Die Entdeckung von CoRoT-1b - Die Physikalisch

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Exoplanetensuche mit dem CoRoT-Satellit
– Die Entdeckung von CoRoT-1b –
Stefan Völker1
1
AG Physik- und Astronomiedidaktik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
1
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Planetensuche mit der CoRoT-Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Die Transit-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Die Radialgeschwindigkeitsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
3
4
5
2 Aufgaben
2.1 Auswertung der Lichtkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Auswertung der Radialgeschwindigkeitsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
8
11
A Anhang
A.1 Herleitung der Radialgeschwindigkeitsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A.2 Kopiervorlage Folie F1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
13
15
2
1 Einleitung
Im Mittelalter glaubten die Menschen noch sie wären der Mittelpunkt des Universums. Große
Astronomen wie Nicolaus Kopernikus, Galileo Galilei und Johannes Kepler rückten dann im
16. und 17. Jahrhundert die Erde aus dem Mittelpunkt und etablierten das heliozentrische
Weltbild mit der Sonne im Zentrum unserer Planetensystems. Anfang des 20. Jahrhunderts
wurde das Kosmologische Prinzip formuliert. Es besagt, dass das Universum überall und zu
allen Zeiten homogen und isotrop ist. Im Umkehrschluss sagt uns dieses Prinzip, dass es keinen
einzigen ausgezeichneten Punkt im Universum gibt: weder die Erde noch die Sonne. Ende des
20. Jahrhunderts wurde der erste Planet außerhalb unseres Sonnensystems, der erste Exoplanet
entdeckt. Inzwischen sind es über 600 und mit jedem weiteren müssen wir uns erneut die Frage
stellen: sind wir überhaupt die einzige intelligente Lebensform im Universum?
So ist es nicht verwunderlich, dass man die Suche nach einem erdähnlichen Gesteinsplaneten
innerhalb der habitablen Zone als heiligen Gral der modernen Astronomie bezeichnen kann. Die
habitable Zone ist der Bereich um einen Stern in dem flüssiges Wasser existieren kann. Heute
gibt es zahlreiche Programme zur Exoplaneten-Suche, z.B. die Satelliten-Missionen CoRoT und
Kepler oder die erdgebundene Beobachtungsmission Wasp.
Kern dieses Schülerprojektes sind die original Beobachtungsdaten des CoRoT-Satelliten. Anhand dieser können Sie einen Exoplaneten nachentdecken. Zunächst muss man sich aber die
Frage stellen, warum es so schwer ist einen Exoplaneten zu entdecken? Planeten und Exoplaneten strahlen im Gegensatz zu Sternen nicht, denn in ihrem Inneren läuft keine Kernfusion ab.
Sie reflektieren zwar einen kleinen Teil des Sternenlichts, sind aber um viele Größenordnungen
dunkler, als der zugehörige Stern – vergleichbar mit einem Glühwürmchen neben einem Leuchtturm. Zusätzlich sind alle Sterne sehr weit von der Erde entfernt und der Winkelabstand am
Himmel zwischen Mutterstern und zugehörigem Exoplaneten wird verschwindend klein. Die direkte Abbildung, also ein Foto des Planeten neben seinem Mutterstern, ist deshalb auch mit den
größten Teleskopen nur in den seltensten Fällen möglich. Indirekte Beobachtungsmethoden, wie
die Transit- und die Radialgeschwindigkeitsmethode sind dagegen auch mit kleineren Teleskopen
sehr erfolgreich.
1.1 Planetensuche mit der CoRoT-Mission
Der Name CoRoT ist eine Abkürzung und steht für COnvection ROtation et T ransits planétaires“.
”
Die Satelliten-Mission CoRoT verfolgt zwei Ziele. Zum einen werden Sternschwingungen analysiert um so Informationen über den inneren Aufbau der Sterne zu sammeln und zum anderen
ist CoRoT auf der Suche nach Transits von Exoplaneten. Transits sind uns bereits aus unserem eigenen Sonnensystem bekannt. Ziehen die beiden inneren Planeten Merkur und Venus auf
ihren Bahnen vor der Sonne vorbei, können wir diese als kleine schwarze Scheibchen vor der
Sonnenscheibe erkennen. Dabei verdecken die Planeten einen kleinen Teil der Sonne, so dass
geringfügig weniger Strahlung auf die Erde trifft. Dies können wir mit bloßen Auge nicht erkennen, jedoch mit geeigneten Messgeräten detektieren. Das CoRoT-Weltraumteleskop misst
sehr genau die Helligkeit zahlreicher Sterne und kann so, selbst bei vielen Lichtjahren entfernten
Sternen noch einen Planetentransit detektieren. Ein Transit ist dann gleichbedeutend mit einem periodisch wiederkehrenden Einbruch der Sternhelligkeit. Von der Erde aus bzw. mit einem
Satelliten in der Erdumlaufbahn ist ein Transit nur dann beobachtbar, wenn man das Planetensystem genau von der Kante aus sieht. Um also die Wahrscheinlichkeit einer Transitbeobachtung
3
zu erhöhen muss der CoRoT-Satellit ein Feld mit möglichst vielen Sternen, über einen langen
Zeitraum mit großer photometrischer Genauigkeit beobachten. Die Messungen von Sternhelligkeiten bezeichnet man als photometrische Messungen oder Photometrie. Diese werden ergänzt
durch erdgebundene Messungen der Radialgeschwindigkeit. Durch die Kombination der beiden
Methoden, Transitbeobachtungen und Radialgeschwindigkeitsmessungen kann die Periode, die
große Halbachse, die Masse, der Radius und somit auch die Dichte des Exoplaneten bestimmt
werden. Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis über wichtige Sternparameter, insbesondere der
Masse und des Radius.
In unserem eigenen Sonnensystem tragen alle Planeten einen Eigennamen. Dies ließ sich jedoch
aufgrund der inzwischen beachtlichen Zahl an Exoplaneten nicht weiter fortsetzen. Wird um
einen Stern ein Planet entdeckt, so erhält der Planet den Namen des Sterns mit dem Zusatz
b“. Werden weitere Planeten um diesen Stern entdeckt erhalten Sie die Zusätze c, d, usw..
”
b“ steht dabei für den innersten oder zuerst entdeckten Planeten. Unsere Erde hieße in dieser
”
Nomenklatur Sonne d“. Entdeckt der CoRoT-Satellit einen Planeten, erhält der zugehörige
”
Stern den Namen CoRoT-i, wobei i eine ganze Zahl ist. Der erste mit der CoRoT-Mission
entdecke Planet heißt somit CoRoT-1b und sein Stern CoRoT-1.
1.2 Die Transit-Methode
Wie oben beschrieben beruht die Transit-Methode auf dem Einbruch der Helligkeit eines Sterns
beim Planetentransit. Misst man die Sternhelligkeit in regelmäßigen Abständen und trägt die
Helligkeit über der Zeit auf, erhält man die Lichtkurve des Sterns. Die zur Helligkeit gehörende
physikalische Größe ist der Fluss des Sterns. Die Einheit des Flusses ist J·s−1 · m−2 , also Energie
pro Zeit und Fläche. Damit Astronomen eine Transit beobachten können, müssen sie möglichst
genau auf die Kante des Planetensystems blicken, denn nur dann zieht der Planet auch vor seinen
Stern und durch die Sichtlinie zum Beobachter. Das Entstehen, sowie die Form der Lichtkurve
verdeutlicht Abbildung (1). Solange der Planet seinen Stern nicht bedeckt wird stets der gleiche
1. 2.
3. 4.
Fluss
ΔF
Zeit
Abbildung 1: Entstehung der Lichtkurve
Fluss gemessen. Ab der Position 1 des Planeten fällt der gemessene Fluss gleichmäßig ab, solange
bis der Planet in Position 2 sich vollständig vor dem Stern befindet. Der Fluss bleibt minimal
bis der Planet die Position 3 erreicht und die Sternscheibe wieder verlässt. Der Fluss steigt
gleichmäßig an, bis der Stern wieder vollständig zu sehen ist und sein Fluss das Ausgangsniveau
erreicht hat. Die maximale Abnahme des Flusses während des Transits heißt Transittiefe ∆F .
Das Verhältnis aus Transittiefe und Fluss vor dem Transit ist gleich dem Verhältnis der Flächen
4
AP des Planeten und AS des Sterns
∆F
AP
=
=
F
AS
RP
RS
2
.
(1)
Der Index P steht für Planet und S für Stern. Aus der Messung der Transittiefe erhalten wir also
direkt das Verhältnis der Radien. Beobachtet man einen Stern über einen längeren Zeitraum, ist
es möglich mehrere Transits zu detektieren. Der Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden
Transits entspricht dabei der Umlaufperiode des Planeten. Mit Hilfe des 3. Keplerschen Gesetzes
kann man nun die große Halbachse der Umlaufbahn bestimmen.
Neben dem Radius ist die Masse des Planeten von entscheidender Bedeutung für Astronomen. Denn erst wenn beide Größen bekannt sind lässt sich entscheiden, ob es sich um einen
erdähnlichen Gesteinsplaneten oder einen Jupiter ähnlichen Gasriesen handelt. Um die Masse
bestimmen zu können nutzt man eine zweite Methode, die Radialgeschwindigkeitsmethode.
1.3 Die Radialgeschwindigkeitsmethode
Abgesehen von der scheinbaren Bewegung der Sterne aufgrund der täglichen Rotation der Erde
oder ihrer jährlichen Bewegung um die Sonne scheint der Sternenhimmel für den nächtlichen
Beobachter immer gleich auszusehen. Dennoch ist der Sternenhimmel keinesfalls statisch. Sterne
bewegen sich mit zum Teil beachtlichen Geschwindigkeiten durch den Raum. Das der Nachthimmel dennoch statisch erscheint, hängt mit der enormen Entfernung der Sterne vom Beobachter
zusammen. Mit den heutigen Teleskopen und Detektoren ist es jedoch möglich die Bewegung und
Geschwindigkeiten von Sternen präzise zu messen. Dabei zerlegen wir die Geschwindigkeit eines
Sterns vS in zwei Komponenten: die Eigenbewegungen ve in der Himmelsebene und die Radialgeschwindigkeit vr , den Geschwindigkeitsanteil auf uns zu bzw. von uns weg. Letztere lässt sich
über die Verschiebung der Spektrallinien des Sterns aufgrund des Dopplereffekts messen. Bewegt
sich der Stern auf den Beobachter zu, werden seine Spektrallinien hin zu kürzeren Wellenlängen
verschoben. Man nennt dies Blau-Verschiebung. Analog spricht man von Rot-Verschiebung, wenn
die Linien zu längeren Wellenlängen hin verschoben werden. Der Stern bewegt sich dann vom
Beobachter weg.
Umkreist ein Exoplanet einen Stern, bewegen sich beide auf Keplerschen Bahnen um den gemeinsamen Schwerpunkt. Da der Stern um ein Vielfaches schwerer ist als der Planet, ist die große
Halbachse des Sterns um ein Vielfaches kleiner als die des Planeten. Betrachtet man z.B. unsere
Sonne und den Planeten Jupiter, liegt der gemeinsame Massenschwerpunkt noch innerhalb der
Sonne. Dennoch vollführt der Sterne in radialer Richtung eine periodische Bewegung auf den
Beobachter zu und wieder von ihm weg. Diese durch den Planeten hervorgerufene Bewegung
können Astronomen durch sehr genaue Messung der Linienverschiebung ∆λ im Sternspektrum
sichtbar machen. Es gilt hier folgender Zusammenhang
∆λ
vr
= ,
λ
c
(2)
c ist dabei die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Abbildung (2) stellt links die Bewegung des Planeten und des Sterns um ihren gemeinsamen Schwerpunkt dar. Auf der rechten Seite der Abbildung
ist, für den Fall, dass der Massenschwerpunkt noch innerhalb des Sterns liegt, die Pendelbewegung des Sterns zu sehen. Einen Umlauf des Planeten kann man auch in Phasen einteilen. Die
Phase 0 kennzeichnet den Zeitpunkt, wenn der Planet sich genau zwischen Stern und Beobachter
befindet. Bei den Phasen 0,25 und 0,75 ist der Planet neben und bei 0,5 letztlich hinter dem
Stern. Man sieht hier, dass sich der Stern ausgehend von der Phase 0 bis zur Phase 0,5 auf den
Beobachter zu bewegt, seine Linien also blau-verschoben werden. Genau zu den Phasen 0 und
0,5 ist die Linienverschiebung gleich null, da der Stern sich senkrecht zur Sichtlinie bewegt. Im
5
P = 0,75
P = 0,5
P = 0,0
P = 0,25
Abbildung 2: Planetenorbit
Bereich der Phasen 0,5 bis 1,0 bewegt sich der Stern vom Beobachter weg, seine Linien werden
demnach rot-verschoben. Die Phase 1,0 entspricht der Phase 0.
Wie groß die Bewegung und damit die Amplitude K der Radialgeschwindigkeitsänderung des
Sterns ist, hängt maßgeblich von vier Faktoren ab: der Masse des Sterns, der Masse und der
großen Halbachse des Planeten. Dabei bewirkt eine große Planetenmasse und eine kleine große
Halbachse eine große Veränderung in der Radialgeschwindigkeit des Sterns. Die vierte Einflussgröße ist die Neigung der Planetenbahn gegenüber der Himmelsebene, die Inklination i. Dies
zeigt uns auch Gleichung (3)
K = mp · sin i ·
2π · G
P · m2S
1/3
.
(3)
In dieser Formel1 ist G die Newton’sche Gravitationskonstante. Das Produkt mp ·sin i bezeichnet
man als untere Massengrenze des Planeten. Da im Allgemeinen die Inklination oder Bahnneigung (vgl. Abbildung 3) nicht bekannt ist, kann allein aus den Radialgeschwindigkeitsmessungen
nicht die wahre Masse des Planeten bestimmt werden. Nur für den Spezialfall i = 90◦ stimmt die
untere Massengrenze mit der wahren Masse überein. Bei einer Inklination von 90◦ bewegt sich
der Planeten genau in unserer Beobachtungsebene. Da der Stern ebenfalls in der Beobachtungsebene liegt, verdeckt der Planeten einmal pro Umlauf einen Teil des Sterns und man beobachtet
während der Phase 0 einen Transit. Durch die Kombination aus Transit- und Radialgeschwindigkeitsmethode kann also die wahre Planetenmasse bestimmt werden.
Bahnebene
i
vr
vs
Himmelsebene
Erde
Abbildung 3: Inklination i
1
Eine ausführliche Herleitung dieser Formel befindet sich im Anhang A.1
6
2 Aufgaben
2.1 Auswertung der Lichtkurve
Beginnend am 06.02.2007 beobachtete der CoRoT-Satellit über einen Zeitraum von 55 Tage bis
zum 02.04.2007 mehrere tausend Sterne. Nachfolgend soll der Stern CoRoT-1 genauer untersucht
werden. Dieser hat folgende äquatorialen Koordinaten: Rektaszension α = 6h 48m 19, 17s und
Deklination δ = −3◦ 090 07.7800 . Demnach liegt der Stern im Sternbild Einhorn, westlich vom
bekannten Wintersternbild Orion und nördlichem vom Sternbild Großer Hund mit dem
hellsten Stern am Nachthimmel Sirius. CoRoT-1 ist ca. 460 ± 100 pc bzw. 1500 ± 320 lj von der
Erde entfernt.
Analog dem Vorgehen der Wissenschaftler bei der CoRoT-Mission soll hier zunächst die Lichtkurve des Sterns untersucht werden. Erst wenn in diesen Daten ein möglicher Planet entdeckt
wird, wird der sogenannter Alarm-Modus gestartet. Der Planetenkandidat wird dann intensiver
beobachtet und die erdgebundenen Messungen der Radialgeschwindigkeit beginnen.
A1
Bestimmen Sie aus der Lichtkurve des Sterns CoRoT-1 (Abbildung 4) die Periode von
dessen Exoplaneten anhand der Transiteinbrüche. Erhöhen Sie ihre Messgenauigkeit
durch mehrfache Messung und Mittelwertbildung.
Fluss
(normiert)
1,005
1,000
0,995
0,990
0,985
0,980
0,975
Julianisches Datum / Tage
0,970
24
24
54
1
69
54
,0
24
17
0,
0
54
24
17
1,
0
54
24
5
17
24
41
2,
0
73
54
,0
24
17
4,
54
0
24
17
5,
54
0
24
17
6,
54
0
17
7,
0
Abbildung 4: Lichtkurve CoRoT-1 [5]
A2
Bestimmen Sie aus der über der Phase aufgetragenen Transitlichtkurve des Exoplaneten (Abbildung 5) die Transitdauer und Transittiefe. Schätzen Sie ihre Messgenauigkeit beim Ablesen der einzelnen Größen ab. Bestimmen Sie die Transitdauer
7
zunächst in Einheiten der Phase und rechnen Sie diese dann mit der in A1 bestimmten Umlaufperiode in Tage um.
Fluss
(normiert)
1,00
0,99
0,99
0,98
0,98
0,97
0,97
-0,05
0,00
0,05
Phase
Abbildung 5: Transitlichtkurve CoRoT-1 [6]
A3
Berechnen Sie den Radius RP (in Jupiterradien) und die große Halbachse aP (in
Astronomischen Einheiten) des Exoplaneten mit Hilfe ihrer Messungen und den
Sternparametern (Tabelle 1). Hinweis: 1 · R ≈ 10 · RJup
Stern-Parameter (CoRoT-1)
Spektraltyp
G0V
MS /M
0, 95 ± 0, 15
RS /R
1, 11 ± 0, 05
Teff /K
5950 ± 150
Vmag
13, 6
Tabelle 1: Stern-Parameter CoRoT-1 [1]
2.2 Auswertung der Radialgeschwindigkeitsmessungen
Nachdem die photometrischen Beobachtungen Anhaltspunkte für einen Planetenkandidaten geliefert haben, muss er nun durch geeignete Nachbeobachtungen bestätigt werden. Im Falle von
CoRoT-1b wurden diese im Süden Frankreichs am Observatoire de Haute Provence“ durch”
geführt. Die dortige Sternwarte verfügt über ein 1,93 m-Spiegelteleskop und mit Sophie über
8
einen Spektrographen mit sehr guter Auflösung. Sophie erreicht bei hellen Sternen eine Genauigkeit von 2 ms−1 bis 3 ms−1 bei Radialgeschwindigkeitsmessung. Der Stern CoRoT-1 wurde bei
einer Genauigkeit von ca. 20 ms−1 bis 30 ms−1 untersucht. In zwei Beobachtungsepochen wurden
insgesamt 9 Radialgeschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Diese sind in Tabelle (2) mit der
zugehörigen der Messungenauigkeit und dem Julianischem Datum der Beobachtung aufgelistet.
Radialgeschwindigkeitsdaten
Julianisches Datum / Tage
vr / kms-1
σvr / kms-1
Epoche 1
2454184,30498
23,2879
0,0385
2454185,30867
23,1274
0,0600
2454192,30397
23,5545
0,0271
2454197,32090
23,2732
0,0309
Epoche 2
2454376,66501
23,3860
0,0226
2454378,66336
23,1786
0,0324
2454379,66472
23,4246
0,0224
2454380,67016
23,4943
0,0229
2454381,63151
23,1822
0,0227
Tabelle 2: Radialgeschwindigkeitsdaten von CoRoT-1 [1]
A4
Tragen Sie die Datenpunkte der zweiten Beobachtungsepoche mit den zugehörigen
Messungenauigkeiten in ein Diagramm (Radialgeschwindigkeit über Julianischem
Datum) ein. Skalieren Sie die Achsen so, dass 0, 1 kms−1 1 cm auf der y-Achse und
1 Julianischer Tag 2 cm auf der x-Achse entsprechen.
A5
Ermitteln Sie mit Hilfe der Folie F1 die Amplitude der periodischen Radialgeschwindigkeitsänderung und lesen Sie das Julianische Datum der Phase Null der Planetenbewegung ab. Die Folie soll dabei so verschoben werden, dass die Messwerte optimal
auf einer der dargestellten Kurven liegen. Die Amplituden der einzelnen Kurven sind
in Tabelle 3 aufgelistet. Die gestrichelte Linie markiert die Phase Null. Ihr Schnittpunkt mit der Datum-Achse ergibt den gesuchten Zeitpunkt.
Wenn die Periode und die Amplitude der Radialgeschwindigkeitsvariation genau genug bestimmt
wurde, ist es möglich alle Messwerte in den Bereich einer Phase einzutragen. Man spricht dann
von einem phasengefalteten Diagramm.
A6
Rechnen Sie ausgehend vom Zeitpunkt der Phase Null t0 die Zeitangaben der zweiten
Beobachtungsepoche in Angaben der Phase um. Bestimmen Sie hierfür die Zeitdifferenz ∆t = tBeobachtung − t0 und teilen Sie diese durch die Umlaufperiode P . Als
Ergebnis erhalten Sie die Zeitdifferenz umgerechnet in eine Phasendifferenz. Da alle
Werte über einer Phase aufgetragen werden sollen, betrachten Sie nur die Nachkommastellen ihres Ergebnisses (Beispiel: Phasendifferenz: 251, 493 ⇒ P = 0, 493). Liegt
der Beobachtungszeitpunkt vor dem Zeitpunkt t0 , wird auch das Ergebnis für die
9
Phase negativ. Durch Addition einer Eins, erhalten Sie das richtige, positive Ergebnis
(Beispiel: P = −0, 20 ⇒ P = 0, 80).
Amplituden K der Folie F1
Farbe
K / kms-1
schwarz
0,127
rot
0,188
grün
0,251
blau
0,314
hellblau
0,376
pink
0,438
gelb
0,500
Tabelle 3: Amplituden K - Folie F1
Für die Umrechnung der Beobachtungsdaten der ersten Epoche ist eine sehr genaue Bestimmung der Umlaufperiode nötige. Zwischen beiden Epochen verging ca. ein halbes Jahr. Dieser
Zeitraum umfasst viele Umlaufperioden und mit jeder summiert sich der Fehler der ungenauen
Bestimmung auf. Um die Periode ausreichend genau zu bestimmen, muss die komplette Lichtkurve von CoRoT-1 betrachtet werden. Diese umfasst ca. 55 Beobachtungstage. Da die Auswertung
der gesamten Lichtkurve analog zur Aufgabe A1 für dieses Projekt zu langwierig und stupide
wäre, wurde hier nur exemplarisch ein Ausschnitt von 8 Tagen betrachtet. In Tabelle (4) finden
Sie die Werte der Phase für die Daten der Epoche 1.
Epoche 1
Julianisches Datum / Tage
P
vr / kms-1
σvr / kms-1
2454184,30498
0,469
23,2879
0,0385
2454185,30867
0,134
23,1274
0,0600
2454192,30397
0,770
23,5545
0,0271
2454197,32090
0,095
23,2732
0,0309
Tabelle 4: Epoche 1 [1]
A7
Tragen Sie für beide Epochen die Messwertpaare bestehend aus Radialgeschwindigkeit und Phase in ein Diagramm (Radialgeschwindigkeit über Phase) ein. Skalieren
Sie die Achsen so, dass 0, 1 kms−1 1 cm auf der y-Achse und 0,1 Phase 1 cm auf der
x-Achse entsprechen.
A8
Berechnen Sie mit Hilfe ihrer Messwerte die wahre Masse mP des Planeten CoRoT1b und drücken Sie diese in Jupitermassen aus. Hinweis: M = 2 · 1030 kg; MJup =
1, 90 · 1027 kg
10
2.3 Schlussfolgerungen
A9
Berechnen Sie aus Masse und Radius des Planeten dessen mittlere Dichte. Handelt
es sich, ausgehend von der Dichte, um einen erdähnlichen Gesteinsplaneten (ρErde =
5, 52 gcm−3 ) oder um einen jupiterähnlichen Gasriesen (ρJup = 1, 33 gcm−3 )? Hinweis: R = 6, 96 · 108 m.
An einem sonnigen Tag spüren wir unmittelbar, wie die Strahlung unserer Sonne uns und die
Erde wärmt. Natürlich werden auch Exoplaneten von ihrem Stern aufgeheizt. Dabei nimmt die
Temperatur eines Planeten stetig zu, bis er selbst gerade so viel Wärmestrahlung abgibt, wie
er vom Stern aufnimmt. Diese Temperatur nennt man Gleichgewichtstemperatur. Die Gleichgewichtstemperatur ist um so größer, je mehr Fluss vom Stern ausgeht und je geringer die
Entfernung des Planeten vom Stern ist. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Albedo A, das
Rückstrahlvermögen“ des Planeten. Die Albedo gibt an, welcher Anteil der Strahlung absor”
biert und welcher reflektiert wird. Hier bedeutet A = 0, dass die komplette vom Stern kommende
Strahlung absorbiert wird und A = 1 dementsprechend, dass alles reflektiert und nichts absorbiert wird. Jeder, der an einem heißen, sonnigen Tag schon einmal ein schwarzes und ein weißes
T-Shirt getragen hat, hat diesen Effekt bereits am eigenen Leib erfahren. Ausgedrückt durch
eine Formel berechnet sich die Temperatur eines Planeten als
s
r
RS 4 1 − A
TP = TS ·
·
.
(4)
ap
4
A10
Überprüfen Sie ob sich der Planet CoRoT-1b innerhalb der habitablen Zone seines
Sterns befindet. Hinweis: ACoRoT−1b = 0, 02
A11
Mit der Radialgeschwindigkeitsmethode wurden bisher hauptsächlich sogenannte
Hot-Jupiters“ entdeckt. Finden Sie Gründe für diesen Sachverhalt und erklären
”
Sie die Entstehung der Bezeichnung Hot-Jupiter“.
”
Berechnen Sie aus der Amplitude der Radialgeschwindigkeitsänderung von CoRoT-1
die Linienverschiebung der Ha -Linie (λα = 656, 2793 nm). Wir groß ist die Verschiebung auf dem Detektor des Spektrographens, wenn dieser das gesamte sichtbare
Spektrum (400 nm bis 800 nm) auf eine Länge von 10 cm abbildet? Wie groß wäre
die Verschiebung bei einer Detektorlänge von 10 km? Argumentieren Sie ausgehend
von Ihren Ergebnissen, warum dieses Projekt mit den fertigen Radialgeschwindigkeitsdaten begann und nicht mit der Auswertung der Linienverschiebung in den
Spektren.
A12
11
Literaturverzeichnis
[1] P. Barge et al.; Transiting exoplanets from the CoRoT space mission:
1. CoRoT-Exo-1b: a low density short-period planet around a G0V star ;
Astronomy & Astrophysics; 2008
[2] www.exoplanet.eu/planet.php?p1=CoRoT-1&p2=b
[3] S. Rätz; Die Beobachtung von extrasolaren Planeten mit der Transitmethode; Astronomie und Raumfahrt im Unterricht, Heft 6 2011
[4] M. Gillon et al.; VLT transit and occultation photometry for the bloated
planet CoRoT-1b; Astronomy & Astrophysics; 2009
[5] CoRoT public data archive: http://idoc-corot.ias.u-psud.fr/
[6] CNES; Press release; Success of the first CoRoT satellite observation: first
exoplanet and first stellar oscillations; 2007
12
A Anhang
A.1 Herleitung der Radialgeschwindigkeitsformel
S
aS
aP
Abbildung 6: Orbitbewegung
Für die Herleitung der Radialgeschwindigkeitsformel betrachtet man zunächst die Verhältnisse
der Massen und der großen Halbachsen des Sterns und des Planeten. Hieraus leitet man zwei
Näherungen ab. Die Masse des Sterns ist viel größer als die des Planeten: mS mP . Gleichzeitig
ist die große Halbachse des Planeten viel größer als die des Sterns bei der Bewegung um den
gemeinsamen Massenschwerpunkt: aP aS . Mit Hilfe dieser Relation kann man
aS + aP ≈ aP
(A.1)
und
mS + mP ≈ mS
(A.2)
schreiben. Neben diesen Näherungen benötigt man drei bereits bekannte Gesetze:
1. Schwerpunktsatz:
mS · aS = mP · aP
(A.3)
(aS + aP ) 3 G · (mS + mP )
=
P2
4π 2
(A.4)
2. 3. Kepler-Gesetz:
3. Bahngeschwindigkeit des Sterns auf der Kreisbahn:
vS =
2π · aS
.
P
(A.5)
Als erstes stellt man die Gleichung (A.3) nach aS um und setzt das Ergebnis in Gleichung (A.5)
ein. Man erhält folgenden Ausdruck für die Geschwindigkeit des Sterns vS
vS =
2π mP · aP
·
.
P
mS
13
(A.6)
Anschließend vereinfacht man Gleichung (A.4) in dem man beide Näherungen (A.1) und (A.2)
einsetzt zu
a3P
G · mS
=
.
(A.7)
2
P
4π 2
Gleichung (A.7) wird nun nach aP umgestellt, in Gleichung (A.6) eingesetzt und vereinfacht.
Dies ergibt den Ausdruck
1
2π · G 3
.
(A.8)
vS = mP ·
P · m2S
Gleichung (A.8) beschreibt die Raumgeschwindigkeit des Sterns. Durch die Messung der Linienverschiebung erhalten wir allerdings nur den radialen Anteil, die sogenannte Radialgeschwindigkeit. Diese hängt mit der Raumgeschwindigkeit gemäß
vr = vS · sin i
(A.9)
zusammen. Von der Gültigkeit dieses Zusammenhangs vergewissere man sich anhand Abbildung
(3). Setzt man nun in einem letzten Schritt Gleichung (A.8) in Gleichung (A.9) ein, erhält man
die fertige Formel zur Berechnung der Radialgeschwindigkeit
2π · G 1/3
vr = mp · sin i ·
.
(A.10)
P · m2S
Da es sich beim Radialgeschwindigkeitssignal hervorgerufen durch einen Exoplaneten nur um
eine Variation um einen festen Wert der Radialgeschwindigkeit handelt, schreibt man für vr
häufig ein K. Dies betont, dass es sich nur um die Amplitude der Variation und nicht um den
absoluten Betrag der Radialgeschwindigkeit handelt. Mutterstern und Exoplanet bewegen sich
zusammen fast immer auch von uns weg oder auf uns zu. Diese Bewegung ist aber unabhängig
von der für die Massenbestimmung relevanten Bahnbewegung.
14
A.2 Kopiervorlage Folie F1
y
x
Abbildung 7: Schablone Radialgeschwindigkeitsvariation für mehrere Amplituden (Druckeinstellung Tatsächliche Größe“)
”
15
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