und Unterernährung weltweit Eine unterschätzte Ursache von Behinderung 2 Vorwort Konsum und Lebensstil sowie globale Gerechtigkeit. Für den Betroffenen bedeutet HunErnährung ist ein menschliches Grundbedürf- ger großes Leid, der zu dauerhaften Behindenis. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass wir rungen oder schlimmstenfalls zum Tod führen überleben können. Aus diesem Grund gehört kann. Für die soziale und wirtschaftliche Entdas „Recht auf Nahrung“ zu den weltweit gül- wicklung eines Landes ist Hunger eine enorme tigen Menschenrechten. In Deutschland und Belastung, da Arbeitskräfte und Produktivianderen westlichen Ländern haben die Mentät verloren gehen. Die Bekämpfung des weltschen genug zu essen und trinken. Lebensmit- weiten Hungers ist also nicht nur aus Gründen tel sind hier im Überfluss vorhanden – viele der Menschlichkeit notwendig, sondern bildet Lebensmittel werden sogar weggeworfen! die Basis für Entwicklung. In einer globalisierten Welt können wir uns Die vorliegende Broschüre gibt einen Überzu jeder Zeit fast jedes Nahrungsmittel kaublick über die weltweite Ernährungssituatifen. Sogar Obst, das bei uns nicht wächst, on und erläutert die vielfältigen Ursachen von wie etwa die Mango, bekommen wir in allen Hunger und Unterernährung. Des Weiteren Supermärkten. erklärt sie den LeserInnen den Zusammenhang Während bei uns also niemand hungern muss, zwischen Unterernährung und Behinderung in sieht die Situation in ärmeren Ländern anders Entwicklungsländern und zeigt auf, welchen aus: Weltweit leiden fast eine Milliarde MenEinfluss Ernährung auf die internationalen schen an Hunger, fast alle davon leben in Millenniumsentwicklungsziele (MDG) hat. den so genanten Entwicklungsländern. Die Jede und jeder Einzelne von uns kann etwas Ursachen von Hunger und Unterernährung tun, um die Ursachen des weltweiten Hungers sind vielfältig und umfassen Themen wie zu bekämpfen. Was das genau ist, erfahren Sie Armut, Wirtschaft, Klimawandel, westlicher in dieser Broschüre! 3 1 Hunger weltweit 16 Mio Anzahl der hungernden Menschen weltweit 49 Mio Industriestaaten: 16 Mio. Afrika: 239 Mio. Asien und Pazifik: 563 Mio. Lateinamerika und Karibik: 49 Mio. Total 867 Millionen Quellen: Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) und Deutsche Stiftung Weltbevölkerung Während bei uns und in den anderen Industrieländern nur wenige Menschen hungern müssen, gehört in vielen Entwicklungsländern der Hunger zum Alltag: Die Vereinten Nationen schätzen, dass von den sieben Milliarden Menschen weltweit 868 Millionen Menschen an Hunger leiden.1 99 % aller hungernden Menschen leben in Entwicklungsländern, vor allem in den Ländern Asiens und Afrikas. Besonders in Ländern, die schon länger unter Konflikten oder Krisen leiden, ist Hunger weit verbreitet. Wenn man diese Zahlen mit der Gesamtbevölkerung in diesen Regionen vergleicht, ist die Anzahl der Hungernden in Afrika am höchsten: 22 % der Bevölkerung leiden dort an Hunger.2 Es ist kein Zufall, dass die meisten hungernden Menschen in Regionen leben, die zu den ärmsten der Welt gehören. Denn wer in Armut lebt, kann sich nicht ausreichend ernähren und leidet unter Hunger. 1 3 Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), online unter www.fao.org, 2012. 2 Weingärtner, L. Trentmann, C. und Deutsche Welthungerhilfe e.V.: Handbuch Welternährung, 2011. 4 Menschen mit Behinderung sind besonders betroffen Menschen mit Behinderung sind in Entwicklungsländern besonders von Armut und Hunger bedroht. Nach den neuesten Zahlen schätzt die Weltbank, dass 1,29 Milliarden Menschen in absoluter Armut leben.3 Jeder Fünfte von ihnen hat eine oder mehrere Behinderungen und ist daher besonders von Hunger bedroht. Weitere Infos: Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. (2011): Menschen mit Behinderung in Entwicklungsländern Weltbank: Pressemitteilung vom 29.2.2012, online unter www.worldbank.org > News 563 563 Mio Mio 239 239 Mio Mio Was ist Hunger? Was sind Mangel-, Unter- und Fehlernährung? Unter Hunger verstehen wir im Alltag ein un- Unter Unterernährung, auch als quantitative angenehmes Gefühl, das uns zu verstehen gibt, Mangelernährung bezeichnet, kann man also eine dass wir zu wenig Nahrung zu uns genommen dauerhafte ungenügende quantitative (Kalorien- haben. Die Ernährungs- und Landwirtschafts- anzahl) und qualitative (Proteine, Vitamine organisation der Vereinten Nationen (FAO) ver- und Mineralstoffe) Versorgung mit Nahrung steht unter Hunger, wenn ein Mensch weniger verstehen. Menschen, die chronisch Hunger ha- als 1.800 Kalorien am Tag zu sich nimmt.1 Diese ben, sind unterernährt. Unterernährung ist eine Anzahl an Kalorien benötigt ein Mensch, um ein Form der Fehlernährung, zu der auch die zu hohe gesundes und aktives Leben führen zu können. Nahrungsaufnahme gehört, die zu Übergewicht Neben der Kalorienanzahl ist die Ausgewogen- führt. heit der Ernährung wichtig. Das bedeutet, dass der Mensch ausreichend Proteine, Vitamine und Mineralstoffe aufnimmt. Ist dies nicht der Fall, ist der Mensch mangelernährt. Diese Form der Mangelernährung wird auch „versteckter Hunger“ genannt. 1 Concern Worldwide, Welthungerhilfe und International Food Policy Research Institut: Welthunger-Index, 2011. 5 2 Was sind die Ursachen von Hunger und Unterernährung? Eigentlich gibt es auf der Welt genügend Nahrungsmittel für alle Menschen: Die weltweite Ernte erbringt so viel, dass jeder Mensch ein Drittel mehr an Kalorien aufnehmen könnte als er benötigt!1 Hunger entsteht also nicht nur dadurch, dass zu wenig Nahrungsmittel produziert werden, sondern, dass die Nahrung nicht zu den Menschen gelangt, die sie benötigen. Dafür verantwortlich sind verschiedene Faktoren, wie Armut, die Welthandelsstruktur, Klimawandel oder Naturkatastrophen. Die Ursachen für Hunger sind also nicht nur in den Entwicklungsländern zu finden. In einer globalisierten Welt sind auch die Industrieländer für den weltweiten Hunger verantwortlich. An den New Yorker und anderen Börsen wird auch mit Lebens­ mitteln spekuliert. Dies führt oft zu künstlicher Nachfrage und dann zu Preis­ steigerungen. Armut und steigende Nahrungsmittelpreise Einer der Gründe, warum Menschen hungern müssen, ist Armut verbunden mit steigenden Lebensmittelpreisen der letzten Jahre. Menschen mit geringen Einkommen können sich viele teure Lebensmittel nicht mehr leisten und sich nicht richtig ernähren. Von 2003 bis 2008 verdreifachte sich der Preis für Agrarrohstoffe.2 Fachleute 1 6 GLS Treuhand Zukunftstiftung Landwirtschaft und Stiftung Eine Welt, Eine Zukunft, Bonn 2009. /Handbuch Welternährung. 2 Oxfam: Fact-Sheet zur Nahrungsmittelspekulation, on- rechnen damit, dass die Preise für Agrarrohstoffe auch in Zukunft steigen werden: Für Mais wird zwischen 2010 und 2030 um eine Preissteigerung um bis zu 177 % vorausgesagt.3 Während wir in Deutschland nur 10 % unseres Einkommens für Lebensmittel ausgeben, sind es in Entwicklungsländern bis zu 80 %.4 Dort führen schon geringe Preissteigerungen dazu, dass sich die Menschen Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten können. Für die Preissteigerungen gibt es folgende Ursachen: Spekulation mit Nahrungsmitteln Neben Immobilien und Finanzprodukten sind auch Nahrungsmittel und Agrarrohstoffe in den letzten Jahren immer mehr zu Spekulationsobjekten geworden. Hedgefonds, Pensionsfonds und Investmentbanken investieren in Agrarrohstoffe, um von den steigenden Preisen zu profitieren. Viele Spekulanten, die auf steigende Preise von Agrarrohstoffen gewettet haben, haben in den letzten Jahren große Gewinne erzielt. Diese Spekulationen schaffen jedoch eine künstliche Nachfrage, die den Preis der Agrarrohstoffe und der Lebensmittel nach oben treibt. ExpertInnen gehen davon aus, dass die Nahrungsmittelpreiskrise in den Jahren 2007 und 2008 zum großen Teil von Spekulanten ausgelöst wurde.5 Weitere Infos: Oxfam Deutschland (2012): Mit Essen spielt man nicht! Konkurrenz um landwirtschaftliche Nutzung Um dem Klimawandel und steigenden Ölpreisen zu begegnen, versuchen viele Länline unter: www.oxfam.de/publikationen/Nahrungsmittelspekulation 3 Oxfam: Extreme Weather Events and Crop Price Spikes in a changing climate, 2012. 4 Oxfam Deutschland: Mit Essen spielt man nicht!, 2012. 5 Oxfam: Fact-Sheet zur Nahrungsmittelspekulation, und John Baffes, Tassos Haniotis: Placing the 2006/08 Commodity Price Boom into Perspective, Policy Research Working Paper, The World Bank Development Prospects Group, 2010. Afrika drei Viertel des tiefgekühlten Hähnchenfleisches aus der EU.7 Dies hat zur Folge, dass die Bauern verarmen und die Entwicklungsländer immer abhängiger von den Lebensmittelimporten werden. Begünstigt Beispiel Mexiko: Die „Tortilla-Krise“ 2007/2008 Setzlinge in einer Palmölplantage zur Gewinnung von Agro-Sprit. Wertvolle Anbaufläche für die Kultivierung von Lebensmitteln geht so verloren. Foto: Moray McLeish, World Resources Institute, 2010 (flickr, CC BY SA 2.0) der vermehrt Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen anstatt aus Mineralölen zu gewinnen. Nur noch 47 % der weltweiten Getreideproduktion wird für die Ernährung produziert. Zur Herstellung der so genannten Biotreibstoffe (auch Agrartreibstoffe genannt) werden Mais, Zuckerrohr, Ölpalmen oder Sojabohnen benutzt. Mais, Zucker und Soja gehören jedoch in vielen Ländern zu den Grundnahrungsmitteln. Wenn die Nachfrage nach diesen Produkten wegen der Biotreibstoffe steigt, steigen auch die Preise. Foto: lizdinovella (flickr, CC BY SA 2.0) In Mexiko kam es in den Jahren 2007 und 2008 zu großen Demonstrationen, weil viele arme Menschen sich die Tortilla, ein Grundnahrungsmittel aus Mais, nicht mehr leisten konnten. Grund hierfür war ein hoher Anstieg des Maispreises in den USA, weil dort immer mehr Mais zu Bioethanol verarbeitet wurde. In den Jahren vor dem Preisanstieg hatten amerikanische Agrarunternehmen wegen hoher Subventionen Mais Preisdumping durch Handels- und Agrarpolitik Viele Industrieländer subventionieren die Produktion von Grundnahrungsmitteln wie Getreide, Fleisch, Milcherzeugnisse, Obst und Gemüse. Allein die Europäische Union (EU) nutzt 40 % der europäischen Steuergelder (60 Milliarden Euro), um die europäische Landwirtschaft zu subventionieren.6 Dadurch können die europäischen Landwirtschaftsbetriebe ihre Produkte zu billigen Preisen in Entwicklungsländer exportieren. Viele einheimische Bauern in den Entwicklungsländern stellen dort die Produktion ein, da sie ihre Produkte wegen der billigen Konkurrenz aus Europa nicht mehr verkaufen können. Im Jahr 2010 kam in 6 Bund: Agrarsubventionen umlenken, online unter www.bund.net/themen_und_projekte/landwirtschaft/ subventionen_umlenken/ zu einem niedrigen Preis produzieren können. Ein Freihandelsabkommen der nordamerikanischen Länder (NAFTA) hatte zudem den unbegrenzten Export des Maises nach Mexiko ermöglicht. Viele mexikanische Mais-Bauern hatten nicht mit den niedrigen (subventionierten) Preisen aus den USA konkurrieren können und den Maisanbau eingestellt. Mexiko war in den Jahren 2007 und 2008 daher stark abhängig vom amerikanischen Mais. Mit Anstieg des Mais-Preises in den USA stiegen folglich auch in Mexiko die Preise für Mais und Tortilla enorm an. wird diese Entwicklung durch Freihandelsabkommen, die zwischen wirtschaftlich ungleichen Partnern abgeschlossen werden. Durch diese können sich ärmere Länder nicht mehr mit Zöllen vor billigen Importen schützen. Mehr Infos auch unter www.deine-stimme-gegen-armut.de/blog/ 7 Evanglischer Entwicklungsdienst: Kein Chicken schicken, 2010. 7 beiter unter ungerechten Bedingungen auf ihrem ehemals eigenen Land arbeiten oder in die Städte ziehen, um nach Arbeit zu suchen. Außerdem hat die industrielle Landwirtschaft häufig negative ökologische Auswirkungen, zum Beispiel durch Wasserknappheit, die Rodung von Wäldern oder Verschlechterung der Böden durch Monokultivierung. Die Kupfermine Mina Tintaya in Peru verursacht Wasserverschmutzung, Landvertreibung und Erkrankungen­ in der Region. Foto: David Baggins (flickr, cc 2.0) Rechts: Monsunüberschwemmung in Indien. Foto: Mani Kumar, Oxfam (www. oxfam.de) Landgrabbing Man sprich von „Landgrabbing“, wenn Großkonzerne oder Länder in Entwicklungsländern im großen Stil Agrarflächen aufkaufen – oft zu Lasten der lokalen Kleinbauern. Durch die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln und Biotreibstoffen ist auch die Nachfrage nach landwirtschaftlich nutzbarem Boden gestiegen. Die Preise für diesen steigen mit der Nachfrage und der Verkauf von Boden wird attraktiver für viele Länder. Bevölkerungsreiche Länder wie China kaufen oder pachten große Landflächen in anderen Ländern, um Agrarrohstoffe in großen Mengen für ihre eigene Bevölkerung zu produzieren. Viele Unternehmen tun dies ebenfalls, um Agrarrohstoffe für die stark nachgefragten Biotreibstoffe zu produzieren. Das Land wird häufig unter intransparenten Bedingungen erworben – vor allem in Ländern, wo die Landrechte nicht eindeutig sind und kein gerechtes Rechtssystem besteht. Investitionen in Landwirtschaft sind positiv, wenn sie auch der lokalen Bevölkerung zu Gute kommen, etwa neue Arbeitsplätze geschaffen werden oder auch Kleinbauern von neuen Anbaumethoden profitieren. Problematisch wird es jedoch, wenn bestehende Landrechte verletzt werden und lokale Kleinbauern oder Viehzüchter ihr Land verlieren. Infolgedessen produzieren diese weniger Nahrungsmittel für den lokalen Markt. Zudem verlieren viele Bauern ihre Lebensgrundlage und müssen als Landar- Weltweiter Klimawandel Auch der weltweite Klimawandel hat Folgen für die Nahrungssicherheit. Veränderte Temperaturen und Niederschlagsmengen haben Einfluss auf Boden und Wasser, die für die Produktion von Lebensmitteln gebraucht werden. Zwar gibt es weltweit genügend Nahrung, jedoch sieht die Situation in einigen Regionen der Welt anders aus. Für Afrika, das schon heute mit sehr schwierigen klimatischen Anbaubedingungen zu kämpfen hat, könnten in den nächsten zehn Jahren bis zu 50 % der Ernte durch Trockenheit verloren gehen. Vermehrte Dürren und Flutkatastrophen könnten in Zukunft noch mehr Ernten vernichten. ExpertInnen schätzen, dass die Anzahl der von Hunger bedrohten Menschen durch den Klimawandel bis zum Jahr 2050 um 10 bis 20 % steigen wird. 8 Wachsende Weltbevölkerung Zurzeit leben 7 Milliarden Menschen auf der Welt. Es wird davon ausgegangen, dass 8 Handbuch der Welternährung. 8 die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 auf 9,5 Milliarden anwachsen wird. Während in den Industrieländern die Anzahl der Menschen gleich bleibt oder sogar leicht zurück geht, werden in den Entwicklungsländern die Bevölkerungszahlen steigen. Dort ist Hunger weit verbreitet und bei steigenden Bevölkerungszahlen wird sich die Ernährungssituation noch weiter verschlechtern. Konflikte und Katastrophen Konflikte und Naturkatastrophen sind ebenfalls Ursachen von Hunger. Wenn in Ländern Kriege ausbrechen oder ein Erdbeben ganze Landesteile zerstört, sterben nicht nur viele Menschen. Felder und Ernten werden vernichtet und Vieh getötet, so dass kaum noch Lebensmittel produziert werden können. Transportwege werden zerstört und Märkte können nicht stattfinden, so dass die wenigen Lebensmitteln nicht zu den Menschen gelangen. In dieser Notsituation ist es in vielen Fällen Aufgabe von internationalen Organisationen, die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten schnell sicher zu stellen. Diese schnelle Hilfe wird auch Humanitäre Hilfe genannt. Im Gegensatz zum chronischen Hunger, beziehungsweise Unterernährung, spricht man in diesem Fall auch vom akuten Hunger, da die Menschen nur während der Notsituation unter Hunger leiden. Allerdings finden Kriege und Naturkatastrophen oft- Viele Menschen leben mals in Regionen statt, in denen die Menschen ohnehin unterernährt sind. Umgekehrt kann auch Hunger der Grund für gewaltsame Konflikte sein. So kam es während der Nahrungsmittelpreiskrise 2007 und 2008 zu gewalttätigen Protesten in Asien und Südamerika, weil sich die Menschen wegen der hohen Preise kaum noch Lebensmittel leisten konnten. in äußerster Armut. Sie sind gezwungen in improvisierten Behausungen zu leben, die ihnen weder Stromnoch Wasserversorgung oder Schutz vor Umwelteinflüssen bieten. Foto: Ärzte für die Dritte Welt – German Fehlendes Wissen und schlechte Gesundheit Trotz ausreichender Nahrung, kann es vorkommen, dass Menschen unterernährt sind. Sie ernähren sich einseitig und nehmen zu wenige Nährstoffe wie Vitamine, Eisen, oder Jod zu sich. Dies kann an fehlendem Wissen liegen, wenn beispielsweise Frauen während der Schwangerschaft zu wenige Vitamine und Jod aufnehmen oder ihre Säuglinge aus Unwissenheit zu früh der Muttermilch entziehen. Auch kann ein schlechter Gesundheitszustand der Grund für Unterernährung sein, besonders in jenen Ländern, wo die medizinische Grundversorgung unzureichend ist. Krankheiten führen dazu, dass der Körper Nährstoffe nicht aufnimmt oder ausscheidet, zum Beispiel bei Durchfall. Anderseits erhöht Unterernährung das Risiko für Krankheiten, da der geschwächte Körper die Nährstoffe nicht richtig aufnimmt und das Immunsystem schwach bleibt. Es entsteht ein Teufelskreis. Doctors e.V. Menschen auf der Flucht im Sudan 2008. Foto: UN Photo/Tim McKulka (flickr, cc BY-SA 2.0) 9 3 Inwieweit trägt Unterernährung zum Entstehen von Behinderungen bei? 25.000 Menschen sterben täglich an Krankheiten, die von Unterernährung und Hunger ausgelöst werden.1 Diese Zahl ist erschreckend und erfordert zu Recht unsere Aufmerksamkeit. Was jedoch bisher wenig Aufmerksamkeit erregt, ist eine andere Folge von Hunger und Unterernährung: Ein Fünftel aller Behinderungen weltweit sind eine Folge von Unterernährung. Besonders bei Kleinkindern (0-5 Jahre) können Hunger und Unterernährung zu langfristigen körperlichen und intellektuellen Beeinträchtigungen führen. Die ersten Lebensjahre sind entscheidend für die weitere Entwicklung des Menschen und schon die Unterernährung der Mutter während der Schwangerschaft kann die menschliche Entwicklung massiv beeinträchtigen. Zu den häufigsten Formen der Mangelernährung, die zu Behinderung führen gehören Protein-Energie-Mangel, Vitamin A-Mangel, Vitamin D-Mangel und Jodmangel. Weltweit haben 1 Milliarde Menschen eine Behinderung Vitamin A-Mangel Vitamin A benötigt der Körper bei allen Körpergeweben und zur Stärkung des Immunsystems. Vitamin A kommt vor allem in FrüchInfektionskrankheiten: 11 % Nicht-Infektionskrankheiten: 20 % ten, Gemüse, Eiern, Fisch und Milch vor. angeborene Behinderung: 20 % Andere (inkl. Altern): 13 % Es wird geschätzt, dass weltweit 200 bis 300 Quelle: UN Figures in Overcoming Obstacles to the Integration of Disabled People, Millionen Kinder im Vorschulalter an Vitamin UNESCO, DAA, 1995. A-Mangel leiden. Vitamin A-Mangel ist eine Protein-Energie-Mangel (PEM) der meisten Ursachen für Blindheit, bei KinDie zu geringe Aufnahme von Proteinen und dern sogar die häufigste. 250 000 bis 500 000 Kohlenhydraten führt zu Untergewicht und Kinder erblinden jährlich, weil sie zu wenig einer Schwächung der menschlichen Organe. Vitamin A zu sich nehmen.5 Vitamin A-ManDer geschwächte Körper ist anfälliger für In- gel beeinträchtigt nicht nur die Augen, sonfektionskrankheiten wie zum Beispiel Durch- dern schwächt die Gesundheit von Kindern fall, was wiederum die Unterernährung verinsgesamt. Bereits ein geringer Vitamin Astärkt, da die im Körper ohnehin wenig vor- Mangel erhöht das Risiko für Durchfall, Mahandenen Nährstoffe durch den Durchfall sern und Lungenentzündung. Mangelernährung: 20 % ausgeschieden werden. Unterernährte Neugeborene und Kleinkinder haben insgesamt ein viermal höheres Risiko, an weiteren, relativ leicht behandelbaren Infektionskrankheiten zu sterben.2 Mangelernährte Mütter bringen oft untergewichtige Kinder zur Welt, die ein 20 % höheres Risiko haben, vor ihrem fünften Geburtstag zu sterben. Bis zu 17 Millionen untergewichtige Kinder werden weltweit jedes Jahr geboren.3 Wenn schwangere Frauen an Unterernährung leiden, führt dies zu gravierenden Entwicklungsverzögerungen beim Kind. Beispielsweise spielen Proteine eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Gehirns. Schon kurze Phasen der Unterernährung können große Schäden verursachen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Auch die Sprachentwicklung des Kindes kann durch die Unterernährung negativ beeinträchtigt werden. Nach Angaben von UNICEF erreichen weltweit 200 Millionen Kinder unter fünf Jahren nicht ihr kognitives und sozial-emotionales Potenzial.4 1 Unfall, Krieg und Trauma: 16 % Handbuch der Welternährung. 10 2 UN World Food Programme: Hunger fordert einen hohen Preis: Folgen von Unterernährung für Frauen und Kinder, 2007. 3 UNICEF: A World Fit for Children, 2007. 4 Tagung „Inklusive frühkindliche Entwicklung“, Bonn 2010. 5 Zeitschrift Behinderung und Dritte Welt 1/2001. Das Mädchen aus den Anden8 Über ein 4 ½ jähriges Mädchen aus den ecuadorianischen Anden berichtet der Wissenschaftler Cruz: „Das Mädchen ist seinem Alter entsprechend leicht unterernährt, leicht irritierbar, kann keine Lautäußerungen ohne gutturale Laute vollziehen, kann den Blick nicht fixieren und ist vollständig von der Mutter abhängig. Es kann nicht allein sitzen, stehen oder gehen, folgt auch simplen Anweisungen nicht und schenkt nur der Stimme der Mutter Beachtung. (…)“ Das Mädchen hat den Entwicklungsstand eines Neugeborenen und würBeratung einer Mutter im Rahmen des Feeding-Projek- de nach unserem Verständnis als schwerstbehindert (Paralisis Central An- tes in Bangladesch. In diesem Programm bekommen dina, PCA/Andine Cerebralparese) gelten. Die Schwangerschaft bei die- unterernährte Kinder jeden Tag eine ausgewogene sem Mädchen verlief völlig normal. Das Mädchen kam in einem Kranken- Mahlzeit und Mütter lernen, wie man ausgewogene haus zur Welt, wo es ebenfalls keine Komplikationen gab (z.B. Sauerstoff- Mahlzeiten zubereitet. Foto: Ärzte für die Dritte Welt – mangel). Nach Cruz war die Behinderung des Mädchens auf die Kombina- German Doctors e.V. tion von Protein- und Jodmangel zurückzuführen. Vitamin A-Mangel und seine Folgen für einen Jungen aus Burkina Faso:9 Vitamin D-Mangel Ouargaye liegt in der Region Centre-Est in Burkina Faso. Wegen des trocke- Vitamin-D-Mangel bei Kleinkindern verursacht Knochenschäden. Die Knochen werden nicht fest und verbiegen sich. Lebenslange Gehbehinderungen sind zum Beispiel Folge dieses Mangels. Eine calciumreiche Ernährung und Sonnenlicht können dies verhindern. nen Klimas in dieser Region kommt es häufig zu Ernährungsengpässen. Viele Menschen dort leben am Existenzminimum und können sich dann die fehlende Nahrung nicht kaufen. Remi ist 6 Jahre alt. Seine Familie besitzt Jodmangel Jod wird für die Produktion von Schilddrüsenhormonen benötigt, die bei lebenswichtigen Stoffwechselprozessen eine Rolle spielen. Jod wird in der Regel über Fisch und Meeresfrüchte aufgenommen. Daher leiden besonders Menschen, die in Bergregionen wohnen, unter Jodmangel. Weltweit sind 1,9 Milliarden Menschen davon betroffen.6 Jodmangel kann während der Schwangerschaft beim Kind zu bleibenden Hirnschäden führen. In besonders schweren Fällen führt Jodmangel vor der Geburt zu Kretinismus, einem Zwergwuchs mit schweren körperlichen und intellektuellen Beeinträchtigungen. Es wird geschätzt, dass Jodmangel jährlich bei 20 Millionen Säuglingen die Ursache für intellektuelle Beeinträchtigung ist.7 Die Folgen von Unterernährung verdeutlichen die folgenden Beispiele. 6 UN Standing Committee on Nutrition: World Nutrition Situation 5th report, 2005. 7 Handbuch Welternährung. ein paar kleine Felder und ein paar Ziegen und kann sich nicht immer ausreichend ernähren. Die Unterernährung hat Auswirkungen auf Remi: Seine Sehfähigkeit verschlechtert sich, besonders in der Dämmerung findet sich der Junge kaum noch zurecht. Die Sorge der Eltern ist groß, bedeutet ein blindes Kind in Burkina Faso doch eine erhebliche zusätzliche Belastung für die Familie, da der Junge sich bei einer Erblindung nicht mehr alleine zurechtfinden könnte und auf Hilfe von anderen angewiesen wäre. Ein Augenarzt findet schnell heraus, dass Remi unterernährt ist und unter Vitamin-A-Mangel leidet. Remi bekommt hoch dosiertes Vitamin A in Form von Kapseln. Remis Augenlicht kann gerettet werden. Um den Vitamin AMangel bei Kindern in Ländern wie Burkina Faso nachhaltig zu beheben, muss die Unterernährung bekämpft werden. Maßnahmen für Nahrungssicherheit sind daher ganz wichtig. 8 Zitat und Schilderung nach G. Weigt in: Zeitschrift für Heilpädagogik, 39. Jahrg. 1988, Heft 4: Mangelernährung und Behinderung – Probleme in der Dritten Welt, S.228f. 9 Quelle: Licht für die Welt Österreich 11 4 Was haben Ernährung und Behinderung mit den Millenniumsentwicklungszielen (MDG) zu tun? Im Jahr 2000 verabschiedeten 189 Staatsund Regierungschefs acht Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs), die bis zum Jahr 2015 erreicht werden sollen. Das übergeordnete Ziel ist die Halbierung des weltweiten Hungers und der Armut. Die MDGs sind zurzeit die wichtigsten Entwicklungsziele, an denen sich fast alle staatlichen und nicht- staatlichen Akteure der Entwicklungszusammenarbeit orientieren. Mit der Verabschiedung der Millenniumserklärung haben sowohl Entwicklungs- als auch Industrieländer versprochen, Maßnahmen zu ergreifen, um die MDGs bis 2015 zu erreichen. Was hat Unterernährung mit den acht Entwicklungszielen zu tun? Und was mit Behinderung? Die acht Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen bis 2015 MDG 1: MDG 2: weltweit 200 Millionen Kindern unter Den Anteil der Welt- Grundschulbildung fünf Jahren nicht ihr kognitives und so- bevölkerung, der für alle ermöglichen zial-emotionales Potenzial.1 Die einge- unter extremen Hunger und Armut leidet, halbieren schränkte intellektuelle LeistungsfähigHunger und Unterernährung haben keit des Kindes hat Auswirkungen auf ­enorme negative Auswirkungen auf die seine Schulleistungen, verringert seine Die Bekämpfung des Hungers welt- Entwicklung des Kindes. Neben den kör- Chance auf dem Arbeitsmarkt und erhöht weit ist eines der wichtigsten Ziele der perlichen Beeinträchtigungen wie etwa somit das Risiko in Armut zu leben. MDGs. Obwohl hier einige Erfolge – Knochenschäden, Mobilitätseinschrän- insbesondere in Asien – erzielt wur- kungen oder Blindheit sind es vor allem MDG 3: den, hungern immer noch 867 Millio- die intellektuellen Beeinträchtigungen, Die Gleichstellung der nen Menschen. die sich negativ auf das intellektuelle Po- Geschlechter fördern Unterernährte Menschen haben ein tenzial des Kindes auswirken. geringeres körperliches und geistiges Der beschriebene Mangel an Jod, Prote- In einigen Gesellschaften haben Frau- Leistungsvermögen als ausreichend inen und Energie hemmt die Entwicklung en nicht die gleichen Rechte wie Männer. ­ernährte Menschen. Sie sind weniger des Gehirns und der Sprache und kann Bei Lebensmittelknappheit werden zu- produktiv und können ihr Einkommen zu schwerer intellektueller Beeinträchti- nächst die Männer versorgt. nicht selbst erwirtschaften. gung führen (z.B. Kretinismus). ­ Eine frühe Frauen mit Behinderung werden oft we- Menschen mit Behinderung sind be- kognitive Stimulation (z.B. Vorlesen und gen ihrer Rolle als Frau und als Mensch sonders von Armut und Hunger be- Spielen) könnte die Folgen von Protein- mit Behinderung doppelt diskriminiert. droht. und Energie-Mangel abmildern. Kinder, Die Chancen, dass unterernährte Mäd- die unter Armutsbedingungen aufwach- chen eine Schulbildung und eine Zu- sen, erfahren diese Stimulation selten. kunftsperspektive erhalten, sind daher Nach Angaben von UNICEF erreichen noch geringer als bei Jungen. 1 Tagung „Inklusive frühkindliche Entwicklung“. 12 MDG 4: MDG 6: sourcen. Dort, wo Menschen unter Kindersterblichkeit HIV/ AIDS, Malaria Hunger leiden, müssen alle verfügba- verringern und andere Krankhei- ren Ressourcen genutzt werden, um ten bekämpfen die Lebensmittelversorgung sicher zu Unterernährung ist dafür verantwort- stellen. Der Schutz der Umwelt ist für lich, dass 5,6 Millionen Kinder vor ihrem Unterernährung schwächt den Kör- hungernde Menschen aus verständ- fünften Lebensjahr sterben. Die Sterb- per und erhöht das Risiko für Krankhei- lichen Gründen von geringer Bedeu- lichkeit bei Kindern mit Behinderung ist ten und Infektionen. Bei Infizierten be- tung. sogar noch höher. schleunigt Unterernährung den Ausbruch von AIDS. MDG 8: MDG 5: Bei Malaria-Kranken reduziert sie die Eine globale Partner- Die Gesundheit der Überlebenschancen. Menschen mit Be- schaft für Entwicklung Mütter verbessern hinderung sind eine besonders gefähr- aufbauen dete Gruppe für HIV/Aids und andere Unterernährte schwangere Frauen brin- schwere Krankheiten. gen untergewichtige Kinder zur Welt, Hunger und Unterernährung können zum Ausbruch von gewalttätigen Kon- die ein hohes Sterberisiko haben. Wenn MDG 7: flikten führen, die ganze Regionen de- eine Frau während der Schwangerschaft Zum Schutz der stabilisieren. nicht genügend Nährstoffe aufnimmt, Umwelt beitragen Für eine globale Partnerschaft für Ent- erhöht dies das Risiko für eine körperli- wicklung brauchen wir gleichberech- che und intellektuelle Beeinträchtigung Ernährungsunsicherheit führt zu nicht des Kindes. nachhaltiger Nutzung natürlicher Res- Für Hunger und Unterernährung in der Welt gibt es viele Gründe. Um das Problem zu lösen,­ sind daher vielfältige Maßnahmen notwendig.­ Alle diese Maßnahmen können in einer globa­ lisierten Welt nur gemeinsam von den Entwicklungs- und Industrieländern durchgeführt werden. Es ist Aufgabe der internationalen Politik und der Wirtschaft solche Maßnahmen zu ergreifen. Beispielsweise muss die Landwirtschaft, insbesondere die kleinbäuerliche Produktion, in den von Ernährungsunsicherheit betroffenen Ländern gefördert werden und zwar jene, die für die Nahrungsmittelproduktion zuständig ist. Gleichzeitig müssen auch Investitionen in Gesundheit und Bildung getätigt werden, da ein schlechtes Gesundheitsund Bildungssystem Unterernährung verstärkt. Bei allen diesen Maßnahmen, die besonders die Entwicklungsländer betreffen, sollten Menschen mit Behinderung von Beginn an berücksichtigt werden. tigte und stabile Partner. Da Hunger und Unterernährung auch globale Ursachen haben, stehen auch die Industrieländer in der Pflicht. Wie bereits erläutert, trägt der Klimawandel, der zum großen Teil von den Industrieländern zu verantworten ist, zur Ernährungsunsicherheit bei und sollte aufgehalten werden. Das Gleiche gilt für die Preisschwankungen bei Lebensmitteln und die Abhängigkeit armer Länder von Lebensmittelimporten, die ebenfalls für Nahrungsunsicherheit verantwortlich sind. Weitere Infos: Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. (2011): Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Entwicklungszusammenarbeit www.un-kampagne.de UN SCN (2004) The 5th Report on the World Nutrition Situation. Nutrition for Improved Development Outcomes. Genf 2004 FAO (2012): The State of Food Insecurity in the Word 13 5 Was kann ich persönlich tun, um Hunger weltweit zu bekämpfen? Wir als KonsumentInnen haben Einfluss auf die globalen Ursachen und können daher mithelfen, Hunger und Armut zu bekämpfen. Dabei geht es gleichzeitig um unser Essen und unsere Lebensqualität! Globale Ursachen für Hunger und Unterernährung und was wir persönlich dagegen tun können Oben: Am Fairtrade-­ Siegel erkennt man fair gehandelte Waren. Unten: Die bezev- Ausstellung über Menschen mit Behinderung in Entwicklungsländern. Foto: bezev Kein Zugang zu Nahrung wegen finanzieller Armut Kaufen Sie mehr Produkte aus Fairem Handel Der Faire Handel garantiert den ProduzentInnen im Süden faire Löhne und Arbeitsbedingungen und den KonsumentInnen im Norden qualitativ hochwertige Produkte. Der Faire Handel gibt den Kleinbauern langfristige­Sicherheit und stärkt die Landwirtschaft in den Ländern. Einige fair gehandelte Produkte werden von Menschen mit Behinderung produziert und tragen dazu bei, dass sie ihr Einkommen selbst erwirtschaften und unabhängig leben können. Als Konsumenten können wir durch unser Einkaufsverhalten Macht ausüben: Wenn sich mehr Menschen für Produkte aus dem Fairen Handel entscheiden, werden mehr Supermärkte Produkte aus Fairem Handel in ihr Sortiment aufnehmen und weitere Un- ternehmen vermehrt auf faire Produktion setzen. Auch bei unserer Arbeitsstelle und in den Schulen können wir uns dafür einsetzen, dass Produkte aus dem Fairen Handel gekauft werden. Uns als KonsumentIn darf es nicht egal sein, wie und unter welchen Bedingungen unsere Lebensmittel hergestellt werden. Schließlich geht es auch um unsere Gesundheit und Lebensqualität. Infos und Einkaufsmöglichkeiten: www.fairtrade.de www.weltladen.de Unterstützen Sie Organisationen und Vereine, die sich gegen Armut einsetzen In Deutschland gibt es viele Organisationen und Vereine, die sich mit konkreten Programmen und Projekten gegen Hunger, Unterernährung und Armut in anderen Ländern einsetzen. Andere üben Druck auf Politik und Unternehmen aus, damit diese sich gegen den weltweiten Hunger einsetzen oder zumindest nicht zur Verschärfung der Ernährungsunsicherheit beitragen. Wenn wir diese Vereine und Organisationen unterstützen, dann fördern wir auch die Nahrungssicherheit in der Welt. Entwicklungspolitische Vereine und Organisationen in Deutschland: www.venro.org/mitglieder.html www.engagement-global.de/nro-portraits.html www.dzi.de/spenderberatung/ 14 Steigende Lebensmittelpreise durch Spekulation an den Finanzmärkten mit Lebensmitteln und Verwendung von Agrarrohstoffen für Biotreibstoffe Unterstützen Sie Initiativen und Kampagnen Die Spekulation mit Lebensmitteln und die Verwendung von Agrarrohstoffen für Biotreibstoffe sind mit verantwortlich dafür, dass Lebensmittel teurer geworden sind und sich viele Menschen diese nicht mehr leisten können. Wir können Kampagnen und Organisationen unterstützen, die sich für strengere Regeln für Lebensmittelspekulationen oder gegen die Verwendung von Agrarrohstoffen für Biotreibstoffe einsetzen. Infos und Engagementmöglichkeiten: www.oxfam.de/gegenspekulation www.foodwatch.de/ackermann-aktion Schwächung der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern durch ungerechte Welthandelspolitik und Landgrabbing Unterstützen Sie Initiativen und Kampagnen Damit die Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern nicht von Agrarunternehmen und schwankenden Weltmarktpreisen abhängig ist, müssen Regierungen in Industrieländern verschiedene Maßnahmen ergreifen, beispielsweise die Agrar-Subventionen reduzieren. Durch Landgrabbing verlieren viele Kleinbauern in Entwicklungsländern fruchtbaren Boden. Ihre Landrechte werden verletzt und die lokale Landwirtschaft geschwächt. Infos und Engagementmöglichkeiten: www.deinestimmegegenarmut.de www.fian.de Große Ernteverluste durch Klimawandel Kaufen Sie regionale und saisonale Produkte Obst und Gemüse gehören zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung. Heute bekommen wir fast alle Obst- und Gemüsesorten zu jeder Jahreszeit. Oft werden diese jedoch aus fernen Ländern transportiert, auch wenn diese bei uns wachsen. Beispielsweise werden in unseren Supermärkten Äpfel und Birnen aus Südafrika oder Südamerika angeboten. Durch die langen Transportwege wird viel Energie verbraucht und es werden viele Schadstoffe ausgestoßen. Daher ist es besser, wenn wir Obst und Gemüse aus der Region und in der entsprechenden Jahreszeit kaufen. Natürlich gibt es auch Obst, das nicht bei uns wächst, etwa Bananen, Mangos oder Apfelsinen. Hier können wir als Verbraucher zumindest darauf achten, dass diese unter fairen Bedingungen hergestellt wurden. Infos zu saisonalem Obst und Gemüse: www.regional-saisonal.de/saisonkalender www.aid.de/ernaehrung/saisonkalender.php Kaufen Sie gutes Fleisch Im Fleisch sind wichtige Nährstoffe wie Eisen, Jod oder Omega 3-Fettsäuren. Für viele Menschen ist es Teil der Ernährung. In Entwicklungsländern können die Menschen nicht immer genügend davon essen, in den Industrie­ ländern aber wird viel mehr konsumiert als nötig wäre. Zu viel Fleischkonsum ist zum einen schädlich für die Gesundheit und zum anderen trägt er zum Klimawandel bei. Für die Produktion werden in einigen Regionen wie Süd­amerika Wälder für Weiden abgeholzt und bei Verdauungsprozessen der Milliarden Tiere entstehen Gase, die für den Treibhauseffekt mitverantwortlich sind – zum Beispiel Methan. Darüber hinaus werden für die Fütterung große Mengen an Getreide verbraucht, was wiederum den Preis für Getreide in die Höhe treibt. Wenn wir weniger Fleisch konsumieren, könnten große Anbauflächen und Getreidemengen für die menschliche Ernährung genutzt werden, statt für die Viehmast. Wer ab und zu auf Fleisch verzichtet, kann sich dafür qualitativ gutes Fleisch (z.B. BioFleisch) aus der Region leisten. Wenn schon Fleisch, dann aus nachhaltiger Produktion und aus der Region. Foto: ­ www. oekolandbau.de Infos zu den Auswirkungen des Fleischkonsums http://fleischfrage.wwf.de 15 Hunger und Unterernährung sind die größten globalen Herausforderungen unserer Zeit. Sie sind Ursache von Behinderungen und führen schlimmstenfalls zum Tod. Die ungerechte Nahrungssituation verhindert eine nachhaltige Entwicklung in den Entwicklungsländern und bedroht den weltweiten Frieden. Die Broschüre gibt einen Überblick über die weltweite Ernährungssituation und erläutert die vielfältigen Ursachen von Hunger und Unterernährung. Des Weiteren erklärt sie dem Leser den Zusammenhang zwischen Unterernährung Herausgeber: und Behinderung in Entwicklungsländern und erklärt, was Behinderung und Entwicklungs­ wir im Alltag tun können, um die Ursachen des weltweiten zusammenarbeit e.V. (bezev) Hungers zu bekämpfen. Die Broschüre enthält eine CD mit Wandastr. 9, 45136 Essen dem Inhalt als HTML-Version und ist auch in Leichter Spra- Tel: ­+49 (0)201/ 17 88 963 che verfasst. Fax: +49 (0)201/ 17 89 026 [email protected] Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. (bezev) www.bezev.de engagiert sich für eine gerechte und soziale Welt, in der alle Menschen die gleichen Entwicklungs- und Teilhabe­ Redaktion: Benedikt Nerger, chancen haben. bezev fördert eine inklusive Entwicklung Gabriele Weigt und stärkt die gleichberechtigte Beteiligung von Menschen Gestaltung: Christian Bauer, mit Behinderung bei entwicklungspolitischen und huma- studiofuergestaltung.net nitären Initiativen mit Schwerpunkt in Afrika, Asien und La- Druck: Druckerei Nolte, Iserlohn teinamerika. Essen 2012 Neben Projekten im Ausland und einem Freiwilligendienst ist bezev in der entwicklungspolitischen Informations-, Der Herausgeber ist für den Inhalt allein verantwortlich. Mit finanzieller Unterstützung von Bildungs- und Lobbyarbeit aktiv.