Prof. Dr. med. Knut A. Böttcher Prof. Dr. med. Dieter Schilling Refluxzentrum Mannheim Diakonissenkrankenhaus Speyerer Straße 91- 93 68163 Mannheim Tel. 0621- 8102 3001 Fax 0621- 8102 3010 Patienteninformation Die gastroösophageale Refluxkrankheit Sodbrennen ist in der Bevölkerung weit verbreitet und bereitet vielen Patienten zum Teil jahrzehnte-lang Beschwerden. Aber auch ein unangenehmes Druckgefühl hinter dem Brustbein, Schmerzen im Oberbauch sowie wiederholtes Erbrechen und Schluckauf sind häufig beschriebene Beschwerden. Refluxassoziierte Symptome werden nicht selten auch als Herzschmerz fehlgedeutet. Ihr Arzt hat festgestellt, dass sie an einem Rückfluss (=Reflux) von Magensäure in die Speiseröhre leiden, der zu einer Entzündung der Speiseröhre und vielleicht auch zu anderen Veränderungen geführt hat. Im Allgemeinen helfen Medikamente, welche die Magensäureproduktion hemmen, sehr gut. Kommt es aber zu Nebenwirkungen oder besteht der Wunsch, keine Medikamente mehr einnehmen zu müssen und trotzdem beschwerdefrei und ohne Einschränkung der Lebensqualität zu leben, kann für Sie eine Operation in Frage kommen. Symptome der Refluxkrankheit Das häufigste Symptom der Refluxkrankheit ist das Sodbrennen, das meist mit der Art und Menge der Nahrung zusammenhängt und häufig auch nachts im Schlaf auftritt. Durch flaches Liegen und nach vorne Beugen nehmen die Beschwerden erheblich zu. Die Magensäure kann bis in die Nase und Lunge laufen. Nicht selten werden Symptome auch als Herzleiden fehlgedeutet. Weitere Symptome können Schluckstörungen, morgendliche Heiserkeit, chronisch vermehrtes Auf-stoßen sowie Bronchitis, Lungenentzündung und Asthma sein. Ursachen Die Ursache der Erkrankung ist in den meisten Fällen eine Schwäche des Pförtnermuskels am Mageneingang (sog. unterer Ösophagussphinkter). Häufig haben die Patienten auch einen Zwerchfellbruch (Hiatushernie), d.h. ein Höhertreten des Magens in den Brustkorb hinein im Bereich der Durchtrittsstelle der Speiseröhre durch das Zwerchfell. Die Größe des Zwerchfellbruchs und die Verschlussschwäche des Mageneinganges können im Laufe des Lebens zunehmen. Wie bei allen anderen Brüchen der Bauchhöhle (z.B. Leistenbruch) kann auch der Zwerchfellbruch einklemmen, was häufig zu nicht entdeckten inneren Blutungen führt und eine Ursache einer chronischen Blutarmut (Anämie) sein kann. Die Größe des Bruches und das Ausmaß der Mageneingangsschwäche und damit der Refluxerkrankung haben allerdings nicht immer miteinander zu tun: Es gibt sehr große Brüche mit Teilverlagerung des Magens in die Brusthöhle, die gar keine Symptome verursachen und wiederum relativ kleine Brüche mit massiver Refluxsymptomatik. Als weitere Ursache für die Refluxerkrankung kommen eine vermindert Pumpfunktion der Speiseröhre (Motilitätsstörung) und damit gestörte Reinigungsfunktion sowie eine Magenentleerungsstörung in Betracht. MA-KH-RZ-ÜG-MD-003 Stand vom: 15.09.2016 Erstellt: Böttcher/Schilling Version: 001 Geprüft: Böttcher/Schilling Gültig ab: 15.09.2016 Freigabe: Böttcher/Schilling Seite 1 von 4 Folgen der Refluxerkrankung Die Verschlussschwäche des Mageneinganges führt zu einem vermehrten Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre (=Reflux), wobei ein geringer Rückfluss einschließlich Aufstoßen völlig normal ist. Die Speiseröhre kann begrenzte Mengen das rückfließende Sekret durch Pumpbewegungen wieder in den Magen zurücktransportieren. Ein krankhaft vermehrter Rückfluss durch eine Ventilschwäche kann aber durch diesen Selbstreinigungsmechanismus nicht mehr kompensiert werden, so dass es zu einer verlängerten Kontaktzeit zwischen rückfließendem Sekret und Speiseröhrenschleimhaut kommt. Im Gegensatz zur Magenschleimhaut fehlen der Speiseröhrenschleimhaut Schutzmechanismen gegen den aggressiven Magensaft mit der Folge der Schädigung der Schleimhaut Neben der saueren Komponente des Magensaftes (Salzsäure) spielt nicht selten auch der alkalische Reflux aus dem Zwölffingerdarm mit Gallensäuren und den Verdauungsfermenten der Bauchspeicheldrüse eine Rolle. Ein Gemisch aus Säure und alkalischem Verdauungssaft ist besonders aggressiv. Die Folge der Schädigung ist eine sogenannte Refluxösophagitis (Schleimhautentzündung der Speiseröhre), die wiederum Blutungen und entzündliche Geschwüre (Ulkus/Erosion) nach sich ziehen kann. Als längerfristige Folgen einer chronischen Refluxösophagitis können narbige Einengungen der Speiseröhre und eine irreversible Umwandlung (Metaplasie) der Speiseröhrenschleimhaut in MagenDarm-Schleimhaut (sog. Barrett- Schleimhaut) entstehen. Die Barrett- Schleimhaut gilt als Krebsvorstufe, das heißt, das Risiko einer bösartigen Entartung ist im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöht. Behandlung der Refluxerkrankung Leichte Beschwerden lassen sich in der Regel durch eine Umstellung der Lebensgewohnheiten gut in den Griff bekommen z.B. durch Vermeidung von: • Süßigkeiten (insbesondere Schokolade) • Alkohol • Fettige Speisen • Nikotin Einnehmen kleinerer Mahlzeiten über den Tag verteilt Letzte Nahrungsaufnahme vor der Bettruhe um 18.00 Uhr Gewichtsreduktion Oberkörperhochlagerung zur Nacht Sollten diese Maßnahmen fehlschlagen, können Medikamente, welche die Säureproduktion hemmen (sog. Protonenpumpeninhibitoren, z.B. Omeprazol oder Pantoprazol), zu einer Linderung der Beschwerden bis hin zur vollständigen Beschwerdefreiheit führen. Diese Medikamente müssen dann aber konsequent je nach Schwere der Erkrankung zunächst einen bis drei Monate eingenommen werden. Treten die Beschwerden nach Absetzen der Medikamente in kurzer Zeit wieder auf, kann man von einem chronischen Krankheitsgeschehen (chronische Refluxkrankheit) ausgehen, wobei zwei Therapiealternativen zur Verfügung stehen: • • Dauermedikation mit dem bereits erwähnten „Säureblockern“, evtl. in Kombination mit der Einnahme von Medikamenten, welche die Pumpfunktion der Speiseröhre verbessern (sogenannte Prokinetika). Diese Art der Therapie kann aber lediglich die Säurekomponente des Refluxes ausschalten, den Reflux selbst aber nicht. Die zweite Möglichkeit ist ein operativer Eingriff in minimal- invasiver Technik. Grundsätzliche Erwägung: Operation oder Medikamente? Grundsätzlich ist die Entscheidung, welche Therapie für den jeweiligen Patienten die vorteilhafteste ist, sehr individuell. Dabei sollten verschiedene Aspekte gegeneinander abgewogen werden. Die letzte Entscheidung bleibt selbstverständlich dem Patienten überlassen. Die betreuenden Ärzte werden durch eine ausführliche Beratung die Vor- und Nachteile der operativen oder medikamentösen MA-KH-RZ-ÜG-MD-003 Stand vom: 15.09.2016 Erstellt: Böttcher/Schilling Version: 001 Geprüft: Böttcher/Schilling Gültig ab: 15.09.2016 Freigabe: Böttcher/Schilling Seite 2 von 4 Möglichkeiten mit den Betroffenen besprechen und Entscheidungshilfen mit an die Hand geben Medikamentöse Therapie Operative Therapie Symptomkontrolle ja ja Heilung der ja ja Speiseröhrenentzündung Korrektur der Ursache der nein ja Erkrankung Blockierung der Magensäureja nein produktion Operationsrisiko nein ja Langfristige Medikamentenja nein einnahme Diagnostik vor einer möglichen Operation Vor der Operation werden eine Spiegelung von Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm (Endoskopie), eine Ultraschalluntersuchung des Bauches (Sonografie) und manchmal eine Röntgendarstellung von Speiseröhre und Magen durchgeführt. Darüber hinaus wird die Säure in der Speiseröhre und im Magen gemessen über 24 Stunden gemessen (sog. ph-Metrie). Eine Druckmessung in der Speiseröhre (Manometrie) liefert unter anderem Informationen über mögliche Schluckstörungen. Diese Untersuchungen erfolgen in der Regel während eines 2- tägigen Krankenhausaufenthaltes. Säureblocker müssen 2 Wochen vor der Untersuchung abgesetzt werden, Antacida wie Riopan oder Maaloxan und Gaviscon sind erlaubt. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen, Sie benötigen von Ihrem Hausarzt lediglich eine Krankenhauseinweisung. Operationsverfahren Als Alternative zur medikamentösen Behandlung ist die operative Rekonstruktion oder Verstärkung des unteren Speiseröhrenschließmuskels möglich. Das Ziel der Operation ist zum einen die Beseitigung eines ggf. bestehenden Zwerchfellbruches mit Verkleinerung der Durchtrittspforte der Speiseröhre durch das Zwerchfell und damit die Rückverlagerung des häufig in den Brustkorb verlagerten Ventils zwischen Magen und Speiseröhre in die Bauchhöhle. Da diese beiden Maßnahmen aber in der Regel nicht ausreichen, muss zum anderen der Ventilmechanismus zusätzlich verstärkt werden. Hierzu stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung, die jeweils minimal- invasiv (laparoskopisch) durchgeführt werden. Für den Operateur liegt der Vorteil in der durch die Videoendoskopie ermöglichten exzellenten Übersicht über das Operationsgebiet und die schonenden Operationstechniken. Für den Patienten ist bei dieser Operationsform der Unterschied gegenüber der konventionellen Methode per Bauchschnitt besonders groß. Das laparoskopische Verfahren ist deutlich schmerzärmer, weil die Wunden sehr klein sind. 1. Fundoplicatio: Hierfür verwendet der Operateur den oberen Anteil des Magens – die Magenkuppel –, um aus ihm eine Manschette um den unteren Speiseröhrenanteil zu legen und den Bereich des Schließmuskels somit effektiv zu verstärken. 2. Implantation eines magnetischen Anitrefluxsystems (LINX): Hierbei handelt es sich um ein flexibles Band aus titanummantelten Magneten, welches eingebracht und um den unteren Speiseröhrenschließmuskel gelegt wird und ihn damit verstärkt. Der zu überwindende Maximalwiderstand ist in geschlossenem Zustand erreicht, welcher durch Reflux nicht überwunden wird. Physiologische Aktivitäten wie Schlucken, Aufstoßen oder Erbrechen werden aber ermöglicht. (Einzelheiten unter www.reflux-sodbrennen.de) MA-KH-RZ-ÜG-MD-003 Stand vom: 15.09.2016 Erstellt: Böttcher/Schilling Version: 001 Geprüft: Böttcher/Schilling Gültig ab: 15.09.2016 Freigabe: Böttcher/Schilling Seite 3 von 4 3. Die EndoStim-Therapie Hier wird die Funktion des unteren Speiseröhrenschließmuskels mithilfe von schwacher elektrischer Stimulation wiederhergestellt. Das System besteht aus einem Stimulator (ähnlich wie ein Herzschrittmacher) und zwei Stimulationselektroden, die am unteren Speiseröhren-schließmuskel platziert werden. Der Stimulator wird im Bauchbereich unter der Haut implantiert. Der Stimulator gibt den ganzen Tag lang automatisch Therapieimpulse an die Elektro-den ab, die zu einer Druckerhöhung im unteren Speiseröhrenschließmuskel und damit zu dessen Verschluss führen. (Einzelheiten unter www.reflux-beschwerden.de) Ob eine operative Therapie in Frage kommt und welches Verfahren für Sie das am besten geeignete ist, ist von den Ergebnissen dieser Voruntersuchungen abhängig. Alle o.g. Operationsverfahren werden von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen bezahlt. Mögliche Probleme nach der Operation Auch bei größter Sorgfalt und Sachverstand sind Komplikationen in der Chirurgie immer möglich. Neben der Risiken einer Allgemeinnarkose können bei der Operation in seltenen Fällen Blutungen auftreten, die unter Umständen dazu führen, das Blut transfundiert werden muss und evtl. auch ein Bauchschnitt zur Eröffnung der gesamten Bauchhöhle erfolgen muss, um die Blutung zu stillen. Treten Verletzungen von Hohlorganen (Speiseröhre, Magen, Darm) auf, müssen diese wieder vernäht werden. Hier kann es auch zu einer Bauchfellentzündung kommen. Selten treten bei oder nach der Operation Thrombosen auf, die wiederum selten auch einmal zu gefährlichen Lungenembolien führen können. Nach der Operation kann es gelegentlich zu Schluckbeschwerden kommen, die aber meist von alleine verschwinden. Nur in wenigen Fällen muss durch eine Magenspiegelung der Mageneingang erweitert werden (sog. Bougierung). Erfolgsaussichten und Verhaltensregeln nach Op Die Ergebnisse nach diesen Eingriffen sind sehr gut, die meisten Patienten verlassen 4 – 5 Tagen nach der Operation beschwerdefrei die Klinik und brauchen nach 4 Wochen keine Magenmedikamente mehr einzunehmen. Haben Sie noch Fragen? Bitte wenden Sie sich an uns. Wenn bei Ihnen eine stationäre Abklärung Ihrer Beschwerden notwendig ist, vereinbaren Sie bitte eine Aufnahmetermin unter 0621 81023434. Sie benötigen eine Krankenhauseinweisung, säureblockierende Medikamente sollten 14 Tage vor der Untersuchung abgesetzt werden. MA-KH-RZ-ÜG-MD-003 Stand vom: 15.09.2016 Erstellt: Böttcher/Schilling Version: 001 Geprüft: Böttcher/Schilling Gültig ab: 15.09.2016 Freigabe: Böttcher/Schilling Seite 4 von 4