Leseprobe zum Titel: Vulkanismus

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3
22 Magma
10
8
6
50
70 SiO2 Gew.-%
60
r
Phonolith
Trachyt
Benmoreit
Mugearit
Hawaiit
Basalt
4
2
Rhyolith
Trachyandesit
Dazit
Andesit
12
40
ep is
hr ch
it e
Na2O+
K 2O
Gew.-%
14
Basaltischer
Einteilung magmatischer Gesteine
Magmatische Gesteine kann man vereinfacht
nach ihrer Abkühlungsgeschichte und ihrem geologischen Vorkommen einteilen. Bei langsamer
Abkühlung eines Magmas innerhalb der Erdkruste können große Kristalle wachsen; diese grobkörnigen Gesteine nennt man Plutonite (Abb.
3.3). Die meisten Plutonite in der kontinentalen
Kruste sind granitischer bis granodioritischer
Zusammensetzung. Magmen, die bis dicht unter
die Erdoberfläche dringen, erstarren schneller;
diese feinkörnigeren Gesteine nennt man Subvulkanite.
Eine an der Erdoberfläche eruptierte Lava
kühlt schnell ab (Abb. 3.4). Die Grundmasse dieser vulkanischen Gesteine ist daher feinkörnig
oder sogar glasig. Erst unter dem Mikroskop kann
man die einzelnen Bestandteile genauer voneinander unterscheiden und analysieren. Während die
plutonischen Gesteine leicht anhand ihrer unterschiedlichen Mineralverhältnisse unterteilt werden können, lassen sich die vulkanischen Gesteine
am besten anhand ihrer chemischen Zusammen-
Ne
ph
eli
nit
un Ba
Ph
d T sa
o
ep nit
N no
hr
it P eph lithi
s
ho
no elin che
T l i t h it r
˘Abb 3.1: Chemische Klassifizierung der wichtigsten
vulkanischen Gesteine
(nach 57).
˙Abb 3.2: Dünnschliffphoto
eines Plagioklaskristalls aus
einer im Februar 1976 eruptierten andesitischen Asche
des Vulkans Mt. Augustine
(Alaska). Im polarisierten
Licht zeigen sich Zonen
unterschiedlichen Kalziumgehaltes. Diese kompositionellen Zonierungenspiegeln
Änderungen in den physikochemischen Bedingungen
in der Magmakammer
wider, z. B. Zunahme des
H2O-Druckes, der zur Änderung der Zusammensetzung führt, H2O-Abnahme
wie kleinere Eruptionen
usw. Die Einschlüsse werden in Abb. 3.18 (dort gleiche Kristalle im nicht-polarisierten Licht) beschrieben.
Durchmesser des Kristalls
1 cm.
Andesit
Na2O+
K 2O
Al2 O3
Gew.-%
14
22
20
18
12
13
10
8
6
4
2
10 13
Na2O+
K 2O
MgO
Gew.-%
14
12
10
8
6
0,5
1,0
2,0
4
3,0
2
10,0
5,0
Na2O+
K 2O
FeO + Fe2 O3
Gew.-%
14
12
10
8
6
4
5
2
10
setzung klassifizieren (Abb. 3.1). Ganz grob kann
man sie in (a) dunkle, mafische, sogenannte primitive – im weitesten Sinne basaltische – Vulkanite,
(b) hellere, intermediäre – wie den Andesit – und
(c) helle, hochdifferenzierte, felsische – manchmal
unglücklicherweise „sauer“ genannte – Gesteine,
wie den Rhyolith oder den Phonolith, unterteilen.
Phonolithe z. B. stellen in Intraplattenvulkanfeldern wie der Eifel (Laacher-See-Phonolith) oder
Gran Canaria (Abb. 6.22) häufig Endprodukte
der magmatischen Differentiation (d. h. der che-
Na2O+
K 2O
CaO
Gew.-%
14
12
10
8
6
2
4
5
2
8
8
40
50
60
70 SiO2 Gew.-%
3
Magma 23
Gabb
mischen Entwicklung von Magmen) dar und
ro
haben SiO2-Gehalte um 55 %, ähnlich wie
Dior
it
die basaltischen Andesite in Subduktionszonenvulkanen. Der hohe Grad
der Differentiation zeigt sich in den
Basa
lt
Phonolithen an den extrem hohen
Ande
Ca-re
sit
Gehalten an Al2O3, Alkalien und
ich
inkompatiblen, d. h. in der SchmelRhyo
lith
Plagio
Mg-r Olivin
klas
ze konzentrierten Spurenelementen,
eich
Fe-re
ic
h
wie Zr, Nb, La, Th u.a.
Na-re
ich
Mg-r
Unter den basaltischen Auseich
Pyrox
en
gangsmagmen unterscheidet man
Mine
Fe-re
zwei Grundtypen: Die erste Grupich
logis raMg-r
eich Am
Zusache
pe ist die der tholeiitischen oder
p
hibo
men-ml
setzu
subalkalischen, K-, P-, Ti-, Rb-, Zr-,
Fe-re
ng
ich
Nb-, U- und Th-armen BasaltmagBiotit
men, die für die Ozeankruste, Flutbasaltfelder, einige Inselbögen und
Quar
z
besonders produktive Vulkaninseln, wie Hawaii und Island, typisch
KaliFelds
pat
Mafis
sind. Die zweite Gruppe ist die der
ch
Alkalibasalte, d. h. an K und Na reiInter
Musk
med
ovit
chen, aber an SiO2 armen, für Kontinente
Geste iär
insty
Felsis
und die meisten Ozeaninseln charakteristischen
p
ch
Basalte.
Aus den Basaltmagmen entwickeln sich die
intermediären und höher differenzierten Magmen.
Allerdings entstehen viele granitische Magmen
(chemisch identisch zu Rhyolith) vorwiegend
durch partielle Krustenaufschmelzung. Um die
komplexen Entstehungsprozesse der Ausgangsmagmen besser verstehen zu können, muß zunächst der Aufbau der Erde betrachtet werden.
Schalenaufbau der Erde
Die Geschwindigkeit seismischer Wellen hängt
von der Dichte eines Gesteins ab. Die Geschwindigkeiten von akustischen Kompressionswellen,
die bei Erdbeben oder künstlichen Sprengungen
entstehen und durch die Erde wandern, nehmen
mit der Tiefe zu, allerdings nicht gleichmäßig.
Diese sprunghaften Dichteänderungen erlauben
es, die Erde in drei Hauptschalen zu gliedern
(Abb. 3.5):
● die Erdkruste, die dünne äußere Rinde der Erde,
ist in den Kontinenten im Mittel etwa 30 km
mächtig mit einer mittleren Dichte von
2,67 g/cm3. In den Ozeanbecken ist die im
wesentlichen basaltische Kruste 5 – 7 km dick
mit einer mittleren Dichte von 2,8 g/cm3;
● der darunter folgende Erdmantel besteht aus Feund Mg-reichen Silikaten, insbesondere Olivin,
ist ungefähr 2870 km dick und besitzt eine mittlere Dichte von 4,6 g/cm3;
● der Kern, vermutlich aus Nickel/Eisen bestehend, hat einen Radius von 3480 km und eine
mittlere Dichte von 10,6 g/cm3.
Gran
¯Abb 3.3: Schema der mineralogischen Zusammensetzung der Hauptgruppen
magmatischer Gesteine.
it
Plu
lk
Vu
an
kö
rn
nit
it
gr
n
fei
to
k
ob
ör
nig
ig
Wie sind diese Schalen unterschiedlicher Dichte
entstanden? Man nimmt heute eine ursprüngliche
Zusammenballung der Erde aus kalter kosmischer
Materie („Staub“) vor ca. 4,6 Milliarden Jahren
an. Diese Materie wurde durch Impakte und gravitative Energie – auch bei der Differentiation des
Eisenkerns – aufgeschmolzen, so daß ein mehr
oder weniger homogener Planet entstand. Im
Schwerefeld dieser Massen entwickelte sich vermutlich durch Dichtetrennung der Schalenaufbau
˚ Abb 3.4: Pahoehoe-Lava,
die unter der Kruste eines
schon erkalteten Lavastromes hervorbricht. Breite
des ausströmenden Lavastromes 4 m. Pu’u-’O’oEruption an der Ostflanke
des Kilauea-Vulkans
(Hawaii).
3
24 Magma
˘ Abb 3.5: Verteilung von
P- (rot) und S-Geschwindigkeiten (blau) von Erdbebenwellen und der Dichte
(violett) in einem Erdquerschnitt (links) und Gliederung des oberen Erdmantels anhand der Scherwellengeschwindigkeit
(rechts) (nach 238).
0
2
3
4
Geschwindigkeit [km/s] und Dichte [g/cm3]
5 6 7 8 9 10 11 12 13
0
Tiefe
[km]
P-Geschwindigkeit
1000
0
Tiefe
[km]
100
Dichte
Mantel
200
S-Geschwindigkeit
2000
300
3000
400
Scherwellengeschwindigkeit [km/s]
3
4
5
6
Lithosphärenplatte: fest;
hohe Geschwindigkeit
Solidus
Asthenosphäre: eventuell
partiell aufgeschmolzen;
niedrige Geschwindigkeit;
Quelle mittelozeanischer
Basaltmagmen
Solidus
Fest
Phasenübergang Olivin Y
Spinell: schnelle Zunahme
von Dichte und Geschwindigkeit
500
4000
Dichte und Geschwindigkeit nehmen allmählich zu
Äußerer Kern (flüssig)
600
5000
700
Innerer Kern (fest)
6000
˚ Abb 3.6: Sogenannte Olivinknolle aus den phreatomagmatischen Ablagerungen des Dreiser-WeiherMaars (Westeifel). Die
hellgrünen Kristalle sind
Olivin, die dunkelgrünen
Pyroxen und die schwarzen
Chromspinell.
Phasenübergang: Abbau
zu FeO, MgO, SiO2, Al2O3
Dichte und Geschwindigkeit nehmen allmählich zu.
Beginn des unteren Mantels
der Erde. Dieser Vorgang der partiellen Aufschmelzung war nicht nur in der Vergangenheit
aktiv, sondern ist auch heute wirksam, wie die vielen Vulkaneruptionen beweisen, die jedes Jahr in
den aktiven Vulkangebieten der Erde stattfinden.
be, würden im Erdkern unvorstellbar hohe Temperaturen von beinahe 200 000 °C herrschen, anstatt der angenommenen 4000 bis 5000 °C. Zum
Vergleich: Die Sonne hat eine Oberflächentemperatur von ca. 5500 °C.
Da die Erde im Kern wesentlich heißer ist als der
Mantel oder die Kruste, wandert die Wärme entlang thermischer Gradienten an die Erdoberfläche
und wird dann in den Weltraum abgestrahlt.
Allerdings verringert sich der geothermische Gradient von der Erdoberfläche ausgehend nach
innen drastisch. Denn wenn der in der oberen
Erdkruste gemessene Temperaturanstieg von ca.
3 °C/100 m bis zum Erdmittelpunkt konstant blie-
Wo entstehen Magmen?
Die meisten an der Erdoberfläche eruptierenden
Magmen haben eine basaltische Zusammensetzung
mit Temperaturen von ca. 1100 bis 1250 °C. Allein
aus diesem Grunde können sie nicht aus der Erdkruste stammen, denn für die unterste Kruste, etwa
in Mitteleuropa, nimmt man Temperaturen von ca.
500 bis 600 °C an. Da der Erdkern vermutlich aus
Eisen und Nickel besteht, Magmen aber silikatische
Schmelzen darstellen, scheidet auch der Erdkern als
Liefergebiet aus. Alkalibasaltische Magmen, wie sie
auf Ozeaninseln und in Kontinenten – z. B. in der
Eifel – vorkommen, können Bruchstücke eines
Peridotit genannten Gesteins enthalten, das vor
allem Olivin (Ol) (daher oft auch Olivinknolle
genannt) (Abb. 3.6) und Orthopyroxen (Opx) enthält, daneben wechselnde Mengen an Klinopyroxen
(Cpx) und den aluminiumreichen Chromspinell
(Sp). Wenn ein Peridotit Ol + Opx + Cpx + Sp enthält, nennt man ihn Spinell-Lherzolith nach dem
Ort Lherz in den Pyrenäen. Aus Experimenten weiß
man, daß dieses Gestein unterhalb von etwa 80 km,
d. h. bei Drücken von über ca. 25 kb in GranatLherzolith übergeht; Granat, wie Spinell der
Hauptträger für Al im Lherzolith, ist dichter als Spinell. Wir können also heute davon ausgehen, daß
Basaltmagmen im oberen Erdmantel entstehen, un-
3
Magma 25
ter den Mittelozeanischen Rücken (MOR) in etwa
20 bis 70 km Tiefe (bei Tiefen von weniger als 30 km
aus Plagioklaslherzolith); bei den Kontinenten und
vielen Ozeaninseln, unter denen die Lithosphäre
kälter und dicker ist als unter den MOR, kommen
sie aus Tiefen von ca. 80 bis 150 km.
Ganz andere Quellen muß man für viele der
hellen, rhyolithischen bis dazitischen Magmen annehmen. Von ihrer chemischen Zusammensetzung her können sie nicht aus dem Erdmantel
stammen, dagegen gut aus der unteren Erdkruste.
Ihre Temperaturen (etwa 700 °C für H2O-reiche,
granitische und bis 1000 °C bei „granodioritischer“ Zusammensetzung) sind höher als die normalerweise in der Erdkruste herrschenden. Die
Krustengesteine, ihr wahrscheinliches Liefergebiet,
sind chemisch und mineralogisch allerdings so
heterogen, daß man nicht von einer einheitlichen
Zusammensetzung ausgehen kann. Allerdings
können diese hellen Magmen auch durch Differentiation aus basaltischen entstehen, wie ich gegen Ende dieses Kapitels zeigen werde.
Wie entstehen Magmen?
Aus der Tatsache, daß Scherwellen, die sich in
Flüssigkeiten nicht ausbreiten, sich in den potentiellen Quellgebieten der Magmen – wenn auch mit
verminderter Geschwindigkeit – fortpflanzen,
können wir direkt ableiten, daß Magmen erst
durch teilweise Aufschmelzung eines kristallinen
Gesteins entstehen. Diese Prozesse möchte ich an
einem schematischen Querschnitt durch die
Lithosphäre veranschaulichen. In Abbildung 3.7
sind drei Kurven eingezeichnet. Der Geotherm
stellt die in der allerobersten Kruste gemessene
und für größere Tiefen extrapolierte Zunahme der
Temperatur mit der Tiefe dar. Oben habe ich
bereits erwähnt, daß die Steigung dieser Kurve mit
der Tiefe flacher wird. Die anderen Kurven zeigen
den Schmelzpunkt von Peridotit unter trockenen
(rot) und volatilenreichen (violett) Bedingungen.
Wenn wir einen Peridotit an der Erdoberfläche –
man sagt bei Atmosphärendruck – aufschmelzen,
liegt der Schmelzpunkt bei ca. 1100 °C. Je höher
der Druck ist, also je größer die Tiefe in der Erde,
desto höher ist die Schmelztemperatur. Denn die
Temperatur von allen Änderungen im Aggregatzustand, die mit einer Volumenzunahme verbunden sind – wie bei der Entstehung einer Schmelze
aus Kristallen – , nimmt mit steigendem Druck zu.
Man bezeichnet diese Erhöhung der Schmelztemperatur mit zunehmendem Druck als positiven
Verlauf einer Schmelzkurve. Entscheidend für den
„Normalzustand“ der Lithosphäre ist, daß die
Temperatur der Schmelzkurve höher liegt als die
des Geotherms. Mit anderen Worten: Das Gestein
der Lithosphäre ist zwar sehr heiß, aber fest und
500
0
Druck
(P)
[GPa]
Temperatur [°C]
1000
1500
Geotherm
Solidus
Peridotit
und
Schmelze
1
c
Tiefe
10
[km]
20
30
40
50
b
60
a
2
70
Peridotit
80
90
100
3
kristallin. Erst wenn Geotherm und Schmelzkurve
sich treffen oder „schneiden“, kann eine Schmelze
entstehen.
Es gibt im wesentlichen drei verschiedene
Prozesse, d. h. Veränderungen der Zustandsbedingungen P (Druck), T (Temperatur) und X (chemische Zusammensetzung), bei denen ein festes
Gestein partiell aufgeschmolzen werden kann:
● Erhöhung von T (P und X konstant),
● Erniedrigung von P (T und X konstant),
● Änderung von X (P und T konstant),
wobei mehrere Prozesse in der Natur gleichzeitig
wirksam sein können.
Erhöhung der Temperatur
Intuitiv am einfachsten zu verstehen ist die partielle Aufschmelzung durch Temperaturerhöhung, ein
aus dem täglichen Leben bekannter Vorgang: Wir
schmelzen Wachs oder Blei, indem wir es erhitzen.
Wenn wir ein Gestein – bei konstantem Druck –
so weit erhitzen, daß es zu schmelzen beginnt, wird
sich die Temperatur bei weiterer Wärmezufuhr
nicht weiter erhöhen, denn die zugeführte Wärme
wird gebraucht, um das aus mehreren Mineralphasen mit unterschiedlichen Schmelzpunkten
bestehende Gestein weiter aufzuschmelzen.
Welche Wärmequellen gibt es in der Erde und
reichen sie aus, um ein Gestein partiell aufzuschmelzen? Der oben erwähnte radioaktive Zerfall
der Elemente U, Th und K, die im Laufe der 4,6
Milliarden Jahre langen Erdgeschichte in der Erdkruste angereichert wurden, ist heute viel zu ge-
¯Abb 3.7: Drei Möglichkeiten der Basaltmagmaentstehung durch partielle Aufschmelzung von Peridotit.
a = Temperaturerhöhung;
b = Druckerniedrigung;
c = Schmelzkurvenerniedrigung durch Zufuhr von H2O
und CO2. Angenommen ist
ozeanische Krustenmächtigkeit.
3
26 Magma
ring, um zur Aufschmelzung zu führen. Denn die
jeweils produzierte Wärme wird durch langsame
Wärmeleitung ständig zur kalten Oberfläche der
Erde fortgeführt und verstrahlt in den Weltraum.
Im Erdmantel dagegen ist die Konzentration an
radioaktiven Elementen viel zu niedrig, um das
Gestein bis zum Schmelzpunkt aufheizen zu
können, selbst wenn keine Wärme abwandern
würde.
Erzeugung von Wärme durch mechanische
Reibung und dadurch ausgelöste Aufschmelzung
ist immer wieder postuliert worden – etwa an der
Basis der sich bewegenden Lithosphäre oder entlang von Wadati-Benioff-Zonen. Handfeste Beweise für die Erzeugung signifikanter Mengen von
Magma durch Scherschmelzung stehen indes aus.
Wärmetransport durch einen kristallinen
Körper – man nennt dies Wärmeleitung – ist ein
sehr langsamer Vorgang. Sehr viel schneller kann
Wärme in mobiler Materie transportiert werden;
man spricht dann von konvektivem Wärmetransport. Steigen große Mengen von über 1200 °C
heißen Basaltmagmen aus dem Erdmantel in die
Erdkruste auf und bleiben dort stecken, kann
Krustengestein partiell aufgeschmolzen werden.
Wenn das Basaltmagma beim allmählichen Abkühlen auskristallisiert, wird weitere Wärme frei,
die sogenannte Kristallisationswärme. Man nimmt
heute an, daß viele Granit-(Rhyolith-)Magmen
wegen ihrer chemischen Zusammensetzung, insbesondere der Verhältnisse ihrer radiogenen Isotope, bei denen das Tochterisotop, z. B. 87Sr, so
stark angereichert ist, weil das Mutterisotop, in
diesem Fall 87Rb, schon vor geologisch langer Zeit
in der Kruste angereichert wurde, aus der unteren
Erdkruste stammen. Die einzige nach heutiger
Erkenntnis plausible Herkunft der zur Aufschmelzung nötigen Wärme ist die Zufuhr größerer
Mengen von basaltischen Magmen (128). Dies ist
auch deshalb wahrscheinlich, weil man rein theoretisch erwarten würde, daß sich basaltische Magmen an der Grenze zwischen Mantel und Kruste
sammeln (s.u.).
Druckentlastung
Wenn (1) die Temperatur eines Mantelgesteinsvolumens konstant gehalten wird, (2) Geotherm
und Schmelzkurve nahe beieinanderliegen und
(3) das betrachtete Volumen entlang dem Pfad b
in Abbildung 3.7 nach oben gebracht, d. h. druckentlastet wird, kann, abstrakt ausgedrückt, der
Geotherm so weit aufgewölbt werden, daß er die
Schmelzkurve schneidet. Mit anderen Worten:
Die innere Wärme des nach oben verfrachteten
Gesteins reicht aus, um den Schmelzvorgang
auszulösen. Dies gilt strenggenommen nur für
trockene, d. h. Fluid-freie Systeme (s.u.).
Dieser Prozeß der Dekompression von aufsteigendem Mantelmaterial ist wahrscheinlich der
mit Abstand wichtigste Mechanismus zur Erzeugung von Mantelschmelzen, also Basaltmagmen,
denn das kristalline Mantelgestein kann plastisch
fliessen. In der Tat beruht das ganze Theoriengebäude der Plattentektonik auf dieser Annahme.
An den divergierenden Plattenrändern, d. h. unter
den Mittelozeanischen Rücken oder unter den in
Kapitel 6 beschriebenen Hot Spots nimmt man
wärmeres, konvektiv aufsteigendes Mantelmaterial an, dessen Aufstiegsgeschwindigkeit – relativ
gesprochen – so groß ist, daß es keine Wärme an
das kältere Nebengestein abgibt. Man spricht
dann von adiabatischem Aufstieg. Als Ausgleich
sinken dann kältere Mantelbereiche wieder ab, wie
die entlang von Subduktionszonen abtauchenden
Lithosphärenplatten. Domartiger „Diapir“-Aufstieg von spezifisch leichteren innerhalb von
schwereren Gesteinen ist von Salzstöcken, z. B. in
Norddeutschland, seit Jahrzehnten bekannt.
Zufuhr fluider Phasen
Beim dritten möglichen Mechanismus zur Erzeugung von Magma halten wir Druck (P) und Temperatur (T) konstant, verändern aber die Lage der
Schmelzkurve zu niedrigeren Temperaturen. Beim
gleichen Überlastungsdruck wird ein trockener
Peridotit (oder ein anderes Gestein) bei höheren
Temperaturen schmelzen als in Anwesenheit von
fluiden Phasen, d. h. vor allem H2O und CO2. Mit
anderen Worten: Fluide Phasen erniedrigen den
Schmelzpunkt eines Gesteins. Wie stark dieser
Schmelzpunkt erniedrigt wird, hängt nicht nur
von der Menge einer fluiden Phase ab, sondern
auch vom Verhältnis verschiedener fluider Phasen, also etwa H2O/H2O + CO2. Ein Mantel- oder
Krustengestein wird bei niedrigeren Temperaturen also sehr viel leichter beginnen aufzuschmelzen, wenn es „naß“ ist. Da die meisten Basaltmagmen etwa zwischen ca. 0,1 Gew.-% (Tholeiite)
und 1,5 Gew.-% (Alkalibasalte) primäres, juveniles H2O (und andere Volatilen, CO2, SO2 usw.)
enthalten (Kap. 4), ist der Erdmantel nicht „trokken“. Vermutlich sind diese fluiden Verbindungen
in Mineralphasen wie Glimmer (Phlogopit, H2O),
Amphibol (H2O) oder Dolomit (CO2) eingebaut
und werden zu Beginn der partiellen Aufschmelzung freigesetzt. Man denkt heute daran, daß
beim Erwärmen der abtauchenden Platte in Subduktionszonen aus den Sedimenten und der ca.
1,5 km dicken Basaltlavakruste H2O, CO2 und in
diesen fluiden Phasen gelöste Elemente wie K, Rb,
Ba, Cs, Sr in den überlagernden Mantelkeil aufsteigen und dort die Entstehung von H2O-reichen
Basalt- oder sogar Andesitmagmen auslösen können. Auch unter anderen tektonischen Großeinhei-
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