Die Protonentherapie am Paul Scherrer Institut PSI-Protonentherapie für Augentumoren (OPTIS). Der Kopf des Patienten wird mit einer Maske und einem Beissblock fixiert. Die eigentliche Bestrahlung des Augentumors dauert weniger als eine Minute. Vier Bestrahlungen an vier aufeinander folgenden Tagen sind notwendig. 3 Die Protonentherapie am Paul Scherrer Institut Das Ziel der Strahlentherapie am Paul Scherrer 1984 wurden am PSI erstmals Augentumoren mit Institut (PSI) ist die Zerstörung des Tumorgewe- Protonen bestrahlt. Es war die erste derartige bes mit geladenen Teilchen, den sogenannten Einrichtung in Europa. Ende 1996 wurde die erste Protonen. Protonen sind dafür besonders geeig- Protonen-Gantry Europas für die Bestrahlung von net, weil sie ihre grösste Wirkung in der Tiefe des tief liegenden Tumoren am PSI in Betrieb genom- Körpers, im Tumor, entfalten. Dank einer weltweit men. Mit der laufenden Weiterentwicklung der einmaligen Bestrahlungstechnik ermöglicht die Bestrahlungstechnik sollen in Zukunft auch Tumo- neuartige Protonentherapie-Anlage am PSI, die ren, die sich während der Bestrahlung bewegen Strahlendosis sehr präzise an die meist unregel- (z.B. Brust- und Lungenkarzinome), mit der neu- mässige Form des Tumors anzupassen und so das artigen Technik hoch präzise behandelt werden gesunde Gewebe noch besser zu schonen als mit können. Das PSI ist führend bei der technologi- modernen herkömmlichen Strahlentherapie- schen Entwicklung der Protonentherapie und setzt Techniken. damit weltweit Trends in der Strahlentherapie von Krebstumoren. OPTIS-Anlage für die Bestrahlung von Augentumoren mit Protonen. Nach der genauen Justierung der Protonenstrahlen auf den Tumor im Auge wird die Bestrahlung durchgeführt. Mehr als 5000 Patientinnen und Patienten haben am PSI bisher von dieser Therapie profitiert. 4 DIE PROTONENTHERAPIE AM PSI Strahlentherapie und ihre Bedeutung Strahlentherapie, auch Radiotherapie genannt, ist wie die Chirurgie eine lokale Behandlungsme- Eine von drei Personen in Europa wird im Laufe thode, bekämpft also örtlich begrenzte Tumoren. ihres Lebens voraussichtlich an Krebs erkranken. Sie ist nicht ersetzbar durch Therapien, die auf das Allein in der Schweiz erfahren jedes Jahr rund ganze Körpersystem wirken müssen (insbesondere 30 000 Menschen, dass sie Krebs haben. Ca. 70 % für die Behandlung von Metastasen), wie zum davon werden während ihrer Erkrankung Strahlen- Beispiel Chemotherapie und Immunotherapie therapie benötigen. Etwas mehr als 45 % aller (systemische Therapien). diagnostizierten Tumoren sind heute heilbar, wobei Die Strahlentherapie ist eine Behandlungsform, Heilung heisst, dass die Betroffenen nach der bei der entweder Röntgen- bzw. Gammastrahlen Behandlung mehr als fünf Jahre ohne neue Krebs- (Photonentherapie) oder Teilchenstrahlen (z. B. Pro- erkrankung leben. Ca. 22% verdanken die Heilung tonentherapie) die Tumorzellen abtöten. Das Ziel der Chirurgie, ca. 12% der Strahlentherapie, ca. jeder Weiterentwicklung der Strahlentherapie ist es, 6% einer Kombination der beiden Methoden und den Tumor vollständig zu zerstören und gleichzeitig rund 5% (metastasierte und nicht lokalisierte das gesunde Gewebe immer besser zu schonen. Tumoren) anderen Verfahren und Kombinationen, einschliesslich der Chemotherapie. In der konventionellen Strahlentherapie wurden in den letzten 20 Jahren grosse Fortschritte Strahlentherapie ist damit eine wichtige erzielt. Mithilfe der Protonentherapie können bei Behandlungsform und bei nicht operierbaren Tumo- bestimmten Tumorindikationen und Tumorlokali- ren oft die einzig mögliche. Die Heilungschancen sationen aber noch deutlich bessere Ergebnisse und damit die Lebenserwartungen bei der Behand- erreicht werden. Die Entwicklungen am PSI zeigen lung von Primärtumorerkrankungen nehmen zu. zudem, dass die Verbesserungsmöglichkeiten noch Umso wichtiger ist es, die Strahlentherapie mög- lange nicht ausgeschöpft sind. lichst zielgenau zu applizieren und die gesunden Zellen des Körpers möglichst wenig zu bestrahlen. Dadurch können Kurz- und Langzeitnebenwirkun- Wie wirkt die Strahlentherapie? gen wesentlich reduziert oder vermieden werden. Durchquert ein geladenes Teilchen, z.B. ein Proton, eine Zelle oder stoppt in ihr, beschädigt es den Zellkern durch die deponierte Energie (Dosis). Die Zelle kann aber diese Schäden unter Umständen wieder reparieren. Die Kunst der Strahlentherapie ist, die Dosis so zu verabreichen, dass die Tumorzellen keine Chance haben, sich zu reparieren und Bessere Strahlentherapie ausnahmslos absterben, die gesunden Zellen hin- heisst gegen möglichst geringen Schaden erleiden und • genauere Anpassung der sich problemlos erholen können. Strahlendosis an die Form Die Strahlendosis ist ein Mass für die in einem des Tumors • höhere Strahlendosis im Material absorbierte Energie, z.B. in Gewebe. Die Zielvolumen (Tumor plus biologische Wirkung von Strahlen hängt aber nicht Sicherheitssaum) nur davon ab, wie viel, sondern auch wie die Ener- • geringere Strahlenbelastung gie in den Zellen deponiert wird. Gemessen wird gesunder Körperstrukturen jeweils die Energiedosis in Gray (Gy). Eine typische • grössere, nachhaltige Heilungschancen PSI-Protonentherapie für Augentumoren mit einem Therapiedosis für die Zerstörung eines Tumors • geringere Nebenwirkungen speziellen Protonenstrahl geringer Eindringtiefe (OPTIS). beträgt ca. 60 bis 70 Gy. Sie wird bei der Strahlen- • bessere Lebensqualität Ein Beispiel für die Heilungserfolge zeigen diese • vertretbare Behandlungs- Fotografien des Augeninneren durch die Pupille; kosten therapie an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen oben vor der Behandlung mit Protonenstrahlen, unten in einzelnen Fraktionen abgegeben (total ca. 30 ein Jahr danach – der Tumor hat sich zurückgebildet. bis 40 Fraktionen). DIE PROTONENTHERAPIE AM PSI 5 Protonentherapie weltweit und am PSI Die Protonentherapie basiert auf einer mehr als 50-jährigen Erfahrung mit der biologischen Wirkung von Protonenstrahlen auf kranke und gesunde Zellen des Körpers. 1954 wurde am Lawrence Berkeley Laboratory in Kalifornien (USA) erstmals ein Patient mit Protonen behandelt, und in Uppsala (Schweden) lief zwischen 1957 und 1976 das erste Protonentherapie-Programm Europas. 1961 starteten das Harvard Cyclotron Laboratory und das Massachusetts General Hospital in Boston, USA, Protonentherapie von ein Protonentherapie-Projekt. Am PSI wurden 1984 tief liegenden Tumoren an erstmals in Europa Behandlungen von Augenme- der Gantry 1. lanomen mit Protonen in der speziell dafür entwickelten Anlage OPTIS durchgeführt. Die erste Protonentherapie-Anlage an einer die räumliche Präzision der Bestrahlung oft ent- Klinik nahm 1990 am Loma Linda University Medi- scheidend zum erfolgreichen Therapieergebnis cal Center, Kalifornien, den Betrieb auf. Nach einer beiträgt. Da die am PSI entwickelte Technik eine Entwicklungs- und Testphase von fast 10 Jahren besonders hohe Präzision der Bestrahlung ermög- profitieren dort seit 1999 jährlich bis zu 1500 Pati- licht, ist sie weltweit zum Trendsetzer bei der entinnen und Patienten routinemässig von der Weiterentwicklung der Protonentherapie gewor- Protonentherapie. Heute sind weltweit mehr als den. Fast alle in der Planung oder im Bau befind- 35 Anlagen in Betrieb und es sind schon mehr als lichen Anlagen setzen heute auf die Scanning- 80 000 Patienten mit Protonentherapie behandelt Technik, die erstmals am PSI eingesetzt worden worden, knapp 10 % davon am PSI. ist. Grundlage für diesen Erfolg waren neben geeig- Zu Beginn der 90er-Jahre wurde am PSI die neten Beschleunigern und erfahrenen Fachleuten sogenannte Spot-Scanning-Technik für die Behand- nicht zuletzt das interdisziplinäre Umfeld am PSI lung von Tumoren mit Protonenstrahlen in der Tiefe sowie der besondere Erfahrungshintergrund, der des Körpers entwickelt. Die PSI-Technik ist den in aus der physikalischen Grundlagenforschung anderen Zentren verwendeten Protonenbestrah- stammt. lungsmethoden überlegen. Sie ermöglicht eine Das PSI-Team verfügt heute über mehr als 25 optimalere Schonung des gesunden Gewebes. Seit Jahre Erfahrung mit der Protonentherapie. Bis Mitte 1996 werden am PSI mit dieser hoch präzisen 2011 wurden am PSI fast 6000 Augentumoren und Methode Patientinnen und Patienten mit beson- über 750 tief liegende Tumoren behandelt. Die ders schwierig zu bestrahlenden Tumoren behan- Therapieerfolge sind mit über 98 % Tumorheilung delt. Neben dem PSI sind in Europa heute sechs bei den bestrahlten Augenmelanomen besonders Protonentherapie-Einrichtungen in Betrieb, drei beeindruckend. Auch bei den an der Protonen- davon können ausschliesslich Augentumoren Gantry behandelten Patientinnen und Patienten, behandeln. Zurzeit sind weltweit mehr als 30 davon rund ein Drittel Kinder und Jugendliche, sind Protonentherapieprojekte im Bau oder in fortge- die Therapieergebnisse mit mehrheitlich über 80% schrittener Planung, ca. 10 in Europa. Tumorkontrolle sehr ermutigend. Weltweit werden heute an den rund 35 Zentren über 10 000 Patientinnen und Patienten pro Jahr mit Protonen behandelt, vorwiegend solche mit Augentumoren, Hirntumoren sowie Tumoren im Kopf-, Hals-, Becken- und Wirbelsäulenbereich. Die klinische Erfahrung mit Protonen hat gezeigt, dass Blick ins Innere des Zyklotrons COMET (Archivbild vom Aufbau). In dieser Maschine werden die Protonen auf spiralförmigen Bahnen von innen nach aussen auf 180 000 Kilometer pro Sekunde beschleunigt. DIE PROTONENTHERAPIE AM PSI Physik und Technik der Protonentherapie Wasserstoffatom e– Protonen sind Elementarteilchen, die eine positive p+ Elektron Proton Ladung tragen. Daher können sie in Magnetfeldern abgelenkt, gebündelt und zu einem gewünschten Strahl geformt werden. Die Protonen haben, im Gegensatz zu den heute in der Strahlentherapie Die positiv geladenen Protonen sind Bausteine der Materie. eingesetzten Photonen, im Körper eine ganz Freie Protonen werden gewonnen, indem Wasserstoff- bestimmte, exakt begrenzte Eindringtiefe. Photo- Atome, deren Atomkern aus einem Proton besteht, ionisiert werden (das Elektron der Atomhülle wird abgestreift). nen geben die grösste Dosis unmittelbar nach dem Eindringen in den Körper ab. Dadurch wird das gesunde Gewebe stark mitbestrahlt. Die Reichweite der Protonen hängt von ihrer Anfangsgeschwindigkeit und dem Material ab, das sie und belasten das gesunde Gewebe zwischen Kör- abbremst. Zwischen Körperoberfläche und Stopp- peroberfläche und Tumor deutlich weniger als Punkt absorbiert das Material nur eine relativ Photonen. geringe Dosis, und die Protonen verlieren dadurch In der Grafik unten ist dieser Dosisverlauf für kontinuierlich an Geschwindigkeit. Am Ende ihrer einen einzelnen dünnen Bleistiftstrahl von Proto- Reichweite stoppen sie und geben ihre grösste nen dargestellt. Der untere Teil des Bildes zeigt Dosis ab. So entsteht ein Dosis-Maximum, die auch, dass die Protonen vor dem Zielvolumen eine Bragg-Spitze. Dahinter fällt die Dosis innerhalb wesentlich kleinere Dosis abgeben als Photonen. von Millimetern auf Null ab. Hinter dem Zielvolumen wird das Gewebe durch Die Protonen deponieren die höchste Strahlendosis also direkt im Tumor, als Fleck oder Spot, Photonen wesentlich mitbestrahlt, mit Protonen gar nicht. Körperoberfläche Zielvolumen einzelner Protonenstrahl Spot γ Photon 100% Photonen Dosis p+ Bragg-Spitze (Spot) 50% Protonen Proton stoppt 10% 0 10 20 30 40 cm Tiefe Photonen (elektromagnetische Wellen) und Protonen Strahlendosis eines Protonen-Bleistiftstrahls entlang der (geladene Teilchen) verhalten sich sehr unterschiedlich. Eindringtiefe in den Körper. Die Reichweite dieser Protonen ist 25 cm. Oben als Höhenlinien dargestellte Dosisverteilung, unten die Dosiswerte längs der Tiefe im Vergleich mit einem Photonen-Dosisverlauf. 7 Das neue kompakte Protonen-Zyklotron COMET am PSI während des Zusammenbaus. Es ist die kompakteste Maschine dieser Art für die Protonentherapie weltweit und wurde von Physikern des PSI spezifiziert. Im unteren Teil des Bildes wird der Protonenstrahl aus dem Zyklotron extrahiert und in Bruchteilen einer Tausendstelsekunde zu den Behandlungsplätzen geführt. DIE PROTONENTHERAPIE AM PSI Die PSI Spot-Scanning-Technik 9 vorgegebene Zeit sehr genau am gewünschten Ort im Tumor befindet. Durch Überlagern vieler einzel- Die mit dem Zyklotron COMET beschleunigten ner Spots – für ein Volumen von 1 Liter sind es Protonen werden zu einem ca. 5 bis 7 mm breiten ca. 10 000 – wird der Tumor gleichmässig mit der Strahl fokussiert (Spot). Mit Magneten werden die verlangten Strahlendosis belegt, wobei diese für Protonen zum Bestrahlungsgerät, der Gantry, und jeden einzelnen Spot individuell überwacht wird. dort zum Patienten auf den Tumor gelenkt. Schritt Das erlaubt eine äusserst präzise, homogene für Schritt tasten die Hochdosis-Spots den Tumor Bestrahlung, die an die meist unregelmässige Form in allen drei Raumrichtungen (Dimensionen) ab des Tumors optimal angepasst ist. Diese Methode, (Scanning). Die Eindringtiefe der Protonen-Spots eine dynamische, dreidimensional angepasste wird an der Gantry 1 mit einem System von Kunst- Strahlentherapie, nennen wir Spot-Scanning-Tech- stoffplatten, die in den Strahlweg geschoben wer- nik. Am PSI seit 1996 für die Therapie von Krebs- den, gesteuert. Diese Bewegungen dauern nur patienten im Einsatz, ist sie weltweit einzigartig wenige Millisekunden. Schicht um Schicht werden und ermöglicht eine hoch präzise Bestrahlung des im Tumor einzelne Linien bestrahlt, und indem die Tumors bei noch geringerer Belastung der gesun- Patientenliege in Schritten von 5 mm langsam im den Umgebung als die konventionelle Protonen- Strahlbereich bewegt wird, werden alle räumlichen therapie. Dimensionen mit den Spots erfasst. In der neuen Gantry 2 wird ein fortgeschrittenes ScanningVerfahren eingesetzt: Die Strahlablenkung in den Tumor geschieht gleichzeitig in zwei Dimensionen, und die Energieänderung erfolgt im sogenannten «Degrader» (Abschwächer), am Ausgang des Zyklotrons, in Bruchteilen einer Sekunde. Mit der Behandlungstechnik am PSI wird der Protonen-Bleistiftstrahl mit Computern so gesteuert, dass sich der Hochdosis-Spot für eine genau Prinzip der am PSI entwickelten Spot-Scanning-Technik. Durch Verschieben und Überlagern der Dosis-Spots eines ProtonenBleistiftstrahls können beliebig Der Therapieplan zeigt die besondere Präzision der geformte Dosisverteilungen Spot-Scanning-Technik am Beispiel eines Hirntumors. Die erzeugt, und die Dosis kann Dosis wird in jeder Ebene der jeweiligen Begrenzung besonders präzise dreidimensional (gelb) individuell angepasst. Das Gewebe ausserhalb des an die Form des Tumors angepasst Tumors bleibt weitgehend unbelastet. werden. Oben: Protonen-Gantry 1: Ein Blick von oben auf die tonnenschweren Magnete in der Gantry, die den Protonenstrahl bündeln und zum Therapiepunkt lenken. Die Anlage wiegt über 100 Tonnen und ist als Ganzes auf den Millimeter präzise drehbar. Unten: Der Längsschnitt durch die Protonen-Gantry 1 zeigt das Prinzip der Protonenstrahl-Führung und die Position der drei Steuerelemente: Ablenkmagnet zum Ablenken (Scannen) des Strahls (1), Kunststoffplatten zur Variation der Eindringtiefe der Protonen in den Körper (2), beweglicher Patiententisch zur schichtweisen Bestrahlung (3). 1 2 3 DIE PROTONENTHERAPIE AM PSI Gantry 2 für die Bestrahlung bewegter Tumoren 11 kann die Energie geändert und so die nächste Tiefenschicht im Tumor bestrahlt werden. Der Tumor wird auf diese Weise dreidimensional An der Gantry 2 können in Zukunft auch Tumoren «abgescannt». Aufgrund der grossen Geschwin- mit der Scanning-Technik hoch präzise bestrahlt digkeit von Strahlablenkung und Energieände- werden, die sich während der Bestrahlung bewe- rung kann der Tumor in kürzester Zeit mehrmals gen (z.B. Lungen- oder Brusttumoren). In dieser bestrahlt werden und die Gesamtbestrahlungszeit Gantry wird der Protonenstrahl bei vorgegebener bleibt kurz. Das mehrmalige «Abscannen» des eingestellter Energie mit Ablenkmagneten zweidi- Tumorvolumens ermöglicht eine sehr homogene mensional in den Tumor geführt und eine Schicht Dosisverteilung, auch bei Bewegungen des Tumors des Tumors bestrahlt. In Bruchteilen einer Sekunde während der Bestrahlung. Die Bestrahlungsstation Gantry2 bei der Montage. Das Bild zeigt die technische Gesamtanlage für die Protonentherapie am PSI. Für die Behandlung von tief liegenden Tumoren werden die Protonen im Beschleuniger, dem Zyklotron COMET, auf ca. 180 000 Kilometer pro Sekunde beschleunigt. Über eine Strahlführung werden die beschleunigten Protonen durch ein weitgehend luftleeres Strahlrohr, mit Elektromagneten in weniger als einer Tausendstelsekunde zu den Therapiestationen (Gantry 1, Gantry 2 und OPTIS 2) gelenkt, wo sie mit genau vorgegebener Energie und Einstrahlrichtung in den Tumor des Patienten geführt werden. Computergesteuert deponiert der Protonenstrahl die vorausgeplante und -berechnete Dosis und zerstört auf diese Weise die Tumorzellen. Zyklotron COMET Strahlführung Optis 2 Gantry 1 Gantry 2 DIE PROTONENTHERAPIE AM PSI Ablauf der Protonentherapie am PSI Der Grossteil der Patientinnen und Patienten wird ambulant therapiert. In wenigen Fällen wer- Die Protonentherapie wird ähnlich wie die konven- den die Patienten in einem der Spitäler in der tionelle Photonentherapie in einzelnen täglichen Umgebung des PSI hospitalisiert. Kleinkinder wer- Fraktionen appliziert. In der Regel dauert eine den für die einzelnen Fraktionen der Therapie Behandlung sechs bis acht Wochen (ca. 30 bis 40 narkotisiert, wozu ein Anästhesie-Team des Kin- Sitzungen). Die Patientinnen und Patienten werden derspitals Zürich regelmässig ans PSI kommt und grossteils über Universitätskliniken und Spitäler die Therapie der Kleinkinder begleitet. aus dem In- und Ausland zugewiesen. Am PSI Die Patientenauswahl erfolgt durch das werden sie durch ein ausgewiesenes Team von Ärzteteam des PSI aufgrund des medizinischen Radioonkologen, Medizinphysikern und weiteren Zusatznutzens, der durch die Protonentherapie spezialisierten Fachpersonen betreut. Nach Anfer- erfahrungsgemäss erwartet werden kann. Die tigung der individuellen Liege für den Patienten und Behandlung folgender Indikationen wird in der der danach erfolgenden Aufnahme von Schichtbil- Schweiz von der obligatorischen Krankenversiche- dern im Computer-Tomografen legt das Ärzteteam rung zurzeit übernommen: am PSI die Dosisbegrenzung in jeder Ebene des • Intraokulare Melanome (Augentumorbestrah- Tumors fest, also das dreidimensionale Zielvolumen mit Sicherheitssaum. Darauf beruht die Therapieplanung, bei der mit speziellen am PSI entwickelten lungen in der OPTIS-Anlage) • Meningiome (benigne und maligne), niedriggradige Gliome Computerprogrammen jede Einstellung der • Tumoren im Bereich der Schädelbasis und im Bestrahlungsanlage vorausberechnet, optimiert Hals-, Nasen-, Ohrenbereich (HNO-Tumoren) und in einem Datensatz gespeichert sowie die • Sarkome, Chordome und Chondrosarkome resultierende Dosisverteilung bestimmt werden. • Tumoren bei Kleinkindern (inkl. Anästhesie), Bei jeder Therapie-Sitzung werden mit Rönt- Kindern und Jugendlichen genbildern die Position des Tumors und die Lage des Patienten in der individuellen Liege überprüft. Nach abgeschlossener Therapie werden für mehrere Weitere Indikationen werden am PSI und an ande- Jahre periodische Nachkontrollen durchgeführt. ren Zentren in Studien untersucht. Tumor im Kopfbereich eines 7-jährigen am PSI bestrahlten Kindes. Bestrahlungsplan für Strahlentherapie mit moderner konventioneller Photonentherapie (links) und mit der Protonentherapie am PSI (rechts). Die Bestrahlung mit Photonen erzeugt ein «Dosisbad» in einem grossen Teil des Gehirns und belastet auch Hirnstamm und Sehnerven. Bei der Protonentherapie kann dies vermieden werden. 13 Gantry 2 mit eingebautem 90°-Ablenkmagneten und Bestrahlungskopf (die abgebildete Person ist kein Patient). DIE PROTONENTHERAPIE AM PSI Um eine Protonentherapie vorzubereiten und Bis Mitte 2011 wurden an der Gantry 1 mehr als durchzuführen, braucht das Ärzteteam alle zur 750 Patientinnen und Patienten mit tief liegenden Verfügung stehenden Informationen, inkl. Vorun- Tumoren in der Nähe kritischer Organe behandelt. tersuchungen, Krankengeschichte und radiologi- An der OPTIS-Anlage wurden seit 1984 fast 6000 sche Dokumentationen. Zudem ist ein direkter Patientinnen und Patienten mit einem Augentumor Kontakt mit den zuweisenden Ärzten sehr wichtig, erfolgreich bestrahlt. Seit 2010 steht eine neue um eine gute Betreuung vor und nach der Therapie OPTIS-Anlage (OPTIS 2) zur Verfügung. Nach Inbe- am PSI zu gewährleisten. triebnahme der Gantry 2 (ab 2012) werden jährlich 15 ca. 500 tumorkranke Patienten von der Protonentherapie am PSI profitieren können. Die für die Protonentherapie besonders wichtige genaue Positionierung des Patienten ist mehrfach sichergestellt: durch eine individuelle, körpergerechte Liege, durch den sehr genau geführten Patiententisch und die Positionskontrolle mit CT (Computertomografie) und Röntgenbildern. Impressum Konzeption/Redaktion Martin Jermann, PSI Dagmar Baroke, PSI Fotos Paul Scherrer Institut H.R. Bramaz, Lieli Alain Herzog, Quelle: ETH-Rat Layout / Druck Paul Scherrer Institut Abdruck mit Quellenangabe gestattet, Belegexemplar erwünscht. Zu beziehen bei Paul Scherrer Institut Kommunikationsdienste 5232 Villigen PSI, Schweiz Telefon +41 56 310 21 11 Internet www.psi.ch www.protonentherapie.ch Kleinkinder werden für die Bestrahlung anästhesiert, damit die Tumorposition genau fixiert bleibt. Die Protonentherapie bietet bei ihnen besondere Vorteile, da ihr Organismus besonders empfindlich auf Strahlung reagiert. Villigen PSI, September 2011 Protonentherapie_d, 09/2011 Das PSI in Kürze Das Paul Scherrer Institut PSI ist ein Forschungszentrum für Natur- und Ingenieurwissenschaften. Am PSI betreiben wir Spitzenforschung in den Bereichen Materie und Material, Mensch und Gesundheit sowie Energie und Umwelt. Durch Grundlagen- und angewandte Forschung arbeiten wir an nachhaltigen Lösungen für zentrale Fragen aus Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Mit rund 1400 Vollzeitstellenäquivalenten sind wir das grösste schweizerische Forschungsinstitut. Wir entwickeln, bauen und betreiben komplexe Grossforschungsanlagen. Jährlich kommen rund 2000 Gastwissenschaftler aus der Schweiz, aber auch aus der ganzen Welt zu uns. Genauso wie die Forscherinnen und Forscher des PSI führen sie an unseren einzigartigen Anlagen Experimente durch, die so woanders nicht möglich sind. Kontakte Zentrum für Protonentherapie Ansprechpartnerin für Journalisten: Sekretariat Dagmar Baroke Tel. +41 56 310 35 24 Tel. +41 56 310 29 16, Fax +41 56 310 27 17 [email protected] [email protected] Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz Tel. +41 56 310 21 11, Fax +41 56 310 21 99 www.psi.ch, www.protonentherapie.ch