Hunde in Bewegung - Martin S. Fischer / Karin E

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Fischer / Lilje
Hunde in Bewegung
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Hunde in Bewegung
of Fischer / Lilje
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BAU UND ARBEITSWEISE
Bindegewebe
Ein Muskel besteht aus zwei Gewebetypen: Bindegewebe und Muskelgewebe.
Muskelgewebe dient der Krafterzeugung, das zugfeste Bindegewebe hingegen der
Kraftübertragung. Bindegewebe umhüllt die unterschiedlichen funktioneilen Bausteine
und befestigt die Muskulatur an den Knochen.
Das Bindegewebe, welches den Muskel als Ganzes überzieht, nennt man
Epimysium. Muskelfaszikel sind von einer weiteren Bin-degewebsschicht umhüllt,
dem Perimysium, welches den Muskel in abgrenzbare Einheiten gliedert. Diese
Untergtiederung wird beschrieben, wenn man von faserigem Fleisch spricht.
Zwischen den einzelnen Muskelfasern findet sich eine dritte Schicht meist lockeren
Bindegewebes, das Endomysium. Jede Muskelfaser hat schließlich eine schlauchartige
Hülle, das Sarkolemm. Dieses entspricht der Zellmembran. Dadurch, dass der
geschachtelte Aufbau des Bindegewebes die einzelnen Bauebenen eines Muskels
widerspiegelt, kann aus der Anordnung des Bindegewebes auch auf die Faserrichtung
im Muskel geschlossen werden. Faszien sind aber weit mehr als nur Hüllen um die
Muskeln. Sie sind mit vielen Me-chanorezeptoren bestückt, viele auch mit glatten
Muskelzellen und sie sind die Bindestelle des Muskels zum vegetativen Nervensystem
(Schleip2003).
Die Befestigung eines Muskels am Knochen geschieht entweder in Form von flächigen,
straffen, geflechtartigen Aponeurosen (flächige Sehnen) oder durch parallelfaserige
Sehnen. Sehnen erhalten die parallelfaserige Struktur durch die mechanische
Beanspruchung in einer Vorzugsrichtung. Die Bindegewebsfasern sind dann sehr dicht
gepackt, und zusätzliche, elastische Fasern bringen das gedehnte Bindegewebe in
seine Ausgangslage zurück.
Topographie der Muskeln
Mit der topographischen Myologie wird die Lage und Anordnung der Muskeln im
Körper beschrieben. Als Menschen in der Renaissance begannen, den menschlichen
Körper kunstvoll zu zerlegen, beschrieben sie die Muskulatur wie eine Landschaft und
benannten die bei der Sektion einzeln darstellbaren Muskeln. Die Benennung war für die
kleine Gruppe der damals Gebildeten wohl verständlich, wenn beispielsweise ein
Muskel „Musculus cuccularis" hieß, weil er beim Menschen am Rücken die Form einer
Mönchskapuze hatte. Heute erschließt sich die damalige Begriffswelt meist nur schwer
oder, da zudem die Muskeln beim Hund mit den Namen aus der menschlichen
Anatomie beschrieben werden, meist gar nicht. Allmählich entstand die vollständige
Beschreibung
der
menschlichen
und
auch
der
tierischen
Muskulatur.
Erstaunlicherweise werden auch nach fast fünfhundert Jahren immer noch
Wissenslücken in der topographischen Myologie entdeckt und diese in immer detaillierterer Weise beschrieben.
Grundsätzlich werden Muskeln nach ihrem Ursprung und Ansatz und nach ihrer
Versorgung mit Nerven charakterisiert. Der Ursprung ist dabei als proximaler Ort
definiert. Jedem Muskel wird der lateinische Name gegeben, den er - wenn
vorhanden - auch beim Mensch trägt und den er dort zuerst erhielt. Der Muskelname
wird durch das lateinische „Musculus" kurz M. oder im Plural „Mus-
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Herausgeber: Medizinischer Verlag Stuttgart
Leseprobe erstellt vom Narayana Verlag, 79400 Kandern, Tel: 0049 (0) 7626 974 970-0
culi" kurz Mm. eingeleitet. Auch wenn der Muskel
beim Hund anders aussieht als beim Menschen,
einen anderen Ursprung oder Ansatz hat oder sonst
modifiziert ist, bekommt er denselben Namen wie in
der menschlichen Muskulatur, er wird mit dem
humanen Muskel „homologisiert". Entscheidendes
Kriterium
hierbei
ist
die
Lage
und
die
Nervenversorgung. So hat der Musculus (kurz M.)
biceps brachii beim Menschen -wie der Name
lateinisch besagt-zwei Köpfe, beim Hund dagegen nur
einen. Der M. triceps brachii hat beim Hund vier und
nicht drei Köpfe - die anatomischen Namen können
also fehlleiten. Die weltweit gültige Konvention
(Nomina anatomica veterinaria) erlaubt keine Umbenennung
von
Muskeln,
um
eine
weltweite
Verständigung mit den lateinischen Namen möglich zu
machen. Auf die Funktion eines Muskels geben
bereits Ursprung und Ansatz einen Hinweis. Werden
die Muskeln graphisch oder gedanklich verbunden und
diese Strecke dann verkürzt, ist die mögliche Wirkung
eines Muskels bei seiner Kontraktion erkennbar. Er
kann
beispielsweise
(Extensor),
Beuger
Heranzieher
(Flexor),
Strecker
(Adduktor),
Nachaußenbeweger (Abduk-tor), Senker (Depressor)
oder Heber (Le-vator) sein. Damit ein Muskel
gerichtete Arbeit verrichten kann, müssen andere
Muskeln oder bestimmte Vorrichtungen am Gelenk
den Ursprung oder Ansatz feststellen, da sonst ein
Muskel bei Verkürzung die beiden Enden nur
zueinander ziehen würde. Manchmal reicht es auch
schon, dass ein Punkt (meist der körpernahe liegende
Ursprung) viel mehr Masse hat, so dass er sich nur
unwesentlich bewegt. Die Aufgabe eines Muskels kann
häufig auch darin bestehen, eine Gelenkbewegung zu
verhindern, zum Beispiel ein Gelenk gegen die
Einwirkung der Schwerkraft zu stabilisieren oder
dieser einen kontrollierten Widerstand entgegenzusetzen.
Nicht
zuletzt
kann
die
Wirkung
eines
Beinmuskels während der Vorschwing-phase ohne
Bodenkontakt eine andere sein als während der
Stemmphase mit Bodenkontakt.
Ein Muskel ist also eine topographische Struktur,
welche als anatomisch abgrenzbare
Einheit
eigens
benannt
wurde.
Ein
sind
zwischen
20
und
die
alle
50
Muskelfasern
gleichbenannter Muskel wird bei allen Säugetieren
zusammengefasst,
(und häufig bei allen Wirbeltieren) von dem oder den
verlaufen
gleichen Nerven versorgt. Die Funktionsweise eines
bestimmte Richtung zur Kraftentfaltung vorgeben. Die
Muskels erschließt sich nicht allein aus der Kenntnis
einzelnen Muskelfaszikel innerhalb eines Muskels
seiner Lage, sondern häufig erst durch das Zerlegen
können
des Fleisches in seine funktioneilen Bausteine und die
orientiert sein. Sie sind nur sehr selten parallel oder in
Analyse seiner mechanischen und physikalischen
Zugrichtung des Muskels
Eigenschaften.
notwendig, da ein Muskel ja nur selten einen punktu-
und
dem
hingegen
in
parallel
Muskelfaszikel
zueinander
somit
verschiedenen
angeordnet.
eine
Richtungen
Dies ist
ellen Ursprung oder Ansatz besitzt, und daher Kräfte
Muskelfaszikel
in verschiedenen Richtungen auf
Der Mi/skelfaszikel bestimmt die Richtung, genauer
Knochen übertragen werden müssen. Da in vielen
gesagt den Vektor der Kraftübertragung. In einem
Muskeln die Faszikel wie bei einer Vogelfeder schräg
Muskelfaszikel, auch Muskelfaserbündel genannt,
zur Längsrichtung verlaufen, spricht man
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Sehnen
oder
vereinfacht von Fiederung. Tatsächlich
ist die Anordnung der Muskelfaszikel ungleich komplexer. Die Schwierigkeit, die
Hauptübertragungsrichtung der Kraft
eines Muskels zu erkennen, wird zusätzlich dadurch erhöht, dass sich die Faszikel
bei der Kontraktion des Muskels nicht nur
einfach verkürzen sondern auch ihren Fiederungswinkel verändern (Stark 2007).
Muskelfaser
Die Muskelfasern spiegeln die zelluläre
Ebene der Muskulatur wieder. Sie können unterschiedlich aufgebaut sein und
arbeiten, so dass sie in verschiedene Typen eingeteilt werden. Innerhalb der Wirbeltiere werden tonische und phasische
Muskelfasern unterschieden. Da bei
Hunden, wie bei allen Säugetieren, in der
Skelettmuskulatur nur phasische Muskelfasern, auch Zuckungsfasern genannt,
vorkommen, wird im folgenden Text auch
nur auf diese eingegangen. Phasische
Muskelfasern besitzen tausende von
Zellkernen, sie können bis zu zehn
Zentimeter lang werden und haben in der
Regel einen Durchmesser von etwa 1/20
Millimeter, also 45 bis 60 Mikrometer. Der
Durchmesser von Muskelfasern ist interessanterweise nicht von der Körpergröße abhängig, sondern von verschiedenen
Faktoren wie den Transportstrecken von
Sauerstoff und Nährstoffen, dem Verhältnis von Faservolumen zu Faseroberfläche
und anderen (Goldspink 1977, Kimura
1993, Marx et al. 2006). Die Ansicht von
Kimura (1993), dass Hunde im Vergleich
zu anderen Säugetieren auffallend dünne
Muskelfasern besäßen, wurde durch andere Arbeiten nicht bestätigt. Die Querschnittsfläche einer Muskelfaser hängt
vom Fasertyp, der Faserposition im Muskef und vom Muskel selbst ab, sie beträgt
in der Regel zwischen 0,0015 mm2 (1,5
um2) und 0,0019 mm2 (1,9 pm2) (Marxetal.
2006). Auch der individuelle Trainingszustand bestimmt die Größe des Faserquerschnitts. Durch Training kann der Querschnitt zunehmen, die Anzahl der Fasern
ändert sich hingegen nicht. Training und
Ernährung sind die wichtigsten Einflußfaktoren auf die Größe von Muskelfasern
(Hoppeier & Flück 2002). In einer Studie an
arktischen Schlittenhunden zeigen Gerth
et al. (2009), dass im Sommer Muskela-
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Fischer / Lilje
Hunde in Bewegung
208 pages, hb
publication 2011
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