Nur dabei statt mittendrin

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Nur dabei statt mittendrin
Von Jost Wübbeke
Dieser Artikel erschien in leicht
abgeänderter Form als Gastkommentar
am 17. November 2015 im „Handelsblatt“
China plant bei den Pariser Klimaverhandlungen historische Schritte: Erstmals will der größte
CO2-Verschmutzer sich auf internationalem Parkett Zielen zur Eindämmung seiner
Emissionen verpflichten. Im Vorfeld ließen China und die USA verlauten, dem Klimawandel
gemeinsam die Stirn bieten zu wollen. Allein das erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen
erfolgreichen Abschluss des Klimavertrags ungemein. Schon 2014 konnte China zudem
seinen Kohleverbrauch senken. Seine frühere Blockadehaltung hat das Land scheinbar
abgelegt. Was Chinas Verhalten angeht, kommen deshalb schon im Vorfeld des Treffens in
Paris große Hoffnungen auf. Selbst sonst so kritische NGOs sparen nicht mit Lob.
Doch die Jubelstimmung ist verfehlt. Weitgehend unklar bleibt, was die Ziele, die China
vorgeschlagen hat, konkret bedeuten. Bei genauerem Blick lassen sich die Ankündigungen
schnell entzaubern: Die formulierten Ziele sind vor allem ambivalent, intransparent und lassen
sehr viel Spielraum, weiterhin großzügig CO2 in die Atmosphäre zu blasen.
Was den Ausstoß von Kohlendioxid angeht, stellt China zwei Ziele in den Vordergrund: Da
wäre zum einen das Versprechen, bis spätestens 2030 den Höchststand der Emissionen zu
erreichen. Das ist eine wichtige Geste, zeigt sie doch, dass auch China ein Ende seines
anschwellenden CO2-Ausstoßes sieht. Die Sache hat jedoch einen Haken: Die politische
Führung schweigt sich darüber aus, wie hoch denn die Emissionen zu diesem Höchststand
denn genau sein sollen. Prinzipiell könnten sie beliebig hoch ausfallen.
Ein weiterer Zaubertrick lautet „CO2-Intensität“. China macht, anders als viele andere Länder,
keine Angaben darüber, wie sich seine absoluten Emissionen entwickeln sollen. Stattdessen
gibt es lediglich an, wie intensiv seine Wirtschaft Kohlendioxid ausstoßen darf. Berechnet wird
dabei, wieviel Kilogramm CO2 auf einen US-Dollar des nominalen Bruttoinlandsprodukts
kommen. Derzeit sind das etwas weniger als zwei Kilogramm pro US-Dollar. Nach den
chinesischen Plänen soll diese CO2-Intensität zwischen 2005 und 2030 um 60 bis 65 Prozent
sinken. Das wären im Jahr 2030 etwa zwischen 1,0 und 1,1 Kilogramm pro US-Dollar.
Kann China damit einen wesentlichen Beitrag zur Begrenzung des Klimawandels leisten?
Dieses Ziel gibt herzlich wenig Aufschluss darüber, wieviel CO2 es denn im Jahr 2030
eigentlich absolut ausstoßen wird. Wächst die Wirtschaft schnell, ist auch mehr Ausstoß
möglich. Selbst unter dem jetzigen konjunkturellen Abwärtstrend wären die absoluten
Emissionen mit diesem Ziel immer noch beträchtlich.
In einem wichtigen Punkt hat die Volksrepublik sich also nicht gewandelt: sie will sich in
Sachen Kohlendioxid-Ausstoß einfach nicht festlegen lassen. Im Zweifel gilt weiter, dass die
Klimabemühungen die wirtschaftliche Entwicklung nicht behindern dürfen. Für die globale
Klimapolitik kann das fatal sein. Chinas Ankündigungen lassen offen, ob das Land dem
Klimawandel auch in der Praxis entschieden entgegen treten wird. Der Kampf gegen die
globale Erwärmung könnte in China verloren gehen.
Es reicht bei der Verabschiedung eines globalen Klimaprotokolls also nicht aus, China einfach
nur dabei zu haben. Es wird weiter hoher Druck nötig sein, das Land zu ehrgeizigeren
Klimazielen zu drängen. China muss mehr leisten, und es kann mehr leisten.
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