Newsletter | Juni 2010 Klimaverträgliche Wirtschaft: Konsequenzen für Sektoren, Unternehmen und Investoren Der Übergang zu einer klimafreundlichen Wirt­ schaft ist nicht nur von einem verbindlichen globalen Klimaabkommen abhängig. Die Produktionsspitze des Erdöls („Peak Oil“), steigende Energiepreise sowie die Abhängigkeit von wenigen ölexpor­ tierenden Ländern führen dazu, dass Energie­bedarf und -struktur vielerorts überdacht werden. Zudem wird der Druck auf Regulatoren und Rechtssysteme weiter steigen, strengere Bestimmungen und Abgaben für kohlenstoffintensive Sektoren und Firmen einzuführen. Bisher stiegen Treibhausgasemissionen und Energie­konsum stets parallel zum Wirtschaftswachs­ tum eines Landes an. Daher strebte man in der Umweltpolitik von Anfang an danach, wirtschaftlichen Wohl­stand vom Energiekonsum zu entkoppeln. Vision kohlenstoffarme Wirtschaft – eine Tonne CO2 pro Kopf und 2’000-Watt-Gesellschaft Um die globale Erwärmung auf maximal 2°C zu be­schränken, müssen die weltweiten Treibhausgas­ emissionen zwischen 2015 und 2020 ihren Höchst­ stand erreichen und danach rapide sinken. Dies würde einem internationalen Niveau von einer Tonne CO2 pro Kopf entsprechen, was auch die Vision einer 2’000-Watt-Gesellschaft der ETH Zürich vorsieht: Jede Person in der entwickelten Welt reduziert ihren Gesamtenergieverbrauch auf durchschnittlich nicht mehr als 2’000 Watt bis 2100, ohne dabei die Lebensqualität einzuschränken (www.novatlantis. ch). Ansatzpunkte: Wie können wir diese Vision er­reichen? Stromerzeugung klimafreundlich gestalten In den OECD-Ländern macht die Stromerzeugung den Hauptanteil (40%) der Energieemissionen aus. Die Lösung: massive Ausweitung erneuerbarer ­Energien, bessere CO2-Effizienz und kohlenstof­f­ärmere Energie­­ quellen. Neuste Studien haben gezeigt, dass bis 2050 der gesamte europäische Strombedarf aus erneuer­ baren Energien gedeckt werden kann. Energieeffizienz bei der Stromnutzung Der Strombedarf variiert je nach Wochentag, Jahres- und Tageszeit. Die zur Verfügung stehende Strommenge aus Wind-, Gezeiten- und Wasserkraft sowie Solarenergie hängt von den natürlichen Gegebenheiten ab. Daher ist die Bewirtschaftung von Angebot und Nachfrage zentral. Mithilfe neuer Technologien kann die Nachfrage nach Strom ver­ lagert und so die Nachhaltigkeit des Stromsystems verbessert werden: Intelligente Stromnetze (“Smart Grids”) und Energiezähler (“Smart Meters”) er­möglichen eine integrierte Stromversorgung, eine dezentrale Stromerzeugung (v.a. aus Erneuerbaren), Speicheroptimierungen (z.B. aufladbare Fahrzeuge) sowie Verlustminimierung und Nutzungsoptimierung. Transport: effizientere Fahrzeuge, neue Treibstoffe und Konsumgewohnheiten Einer der wichtigsten Ansatzpunkte im Transport ist die Effizienzsteigerung der Fahrzeuge. Zu nennen sind hier verbesserte Aerodynamik, leichte Materialien, Motorverbesserungen oder Hybridsysteme. Zudem können neue Antriebe wie Biotreibstoffe und Elektrizität dazu beitragen, die Emissionen aus dem Transportsektor zu sen­ ken. Besonders Elektrofahrzeuge und sogenannte Plug-in-Hybridfahrzeuge bieten viel versprechende Möglichkeiten zur Entwicklung eines nachhaltigeren Transportsektors. Zur Elektrifizierung des Transports ist eine grundlegende Veränderung des gesamten Systems nötig sowie eine optimale Kombination aus effizienten Autos, angemessener Infrastruktur und erneuerbarer Elektrizität. Nötig ist zudem die Änderung der Konsum­ gewohnheiten, entweder durch die Substitution der Mobilität (z.B. Videokonferenzen statt persön­ licher Be­sprechungen) oder durch verändertes Mobilitätsverhalten (z.B. Wahl von näher gelegenen Feriendestinationen). Heizen: Energieeffizienz und neue Energiequellen Die Produktion von Wärme macht rund 55% des globalen Endenergieverbrauchs aus. Bei der Heizung 1 und Warmwasser in Privat- und Geschäftsgebäuden be­steht ein riesiges Potenzial für Emissions­­­­­reduk­­­­ tionen, z.B. durch Verbesserung der Isolierung, kontrollierte Lüftung, Boilereffizienz oder neue Energiequellen. Eine klimafreundliche Wirtschaft ist machbar Der Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft ist machbar. Sie schränkt den Wohlstand nicht ein, sondern sorgt im Gegenteil für mehr Lebensqualität. Dies zeigen verschiedene neue Studien. Zahlreiche Sektoren wie erneuerbare Energien und Energie­ effizienztechnologien werden in den nächsten Jahrzehnten bedeutende Investitionszuflüsse erfahren, wobei Früheinsteiger hier von Wettbewerbsvorteilen profitieren können. Für den erfolgreichen Übergang zu einer klima­ freundlichen Wirtschaft ist die optimale Mischung von politischen Instrumenten nötig: Die Bepreisung von CO2, sei es über eine CO2-Steuer oder über ein Emissions­handelssystem, ist ein wichtiges Element jeder Emissions­reduktionsstrategie. Effizienz­ standards können Anreize für die Entwicklung effi­ zienterer Technologien setzen (z.B. im Gebäudesektor) und finanzielle Anreize wie Subventionen oder Steuerer­leichterungen dienen dazu, die Verbreitung neuer, klimafreundlicherer Technologien zu fördern. effizienz, was „klimafreundlichen“ Aktien (Clean Tech) zugute kommt. Zudem sind keine Anzeichen dafür auszumachen, dass der Ölpreis wieder auf das Niveau vor zehn Jahren sinken wird. Zweitens wird der Regulator mehr und mehr dazu übergehen, Verpflichtungen und Haftungsansprüche einzufordern, was sich zu Ungunsten von Energie­ nutzern auswirkt. Die Klimapolitik, egal ob global oder national geregelt, wird ihren Teil zu den Kosten bei­tragen. Hier sind öl- oder „kohlenstoffinten­ sive“ Energie­quellen in einer eher unvorteilhaf­ ten Ausgangslage. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wird vermutlich den Druck auf Regulatoren und das Rechtssystem weiter vergrössern, finan­ zielle Entschädigung zu leisten. Werden die der­ zeit „externen“ Kosten des Klimawandels und der Umweltverschmutzung in„kohlen­stoffreiche“Produkte integriert, steigt der Druck auf die Profitabilität dieses Sektors, was gleich­zeitig neue Energiequellen und die Energie­effizienz fördert. Je früher Investoren mehr Kapital in diese Richtung lenken, desto früher wird Clean Tech auch in qualita­ tiver Hinsicht an Bedeutung gewinnen und die CO2­Intensität der Wirtschaft abnehmen. Konsequenzen für Unternehmen Der Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft konfrontiert Unternehmen mit Herausforderungen und birgt gleichzeitig grosse Chancen. Klima­freundliche Unternehmen sowie Unternehmen, die weniger CO2intensive Produkte und Dienstleistungen anbieten, sind für diesen Übergang besser positioniert als ihre Mitbewerber. envIMPACT®: Inrates Beitrag zur Identifizierung klima­freundlicher Unternehmen Es ist anspruchsvoll, die Treibhausgasintensität von Unternehmen zu bewerten. envIMPACT® ist eine von Inrate entwickelte quantitative Methode, die die Treib­hausgasintensität von Unternehmen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette berücksich­ tigt. Insbesondere berechnet die Methode auch die Treibhaus­gasemissionen in der Nutzungsphase und löst damit das Problem, dass Unternehmen meist nur unvoll­ständige Daten publizieren. Unternehmen neigen dazu, lediglich direkte Emissionen aus der Produktion und allenfalls aus der Lieferkette als Teil ihrer Ver­antwortung zu betrachten, während indirekte Emissionen aus der Nutzungsphase oftmals keinen Eingang in strategische Überlegungen des Unter­ nehmens finden. Die Rolle der Finanzmärkte – eine Verlagerung hin zu “klimafreundlichen” Aktien Derzeit sind zwei Trends auszumachen. Erstens ist die Zeit der billigen Energie vermutlich bald vor­ bei. Seit 1970 ist der Ölpreis von 2 USD auf 62 USD angestiegen, was einem jährlichen Anstieg von 8.6% entspricht. Ganz allgemein sind hohe Energiepreise ein starker Anreiz für Verbesserungen der Energie­ 2 Dieser Newsletter ist eine Zusammenfassung des Inrate “Sustainability Insight – Low carbon economy: From a macro to a company perspective”. Den voll­ ständigen Text mit den Quellenangaben finden Sie auf www.inrate.com. Inrate AG Rue de Romont 2 CH - 1700 Fribourg +41 58 344 00 00 Binzstrasse 23 CH - 8045 Zürich +41 58 344 00 20 www.inrate.com