Transfusion von Plasma - Interregionale Blutspende SRK

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Transfusion von Plasma:
Quarantäneplasma oder pathogenreduziertes Plasma?
Swissmedic hat vor Kurzem ein neues Verfahren für die Pathogenreduktion von Plasma
zugelassen: Dem Plasma wird Amotosalen zugefügt, und unter Einwirkung von UVA-Licht
wird die Vermehrungsfähigkeit von zahlreichen Bakterien, Viren und Parasiten stark reduziert
(Intercept-Plasma).
Das gleiche Verfahren wurde davon unabhängig im letzten Jahr schweizweit eingeführt, um
das Risiko für eine bakterielle Infektion nach Transfusion von Plättchenkonzentraten zu
reduzieren. Dies geschah auf der Basis einer Nutzen-Risiko-Abwägung, belegt durch
schweizerische und internationale Hämovigilanzdaten sowie vorliegende valide Studien.
Die Universitätsklinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor des Inselspitals
(UKH-HZL) und der Blutspendedienst Bern haben nun geprüft, ob es aktuell hinreichende
Gründe gibt, das bewährte Quarantäneplasma (Q-FGP) durch pathogenreduziertes Plasma
(PR-FGP) zu ersetzen. Im Inselspital wird seit Jahren Quarantäneplasma transfundiert, da
dieses Plasma ein hohes und gut bekanntes Sicherheits- und Qualitätsprofil aufweist. Die
wichtigsten Vor- und Nachteile der beiden Produkte aus der Perspektive von Spital und
Patienten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Vorteile
Pathogenreduziertes Plasma (PR-FGP)
Quarantäneplasma (Q-FGP)




Potentiell höheres Sicherheitsprofil bei
einem Teil der "neuen" resp. unerkannten
Erreger (Einschränkung: nicht bei allen
Erregern, so z. B. nicht bei Prionen und
Sporenbildnern sowie einigen hüllenlosen
Viren)
Flexibler in der Bereitstellung von FGP,
raschere Reaktionszeit auf VerbrauchsSchwankungen
Weniger aufwändige Logistik durch Wegfall
der Quarantänelagerung




Sehr hohes Sicherheitsprofil aufgrund der
Quarantäne, belegt durch zahlreiche Studien
und Hämovigilanzdaten über 20 Jahre
Mindestens gleiche oder höhere
Verträglichkeit
Mindestens gleiche oder höhere Wirksamkeit
aufgrund des 10-20% höheren Gehalts an
Gerinnungsfaktoren
Für das Spital günstiger (20% höheres
Volumen für den gleichen Preis)
Die aktuellen Guidelines zur Transfusion von
Plasma stützen sich in erster Linie auf
Studien, die mit Q-FGP durchgeführt wurden.
Nachteile
Pathogenreduziertes Plasma (PR-FGP)
Quarantäneplasma (Q-FGP)







Wenige klinische Studien zur Wirksamkeit,
Verträglichkeit und Sicherheit
Neue Risiken werden in Kauf genommen:
Pooling von Spenden, Transfusion einer
höheren Zahl Produkte aufgrund des
niedrigeren Volumens und Gehalts an
Gerinnungsfaktoren (je 10-20% weniger),
keine Quarantänelagerung mehr
Gleiche oder tiefere Verträglichkeit
Gleiche oder tiefere Wirksamkeit
Versteckte Kostenerhöhung aufgrund des
kleineren Produktvolumens
Aufwand für einen neuen Ablauf im Spital


Infektiologisches Restrisiko in Bezug auf
nicht getestete Erreger, die beim Spender
klinisch nicht innerhalb der
Quarantänelagerungszeit (4 Monate) erkannt
werden
Längere Reaktionszeit bei VerbrauchsSchwankungen
Aufrechterhaltung der Quarantänelagerung
Aus der gesetzlichen Perspektive können beide Produkte verwendet werden, sie werden als
gleichwertig angesehen. Der grösste Vorteil des PR-FGP ist das potenziell höhere
Sicherheitsprofil, weil das Verfahren das Risiko einer Übertragung von Keimen reduziert, die
nicht getestet oder sonst im Spender nicht rechtzeitig entdeckt werden. Die unterschiedliche
Empfindlichkeit der Keime auf das Verfahren, das dafür erforderliche Pooling der Spenden
und die fehlende Quarantänelagerung halten diesem Vorteil wahrscheinlich mindestens die
Waage. Bei vorwiegender Anwendung von Q-FGP in der Schweiz wurden aber in den letzten
zehn Jahren (seit Bestehen des aktuellen Hämovigilanzsystems) keine Infektionen durch
Transfusion von Plasma an Patienten übertragen.
Die Verträglichkeit beider Produkte dürfte bis auf die theoretische Toxizität von minimalen
Mengen Rest-Amotosalen im PR-FGP vergleichbar sein. Ein Vergleich der Wirksamkeit
anhand klinischer Daten ist nicht möglich, weil Vergleichsstudien fehlen und Studien mit
klinisch relevanten Messgrössen mit PR-FGP spärlich sind. Das Q-FGP weist aber etwa
20% mehr Volumen auf, und der Vergleich der Gerinnungsfaktoren mittels der Literatur zeigt,
dass Q-FGP 10-20% mehr von wichtigen Komponenten wie Fibrinogen enthält als PR-FGP.
Diese Faktoren dürften auch eine wirtschaftliche Relevanz für die Behandlung mit
Transfusionsplasma haben.
Die UKH-HZL und der Blutspendedienst Bern werden die Entwicklungen in diesem Bereich
engmaschig verfolgen und alles daran setzen, dass die Patienten der Region die
bestmöglichste Transfusionstherapie bekommen. Zurzeit vertreten aber beide Institutionen
die Meinung, dass das Quarantäneplasma weiterhin dem aktuellen State of the Art
entspricht.
Haben Sie Fragen? Wenden Sie sich an
Dr. Stefano Fontana
PD Dr. Behrouz Mansouri Taleghani
Leiter Medizin
Blutspendedienst SRK Bern AG
E-Mail [email protected]
Leitender Arzt Bereich Transfusionsmedizin
Universitätsklinik für Hämatologie und
Hämatologisches Zentrallabor
Inselspital / Universitätsspital Bern
E-Mail [email protected]
Bern, im Oktober 2012
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