P ra x is Lidrandpflege bei Glaukom-Medikamentation Von Dr. Gerda Feichtinger-Rensch Pharmakotherapie besteht in der Ophthalmologie meist in der Applikation von Augentropfen. Obwohl wir den großen Vorteil haben, eine wirkliche Lokal­ therapie (meist) ohne große Belastung des restlichen Körpers durchführen zu können, hat diese durchaus ihre Nachteile. W ässrige Augenzubereitungen, die länger als 24 Stunden benutzt werden, sind Konservierungsmittel zugesetzt. Die Konzentration des Konservierungsmittels ist so bemessen, dass seine keimtötende Wirkung etwa vier Wochen lang gewährleistet ist. Die Gefahren, die eine permantente Gabe von Benzalkoniumchlorid für die Cornea birgt, sind hinreichend bekannt. Gerade bei unseren Glaukom-Patienten haben wir mit Freude die Entwicklung von konservierungsmittelfreien Präparaten verfolgt. Leider stehen oft wirtschaft­ llche Gründe dem Einsatz dieser Präparate entgegen. Im Laufe der Jahre konnten wir bei Glaukom-Patienten, die schon lange in Behandlung sind, auch Schädigungen des Lidrandes, beobachten. Kein Wunder, weil auf dem Auge ja nur rund sieben Mikroliter Flüssigkeit Platz Blepharitis durch Konservierungsmittel: Lidrandpflege hilft. haben und bei einer Tropfengröße von durchschnittlich Das häufigste Konservierungsmittel in 22–25 Mikroliter ein Großteil des appliAugen­­tropfen ist Benzalkoniumchlorid zierten Medikamentes in der Nasenschleim(BAC). Es wird auch deshalb gern genom- haut verschwindet oder eben die Lidränder men, weil des durch seine zellschädigende überschwemmt. Wirkung die Permeabilität des Hornhaut­ epithels erhöht und das Eindringen von Auch in den Warnhinweisen auf den Beipackzetteln hat die Beeinträchtigung der Wirkstoffen beschleunigt. Lid­ränder Eingang gefunden. So ist bei einem der bekanntesten Medikamente unter den häufigen Nebenwirklungen „Jucken des Auges“ und unter den gelegentlichen Nebenwirkungen „Verkrustung des Randes des Augenlides, Augenlid-Ödem“ aufgeführt. Zur Minderung oder Abwendung solcher Schädigungen beziehungsweise zur Linde­ rung der Symptome empfehlen wir im Augen­­zentrum Mödling die konsequente und sorgfältige tägliche Lidrandpflege mit einer tensidfreien liposomalen Suspension. Dr. Gerda Feichtinger-Rensch Belegärztin am Ev. KH Wien, Ordinationen in Mödling und Wien-Liesing Tel. +43 (0)2236 / 473 37 [email protected] 3 8 • M e d i c a l N e t w o r k 2 0 11 • Deren schmerzlindernde und antiphlogistische Eigenschaften unterstützen ein Abklingen der Entzündung und verschaffen den Patienten ein angenehmeres Gefühl. k www.augen.co.at Benzalkoniumchlorid (BAC), das auch Tensideigenschaften aufweist, ist eine Substanz mit ausgeprägten zytotoxischen Eigenschaften. Es wirkt gegen die meisten grampositiven und die weniger empfindlichen gramnegativen Keime, die am Auge vorkommen, nicht aber gegen einige Arten des “Problemkeims” Pseudomonas. Gegen Viren wirkt Benzalkoniumchlorid nur in geringem Ausmaß. BAC wird unter anderem in Desinfektionsund Reinigungsmitteln, in Präparaten zur Prophylaxe von Fußpilz und zur lokalen Empfängnisverhütung verwendet. Es ist auch Bestandteil vieler Algizide, z.B. für Schwimmbäder. Im Auge verringert Benzalkoniumchlorid die Stabilität des Tränenfilms und kann bei langdauernder Anwendung ein trockenes Auge verursachen. Die Tensideigenschaften von BAC begünstigen die Zerstörung der Lipidphase des Tränenfilms. Die Verdunstungsrate des Tränenfilms steigt bei Gabe von BAC um den Faktor zwei.1 Es greift die Hornhaut des Auges bis in die tieferen Zellschichten hinein an. In der Folge wird die oberste Hornhautschicht an winzigen Stellen dünner. Aus diesen Punkten kann ein Hornhautgeschwür entstehen. Wirkt Benzalkoniumchlorid dauerhaft ein, können erhebliche Hornhautschäden auftreten. Wenn ein mit Benzalkoniumchlorid konserviertes Medikament ins Auge getropft wird und einige Zeit danach Augentropfen mit einem anderen Wirkstoff, kann dieser schneller und tiefer in die Hornhaut eindringen als sonst. Auf diese Weise kann Benzalkoniumchlorid diese Substanz stärker wirken lassen, aber auch ihre unerwünschten Wirkungen können verstärkt auftreten. Ein weiterer Aspekt ist, verglichen mit anderen Substanzen, die verstärkte Aufnahme von BAC in das Augengewebe. Es verbleibt in der Cornea bis zu 48 Stunden nach der Applikation, während andere Substanzen schon nach 8-12 Stunden nicht mehr in okularen Flüssigkeiten und Geweben nachzuweisen sind. Mit Benzalkoniumchlorid konservierte Augentropfen sollten nicht dauerhaft angewendet werden. Ist das nicht möglich, müssen wir die Augenoberfläche und die Lider regelmäßig kontrollieren. 1 A. Berke und W. Vogel: Pharmakologie des Auges. Heidelberg, DOZ-Verlag 2006. S. 252.