EINE PUBLIK ATION DER ENERGIEFACHS TELLE DES K A N TON S SOLOTHURN NR. 3 | 2013 E D I TO R I A L Steter Tropfen … Die Energiefachstelle fördert – als eine ihrer zentralen Zielsetzungen – den schonungs­ vollen Umgang mit natürlichen Ressourcen sowie die effiziente, nachhaltige Energiebereitstellung und -nutzung. Dazu gehört selbstverständlich auch das Bekanntmachen von Aktivitäten, die «Wasser auf unsere Mühlen» sind; zum Beispiel Armin Meiers Kleinwasserkraftwerk in Grenchen. Die Titelgeschichte zeigt, wie Einsatz und Wille Berge versetzen und zur Energiewende beitragen können. Auch Firmen in unserem Kanton lancieren zukunftsweisende Energieprojekte, zwei kommen in dieser Ausgabe zur Sprache: die Wärmepumpenanlage des Coop Verteilzentrums in Wangen bei Olten, ebenso die Einrichtung zur Grundwasserkühlung bei der Vogt Schild Druck AG in Derendingen. Dazu erfahren Sie auf der letzten Seite, warum die kantonale Förderung von Photovoltaikanlagen demnächst auslaufen wird. Wir versprechen eine spannende Lektüre und wünschen Ihnen schon jetzt frohe Festtage und einen energiegeladenen Start ins neue Jahr. A RM I N M EI ER U N D SEI N K L EI N WA SSERK R A F T W ERK Pionier der Energiewende Neun Jahre Aufbauarbeit, über 500 000 Franken persönliche Ausgaben, Hunderte von Briefen, Einsprachen und Steinen, die im Weg lagen oder dorthin gelegt wurden – überstanden und vorbei: Seit Mitte Oktober produziert Armin Meiers Kleinwasserkraftwerk rund um die Uhr Strom und speist diesen ins Netz der städtischen Werke Grenchen ein. Die abenteuerliche Geschichte eines faszinierenden Energieprojekts feiert Happy End und gleichzeitig Geburtstag. Strahlend und stolz steht Armin Meier im alten Pumpenhaus Grenchen neben Stromgenerator und Wassertur­ bine, den Herzstücken des MinikraftFORTSETZUNG AUF SEITE 2 Urs Stuber, Leiter Energiefachstelle «Ich nutze Energie, die bereits da ist.» Seite 2 Wärme aus dem Untergrund Seite 3 Photovoltaik: neue Bestimmungen Seite 4 2 FORTSETZUNG VON SEITE 1 werks. Und kann es noch fast nicht glauben: Sein Projekt ist vollendet, die Maschine läuft, der riesige Einsatz hat sich gelohnt. Und wie! 200 000 Kilowattstunden wird Meiers Werk pro Jahr produzieren. Damit lassen sich gegen 60 Einfamilienhäuser mit Strom versorgen, mit Ökostrom. Eine eindrückliche Zahl. Erst recht, weil für die gleiche Menge Elektrizität mit einem thermischen Kraftwerk 60 000 Liter Erdöl notwendig wären. Saubere und sichere Energie Die Energiequelle von Armin Meier aber ist erneuerbar, produziert kein CO2 und fliesst dem Kraftwerkbetreiber sozusagen von selbst – und praktisch kostenlos – zu: vom nahe gelegenen Eisenbahntunnel. Dort wird das Drainagewasser gefasst, kanalisiert und zum kleinen Kraftwerk an der Wiesenstrasse 21 geleitet. Beitrag zur Energiewende Die Aussicht, «Energie effizient, erneuerbar und ohne Eingriff in die Natur zu nutzen», stand am Anfang des Projekts. Hinzu kam die Motivation Armin Meiers, einen ganz persön­ lichen Beitrag zur Energiewende leisten zu wollen. «Die einen bauen Minergiehäuser, die andern fahren Elektroautos oder mit dem Velo zur Arbeit», meint der 57-jährige Energieingenieur: «Jeder kann einen Beitrag leisten.» ARMIN MEIER «Ich bin stolz, durchgehalten zu haben.» Armin Meier war knapp 20 Jahre als Energieingenieur bei der Energiefachstelle des Kantons Solothurn und gleichzeitig als Energieberater der Repla GB (Verein Regionalplanung Grenchen-Büren) tätig. Heute fördert er bei der Genossenschaft Elektra, Jegenstorf Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Wie kamen Sie dazu, dieses Wasserkraftwerk zu bauen? Ein ähnliches Werk gab es am gleichen Standort bereits einmal! Es produzierte 50 Jahre lang sauberen Strom. 1965 wurde es aufgegeben, aus Rentabilitätsgründen! Sie hatten keine finanziellen Interessen? Für mich ist das Projekt Hobby – und Berufung, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Ich wusste von Anfang an, dass ich damit sicher nicht Millionär werde. Ich habe alles selbst geplant, gebaut und auch bezahlt! Haben Sie weitere Pläne? Ich möchte mit dem gleichen Energieträger neben Strom auch Wärme produzieren. Und damit nebenan geplante Mehrfamilienhäuser heizen. KÜ H L EN M I T GRU N DWA SSER Wasser schafft das perfekte Klima «ICH NUTZE ENERGIE, DIE BEREITS DA IST.» Reich wird man nicht Stichwort Leistung, Stichwort Ertrag: Armin Meiers Engagement und Einsatz werden sich finanziell allenfalls in 25 Jahren rechnen. So lange dauert es, bis die Investitionskosten amortisiert sind und das Kleinkraftwerk Gewinn abwirft. Wobei der Verdienst so oder so bescheiden ist; mini, wie das Kraftwerk selbst. Etwa 50 000 Franken pro Jahr erhält Armin Meier jährlich aus der kostendeckenden Einspeisevergütung KEV ausbezahlt. Dazu kommt ein einmaliger Förderbeitrag des Kantons So­ lothurn in der Höhe von 16 000 Franken. Eine bescheidene, aber willkommene Förderung. Denn sie ist auch Ausdruck der Wertschätzung für einen unermüdlichen Idealisten, dessen Projekt Vorzeigecharakter besitzt – und Nachahmung verdient! Haben Sie mit 9 Jahren Entwicklungszeit ge­rechnet? Kaum vorauszusehen waren die bürokratischen Hürden, die Vorschriften, aber auch Verzögerungen «menschlicher Art». Gleichzeitig habe ich viele positive Begegnungen erlebt und Unterstützung erhalten. Erneuerbar, ohne Schadstoffemissionen, unabhängig von teuren Energieträgern: Für Grundwasser zum Klimatisieren von Räumen und Anlagen spricht einiges. Zum Kühlen eignet sich Grundwasser bestens. Seine Temperatur ist tief und bleibt ganzjährig relativ konstant, im Gegensatz etwa zur saison- und wetterabhängigen Luft. Zudem ist Grundwasser als nachhaltige Energiequelle zum Kühlen energieeffizient, kostensparend und emissionslos. Während bei herkömmlichen Kühlanlagen in der Regel elektrisch an­ getriebene Kompressoren verwendet werden, entfällt bei der Grundwasserkühlung dieser Energieverbrauch. Mit der verblüffend einfachen Technologie werden Räume gekühlt, aber auch Maschinen oder Installationen, die viel Abwärme erzeugen. Keine unerwünschten Nebeneffekte Grundwasserkühlung basiert auf einem gebäudeseitig geschlossenen Kreislauf. Aus Tiefen von 10 oder mehr Metern wird Wasser durch ein Leitungssystem an die Oberfläche gepumpt. Im Wärmetauscher nimmt das kühle Grundwasser Wärme auf und kühlt so den separaten Kühlkreislauf des Gebäudes. Nach dem Kühlvorgang wird das nun leicht erwärmte Wasser wieder in den Grundwasserstrom abgeleitet und mit diesem vermischt, sodass schon kurz nach der Einleitstelle keine wesentliche Erwärmung mehr feststellbar ist. Auch die Sauberkeit des Wassers bleibt durch den Kühlvorgang unverändert. Coole Druckerei – dank Grundwasser Die Vogt-Schild Druck AG machts vor: Sie kühlt ihre Produktionsanlagen in Derendingen neu mit Grundwasser. Vogt-Schild spart so jährlich ca. 750 000 kWh Energie und somit auch Betriebskosten. Umwelt und Klima profitieren mit. 3 Ab 2014 wird das Coop Verteilzentrum mit einer Grundwasser-Wärmepumpe beheizt. G RUNDWA SSER ALS WÄ RMEQUELLE Grundwasser nutzen wir nicht nur als Trinkwasser, sondern zunehmend als nachhaltige, von Klima, Tages- und Jahreszeit unabhängige Energiequelle zur Wärmeerzeugung in Gebäuden. CO O P B A U T E I N E D E R G R Ö S S T E N WÄ R M E P U M P E N A N L AG E N I M K A N T O N Über 800 kW Heizleistung Das Coop Verteilzentrum in Wangen bei Olten wird energetisch saniert und ab 2014 mit einer beeindruckend leistungsstarken Grundwasser-Wärmepumpenanlage ausgerüstet. Entnahme- und Rück­ gabebrunnen sind bereits gebohrt, die Förderversuche erfolgreich abgeschlossen. Die Leistung der neuen Wärmeerzeugung wird an den verminderten Energiebedarf angepasst. Die umfassende Gesamtsanierung des Verteilzentrums bringts mit sich: Dank neuer Aussenwärmedämmung, Fensterersatz und Dachsanierung kann der Energiebedarf massiv reduziert und auf neue Energiepfeiler gestellt werden. Zwar wird die Gasheizung weiterhin zur Spitzenlastabdeckung verwendet, die neue Wärmeerzeugung erfolgt aber zum grössten Teil durch erneuerbare Energien mit einem bivalenten, parallelen Heizsystem. Basis Energiegewinnung aus dem Grundwasser Primäre Wärmeerzeuger sind drei Grundwasser-Wärmepumpen mit einer Leistung von je 270 kW. Da jede einzelne über zwei Kompressoren verfügt, also mit halber oder ganzer Leis- tung laufen kann, lässt sich die Heizleistung sehr fein regulieren und einstellen. Sekundäre Wärmeerzeuger sind zwei kondensierende und modulierende Gasheizkessel mit total 2 000 kW Leistung. Diese werden erst in Betrieb genommen, wenn die Leistung der Grundwasserwärmepumpen ausgeschöpft ist. Von unten nach oben Die Förderung des Grundwassers erfolgt mit zwei Grundwasserpumpen vom Entnahmebrunnen zu den Wärmetauschern. Hier wird dem Grundwasser 3 Grad Temperatur entnommen und über den Rückgabebrunnen versickert. Über Zwischenkreise zur Systemtrennung wird das Grundwasser zu den drei Wärmepumpen mit je zwei autonomen Kältekreisen geführt. Die produzierte Wärme wird in drei Energiespeicher geladen. Von hier aus wird die erforderliche Wärme mit elektronisch geregelten Umwälzpumpen zu den entsprechenden Verbrauchern geführt. Zur Nachahmung empfohlen Mit der Gesamtsanierung werden unter dem Strich 1 100 Tonnen CO2-Ausstoss eingespart: 400 Tonnen CO2 durch die Gebäudesanierung und 700 Tonnen CO2 von der Substitution von Energiesparen beim Waschen Am meisten Energie kostet das Aufwärmen des Waschwassers. Empfehlungen in Kleidungsstücken – z.B. 60 Grad – sind Maximalangaben. Wäsche, die nur einige Tage getragen wurde, aber keine Verunreinigungen aufweist, kann mit tieferer Temperatur gewaschen werden als stark verschmutzte Arbeitskleidung. Wir empfehlen, die Waschtemperatur grundsätzlich dem Verschmutzungsgrad entsprechend zu wählen. Grundwasser-Wärmepumpen gewinnen den Wärmeinhalt des Grundwassers zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung. Eine Grundwassernutzung erfordert eine gewässerschutzrechtliche Bewilligung, eine Konzes­ sion und eine Bewilligung für die Wieder­ versickerung bzw. die Einleitung des Grundwassers in ein Gewässer. Wärmepumpenheizungen, mit Wasser als Wärmequelle, bestechen durch hohe Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und lange Nutzbarkeit. Der Anteil der Umweltwärme im Verhältnis zur Antriebsenergie (Elektrizität oder Gas) ist für die Nutzwärme meist noch höher als bei Sole-Wasser-Wärmepumpen. Mit der Wärme­quelle Wasser kann nicht nur geheizt, sondern auch gekühlt werden. Gas durch das neue Wärmeerzeugungskonzept. Diese Massnahmen sind ein wichtiger Beitrag der Coop Energie/CO 2 -Vision «CO 2 neutral bis 2023». Mit anderen Worten: Die neue Coop Energieversorgung verdient das Prädikat «nachahmenswert». KENNZ AHLEN Grundwasserfördermenge: 183 m3/h Thermische Leistung Wärmepumpen: 810 kW Volumen Energiespeicher: 23 500 Liter Umbau der Heizzentrale: Mai 2014 Inbetriebnahme: Ende September 2014 4 N E U E B E S T I M M U N G E N A B 1. J A N U A R 2 0 1 4 PORTR AIT Kantonale Anschubfinanzierung für Photovoltaikanlagen läuft aus Silvio Borella Akkreditierter Energieberater Kanton Solothurn Der Bundesrat hat die Änderungen der Energieverordnung betreffend die kostendeckende Einspeisevergütung auf den 1.1.2014 in Kraft gesetzt. Dies wirkt sich auf die kantonale Photovoltaikförderung aus. Mit Inkraftsetzung der neuen Bestimmungen ist der kantonsrätliche Auftrag «Anschubfinanzierung Photovoltaikanlagen» erfüllt – und eine weitere kantonale Förderung ab diesem Datum konsequenterweise nicht mehr notwendig bzw. nicht mehr zulässig. Fördergesuche für PV-Anlagen ausschliesslich bei der Swissgrid AG (oder evtl. neu definierter Ansprechstelle) einzureichen sind. BIS HEUTE HAT DER KANTON 786 PHOTOVOLTAIK-ANLAGEN FINANZIELL UNTERSTÜTZT. Laut § 1 Abs. 3 der Verordnung zum Energiegesetz über Staatsbeiträge vom 25.9.2012 (EnGVB; BGS 941.24) sind Massnahmen, die bereits durch Förderprogramme des Bundes im Bereich Energie und Klima oder durch das Gebäudeprogramm Teil A gefördert werden, nicht beitragsberechtigt (Doppelförderungsverbot). Gilt auch für diesjährige Gesuche Auf neue, noch im Jahr 2013 eingereichte Gesuche für Anlagen, die nicht bis zum 31.12.2013 in Betrieb genommen werden, würde – wenn der Regierungsrat unserem Antrag zustimmt – nicht mehr eingetreten. Das heisst, diese Gesuchsteller würden einen abschlägigen Entscheid erhalten. Die Energiefachstelle als zuständige Vollzugsstelle wird deshalb dem Regierungsrat demnächst den Antrag stellen, das kantonale PVFörderprogramm per 31.12.2013 auslaufen zu lassen. Dies bedeutet, dass ab 1.1.2014 Bisher hat der Kanton rund 1200 Fördergesuche bearbeitet, 786 Anlagen (Projekte) finanziell unterstützt und dabei Förderbeiträge von rund 6 Mio. Franken ausbezahlt. Der aus dem Wallis stammende Dr. phil. nat. Silvio Borella ist Spezialist im Bereich der Klimaund Umweltphysik. Dem Team der akkreditierten Energieberater des Kantons Solothurn gehört er seit Beginn an. Weitere Tätigkeiten und Funktionen übt Silvio Borella vor allem im Rahmen seiner Mitarbeit bei Neosys AG in Gerlafingen aus. Dort ist er unter anderem als GEAK-Experte, Minergie-Fachpartner und akkreditierter energo-Partner engagiert. Letztere Funktion beinhaltet die Betriebsoptimierung von Schulgebäuden, Sportanlagen, Verwaltungsgebäuden, ebenso Öko- und Treibhausgas-Bilanzierungen. VER ANSTALTUNGEN Energieapéro 2014 Reservieren Sie sich schon jetzt den Dienstag, 29. April 2013, Hotel Ramada, Solothurn. Einladung folgt. Solarapéro 2014 Referate zu den Themen thermische und photovoltaische Solaranlagen, Förderprogramm, Gebäudeprogramm. Donnerstag, 13. März 2014, Saal des Bahnhofbuffets Olten. ZU GUTER LETZT Weiterbildungsprogramm Minergie 2014 Ab sofort als PDF-Download auf www.minergie.ch ein «in Goldig! M asserhouse»-W k ... e kraftw r ©Biedermann HAUSBESITZER UNTER SICH Amt für Wirtschaft und Arbeit Energiefachstelle Rathausgasse 16 4509 Solothurn Telefon 032 627 85 24 [email protected] www.energie.so.ch