Die intrauterine Welt des Feten 010613

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Die intrauterine Welt des Feten
Alexander Scharf
Intrauterine Welt:
Faszination
• Leben wird geschaffen
und weitergegeben
• Überwinden des Todes
• Wächst im
Verborgenen
Intrauterine Welt:
Existentielle philosophische Fragen
•
Wann wird aus Embryo bzw.
Fetus ein Mensch?
•
•
•
Was macht einen Menschen aus?
•
Ab wann besitzen wir eine
Persönlichkeit?
•
Wann beginnt unsere Eigen- und
Fremdwahrnehmung?
Was bedeutet Beseelt-Sein?
Was macht uns zu einem
Individuum?
Folge der existenzphilosophischen
Sicht auf ungeborenes Leben
• Art des Umgangs mit
ungeborenem Leben
✦
medizinisch
✦
ethisch
✦
juristisch
✦
sozial
Basis
der existenzphilosophischen Sicht auf
ungeborenes Leben
•
möglichst präzise Kenntnis der
biologischen Grundlagen
vorgeburtlichen menschlichen
Lebens
•
Fülle von Information in
vergangenen 50 Jahren
•
Ultraschall (1980er Jahre):
Studium des fetalen Verhaltens
•
Eigentliches Ziel: Kenntnis der
fetalen Wahrnehmung
Beurteilung der fetalen
Wahrnehmung in utero
•
Basis intellektueller
Wahrnehmung: Sensorik
•
Physikalisch überprüfbar (z.B.
fetales EEG, fetales EKG)
•
schwierig abzuleiten
•
umgebendes mütterliches
Gewebe schirmt effektiv ab und
schützt
•
zusätzliche Dämpfung und Schutz
durch Placenta und Fruchtwasser
Beurteilung der fetalen
Wahrnehmung in utero
•
Direkte Ableitung: Invasiver
Untersuchungsaufbau
•
ethisch nicht vertretbar
(Beeinträchtigung,
Abortrisiko)
•
Nur möglich bei med.
indizierter invasiver
Diagnostik
Frühgeburt:
Beurteilung der fetalen Wahrnehmung ex
utero
•
ab 24. SSW durch direkte
Messungen am unreifen
Neugeborenen möglich
•
unphysiologische Umgebung
•
fehlt: Placenta, Fruchtwasser,
maternaler Umgebungsfaktor
•
Erkenntnisse hier erlauben
nur sehr bedingt Rückschlüsse
auf intrauterines Leben
Termingeburt:
Beurteilung der NeugeborenenWahrnehmung ex utero
•
40. SSW
•
gesunder Mensch in
physiologischer Umgebung
•
Erkenntnisse hier erlauben sehr
präzise Beobachtung und
Verständnis des normalen
postnatalen Lebens
•
Erkenntnisse hier erlauben nur
sehr bedingt Rückschlüsse auf
intrauterines Leben
Ebenen des
Bewusst-Seins
•
afferent-sensorisch:
Wahrnehmung
•
assoziativ-wertend:
Verstehen
anatomische Verortung des
(metaphysischen) Menschseins
•
ZNS ->
Großhirn
Kernfragen der
Hirnentwicklung
•
Welches sind die
Meilensteine pränataler
Hirnentwicklung?
•
Was ist deren Bedeutung
für die Hirnfunktion?
Neurolog. Status
Blastozyste
•
Fehlen der biolog.
Kapazität für sensorische
Wahrnehmung
(Empfinden)
•
Fehlen der biolog.
Kapazität für ein
wertendes Verstehen
dieser Wahrnehmung
(Bewusstsein)
Neurolog. Status neugeborener
Mensch
•
Vorhandensein gewisser
biolog. Kapazitäten für
sensorische
Wahrnehmung
(Empfinden)
•
Vorhandensein gewisser
biolog. Kapazitäten für
ein wertendes Verstehen
dieser Wahrnehmung
(Bewusstsein)
Frühe Entwicklung des Nervensystems
Anatomie
•
zunächst Entwicklung von rudimentären
neurologischen Strukturen
•
Diese nehmen an Größe und
Komplexität zu
•
Entwicklung von peripheren, viszeralen,
spinalen und zentralen (Hirn-)
Nervenbahnen
•
Diese vermehren und verbinden
sich miteinander und wachsen weiter an
•
Hiermit fortschreitende funktionelle
Reifung verbunden
•
spiegelt sich wider in Änderungen des
Verhaltens (durch Ultraschall
beobachtbar) und der elektrischen
Hirnaktivität
Frühe Entwicklung des Nervensystems:
Fetales Verhalten
•
zunächst ruckhafte
Ganzkörperbewegungen:
"Startles" ( Aufrüttel- bzw.
Schreckreaktionen)
•
Schreiten fort zu individuellen
Giedmaßen-, Hals- und
Kopfbewegungen
•
Schließlich zweckgerichtete
und wohlkoordinierte
Gliedmaßenbewegungen oder
Positionsänderungen innerhalb
der Gebärmutter beobachtbar
Frühe Entwicklung des Nervensystems:
Neurophysiologie
•
Elektrische Aktivität
der Großhirnrinde
(Cortex):
Eigentliche
Voraussetzung für
Entwicklung eines
Bewusstseins
fetal brain @ 22 wks
fetal mixed frequency eeg
Frühe Entwicklung des Nervensystems:
Neurophysiologie
•
eigentliche Großhirnrinde (Cortex) im
Anfang elektrisch stumm: Im EEG keine
el. Aktivität
•
EEG später: Zunächst sporadische Spikes
•
entwickeln sich zu kurzen Phasen
anhaltender Aktivität vor
Hintergrundzustand elektrischer Ruhe
(tracé alternant, 20 wks)
•
Dann anhaltende gemischte schlafähnliche EEG-Aktivität (28 wks)
•
Diese reift aus ab 34. SSW in
differenzierte und alternierende REMund Non-REM-schlafähnliche Muster (38
wks)
•
Bald nach der Geburt bei neurologisch
reifen Neugeborenen EEG-Muster, die
auf wiederholte Schlaf-Wach-Zyklen
hinweisen
Entwicklung des Nervensystems 36.-40.SSW:
Fetale Zustandsbilder im EEG
•
95% der Zeit: REMNREM-Schlafstatus
•
5% „Wakefulness“:
Zustand der
Hirnstamm- und
Thalamus-Aktivität
Entwicklung des Nervensystems 36.-40.SSW:
Fetale Zustandsbilder im EEG: Wakefulness
•
Frage: Entspricht
EEG-Zustand
„Wakefulness“ dem
klinischen Bild des
Wachseins oder
handelt es sich nur
um Übergang
zwischen zwei
Schlafstadien?
•
Antwort: Die Studien
von Rigatto geben
starken Hinweis
darauf, dass es sich
um Übergänge
zwischen zwei
Schlafstadien handelt
H. Rigatto, C.E. Blanco, D.W. Walker, The response to stimulation of hindlimb nerves in fetal sheep, in utero, during the
different phases of electrocortical activity, J. Dev. Physiol. 4 (1982) 175–185.
H. Rigatto, M. Moore, D. Cates, Fetal breathing and behavior measured through a double-wall Plexiglas window in sheep, J.
Appl. Physiol. 61 (1986) 160– 164.
Entwicklung des fetalen Nervensystems:
Thalamocortikale Vernetzung und der Bewusstseinsstatus des Feten
•
Zwischen 28. und 32. SSW
•
Frühgeborene ab der 30. SSW besitzen die
Kapazität für bewusste Wahrnehmung
Anders bei Feten in utero:
•
•
EEG-Zustände deuten auf unterschiedliche
Phasen ständigen Schlafs
•
Schlaf ist inkompatibel mit Bewusstsein
•
Placenta und fet. Gehirn produzieren
potente Schlafinduktoren (Adenosin,
(Allo-)Pregnanolon, Prostaglandin D2,
placentare Peptide), verstärkt durch
umgebende Homöostase mit FWCushioning und konstanter
Umgebungstemperatur
•
reifer Fet kann in utero nicht durch Noxen
elektroenzephalographisch aufgeweckt
werden
Fazit: Besitz bzw. erlebt der Fet in utero
•
Wachheit? Nein
•
Bewusstsein? Nein
•
bewusstes
Empfinden? Nein
•
Schmerz? Nein
Zusammenfassung
In der fortlaufenden Diskussion stehen die Fragen, ob ein Fet in utero, sobald seine nozizeptiven
Bahnen vollständig entwickelt sind, in utero Empfinden, Wahrnehmung und Bewusstsein wie beim
Schmerzemfinden erleben kann.
Das gegenwärtig zur Verfügung stehende, nach naturwissenschaftlichen Kriterien gesammelte Wissen deutet
stark darauf hin, daß der Fetus in utero zu keiner Zeit (hirnelektrisch) wach ist. Vielmehr wird er durch
eine Reihe endogener Hemmstoffe aktiv schlafend (und damit auch unbewusst) gehalten.
Daher fehlt trotz des Vorhandenseins intakter nozizeptiver Bahnen ab etwa der Schwangerschaftsmitte
(24.-28. SSW) der für ein Schmerzempfinden entscheidende Aspekt des cortikalen Bewusstseins im Prozess
der Schmerzwahrnehmung.
Darüberhinaus existiert gegenwärtig kein direkter Beweis, der vermuten ließe, daß subcortikale
Nozizeptoraktivierung allein die neuronale Entwicklung alterieren kann und dadurch zu nachteiligen
Langzeiteffekte führen könnte.
Literatur
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the evidence. Journal of the American Medical Association 294, 947-954.
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Analgesia 104, 509-520.
Mellor, D.J. and Diesch, T.J. (2006). Onset of sentience: the potential for suffering in fetal and newborn farm animals. Applied
Animal Behaviour Science 100, 48-57.
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Veterinary Journal 55, 51-60.
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Research Reviews 49, 455-471.
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