64 | Migros-Magazin 11, 14. März 2011 Zum Dessert ein Stück Brahms Thomas Biasotto ist Bandleader, Dirigent und Immobilienverkäufer. Zu Hause in Weggis kocht er zusammen mit dem Migros-Magazin ein deftiges Gericht. Dafür ist das Dessert kalorienarm: Biasotto kredenzt am Flügel eine feine Komposition von Brahms. D er quirlige Bandleader Thomas Biasotto steht bereits auf dem Vorplatz seines Neubaus und begrüsst uns herzlich. «Willkommen und hereinspaziert, die Damen», ruft er uns entgegen. Er nimmt «Saisonküche»-Köchin Andrea Pistorius auch gleich den schweren Korb mit den frischen Zutaten für das bevorstehende Kochgelage ab. Mit dem Stab in der Hand und Musik im Blut Das vorwiegend im Landhausstil geschmackvoll eingerichtete Haus riecht nach frischer Farbe und nach frisch geöltem Holzboden. «Sandra, meine Freundin, und ich sind gerade erst vor drei Monaten hier eingezogen», sagt er stolz und bietet uns einen Espresso in einem stylischen Glastässchen an. In der Mitte des Wohnzimmers steht ein brauner, wunderschöner Flügel, der Köchin Andrea Pistorius beeindruckt. «Greifst du für uns in die Tasten?», fragt sie. «Später spiele ich euch gerne ein Stück von Brahms vor. Doch zuerst zeige ich euch unsere Sonnenterrasse mit Blick auf die Alpen und mein Musikzimmer im Erdgeschoss.» Der gebürtige Thurgauer hatte schon als kleiner Bub nur Musik im «Grind» und wollte, seit er denken mag, Musik machen und eine Big Band leiten. Sein Gotti schenkte ihm, als er sieben war, die heiss ersehnte Trompete. Ein Traum wurde wahr, und er lernte Trompete zu spielen. Diese war von da an seine stetige Begleiterin. «Nach der Sekundarschule wollte ich gleich am ‹Konsi› Musik studieren. Doch so, wie es in den meisten Fällen ist, haben Eltern das Sagen: vorher erst was ‹Richtiges› lernen. Und so machte ich eine Lehre als Eisenwaren- händler.» 2006, nach der Offiziersschule, schloss Biasotto plangemäss das Musik-Konservatorium in Zürich ab. Seit sieben Jahren arrangierte und komponierte er Stücke für die Otmarmusik in St. Gallen, spielte in diversen Orchestern Trompete, gab an Schulen Musikunterricht und ist nun Bandleader des Phil Dankner Orcheschters. Seine Brötchen hingegen verdiene er im Immobiliengeschäft als Geschäftsführer, und das sei auch gut so. «So kann ich musikalisch das tun, was ich will, und muss mich nicht des Geldes wegen an- Kochen mit der «Saisonküch «Saisonküche» he» Zwei, die sich verstehen. Andrea Pistorius und Thomas Biasotto wollen für einmal in der Küche beide den Ton angeben. Sie mit dem Messer, er mit dem Dirigentenstab. Was für ein tolles Team! SAISONKÜCHE | 65 Nachgefragt bei Thomas Biasotto e immer auf ➔ Was haben Si Vorrat? bröckli. Die esse Appenzeller Most ne Brot. ich am liebsten oh Sie pro en ch ➔ Wie oft ko Woche? sagen. ManchDas ist schwer zu zwei oder mal nie, manchmal dreimal. Sie … ➔ Kochen ist für Hobby und … mein schönstes pannung vom ts immer wieder En Alltag. e nie im Leben ➔ Was würden Si essen? früchte — ich Sushi und Meeres chen. mag nur Fischstäb n Sie gern de ür w em ➔ Mit w mal essen gehen? Mit Quincy Jones. Weihnachtsstern mit Frischegarantie — die künstliche Topfpflanze als Farbtupfer. DIRIGIERT: Wird bei Thomas Biasotto auch in der Küche. ARRANGIERT: Die vielen frischen Zutaten sind angerichtet. AUSGEHÖHLT: Gekonnt schneidet Andrea Pistorius das Kerngehäuse der Äpfel aus. ABGESCHMECKT: Mit Currypulver gewürzt, schmecken die marinierten Pouletstücke schön rassig. SAISONKÜCHE Migros-Magazin 11, 14. März 2011 passen. Bei Phil aktiv mitzuwirken und verschiedene Generationen mit Jazz, Blasmusik und dem Big-Band-Charakter zu beeindrucken, war immer schon sein Traum, der sich nun erfüllt hat. Die Tournee mit dem Phil Dankner Orcheschter startet diese Woche. Auf keinen Fall möchte sich Thomas Biasotto auf eine Musikstilrichtung festlegen, sondern wenn möglich flexibel bleiben. In der Küche sieht er das aber anders. Da verzichtet er auf allzu moderne Schiki-Miki-Gerichte, wie Trüffelrisotto mit Fischspiesschen oder komplizierte Rezepte, wo er stundenlang in der Küche stehen muss. | 67 Überbackenes Brot mit Geschnetzeltem Hauptgericht für 4 Personen Zubereitung ca. 30 Minuten + 15 Minuten überbacken. Pro Person ca. 31 g Eiweiss, 27 g Fett, 28 g Kohlenhydrate, 2100 kJ/500 kcal Währschafte Gerichte von den Landfrauen Der 29-Jährige freut sich riesig, dass er nun für ein paar Stunden auch in der Küche den Stab schwingen darf. Gekocht wird heute sein Lieblingsrezept, das ihm einst eine liebenswerte Nachbarsfrau aus Herisau AR verraten hat: altbackene Brotscheiben mit Pouletgeschnetzeltem, belegten Apfelscheiben und mit fein geraffeltem Käse im Ofen überbacken. «Einfach herrlich», schwärmt Thomas Biasotto und erklärt Andrea Pistorius, dass sich dieses Rezept auch zur allgemeinen Restenverwertung bestens eignet. Beim Marinieren der Pouletstückchen verrät er uns seine kulinarischen Vorlieben: «Ich liebe Fleisch, Mostbröckli – eben eher Deftiges –, und überrasche auch meine Freunde hin und wieder mit einem Appenzeller Schweinsfilet, einem Züri-Geschnetzelten mit Rösti oder einem Teller Pasta. Die Rezepte der Landfrauenküche faszinieren mich am meisten. Und Süsses ist nicht mein Ding, ausser die Aprikosenwähe vom Grosi.» Die Brotscheiben sind im Backofen. Die Zeit endlich reif. Thomas Biasotto setzt sich an den wunderschönen Flügel und haut beherzt in die Tasten. Andrea Pistorius: «Bei diesen kraftvoll harmonischen, romantischen Klängen muss ja jede Frau schmelzen.» Text Sonja Leissing Bilder Marco Ries www.daszelt.ch; www.phildankner.com ZUTATEN 2 EL Olivenöl 4 Scheiben Brot 1 dl Weisswein, 1 Schalotte 2 Knoblauchzehen 200 g Champignon ½ Bio-Zitrone 300 g Pouletgeschnetzeltes 3 Zweige Oregano 0,5 dl Rahm 1 TL Maisstärke, Salz, Pfeffer, Currypulver 2 Äpfel, 150 g Greyerzer Sprossen (z. B. Zwiebeln) für die Garnitur ZUBEREITUNG 1 Backofen auf 200 °C vorheizen. Eine Gratinform mit der Hälfte des Öls ausreiben. Brot hineinlegen und im Backofen 10 Minuten rösten. Herausnehmen und mit der Hälfte des Weins beträufeln. 2 Inzwischen Schalotte und Knoblauch fein hacken. Champignons in Scheiben schneiden. Zitronenschale fein abreiben, Frucht auspressen. Zitronenschale und -saft mit den Champignons mischen. Schalotte und Knoblauch im restlichen Öl dünsten. Fleisch dazugeben und mitbraten. Oreganoblättchen vom Zweig zupfen und mit den Champignons dazugeben. Mit restlichem Wein ablöschen und aufkochen. Rahm und Maisstärke verrühren und dazugiessen. Mit Salz, Pfeffer und Curry abschmecken. Fleisch samt Sauce auf die Brotscheiben verteilen. 3 Von den Äpfeln Kerngehäuse ausstechen. Äpfel samt Schale in ca. 7 mm dicke Ringe schneiden. Käse an einer Röstiraffel reiben. Äpfel auf das Geschnetzelte legen und mit Käse bestreuen. In der Ofenmitte 15 Minuten überbacken. Mit Sprossen garnieren und servieren. Tipp Für dieses Gericht eignet sich beinahe jedes Brot, es kann auch altbacken sein. Jetzt an Ihrem Kiosk für Fr. 4.90 oder unter www.saison.ch im Jahresabonnement, 12 Ausgaben für nur Fr. 39.— 68 | Migros-Magazin 11, 14. März 2011 Kresse Das steckt drin: Besonders prägnant sind die Senföle. Sie verleihen der Kresse einen scharfen Geschmack. Kresse verfügt über viel Vitamin C, Eisen sowie Kalzium und Folsäure. Ausserdem enthält sie Vitamin B. Das macht sie besonders in der kalten Jahreszeit zu einem guten Vitaminspender. In der Küche: Kresse schmeckt leicht scharf und macht besonders auf Frischkäsebroten, in Kräuterquark und zu Rührei eine gute Figur. Ebenfalls pikant: Kressepesto. Mungosprossen KLEINE KÜCHENKUNDE Frischer Vitaminkick Auf Salat, dem Sandwich oder in Wokgerichten: Food-Redaktorin Sonja Leissing schätzt Sprossen und Keime als Vitamin- und Mineralienschätze. D ie zarten Keimlinge von Mungobohnen, Alfalfa, Randen, Rettich & Co. sind Multitalente. Sie verhelfen jedem Salat zu einer Extraportion Vitamine und sind so herrlich knackig und aromatisch, dass man sie auch gern pur nascht. Gerade im Frühjahr, wenn heimisches Gemüse noch in den Kinderschuhen steckt und späte Frostnächte fürchtet, kann man mit Sprossen und Keimen einen Trumpf aus dem Ärmel schütteln: Die zarten Pflänzchen wachsen das ganze Jahr über ¬ haben also immer Saison, während Gurken, Tomaten und so manch anderes Gemüse erst noch auf warme Temperaturen warten müssen. Frische Vitaminbomben und Mineraliendepots Sprossen und Keime sind echte Kraftwerke: In den Samen befindet sich alles, was eine junge Pflanze benötigt. Durch das Keimen steigt dann beispielsweise bei den Alfalfasprossen der Vitaminund Mineraliengehalt um das Fünffache an. Das in den Sprossen und Keimlingen enthaltene Eiweiss ist zudem leichter verdaulich als das der ungekeimten Saatkörner und Hülsenfrüchte. Mungobohnensprossen enthalten Kalium, Phosphor, Kalzium, Eisen, Magnesium, Enzyme und weitere wichtige Pflanzenstoffe. Rucolasprossen glänzen mit viel Vitamin C und Mineralstoffen wie Natrium, Schwefel, Kalium, Kalzium und Phosphor. Wer verschiedene Sprossenarten kombiniert, profitiert von einem echten Vitamin- und Mineralstoffcocktail. Zudem sind die enthaltenen Aminosäuren gerade für Vegetarier von grosser Bedeutung. Da Pflanzen meist weniger Bilder Florapress (2), Keystone (1), ddp Image Stock (1) Das steckt drin: Die Mungosprossen verfügen über die Vitamine A, B1, B2, B3, B12, C und viel Vitamin E, als Spurenelemente kommen Eisen, Kalzium, Kalium, Magnesium und Phosphor hinzu. In der Küche: Mungosprossen sind mild im Geschmack. Sie bereichern Wokgerichte und Pfannengerührtes. Man sollte sie nicht zu lange erhitzen, weil sie sonst ihren Biss verlieren. Salaten verleihen die dicklichen Sprossen Knackigkeit. Sie sind auch fein, wenn man sie pur knabbert. SAISONKÜCHE | 69 Alfalfasprossen (Luzerne) Das steckt drin: Alfalfa ist reich an Vitamin A, B2, C, D und Niacin. Darüber hinaus verfügen die Sprossen über viele Mineralstoffe sowie über essenzielle Aminosäuren. In der Küche: Der leicht nussige Geschmack macht Alfalfasprossen zum idealen Begleiter von Salaten und Suppen. Sie lassen sich aber auch leicht zu einem Dip verarbeiten. Probieren Sie einmal einen Dip aus Alfalfa und Avocado zu geräuchertem Fisch. Rucolasprossen Das steckt drin: Sie sind reich an Vitamin C und enthalten neben Schwefel, Natrium und Kalium auch die Mineralstoffe Kalzium und Phosphor. Ebenfalls positiv: Rucola enthält Jod, das sich günstig bei Schilddrüsenstörungen auswirken kann. Senföle sorgen für den scharfen, leicht bitteren Geschmack. In der Küche: Rucolasprossen schmecken überall dort, wo man auch Rucola-Blätter verwendet. Besonders delikat ist ein Pesto, gut schmecken die zarten Pflänzli auch auf Sandwiches, in Salaten oder auf Suppen. wertvolle Eiweisse enthalten als Fleisch, diese aber in Keimlingen häufig in hohen Mengen enthalten sind, sind diese ideal für Vegetarier. Mit so vielen wertvollen Inhaltsstoffen ausgestattet sind Sprossen und Keime sehr wertvoll für unsere Ernährung. Viele Sprossenarten regen den Stoffwechsel an: Kresse beispielsweise ist eine Wohltat für die Nieren und kann sich durch die enthaltenen Senföle positiv auf die Harnproduktion auswirken. Diese ätherischen Öle haben ausserdem eine bakterienhemmende Wirkung. Viele Sprossen strotzen nur so voller Vitamine. Kresse und Co. helfen so auch Erkältungen vorzubeugen. Beim Abnehmen sind die Keime ideale Helfer: Sie bieten viele Nährstoffe bei geringem Kaloriengehalt. Sprossen sind die Stars in jedem Gericht Gesund sind die Sprossen und Keime also allemal, doch deren Beliebtheit basiert zweifelsfrei auf dem Geschmack: Von mild und nussig über leicht pikant bis hin zu sehr scharf reicht das Geschmacksspektrum. Damit werden Sprossen und Keime zum Star eines jeden Salats und peppen langweilige Blattsalate mit pikanter Note auf. Die etwas dickeren Mungobohnensprossen eignen sich besonders zum Kochen. Pfannen- gerührtes Gemüse schmeckt noch frischer, denn die robusten Keime bleiben auch nach kurzem Erhitzen noch knackig. Deshalb gibt man Keime erst zum Schluss in die Pfanne. Suppen bekommen durch knackige Keimlinge nicht nur einen hübschen frischen Klecks obendrauf, die Multitalente sorgen mit ihrem pikanten Aroma für kleine Geschmacksexplosion. Belegte Brote und raffinierte Wraps werden durch Kresse- und Rucolasprossen oder Rettichkeime erst richtig interessant ¬ so kann man statt Senf ruhig einmal Kresse auf ein Sandwich geben. Damit wird selbst ein einfaches Butterbrot zu einer pikanten Delikatesse. Rucolasprossen und Kresse haben auch solo Starpotenzial. Kresse und Rucola ergeben pikante, cremige Süppchen von unwiderstehlich grüner Farbe. Suppen aus Sprossen sind schnell zubereitet, denn langes Kochen entfällt, Sprossen zerfallen rasch und lassen sich dann einfach pürieren. Als Pesto mit Mandeln, Öl und Käse püriert werden aus Rucolasprossen und Kresse feine Begleiter zu Chnöpfli, Gnocchi und Pasta. Ein ungewöhnlich nussiges Beispiel: Alfalfa-Pesto. Das verfeinert Suppen, Pasta und passt sogar zu Räucherfisch. Weitere schmackhafte Rezepte finden Sie unter: www.saison.ch