Einführung in das Standardmodell der Teilchenphysik Katharina Behr 8. Mai 2008 Historische Entwicklung (1897 – 1932) Das klassische Bild der Materie • 1897: Entdeckung des Elektrons durch J.J. Thomson • 1900: Postulat des Quants durch M. Planck • 1905: Deutung des äußeren Photoeffektes durch A. Einstein • 1911: Rutherfordsche Streuversuche liefern Hinweise auf positiven Kern • 1914: Bohrsches Atommodell • 1923: Entdeckung des ComptonEffektes • 1932: Entdeckung des Neutrons durch J. Chadwick Historische Entwicklung (1930 - 1956) Hinweise auf neue Teilchen – Antimaterie, Neutrinos und Mesonen • 1931: Entdeckung des Positrons durch C.D. Anderson • 1955: Entdeckung des Antiprotons • 1956: Entdeckung des Antineutrons • 1927: Aufstellung der DiracGleichung; theoretische Hinweise auf Antiteilchen Historische Entwicklung (1930 - 1956) Hinweise auf neue Teilchen – Antimaterie, Neutrinos und Mesonen • 1930: Unstimmigkeiten im Energiespektrum von Elektronen aus dem β- - Zerfall • 1931: Entdeckung des Positrons durch C.D. Anderson • 1927: Aufstellung der DiracGleichung; theoretische Hinweise auf Antiteilchen • 1933: W. Pauli sagt die Existenz des Neutrinos voraus • 1956: Neutrinonachweise anhand des inversen β - Zerfalls e+ + e- → γ γ n + Cd → Cd∗ → Cd + γ Historische Entwicklung (1930 - 1956) Hinweise auf neue Teilchen – Antimaterie, Neutrinos und Mesonen • 1930: Unstimmigkeiten im Energiespektrum von Elektronen aus dem β- - Zerfall • 1927: Aufstellung der DiracGleichung; theoretische Hinweise auf Antiteilchen • 1931: Entdeckung des Positrons durch C.D. Anderson • 1933: W. Pauli sagt die Existenz des Neutrinos voraus • 1934: Theorie der Kernkräfte (Yukawa Hideki); Vorhersage eines Feldquants des Kernfeldes (Meson) • 1946/1947: Entdeckung des Pions (π) und des Myons (µ) in der kosmischen Höhenstrahlung • 1956: Neutrinonachweise anhand des inversen β - Zerfalls Historische Entwicklung (1946 - 1960) Die Entdeckung des „Teilchenzoos" • 1946: Entdeckung von Pion (π) und Myon (µ) • 1947: Entdeckung des K0 durch den Zerfall K0 → π+ + π – • 1949: Entdeckung des K+ durch den Zerfall K+ → π+ + π+ + π – • Um 1950: Entdeckung weiterer Mesonen: η, φ, ω, ρ, etc. • 1950: Entdeckung des schweren neutralen Λ – Baryons über den Zerfall Λ → p+ + π – • Ab 1950: Entdeckung weiterer schwerer Baryonen: Σ, Ξ • 1953: Einführung einer neuen Quantenzahl, der „Strangeness“ S, durch M. Gell-Mann und K. Nishijima Historische Entwicklung (1961 - 1956) Erste Ordnungsversuche • 1961: „The Eightfold Way“ von M. Gell-Mann Meson-Oktett Baryon-Oktett Baryon-Dekuplet Historische Entwicklung (1961 - 1976) Die Vervollständigung des Teilchenpuzzles • 1961: „The Eightfold Way“ von M. Gell-Mann • 1964: Postulat des Quarks durch Gell-Mann und G. Zweig; Konzept der „Farbladung“ von 1968/1969: Tiefinelastische Streuung O.W. Greenberg an Protonen am „Stanford Linear • 1970: Postulat einer 4. Quarksorte Accelerator“ offenbart Substruktur (Charm-Quark) im Zusammen1974: Entdeckung des J/Ψ-Teilchens hang mit der Theorie der durch S. Ting und B.Richter schwachen Wechselwirkung 1976: Entdeckung des D0 – Mesons (ūc) Glashow-Iliopoulis-Maiani (GIM)-Modell 1976: Entdeckung des τ-Leptons durch M.Perl • 1964: Entdeckung des Ω• • • • Historische Entwicklung (1976 - 1995) Die Vervollständigung des Teilchenpuzzles • 1976: Entdeckung des τ-Leptons durch M.Perl • 1977: Entdeckung des Bottom-Quarks durch L. Lederman am Fermilab • 1989: Experimente am SLAC und CERN zur Zerfallsbreite des Z0 • 1995: Nachweis des Top-Quark am Fermilab • 2000: Nachweise des τ – Neutrinos am Tevatron Historische Entwicklung (1976 - 1995) Quantenfeldtheorien und das Standardmodell • Um 1947: Entwicklung der Quantenelektrodynamik (QED) durch R. Feynman • 1947: Einführung der FeynmanDiagramme • 1954: Entwicklung der Eichtheorien durch C.N. Yang und R. Mills • 1957-1959: Vorschlag schwerer Austauschbosonen als Träger der schwachen Wechselwirkung • 1961: Erstmalige Verwendung der Gruppe SU(3) als Klassifikationsschema Historische Entwicklung (1976 - 1995) Quantenfeldtheorien und das Standardmodell • 1967: Elektroschwache Vereinheitlichung durch S. Glashow, A. Salam und S. Weinberg • 1973: Formulierung der Quantenchromodynamik (QCD) durch H. Fritzsch und M. Gell-Mann • 1979: Eindeutige Hinweise auf Gluonen am PETRA-Experiment (DESY) Nachweis von Gluonen 2-Jet-Ereignis (links) und 3-Jet-Ereignis (rechts) (JADE Experiment, DESY) Historische Entwicklung (1976 - 1995) Quantenfeldtheorien und das Standardmodell • 1967: Elektroschwache Vereinheitlichung durch S. Glashow, A. Salam und S. Weinberg • 1973: Formulierung der Quantenchromodynamik (QCD) durch H. Fritzsch und M. Gell-Mann • 1979: Eindeutige Hinweise auf Gluonen am PETRA-Experiment (DESY) • 1983: Entdeckung der AustauschBosonen der schwache Wechselwirkung am CERN Erzeugung der Weakonen • pp → W± (z.B. d + ū → W+; u + ū → W+ + W- ) Erster Nachweis (1982/1983) am SPS, CERN) • u + ū → Z0 e+ + e- → Z0 Erster Nachweis (1983 am SPS, CERN) Messung der Zerfallsbreite am LEP, CERN Zerfälle der Weakonen • W± → Quark + Antiquark (z.B. W± → d + ū ) W± → schweres Lepton + Neutrino (z.B. W- → e- + νe) • Z0 → Quark + Antiquark Z0 → Lepton-Antilepton (z.B. Z0 → e+ + e- ) Historische Entwicklung (1976 - 1995) Quantenfeldtheorien und das Standardmodell • 1979: Eindeutige Hinweise auf Gluonen am PETRA-Experiment (DESY) • 1983: Entdeckung der AustauschBosonen der schwache Wechselwirkung am CERN • 1967: Elektroschwache Vereinheitlichung durch S. Glashow, A. Salam und S. Weinberg • 1973: Formulierung der Quantenchromodynamik (QCD) durch H. Fritzsch und M. Gell-Mann • 1974: Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Theorien zum Standardmodell der Teilchenphysik Teilchen im Standardmodell • Fermionen: – besitzen halbzahligen Spin – beschrieben durch Fermi-Dirac-Statistik – unterliegen dem Paulischen Ausschließungsprinzip • Bosonen: – besitzen ganzzahligen Spin – beschrieben durch Bose-Einstein-Statistik Fermionische Materieteilchen Materieteilchen im SM Flavour Masse[MeV c-2] Spin Q[e] I I3 S C B* T u 1,5 bis 3,0 1/2 2/3 1/2 1/2 0 0 0 0 d 3 bis 7 1/2 -1/3 1/2 -1/2 0 0 0 0 s 95 ± 25 1/2 -1/3 0 0 -1 0 0 0 c 1250 ± 90 1/2 2/3 0 0 0 1 0 0 b 4200 ± 70 1/2 -1/3 0 0 0 0 -1 0 t 170900 ± 1800 1/2 2/3 0 0 0 0 0 1 Lepton Masse[MeV c-2] Spin Q[e] Le Lµ Lτ L e- 0,511 1/2 -1 1 0 0 1 νe < 0,46 · 10−4 1/2 0 1 0 0 1 µ- 105,66 1/2 -1 0 1 0 1 νµ <5 1/2 0 0 1 0 1 τ- 1777 1/2 -1 0 0 1 1 ντ < 164 1/2 0 0 0 1 1 Wechselwirkungen im SM Wechselwirkung elektromagnetisch schwach stark relative Stärke 1/137 10-5 1 Austauschboson(en) Photon (γ) Weakonen (W±, Z0) Gluon (g) Spin 1 1 1 Masse [GeV/c2] 0 80 bzw. 91 0 Reichweite ∞ ~ 10-18 m ~ 10-15 m elektrische Ladung 0 ±e bzw. 0e 0 Farbladung 0 0 zweifach schwache Ladung nein ja nein Selbstwechselwirkung der Quarks - Confinement Wechselwirkungen im SM Wechselwirkung elektromagnetisch schwach stark gravitativ relative Stärke 1/137 10-5 1 10-40 Austauschboson(en) Photon (γ) Weakonen (W±, Z0) Gluon (g) Graviton Spin 1 1 1 2 Masse [GeV/c2] 0 80 bzw. 91 0 0 Reichweite ∞ ~ 10-18 m ~ 10-15 m ∞ elektrische Ladung 0 ±e bzw. 0e 0 0 Farbladung 0 0 zweifach 0 schwache Ladung nein ja nein 0 Feynman-Graphen des Standardmodells Theoretische Aspekte des SM • Das SM ist eine Quantenfeldtheorie mit lokaler Eichsymmetrie SU(3)C × SU(2)L × U(1)Y. • Sie umfasst: – die Symmetriegruppe SU(3)C der starken Wechselwirkung – die Symmetriegruppe SU(2)L × U(1)Y der elektroschwachen Wechselwirkung. – Die Symmetriegruppe U(1)em der elektromagnetischen Wechselwirkung erscheint im SM als Untergruppe der SU(2)L × U(1)Y. Quantenfeldtheorien der Grundkräfte: QED und QCD • Quantenelektrodynamik (QED) – – – • am Besten überprüfte physikalische Theorie störungstheoretische Herangehensweise weitgehend abgeschlossen und konsistent Quantenchromodynamik (QCD) – – – – aktives Forschungsgebiet aufgrund der Selbstwechselwirkung der Gluonen deutlich problematischer als QED umfasst Phänomene des confinement (niedrige Energien) und der asymptotischen Freiheit (hohe Energien) Anwendung von Gittertheorien Das SM als Eichtheorie Beispiele für Eichinvarianzen 1. Die Gesetze der klassischen Elektrodynamik sind invariant unter folgenden Eichtransformationen der elektromagnetischen Potentiale: 2. Die U(1)-Symmetriegruppe beschreibt eine Invarianz unter der Transformation Ψ → Ψ· eiφ (globale Eichsymmetrie). Im Falle Ψ → Ψ· eiφ(x) spricht man von lokaler Eichsymmetrie. Die Lösungen Ψ der Dirac-Gleichung, die der QED zugrunde liegt, sind invariant unter der U(1). Symmetrien und Noether-Theorem • • Äußere Symmetrien: – Translationsinvarianz in der Zeit (t → t + t‘) – Translationsinvarianz im Raum (r → r + r‘) – Rotationsinvarianz (r → Rr, R aus SO(3)) Innere Symmetrien: – Symmetriegruppe SU(3)C – Symmetriegruppe SU(2)L – Symmetriegruppe U(1)Y ↔ Energieerhaltung ↔ Impulserhaltung ↔ Drehimpulserhaltung ↔ Erhaltung der Farbladung ↔ Erhaltung des schwachen Isospins ↔ Erhaltung der Hyperladung Y Das CPT – Theorem • Ladungskonjugation C: C | e-L> = | e-L>C = | e+L> • Parität P: PΨ(r,t) = Ψ(-r,t) [= ± Ψ(r,t) falls Ψ Eigenfunktion] ändert den Impuls, aber nicht den Spin Änderung der Händigkeit CP- Verletzung durch die schwache Wechselwirkung • Zeitumkehr T: TΨ(r,t) = Ψ(r,-t) Das CPT – Theorem (W. Pauli, 1956): Die physikalischen Gesetze sind invariant unter der kombinierten Transformation CPT, unabhängig von der Reihenfolge. Die elektroschwache Vereinigung • γ und Z0 als Linearkombination orthogonaler Vektoren: Das Konzept des schwachen Isospins T Die elektroschwache Vereinigung • γ und Z0 als Linearkombination orthogonaler Vektoren: • Der Weinbergwinkel: Spontane Symmetriebrechung Das Mexican Hat Potential Die „politische“ Erklärung Das Higgs-Feld • Teilchenmassen sind unabhängig von Ort und Orientierung im Raum. Das Higgs-Feld ist skalar. • Es existieren vier Higgs-Bosonen, eines für jedes Austauschteilchen der elektroschwachen Wechselwirkung. • Da das Photon masselos ist, ist eines der Higgs-Bosonen nicht absorbiert und kann somit theoretisch beobachtet werden. Die Grenzen des Standardmodell • Das SM enthält etwa 18 freie Parameter, die bisher nur empirisch bestimmt, nicht aber theoretisch vorausgesagt werden können. • Die Annahme masseloser Neutrinos ist experimentell widerlegt (Neutrinooszillationen). Der Super-Kamiokande-Detektor Die Grenzen des Standardmodells • Das SM enthält etwa 18 freie Parameter, die bisher nur empirisch bestimmt, nicht aber theoretisch vorausgesagt werden können. • Die Annahme masseloser Neutrinos ist experimentell widerlegt (Neutrinooszillationen). • Die Gravitation ist nicht im SM enthalten. Die Vereinigung der Grundkräfte der Natur FINIS Literatur zum Thema • • • • • Griffith, D.: Introduction to Elementary Particles Povh, B.; Rith, K.: Teilchen und Kerne Greiner, W.: Quantenmechanik 2 – Symmetrien Feynman, R.: QED – Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie Feynman, R.: Lectures on physics • http://de.arxiv.org/PS_cache/hep-ph/pdf/9812/9812242v1.pdf (eine eher theoretische Einführung in das SM) • http://web.physik.rwth-achen.de/~hebbeker/lectures/sem0102/finke2.pdf (eine theoretische Diskussion des SM als Eichtheorie) • http://particleadventure.org/german/other/history/smt.html (detaillierte Zusammenfassung der geschichtlichen Entwicklung der Teilchenphysik)