3 Wärme 3.1 Lernziel Die Studierenden vertiefen das Verständnis der Begriffe Innere Energie, Wärme, spezifische Wärmekapazität und molare Wärme von Festkörpern und Flüssigkeiten. Sie können den Wasserwert eines Kalorimeters bestimmen und die spezifische Wärmekapazitäten von Flüssigkeiten und Festkörpern messen. Als experimentelle Kompetenz lernen sie, die Unzulänglichkeiten einfacher Kalorimeter zu kompensieren. 3.2 Vorbereitung Experimentalphysik VO, Kapitel 4Wärme: Wärme als Energieform (1. Hauptsatz), Mischungsvorgänge, 2. Hauptsatz. 3.3 Experimente In der verfügbaren Laborzeit werden sich eventuell nicht alle Experimente 3.3.1 bis 3.3.5 durchführen lassen. Lassen Sie sich dadurch nicht von sorgfältigem Experimentieren und gründlicher Auswertung abbringen. 3.3.1 Wasserwert des Kalorimeters Ein Kalorimeter ist ein wärmeisoliertes Gefäß zur Messung von „Wärmemengen“. Nicht nur die in ein Kalorimeter eingebrachten Flüssigkeiten und Festkörper besitzen jedoch eine Wärmekapazität, sondern auch das Kalorimeter selbst. Als Wasserwert des Kalorimeters bezeichnete man früher jene Menge (Masse) Wassers, welche die gleiche Wärmekapazität besitzt wie das Kalorimeter (Gefäßwände, Rührfischchen, Thermometer, enthaltene Luft,...). Q Heute meint man damit meist direkt die Wärmekapazität C Kal= Kal anstelle der entspreΔT chenden Wassermasse. Messtechnische Durchführung - Machen Sie sich mit dem Kalorimetergefäß und seinen Komponenten vertraut. Beschalten Sie die Heizung mit einem geeigneten Netzgerät sowie Voltmeter und Amperemeter zur Leistungsmessung. Überlasten Sie den Heizwiderstand nicht (max. 10 V ); insbesondere wenn er nicht in Wasser getaucht ist . Experimentalphysik Labor 3Waerme.odt 1 - Für die Temperaturmessung wird ein Pt-100-Sensor verwendet1. Er besitzt 4 Anschlüsse: In eines der Leiterpaare wird ein etwa konstanter Strom eingeprägt, am anderen Leiterpaar misst man hochohmig die am Fühler abfallende Spannung (Abbildung 1). Dadurch wird der Einfluss der Leitungs- und Kontaktwiderstände weitgehend ausgeschaltet. Strom: ca. 1 mA realisiert durch Vorwiderstand 12 k Ω an 12V - Wiegen des leeren Kalorimeters (Hier messen Sie am besten nur den Kalorimeter-Innenbecher; beim Experiment 3.3.5 sollten Sie das gesamte Kalorimeter einschließlich Heizung messen.) G 12V= 12k mV A Pt100 Abbildung 1: Pt-100 zur Temperaturmessung in 4-Punkt-Schaltung - Einwiegen einer definierten Menge kalten Wassers - Da sich das Wasser nicht genau auf Umgebungstemperatur befindet, wird sich seine Temperatur langsam ändern. Beobachten Sie daher den Temperaturverlauf einige Minuten lang und zeichnen in definierten Zeitschritten die Temperatur auf. Die Flüssigkeit im Kalorimeter ist dabei und auch im Folgenden fortwährend umzurühren, um eine Schichtung kalten und warmen Wassers zu verhindern. (Wichtig!) - Beginn der Wärmezufuhr durch elektrische Beheizung. Zeichnen Sie dabei in kurzen Zeitintervallen folgende Messwerte auf2: Zeit – Temperatur – Strom – Spannung - Wenn die Temperatur um etwa 10 ° C über die Raumtemperatur gestiegen ist, schalten Sie die Beheizung ab. Die Messwerte werden aber noch weitere drei bis vier Minuten lang aufgenommen. 1 Aus dem benachbarten Laborraum 2 Um alle Parameter exakt gleichzeitig zu erfassen, können Sie eventuell eine Serie digitaler Fotografien erstellen, welche die Zustände aller Messgeräte enthalten. Experimentalphysik Labor 3Waerme.odt 2 Auswertung Die zugeführte Wärme Q=∫ U⋅I⋅dt führt zu einer Temperaturerhöhung des Wassers, aber auch des Kalorimeters. Wenn keine Wärme verloren geht, ist die zum Aufheizen benötigte Wärme Q=(mW⋅c W +C Kal )⋅Δ T . mw cW ...Wassermasse ...Spezifische Wärmekapazität des Wassers in J kgK Den Wasserwert des Kalorimeters erhält man daher bei bekannter spezifischer Wärmekapazität des Wassers aus C Kal= Q −mW⋅cW . ΔT Da die spezifische Wärmekapazität nicht gänzlich temperaturunabhängig ist, suchen Sie den mittleren Wert über den gewählten Temperaturbereich aus Tabelle 1. Praktisch ist das Kalorimeter kein völlig abgeschlossenes System; auch vor und nach der Heizphase ändert sich die Temperatur. Durch geschickte Auswertung kann man die Temperaturdifferenz Δ T erhalten, die im idealen Kalorimeter aufgetreten wäre. Dazu extrapoliert man den Temperaturverlauf vor und nach dem Wärmeaustausch (Abbildung 2). Abbildung 2: Ermittlung der Temperaturänderung, die ohne Wärmeverluste auftreten würde, aus dem zeitlichen Verlauf der Temperatur vor, während und nach dem Wärmeaustausch. Δ T wird so gemessen, dass die schraffierten Flächen gleich sind. WÄHLEN SIE NUN VON DEN NACHSTEHENDEN EXPERIMENTEN Experimentalphysik Labor 3Waerme.odt AUS: 3 3.3.2 Spezifische Wärmekapazität von Metallen Die molare spezifische Wärme ist nach der Theorie von Debye für alle Metalle gleich3. Auf die Masse bezogen verhalten sich die spezifischen Wärmekapazitäten daher indirekt proportional zu den relativen Atommassen. Messtechnische Durchführung - Im Kalorimeter befindet sich zusätzlich ein zuvor gewogener Metallkörper. Füllen Sie nur so viel Wasser ein, dass dieser und der Heizwiderstand gut bedeckt sind und die Temperaturmessung gut möglich ist. - Gehen Sie messtechnisch vor wie im Experiment 3.3.1. Auswertung Die zugeführte Wärme Q=∫ U⋅I⋅dt verteilt sich nun zusätzlich auch noch auf den Metallkörper: Q=(m W⋅c W + mM⋅c M +C Kal )⋅Δ T Die spezifische Wärmekapazität des Metalls mM erhalten Sie aus der Umformung dieser Gleichung. Die Temperaturdifferenz Δ T bestimmen Sie wie in 3.3.1. 3.3.3 Mischungsvorgänge Das experimentelle Ziel von 3.3.2 lässt sich auch auf andere Weise realisieren. Bei Mischungsvorgängen bleibt die Summe der Inneren Energien aller beteiligten Körper konstant. Die von heißeren Körpern abgegebene Wärme entspricht der von kälteren Körpern aufgenommenen Wärme, n ∑ Qi =0 i=1 Messtechnische Durchführung - Das Kalorimeter wird nun ohne Heizung betrieben. - Füllen Sie das Kalorimeter mit einer definierten Wassermenge, die gerade ausreicht, um einen Metallkörper gut zu bedecken. - Der Metallkörper wird in einem weiteren Gefäß im Wasserbad auf genau definierte Temperatur erwärmt (ca 40 ° C ) . - Nehmen sie den Metallkörper aus dem Wärmebad, sehr rasch kurz abtupfen und in das Kalorimeter einbringen. - Unter ständigem Rühren messen Sie wieder vor, während und nach dem Einbringen des Metalls die Temperatur. 3 Dieser Grundsatz gilt allerdings erst oberhalb der stoffabhängigen „Debye-Temperatur“. Für viele Metalle liegt diese unterhalb oder in der Nähe der Raumtemperatur, z.B. Blei 95K, Kupfer 345K, Eisen 470K Experimentalphysik Labor 3Waerme.odt 4 Auswertung Die spezifische Wärmekapazität des Metalls erhält man aus der Energiebilanz (mW⋅c W +C Kal )⋅Δ T Kal +m M⋅c M⋅Δ T M =0 bzw. (mW⋅c W +C Kal )⋅(T Kal−T mix )+mM⋅c M⋅(T M −T mix )=0 T Kal TM T mix ...Temperatur im Kalorimeter vor dem Einbringen des Metallkörpers ...Metalltemperatur vor dem Einbringen in das Kalorimeter ...Mischungstemperatur im Kalorimeter durch Umformung aus cM = ( mW c W +C Kal )⋅(T mix −T Kal ) mM⋅(T M −T mix) T Kal und T mix werden wieder durch Extrapolation lt. Abbildung 2 bestimmt. 3.3.4 Schmelzwärme Bei Phasenumwandlungen von Stoffen treten Wärmeenergien auf, die sich nicht in einer Temperaturänderung zeigen → Latente Wärme. Solche tritt insbesondere beim Schmelzen von Eis (Schmelzwärme) oder dem Verdampfen von Wasser (Verdampfungswärme) auf, aber auch wenn sich etwa Salz in Wasser löst (Lösungswärme). J kg QF ...Spezifische Schmelzwärme in QV ...Spezifische Verdampfungswärme in J kg Messtechnische Durchführung - Lassen Sie einen Eiswürfel über längere Zeit bei Raumtemperatur vorwärmen, sodass seine Temperatur durch und durch 0 ° C beträgt. - Vorexperiment wie in den anderen Experimenten mit einer definierten Wassermenge im Kalorimeter. Achten Sie darauf, dass Wassermenge und Wassertemperatur im Kalorimeter ausreichend hoch sind, um das Eis vollständig aufschmelzen zu können. - Den Eiswürfel kurz vor dem Einbringen abtrocknen und wiegen. - Weitere Vorgangsweise wie in 3.3.3. Auswertung Aus dem Kalorimeter wird die Wärme für das Schmelzen des Eises sowie für die Erwärmung des Schmelzwassers gezogen. Die Wärmekapazität des Eises bleibt unberücksichtigt, wenn der Eiswürfel bereits auf 0 ° C vorgewärmt war. Wärmebilanz: Experimentalphysik Labor 3Waerme.odt 5 (mW cW + C Kal )⋅(T mix−T Kal )+(m Eis c W )⋅(T mix−T Eis )+(m Eis⋅Q F )=0 Q F= ( mW cW +C Kal )⋅(T Kal −T mix )+(m Eis c W )⋅(T Eis −T mix ) m Eis T Eis=273,15 K (0 ° C ) ...Temperatur Eis vor dem Einbringen Bestimmung T Kal und T mix gemäß Abbildung 2. 3.3.5 Verdampfungswärme Messtechnische Durchführung - Kalorimeter mit definierter Menge Kaltwasser mW und Temperatur T Kal - Aufheizen mit größerer Leistung über einen längeren Zeitraum. Der Deckel des Kalorimeters bleibt einen Spalt offen, sodass bei höherer Wassertemperatur zunehmend Wasser verdunstet bzw. nach Erreichen der Siedetemperatur verdampft. - Messen der Siedetemperatur (luftdruckabhängig!) - Nach Beendigung des Heizvorgangs sofort das noch auf Siedetemperatur befindliche Wasser wägen. Auswertung Wärmebilanz: Q=∫ U⋅I⋅dt=( mW cW )⋅(T Sied −T Kal )+ Δ mW⋅Q V QV = Δ mW Q−(mW c W +C Kal )⋅(T Sied −T Kal ) Δ mW ...Masseverlust während des Experiments durch Verdampfen Experimentalphysik Labor 3Waerme.odt 6 3.4 Anhang Tabelle 1: Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität des Wassers bei konstantem Druck (10 5 Pa) Quelle: http://www.wissenschaft-technik-ethik.de/wasser_eigenschaften.html Temp.(°C) c (kJkg-1K-1) -100 1,377 -60 1,64 -32 1,86 -25 1,93 -21 1,95 -15 2,00 -11 2,04 -5 2,06 -2 fest 2,10 fest 0 4,218 flüss. 10 4,192 20 4,182 30 4,179 40 4,179 50 4,181 60 4,184 70 4,190 80 4,196 90 4,205 100 4,216 flüss. 110 2,014 gasf. (Dampf) 120 1,997 150 1,976 200 1,963 250 1,980 300 1,997 gasf. 400 2,052 überkritisch 500 2,119 überkritisch Experimentalphysik Labor 3Waerme.odt 7