Der Burger Als OrAkel Für DeVIsenHänDler?

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Der Burger als Orakel für
Devisenhändler?
Wir wollten wissen, was es mit dem sogenannten Big Mac Index auf sich hat, und fragten
Dr. Manfred Jäger vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
Funktioniert eine Wechselkursanalyse auf Basis
des Big Mac Index?
Hier seine Antwort:
Auch beruflich interessieren sich Wirtschaftswissenschaftler und Devisenhändler für Hamburger, denn anhand deren
Preise lässt sich eine nützliche Faustregel für den „richtigen“
(langfristigen) Wechselkurs ableiten, der für den aktuellen
Wechselkurs und die Wechselkursprognose unerlässlich ist.
Die Logik des Big Mac Index ist einfach: Angenommen, ein
Hamburger kostet 3,00 € in Berlin und 6,80 Zloty in Warschau. Eine Berlinerin, die Urlaub an der Weichsel macht,
tauscht 20,00 € in 68,00 Zloty (der Wechselkurs beträgt also
3,40 Zloty für 1,00 €). Wenn die Berlinerin in Warschau dann
zehn Hamburger für insgesamt 68,00 Zloty kauft, nach Berlin zurückreist, und die Hamburger dort für 30,00 € verkauft,
hat sie einen Gewinn von 10,00 € gemacht! Gäbe es keine Transportkosten, keine rechtlichen Hindernisse und würde
die Qualität des Big Mac nicht unter dem Transport leiden,
dann wäre dies ein Gewinn ohne nennenswerten Aufwand; der
Fachausdruck ist Arbitrage. Millionenfach würden Bürger nach
Warschau fahren und Hamburger von Warschau nach Berlin
bringen. Das hätte Konsequenzen für den Devisenmarkt: Um
die beschriebenen Geschäfte abwickeln zu können, müssten
die Burgerimporteure Zloty kaufen, so dass die Nachfrage
nach dieser Währung steigen würde, und es käme zu einer
Aufwertung des Zloty. Erst wenn der Wechselkurs 2,27 Zloty je
Euro betragen würde – also 6,80 Zloty dividiert durch
3 –, wäre der Handelsanreiz versiegt.
Dieser Wechselkurs ist der Big Mac Index
der renommierten britischen Wochenzeitung „The Economist“, die diesen seit
1986 berechnet und regelmäßig veröffentlicht. Der Vergleich mit dem tatsächlichen Wechselkurs liefert einen Indikator
für die Über- oder Unterbewertung; im
betrachteten fiktiven Beispiel rund 50 %
(=(3,4–2,27)/2,27) Unterbewertung des
Zloty.
Es gibt zuhauf wissenschaftliche Artikel, die die Tauglichkeit
des Big Mac Index untersuchen. Wie bei Wirtschaftswissenschaftlern nicht anders zu erwarten, gibt es scheinbar sogar
mehr Meinungen als Autoren. Allerdings lässt sich eines nicht
leugnen: Als Ausgangspunkt für Untersuchungen des Wechselkurses taugt der Big Mac Index – und seine akademische
Version, die Kaufkraftparitätentheorie – allemal.
Warum liefert der Big Mac Index keine
100-prozentig verlässliche Vorhersage?
Zunächst muss man die Transportkosten beachten. Allerdings
spielen diese eine immer geringere Rolle. Die Regierungen
erschweren ebenfalls die Anwendbarkeit des Big Mac Index, da sie Handelsbarrieren errichten und Steuern erheben.
Wichtiger als dies ist der Tatbestand, dass die physischen Bestandteile des Burgers zwar leicht gehandelt werden können,
aber der Preis des Burgers in einem bestimmten Restaurant
vor allem durch Kosten vor Ort bestimmt wird: Gehälter für
Servicepersonal, Mieten für Räume etc. Diese Komponenten
sind kaum oder gar nicht direkt handelbar, so dass die obige
Logik nicht so einfach angewendet werden kann. Außerdem
spielen die Wettbewerbsbedingungen am Standort eine Rolle. Für eine seriöse Wechselkursprognose muss man diese
Aspekte beachten. Vor allem das Folgende: Die Produktivität
des Servicepersonals eines Restaurants in einem Niedriglohnland ist nicht wesentlich niedriger als die in einem Hochlohnland, aber der Lohn ist wesentlich niedriger. Das liegt daran,
dass in einem Hochlohnland Arbeiter in anderen Sektoren
eine hohe Produktivität haben (wegen des hohen technischen
Standards und des intensiven Kapitaleinsatzes) und der Wettbewerb am Arbeitsmarkt auch den Lohn des Mitarbeiters im
Restaurant nach oben zieht. Für Niedriglohnländer ergibt sich
dann ein für die Wechselkursprognose zu niedriger Preis des
Burgers: Würde der Burger in Warschau 10,20 Zloty kosten
PD Dr. Manfred Jäger
Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Finanzmarktökonomik
(weil die Gehälter und Mieten rechnerisch höher wären),
dann würde man den aktuellen Wechselkurs von 3,40 Zloty
je Euro treffen.
Selbstverständlich werden Devisenkurse nicht durch die internationalen Burgerpreise bestimmt, selbst wenn die Preise
wie erläutert korrigiert werden. Für das aktuelle Geschehen
an den Devisenmärkten sind hauptsächlich die Finanz­märkte verantwortlich, die internationale Wertpapierrenditen vergleichen. Dabei achtet der Anleger zunächst auf den
Zinsunterschied zwischen dem Heimatland und dem Aus-
land. Ein höherer Zins im Ausland macht ein Fremdwährungsengagement unter sonst gleichen Umständen natürlich
attraktiver. Um die vermutete Wechselkursänderung berechnen zu können, benötigt er eine Schätzung über den Wert,
in dessen Richtung sich der Wechselkurs bewegen wird, und
hier kommt der Big Mac Index wieder ins Spiel, da dieser
eine Langfristprognose liefert.
Wenn Sie also einen Banker in einem einschlägigen Restaurant erblicken, dann könnte es sein, dass er beim Essen gerade seine Wechselkurseinschätzung aufbessert.
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