumes andeuten und Karseen, zu denen
Arber- und Rachelsee gehören.
Bayerisches Geologisches Landesamt 1996, Strunz
1975
Fichtelgebirge
Zusammen mit dem Erzgebirge bildet das Fichtelgebirge einen großräumig als Antiklinalzone aufgefassten Bereich des Saxothuringikums, wo im Allgemeinen metamorphe Gesteine überwiegen;
entsprechend schwierig ist auch hier die zeitliche Zuordnung der Gesteine. Sie erfolgt meist durch lithologische Vergleiche, für die der Wunsiedeler Marmor
eine Schlüsselstellung hat: es sind regionalmetamorphe Karbonatgesteine, deren Ausgangsmaterial kambrische Archaeocyathidenkalke gewesen zu sein
scheinen. In deren hangenden Bereichen, d. h. eher
im Randbereich, ist Ordovizium mit Spurenfossilien
(Phycodes circinatum) entwickelt. Die insgesamt
Südwest-Nordost streichende Sattelzone des Fichtelgebirges zeigt auf den geologischen Karten ein umlaufendes Streichen der Gesteinseinheiten, die von
innen nach außen jünger werden; die ältesten Gesteine liegen im Zentrum, das mindestens kambrisches, teilweise wohl auch proterozoisches Alter hat.
Es ist eine metamorphe Serie von Phylliten, Glimmerschiefern, Quarziten und Amphiboliten im unteren Teil, die von Marmoren, Phylliten, Glimmerschiefern, Kalksilikatgesteinen, Graphitschiefern
und Amphiboliten überlagert werden.
Man hat die Gesteinskomplexe zu stratigraphischen Gruppen zusammengefasst und nach Lokalbezeichnungen benannt: die untere ist die ArzbergSerie, die in eine Alexanderbad-Wunsiedel- und
Warmensteinach-Formation aufgeteilt wird. Entsprechend ihrem Alter haben die Gesteine mehrfache Metamorphosen durchlaufen und sind auch
tektonisch in mehreren Phasen beansprucht worden. Von den Marmoren mit ihren gelegentlichen
Einlagerungen von Graphit, der den Gesteinen dann
ein „marmoriertes“ Gepräge gibt (das auch die
kleinräumige Faltung abbildet), einmal abgesehen,
sind diese Metamorphite in der Landschaft kaum
auffällig. Diese wird vielmehr weitgehend von varis-
Münchberger Masse 97
kischen Graniten geprägt, die von den tektonischen
Ereignissen nicht mehr betroffen wurden. Diese
Granite sind so weit verbreitet, dass sie fast die Hälfte der Fläche des Fichtelgebirges einnehmen. Geophysikalische Untersuchungen haben eine Tiefenausdehnung bis 8km nachgewiesen (Hecht 1998).
Nach Altersbestimmungen lassen sich heute ältere
(um 326 Mill. Jahre) von jüngeren (305 – 286 Mill.
Jahre) Graniten unterscheiden, wobei die jüngeren
die höchsten Erhebungen bilden (Schneeberg 1053m,
Ochsenkopf 1023 m, Kösseine 939 m, Gr. Waldstein
880m).
Das Fichtelgebirge ist aber nicht nur durch seine
vielen Granite bekannt, sondern auch durch das
nach der Stadt Marktredwitz benannte Gestein Redwitzit, das eine komplexe Entstehungsgeschichte hat.
Es umfasst nach seinem Mineralbestand einen außerordentlich weiten Bereich, der vom Gabbro bis
zum Granodiorit reicht: hier sind Mantelschmelzen
differenziert und nachfolgend durch granitische
Schmelzen intrudiert und miteinander vermischt
worden. Der Redwitzit ist mit 468 Millionen Jahren
das älteste Tiefengestein im Fichtelgebirge.
Wie überall in den Gebirgen des Saxothuringikums sind auch hier die Plutone von zahlreichen
Gängen durchschlagen, die Lamprophyre, Pegmatite und Aplite umfassen sowie im Unterrotliegend
Quarzporphyr (Rhyolith), der mit der spätvariskischen Bruchtektonik zusammenhängt. Deren prominentester Ausdruck in dieser Gegend ist die
Nordwest-Südost streichende Fränkische Linie, die
hier Fichtelgebirgsabbruch heißt und das Grundgebirge gegen die im Westen angrenzende Sedimentscholle verwirft. An dieser weiter reichenden Störung ist das tiefe Grundgebirgsstockwerk um etwa
1000m herausgehoben worden.
Erwähnenswert ist auch das tertiäre Einbruchsbecken von Mitterteich, das sich als streichende Fortsetzung des Eger-Grabens nach Südwesten auffassen
lässt. Seine limnische Sedimentfüllung besteht aus
oligozän-miozänen Schottern, Sanden und Tonen
mit Braunkohlen, außerdem gibt es auch entsprechende Basalte, von denen der Steinbruch im Großen Teichelberg bei Groschlattengrün ein bei Mineraliensammlern beliebter Fundpunkt ist (u. a. Olivinknollen); er ist auch durch seine besonders dicken
Basaltsäulen bekannt. Am Parkstein bei Weiden (24
Mill. Jahre) ist ein besonders schöner Säulenfächer
ausgebildet. Die Basaltdecke vom Teichelberg (21
Mill. Jahre) überlagert Tone und Braunkohlen. Die
Tertiärsedimente im Becken von Mitterteich liegen
auf tief verwittertem Grundgebirge, lokal werden
entsprechende Tone abgebaut. Entsprechend der
vulkano-tektonischen Entwicklung wird die Gegend
von zahlreichen Störungen in ein kleinräumiges
Schollenmosaik zerlegt.
Während der jüngeren geologischen Geschichte
haben sich die teilweise riesigen Wollsäcke aus verwittertem Kösseine-Granit entwickelt, die das Felsenlabyrinth der Luisenburg bei Wunsiedel zur touristischen Attraktion machen.
Innerhalb der altpaläozoischen Gesteinskomplexe der erwähnten Arzberger Serie ist noch das berühmte Speckstein-Vorkommen von Göpfersgrün zu
nennen, wo Steatit ([Mg3(OH)2Si4O10]) abgebaut
wird, der durch Umwandlung von Dolomit unter
Beteiligung salinarer Wässer entstanden ist. Früher
hat man aus den massiven Partien Hochspannungsisolatoren und Brenner für Acetylenlampen hergestellt, heute wird das Material noch für diverse Füllstoffe gewonnen.
Zu den Lagerstätten in der Oberpfalz gehören
vor allem die bei Hirschau und Schnaittenbach gelegenen Kaolin-Vorkommen. Solche Lagerstätten
haben die lokale Porzellanindustrie begründet (Arzberg, Rosenthal, Selb u. a.). Der Kaolin ist hier in
Arkosen des Mittleren Buntsandsteins entwickelt
(Kaolinsand, sodass bei der Gewinnung auch
Quarzsand und Feldspat mit anfällt – der Sand ist
zum „Monte Kaolino“ aufgeschüttet). Während die
Hirschau-Schnaittenbacher Kaoline als buntsandsteinzeitliche Bildungen interpretiert werden, sind
andere Vorkommen in der Oberpfalz offenbar später entstanden; dazu gehören auch die Kaolintone
im tertiären Mitterteicher Becken und der in situ tief
verwitterte Falkenberger Granit bei Tirschenreuth.
Die Grenze zwischen Fichtelgebirge und Oberpfälzer Wald und dessen Fortsetzung in den Bayerischen Wald mit seinen Teilregionen ist nirgends besonders deutlich zu ziehen. Geologisch tragen zu
dieser Schwierigkeit vor allem die vielen Granitplutone bei, die diesen westlichen Rand des großen
böhmischen Kristallinkomplexes kennzeichnen. So
wird der Steinwald gelegentlich auch zum Fichtelgebirge gezählt.
Bayerisches Geologisches Landesamt 1996, Mielke 1998
Münchberger Masse
Es gibt viele Namen für dieses Gebiet: Münchberger Gneismasse bzw. Gneismassiv oder -komplex
sind vielleicht am besten geeignet, die außerordentlich komplizierte geologische Entstehungsgeschichte zu bezeichnen, die auch eine stark wechselnde
Interpretationsgeschichte hat. Erst der jüngste, plat-
tentektonisch argumentierende Erklärungsansatz
hat zu einer einigermaßen schlüssigen Deutung geführt.
Wenn man am Gipfel des Weissensteins Eklogiten begegnet, also Gesteinen, die unter extrem
hohen Druckbedingungen entstanden sind, muss
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