Dokument_11.

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Aus dem Institut für Neuropathologie
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Direktor: Prof. Dr. med. Ingmar Blümcke
Mutationsanalyse von Axin 2/ Conductin
bei Patienten mit Hypophysenadenomen und Kraniopharyngeomen
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der medizinischen Fakultät
der
Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
vorgelegt von
Regina Maria Stangl
aus
Neustadt an der Waldnaab
Meiner Tochter Helena
Gedruckt mit Erlaubnis der
Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Dekan:
Prof. Dr. Dr. Jürgen Schüttler
Referent:
Prof. Dr. Ingmar Blümcke
Korreferent:
Prof. Dr. Dr. Max-Josef Hilz
Tag der mündlichen Prüfung:
11.07.2013
Inhaltsverzeichnis
Seite
1a
Zusammenfassung
1
1b
Summary
3
2
Einleitung
5
2.1
Die Hypophyse
6
2.1.1 Embryologie und Anatomie der Hypophyse
6
2.1.2 Physiologie und Pathophysiologie der Hypophyse
10
Hypophysenadenome
15
2.2.1 Epidemiologie der Hypophysenadenome
15
2.2.2 Histologie und Einteilung der Hypophysenadenome
16
2.2.3 Ätiologie von Hypophysenadenomen
19
2.2.4 Klinik der Hypophysenadenome
20
2.2
2.2.4.1 Klinische Symptome bei Hypophyseninsuffizienz
20
2.2.4.2 Klinische Symptome bei Prolaktinomen
21
2.2.4.3 Klinik der ACTH-produzierenden Hypophysenadenome
22
2.2.4.4 Klinik der GH-produzierenden Hypophysenadenome
23
2.2.4.5 Klinik der TSH-produzierenden Hypophysenadenome
24
2.2.4.6 Klinik von gonadotropen Hypophysenadenomen, plurihormonalen Tumoren und anderen nicht hormonproduzierenden Tumoren
2.2.5 Diagnostik von Hypophysenadenomen
24
25
2.2.5.1 Allgemeines Vorgehen
25
2.2.5.2 Diagnostik von Prolaktinomen
28
2.2.5.3 Funktionstests bei Verdacht auf ACTH-produzierende
Hypophysenadenome
2.2.5.4 Diagnostik von GH-produzierenden Hypophysenadenomen
29
31
2.2.5.5 Diagnostik und Funktionstests bei Verdacht auf
TSH-produzierende Hypophysenadenome
32
2.2.5.6 Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf Morbus
Simmonds oder hormoninaktive Tumoren (mit gonadotropen Hypophysenadenomen)
2.2.5.7 Neurohypophysärer Funktionsausfal
2.2.6 Therapie der Hypophysenadenome
33
33
34
2.2.6.1 Allgemeine Strategie
34
2.2.6.2 Therapie der Prolaktinome
35
2.2.6.3 Therapie der GH-produzierenden Hypophysenadenome
36
2.2.6.4 Therapie der ACTH-produzierenden Hypophysenadenome
36
2.2.6.5 Therapeutisches Vorgehen bei hormoninaktiven
Hypophysenadenomen, Gonadotropinomen und TSHproduzierenden Hypophysenadenomen
2.2.6.6 Radiotherapie bei Hypophysenadenomen
2.3
Kraniopharyngeome
38
38
39
2.3.1 Definition, Epidemiologie und Ätiologie der
Kraniopharyngeome
2.4
39
2.3.2 Histologie und Einteilung der Kraniopharyngeome
40
2.3.3 Klinik der Kraniopharyngeome
43
2.3.4 Diagnostik von Kraniopharyngeomen
44
2.3.5 Therapie der Kraniopharyngeome
46
Der Wnt-Signalweg
48
2.4.1 Definition und Bedeutung des Wnt-Signalwegs
48
2.4.2 Die drei Achsen des Wnt-Signalwegs
49
2.4.3 Der kanonische Wnt-Signalweg
50
2.4.4 Die Bedeutung β-Catenins
52
2.4.5 Charakterisierung des Axin 2/ Axil/ Conductin
53
2.4.6 Der Wnt-Signalweg und seine Rolle bei der Entstehung
von Krankheiten
2.5
3
Fragestellung der Arbeit
55
56
Material und Methoden
58
3.1
Material
58
3.1.1 Patientenkollektiv
58
3.1.2 Kontrollkollektiv
62
3.1.3 Enzym
62
3.1.4 Geräte
62
3.1.5 Verbrauchsmaterialien
63
3.1.6 Chemikalien
64
3.1.7 Puffer und Lösungen
65
Methoden
67
3.2.1 DNA-Extraktion aus Gewebe
67
3.2.2 DNA-Extraktion aus Vollblut
67
3.2.3 Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
68
3.2.4 Verwendete Primer
69
3.2.5 Agarose-Gelelektrophorese
71
3.2.6 Einzelstrang-Konformations-Polymorphismus
-Analyse (SSCP)
72
3.2.7 Silberfärbung
74
3.2.8 Elution der DNA aus Gelbanden
75
3.2.9 Reinigung der PCR-Produkte
75
3.2
4
5
3.2.10 DNA-Sequenzierung
76
3.2.11 Immunhistochemie
76
Ergebnisse
78
4.1
Immunhistochemie
78
4.2
SSCP-Analyse des Conductin (Axin 2/ Axil)–Gens
81
Diskussion
5.1
Nukleäre Akkumulation von β-Catenin in adamantinösen
Kraniopharyngeomen
5.2
5.3
94
95
Mutationsanalyse von Conductin in Hypophysenadenomen und Kraniopharyngeomen
98
Ausblick
103
6
Literaturverzeichnis
105
7
Abkürzungsverzeichnis
117
8
Danksagung
119
9
Lebenslauf
120
-- 1 --
1a
Zusammenfassung
Hintergrund und Ziele:
Bisher
konnte
die
Pathogenese
von
Hypophysenadenomen
und
Kraniopharyngeomen nicht endgültig eruiert werden. Bei diesen innerhalb
oder in der Nähe der Sella turcica lokalisierten Tumorentitäten scheinen in
der Pathogenese deregulierte Siganalkaskaden beteiligt zu sein. So
konnten einzelne Mutationen, Deletionen, Insertionen, Rearrangements
oder Missense-Mutationen für APC, Axin, GSK3β und β-Catenin, die für
Liganden des Wnt-Signalwegs kodieren, nachgewiesen werden. Conductin
als wichtige Komponente reguliert unter anderem den Abbau des βCatenins. Bei hohen β-Catenin-Spiegeln wird über Transkriptionsfaktoren
(LEF-1/TCF-Familie) die Transkription Wnt-responsiver Gene vermittelt. Die
vorliegende Arbeit lässt sich in zwei Abschnitte unterteilen. Zunächst
wurden
immunhistochemisch
Tumorkollektiv
aus
β-Catenin-Anreicherungen
Kraniopharyngeomen
und
detektiert.
Aufgrund der Diskrepanz zwischen
innerhalb
des
β-Catenin
Gens
(80%)
und
in
einem
Hypophysenadenomen
Mutationshäufigkeiten
der
nachweisbaren
immunhistochemischen Akkumulationen (94%) in den Tumorzellen, wurde
eine
Mutationsanalyse
des
Conductin
Gens
angeschlossen
um
gegebenenfalls genetische Alterationen nachzuweisen.
Methoden:
Die untersuchten Tumorproben wurden bei transsphenoidalen Eingriffen
gewonnen. Mit standardisiertem Verfahren konnte DNA extrahiert und
anschließend durch PCRs amplifiziert werden. Danach wurde die DNA
thermisch denaturiert und im elektrischen Feld auf Polyacrylamidgelen nach
ihren unterschiedlichen molekularen Größen aufgespaltet. Die mittels
SSCP-Verfahrens detektierten, aberrant angeordneten Banden wurden aus
den Polyacrylamidgelen ausgeschnitten und anschließend sequenziert, um
veränderte Basenabfolgen in den Exonabschnitten der DNA aufzudecken.
-- 2 -Die immunhistochemische Färbung erfolgte mittels eines kommerziellen
monoklonalen Antikörpers gegen β-Catenin.
Ergebnisse:
In
den
Hypophysenadenomen
wurden
in
vier
Genabschnitten
Basenveränderungen in kodierenden Bereichen gefunden: Für den Primer
1.4 konnte eine in der Literatur bereits beschriebene Mutation bei einem
Patienten
mit
ACTH-produzierendem
Hypophysenadenom
detektiert
werden. Durch diese Punktmutation wird die Proteinstruktur des Conductins
verändert.
Der
Primerbereich
adamantinösem
5.2
Kraniopharyngeom
enthält
eine
bei
drei
synonyme
Patienten
oder
mit
„stille“
Substitution. Ebenso konnten „stille“ Substitutionen im Primerabschnitt 5.3
bei einem Patienten mit papillärem Kraniopharyngeom und im Abschnitt 7.3
bei weiteren sechs Patienten mit adamantinösem Kraniopharyngeom
detektiert werden. Die Primerabschnitte 5.4, 6.2 und 7.1 enthielten in
insgesamt
18
Kraniopharyngeomproben
und
in
20
Hypophysenadenomproben intronische Veränderungen. Die Kontrollproben
zeigten
in
den
Abschnitten
5.4,
6.2,
7.1,
und
7.3
ebenfalls
Basenveränderungen, diese traten jedoch mit geringerer Häufigkeit auf.
Schlussfolgerung:
In dieser Arbeit konnte eine Mutation im Conductin Gen bei einem Patienten
mit einem ACTH-produzierendem Hypophysenadenom gefunden werden.
Des
Weiteren
waren
die
gehäuft
auftretenden
intronischen
Basenveränderungen in anderen amplifizierten Sequenzen auffällig. Ob
diese Einfluss auf die Funktionalität des Conductins haben, muss in
weiterführenden Studien geklärt werden. Conductin-Mutationen erklären
somit nicht die Diskrepanz zwischen β-Catenin Anreicherungen und dem
Auftreten von Mutationen im β-Catenin Gen. In welchem Grad andere
mutierte Komponenten der Signalkaskade beteiligt sind und die Entstehung
der Hypophysenadenome und Kraniopharyngeome beeinflussen, bleibt zu
untersuchen.
-- 3 --
1b
Summary
Background and aims:
So far the pathogenesis of pituitary adenomas and craniopharyngiomas has
not been completely detected. In both of the tumors located in or near the
sella turcica deregulated signalling pathways, which seem to play a
significant role in their pathogenesis. Single mutations, deletions, insertions,
rearrangements or missense mutations have been shown for APC, Axin,
GSK3β and β-catenin, all coding for ligands of the Wnt-signaling pathway.
As an important component conductin regulates among others the
degradation of β-catenin. In case of high β-catenin levels the transcription of
Wnt responsive genes is mediated with the help of transcription factors
(LEF-1/TCF-family).
This research can be divided in two parts, the immunohistochemical
staining and the gene analysis. First accumulations of β-catenin were
detected immunohistochemically in a group of tumor specimens consisting
of craniopharyngiomas and pituitary adenomas. Because of the discrepancy
between the mutation frequency in the β-catenin gene (80%) and the
immunohistochemical accumulations (94%) in the tumor cell nuclei a
mutation analysis of the conductin-gene was subsequently performed.
Methods:
The
tumor
specimens
which
were
examined
were
obtained
by
transsphenoidal surgery. Their DNA was extracted using standardized
techniques and subsequently amplified by PCR. Afterwards the DNA was
thermally denatured and separated according to the different molecular
sizes in the electric field onto polyacrylamid gels. The single-string
alterations that were detected using the SSCP method, were cut out of the
polyacrylamid gels and sequenced in order to find mutations in the nucleotid
-- 4 -sequence in the exons of the DNA. The immunohistochemical staining was
performed using a monoclonal antibody against β-catenin.
Results:
Mutations of the nucleotid sequence were found in the pituitary adenomas
of four exons for the protein-coding sequence. A mutation that has already
been described in the literature was detected for the primer 1.4 in a patient
with ACTH producing pituitary adenoma. Therefor the protein structure of
the
conductin
was
altered.
In
the
case
of
three
patients
with
adamantinomatous craniopharyngioma using the primer 5.2 we detected a
synonymous or “silent” substitution. Equally “silent” substitutions could be
detected with the primer 5.3 in a patient with papillary craniopharyngioma
and the primer 7.3 in six other patients with adamantinomatous
craniopharyngioma. Using the primers 5.4, 6.2 and 7.1 we detected intronic
mutations in 18 specimens of craniopharyngiomas and in 20 cases of
pituitary adenomas. Healthy tissue samples showed alterations for primersections 5.4., 6.2, 7.1 and 7.3 but not as frequently as tumor tissue.
Conclusions:
In this study a mutation in a conductin gene in a patient with ACTHproducing pituitary adenoma was discovered, this mutation has already
been described. The frequent intronic mutations of the nucleotid sequence
were considered conspicuous. The impact of these on the functionality of
conductin should be examined in future studies. Mutations of conductin do
not explain the discrepancy between the accumulation of β-catenin and the
existence of mutations in the β-catenin gene. Therefore it remains to be
examined to what extent other mutations of components of the signaling
pathway are involved in and influence the development of pituitary
adenomas and craniopharyngiomas.
-- 5 --
2
Einleitung
Die Bezeichnung Hypophyse stammt aus dem Griechischen und bedeutet
soviel wie „das unten anhängende Gewächs“, „der Sprössling“. Im
Deutschen wird die intrakraniell gelegene, endokrinologisch bedeutsame
Struktur als Hirnanhangsdrüse bezeichnet. Erste bildliche Zeugnisse von
Fehlfunktionen der Hypophyse stammen aus dem 2. Jahrtausend vor
Christi Geburt. So findet man noch heute in Ägypten die steinerne Büste
des Pharaos Amenophis III. mit Gesichtszügen, wie sie für die Akromegalie
typisch sind. Es handelt sich dabei um eine Erkrankung, bei der meist durch
einen hypophysären Tumor zuviel Wachstumshormon produziert wird
(Kleine und Rossmanith, 2007).
Die Bezeichnung Kraniopharyngeom setzt sich zusammen aus dem
lateinischen Wort „cranium“ (= Schädel), dem griechischen Wort „pharynx“
(= Schlund) und der Endung „–om“, die allgemein für Tumoren benutzt wird.
Die Bezeichnung für den gutartigen Tumor, der in der Nähe der
Hirnanhangdrüse entsteht, wurde von Cushing im Jahre 1932 eingeführt
und ist seitdem allgemein geläufig. Eine deutsche Bezeichnung ist ErdheimTumor, nach dem Wiener Pathologen Jakob Erdheim.
Bei Hypophysenadenomen und Kraniopharyngeomen handelt es sich um
gutartige Tumoren, die intrakraniell in der Nähe der Sella turcica entstehen.
Diese wird auch „Türkensattel“ genannt und befindet sich in der mittleren
Schädelgrube. Die Entstehung der beiden Raumforderungen ist bis heute
noch nicht vollständig aufgeklärt. Sie sind monoklonalen Ursprungs, was
bedeutet, dass sie aus einer veränderten Zelle entstanden sind, die sich
ungehindert teilt (Sarubi et al., 2001; Herman et al., 1990; Alexander et al.,
1990; Spada et al., 1994; Herman-Bonert und Fagin, 1995; Clayton et al.,
2004). Monoklonale Tumoren enthalten häufig genetische Veränderungen,
wie Mutationen, Deletionen und Rearrangements. Solche Modifikationen
der DNA können zur Tumorentstehung beitragen. Nach der KnudsenHypothese sind häufig mindestens zwei Schädigungen der übergeordneten
zellulären Wachstumskontrollmechanismen notwendig,
bevor es
zur
-- 6 -Zellentartung mit ungehindertem Wachstum kommt. In Studien des
Neuropathologischen Instituts der Universitätsklinik Erlangen konnten bei
Kraniopharyngeomen Mutationen im β-Catenin Gen gefunden werden, einer
zentralen Komponente des Wnt-Signalwegs. Dieser Signalweg übernimmt
wichtige
regulatorische
Funktionen
sowohl in
der embryologischen
Entwicklung als auch im Ablauf von Zellteilungen im adulten Organismus.
Auf den Signalweg möchte ich später genauer eingehen, zunächst werde
ich die Hypophyse, die Neubildungen der Hirnanhangsdrüse und die
Kraniopharyngeome genauer erläutern.
2.1
Die Hypophyse
2.1.1 Embryologie und Anatomie der Hypophyse
Die Hypophyse besteht aus drei Teilen, die sich bezüglich ihrer Entstehung,
Funktion und Morphologie unterscheiden. Der Adenohypophyse, auch
Hypophysenvorderlappen (HVL) genannt, der Neurohypophyse, die ebenso
als
Hypophysenhinterlappen
(HHL)
bezeichnet
wird
und
dem
Hypophysenstiel (Abb1). Der histologisch abgrenzbare Mittellappen wird
zum Vorderlappen gezählt und enthält Reste der Rachenwand. Die
Neurohypophyse und der Hypophysenstiel entwickeln sich aus dem
Infundibulum, einer Erweiterung und Vorwölbung des Diencephalons (=
Zwischenhirn) nach caudal (Abb.2). Der HHL besteht zum einen aus
Pituizyten, spezialisierten Gliazellen, die nur in der Neurohypophyse
vorkommen und Transport, Speicherung und Freigabe von Hormonen in
den Nervenfasern beeinflussen. Im HHL findet man des weiteren Axone der
Neuronen aus den Kerngebieten des Hypothalamus. Die Nervenfortsätze
stammen vor allem aus dem Bereich der vorderen Kerngruppe, zu der der
Nucleus supraopticus und der Nucleus paraventricularis gehören. Diese
Zellen produzieren die Hormone Oxytocin und Vasopressin, die durch
Neurosekretion der Axone in den Blutkreislauf abgegeben werden und
dadurch zu ihren Erfolgsorganen gelangen.
-- 7 --
Abb. 1: Adaptiert aus H. Lippert, Lehrbuch Anatomie, 2006, Urban & Fischer Verlag
Die Adenohypophyse ist entwicklungsgeschichtlich kein Bestandteil des
Gehirns, sondern lagert sich diesem an. Sie entsteht in der dritten
Embryonalwoche aus einer ektodermalen Ausstülpung des Stomadeums,
die unmittelbar vor der Rachenmembran liegt und als Rathke-Tasche
bezeichnet wird. Diese wächst nach dorsal in Richtung des Infundibulums
und steht am Ende des zweiten Monats losgelöst vom Rachendach in enger
Beziehung zum Infundibulum. Die Zellen der Vorderwand der RathkeTasche vermehren sich in der weiteren Entwicklung und bilden die
Adenohypophyse. Später wächst aus diesen Zellen ein kleiner Lappen, die
Pars
tuberalis
(Trichterlappen),
den
Infundibulumstiel
entlang
und
umschließt ihn. Die Hinterwand der Rathke-Tasche bildet sich um zur Pars
intermedia, die keine Bedeutung zu haben scheint. Wenn ein kleiner Rest
-- 8 -der
Rathke-Tasche
im
Pharynx
verbleibt,
wird
diese
als
Rachendachhypophyse bezeichnet (Abb. 2).
Abb. 2: Embryologische Entwicklung der Adenohypophyse; adaptiert nach TheFetus.net.
1990-2010
Makroskopisch ist die Hypophyse in der Sella turcica, im mittleren Bereich
der Schädelgrube, lokalisiert. Ein Venengeflecht, der sogenannte Sinus
cavernosus, umgibt die Hypophyse. Unmittelbar benachbart liegt die Arteria
carotis interna und der Nervus abducens (Vl), lateral befinden sich der
Nervus occulomotorius (III), der Nervus trochlearis (IV) sowie Äste des
Nervus trigeminus (V1 und V2). Kranial der Hypophyse befindet sich das
Chiasma opticum aus linkem und rechtem Sehnerv. Die topographische
Beziehung der Hypophyse zu den genannten intrakraniellen Strukturen ist
von wichtiger klinischer Bedeutung und wird in Abbildung 3 dargestellt.
-- 9 --
Abb. 3: Anatomie der Sella turcica und umgebender Strukturen aus Henry Gray, (1918)
Anatomy of the Human Body. (http://www.bartleby.com/107/275.html)
Mikroskopisch setzt sich der Hypophysenvorderlappen aus einer Vielzahl
von Läppchen zusammen, die von einem gefäßreichen, retikulären Gewebe
umgeben sind. Mit Hilfe einer Hämatoxylin-Eosin-Färbung lassen sich die
einzelnen
Zellgruppen
des
HVL unterscheiden.
Hierbei erscheinen
azidophile Zellen rot und basophile Zellen blau gefärbt. Chromophobe
Zellen entsprechen degranulierten Zellen, die sich nicht anfärben lassen
und folglich optisch leer erscheinen. In Abbildung 4 wird schematisch
dargestellt wie sich azidophile und basophile Zellen aufgrund ihres
Färbeverhaltens unterscheiden lassen, jedoch wird hier für das HVLGewebe
eine
Kresazanfärbung
verwendet.
In
den
verschiedenen
Zellgruppen des HVL werden folgende Hormone produziert: Azidophile
Zellen produzieren Wachstumshormon und Prolaktin, basophile und
chromophobe Zellen Kortikotropin und Melanotropin. Follikel-stimulierendes
Hormon und Luteotropes Hormon werden unter dem Begriff Gonadotropine
zusammengefasst und entstehen wie das Thyroidea-stimulierende Hormon
in basophilen Zellen. Im nächsten Abschnitt soll genauer auf die Funktion
der verschiedenen Hormone eingegangen werden.
-- 10 --
Abb. 4: Kresazanfärbung, 800 fache Vergrößerung; 1= chromophobe Zelle 2= Kapillare 3=
azidophile Zelle (Wachstumshormon) 4= azidophile Zelle (Prolaktin) 5= basophile Zelle
(TSH und LH) 6= basophile Zelle (Gonadotropin) 7= Stammzelle
Abbildung aus H. Lippert, Lehrbuch Anatomie, 2006, Urban & Fischer Verlag
2.1.2 Physiologie und Pathophysiologie der Hypophyse
Die Freisetzung der Hormone in der Hypophyse wird über aktivierende und
hemmende Signale aus dem Hypothalamus gesteuert. Das erfolgt zumeist
über die Ausschüttung von Liberinen (stimulieren die Freisetzung) und
Statinen (hemmen die Freisetzung). Diese werden in die Portalvenen
abgegeben und gelangen so zu den Zielzellen in der Adenohypophyse.
Außer Prolaktin, welches als Effektorhormon direkt auf die Brustdrüse wirkt,
sind die HVL-Hormone glandotrope Hormone (Tropine), das heißt sie
wirken auf endokrine Drüsen, die dann über weitere Hormonfreisetzung auf
periphere Organe Einfluss nehmen. Dazu gehören auch die Hypophyse und
der Hypothalamus selbst. Durch negative Rückkopplung werden die
Hormonspiegel im Serum in einem Sollbereich gehalten. Steigen die
Konzentrationen der Effektorhormone im Blut an, so werden die Hypophyse
-- 11 -und der Hypothalamus in ihrer weiteren Sekretion gehemmt. Die folgende
Abbildung (Abb. 5) zeigt vereinfacht die Hierarchie der Hormonsteuerung
als Regelkreis.
Abb. 5 : Hierarchische Regulation der Hormonfreisetzung aus der Hypophyse (adaptiert
nach Schäffler und Menche)
Folgende Hormone werden über die Hypothalamus-Hypophysenachse
produziert und reguliert:
Gonadoliberin
(Gonadotropin-Releasing-Hormon,
GnRH)
Hypothalamus
stimuliert
Gonadoliberine
die
Ausschüttung
der
aus
dem
LH
(luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel stimulierendes Hormon) in der
Hypophyse.
Diese
regulieren
die
Freisetzung
der
Sexualhormone
(Östrogene, Gestagene und Testosteron).
Corticoliberin
(Corticotropin-Releasing-Hormon,
CRH)
fördert
die
Ausschüttung von Corticotropin (adrenocorticotropes Hormon, ACTH) durch
die Adenohypophyse. Es stimuliert vor allem die Hormonfreisetzung durch
die Nebennierenrinde (Glucocorticosteroide und Mineralocorticosteroide).
Außerdem wird auch die Freisetzung von Melanotropin im HVL stimuliert
(Melanozyten stimulierendes Hormon, MSH), das vor allem für die
Pigmentierung der Haut verantwortlich ist.
-- 12 -Thyreoliberin
(Thyreotropin-Releasing-Hormon,
TRH)
fördert
die
Hormonfreisetzung von Thyreotropin, das die Hormonbildung und das
Wachstum der Schilddrüse stimuliert. Es kann ebenfalls die Ausschüttung
von Prolaktin fördern, dies erfolgt jedoch auch durch Endorphine,
Angiotensin II, Stress und VIP (vasointestinal peptide). Gehemmt wird die
Freisetzung von Prolaktin durch Dopamin und Prolaktostatin (PIH) aus dem
Hypothalamus. Hierunter ist Dopamin der wichtigste Regulator. Somit wird
Prolaktin vor allem dann ausgeschüttet, wenn der Hypothalamus kein
Dopamin freisetzt. Prolaktin fördet das Wachstum und die Differenzierung
der Brustdrüse, hemmt die Ausschüttung von LH und FSH und kann das
Immunsystem beeinflussen.
Somatoliberin
(Growth
hormone
releasing
hormone,
GHRH)
und
Somatostatin (Growth hormone release inhibiting hormone, GHRIH)
regulieren die Freisetzung von Somatotropin (Growth hormone, GH oder
somatotropes Hormon STH) aus der Adenohypophyse. Es fördert vor allem
das Körperwachstum.
Durch Stress wird auch Lipotropin (lipotropes Hormon, LPH) aus der
Adenohypophyse freigesetzt, es fördert die Lipolyse.
Oxytocin und Adiuretin werden in den Neuronen des Nucleus supraopticus
und des Nucleus paraventricularis gebildet, die im Hypothalamus liegen. Sie
gelangen über Neurosekretion in die Neurohypophyse und werden dort bei
Bedarf freigesetzt. Oxytocin fördert die Kontraktion der Uterusmuskulatur,
der Milchdrüsen und der Samenkanälchen. Adiuretin reguliert vor allem den
Körperwasserhaushalt. Die folgende Abbildung (Abb. 6) gibt einen
Überblick über die sekretorischen Mechanismen von Hypothalamus und
Hypophyse.
-- 13 --
Abb. 6: Hypophysen- und Hypothalamussystem, aus Taschenatlas der Physiologie,
Silbernagel und Despopoulos, 2003, Thieme Verlag
Der Hypothalamus kann die Hormonfreisetzung auch über das vegetative
Nervensystem mit Hilfe von Adrenalin, Noradrenalin und Acetylcholin
beeinflussen. Somit wird deutlich, dass die hormonelle Steuerung der
Körperfunktionen über ein komplexes Zusammenspiel verschiedener
Mechanismen funktioniert. Abbildung 7 stellt dies vereinfacht dar.
-- 14 --
Abb. 7: Regulatorische Einbettung endokrinologischer Mechanismen, aus Taschenatlas
der Physiologie, Silbernagel und Despopoulos, 2003, Thieme Verlag
Funktionsstörungen hormoneller Regelkreise werden in primäre, sekundäre
und tertiäre Funktionsstörungen unterteilt. Tertiäre Funktionsstörungen
betreffen
den
Hypothalamus,
der
ungenügend
Releasing-Hormone
produziert und sezerniert. Primäre Funktionsstörungen betreffen das
Zielorgan und können sowohl zu verminderter als auch gesteigerter
Hormonausschüttung
entweder
im
Zielorgan
selbst
oder
in
den
übergeordneten Zentren führen.
Die sekundären Funktionsstörungen betreffen die Hypophyse und sind
zumeist durch Hypophysenadenome oder andere selläre Raumforderungen
bedingt.
In
der
Tabelle
1
werden
die
Ursachen
hypophysärer
-- 15 -Funktionsbeeinträchtigung zusammengefasst. Im nächsten Kapitel werden
die Hypophysenadenome genauer beschrieben.
Ursachen hypophysärer Funktionsausfälle
Hypophysenadenome
ontogenetische
Zellresttumoren
Zysten und
Fehlbildungen
Zu Grunde liegende Veränderungen
hormoninaktive / hormonaktive Hypophysenadenome,
Hypophysenkarzinome (extrem selten)
Kraniopharyngeome, Epidermoide, Chordome, Lipome
Zysten der Rathke’schen Tasche, Kolloidzysten, sphenoidale
Mukozelen,
Arachnoidalzysten, Pseudotumor cerebri, Empty-Sella-Syndrom
Primitive
Keimzelltumoren
Sonstige Tumoren
Dysgerminome,Teratome, ektope Pinealome, Dermoide
Vaskuläre
Veränderungen
Entzündungen und
Granulome
Aneurysmen, Blutungen, Hämangiome
Trauma
Operation, Bestrahlung, Schädelhirntrauma,
Hypophysenstieldrehung, -abriss
Gliome (Astrozytome, Oligodendrogliome, Ependymome,
Infundibulome, Chiasma-Opticum-Gliom), Meningeome,
Enchondrome, Metastasen, primäre Lymphome
Hypophysenabszesse, Sarkoidose,Tuberkulome, Histiozytosis X,
Echinokokkuszysten, Autoimmunhypophysitis
Tabelle 1: Ursachen Hypophysärer Funktionsausfälle, adaptiert aus MANUAL Endokrine
Tumoren, 2. Auflage 2008, Tumorzentrum München
2.2
Hypophysenadenome
2.2.1 Epidemiologie der Hypophysenadenome
Das Hypophysenadenom ist die häufigste Erkrankung der Hirnanhangsdrüse. Die Inzidenz liegt bei 3-4/100.000 Neuerkrankungen pro Jahr,
die
Prävalenz
bei
30/100.000
Einwohnern.
Ihr
Anteil
unter
den
Hypophysentumoren beträgt 90 %. Sehr selten sind Hypophysenkarzinome,
die sich nur durch den Nachweis von Metastasen diagnostizieren lassen
(Lübke und Saeger, 1995). Das Hypophysenadenom zählt mit einem Anteil
von 10-15% nach den Meningeomen und Glioblastomen zu den häufigsten
primär intrakraniellen Neoplasien (Sanno et al., 2003). Autopsiestudien
belegen,
dass
in
Hypophysenadenome,
bis
zu
25%
sogenannte
aller
Sektionspräparate
Inzidentalome,
nachweisbar
kleine
sind
-- 16 -(Burrow et al., 1981). Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Tumoren
im hormonproduzierenden Gewebe des Hypophysenvorderlappens. Meist
handelt es sich um sporadische Hypophysenadenome. Nur 1% sind
hereditäre Adenome im Rahmen der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1
(MEN1). Bei dieser Erkrankung liegt ein Komplex aus mehreren Adenomen
vor
mit
entwickeln
entsprechender
vorwiegend
Hypophysenadenome
Karzinome
Symptomkombination.
aus
Betroffene
Patienten
Nebenschilddrüsenadenome,
häufig
(hauptsächlich
endokrinen
Prolaktinome),
Pankreaszellen
Adenome
und
und
vereinzelt
Bronchialkarzinoide. Es handelt sich hierbei um eine autosomal-dominant
vererbte Erkrankung mit Mutationen im Menin-Gen, das auf dem langen
Arm von Chromosom (17q24) liegt (Dong et al., 2001).
2.2.2 Histologie und Einteilung der Hypophysenadenome
Hypophysenadenome sind Tumoren des Hypophysenvorderlappens, die
wegen ihres gutartigen Wachstumsverhaltens als WHO-Grad I Tumoren
klassifiziert werden (Histological typing of endocrine tumors, WHO, 2000).
Ausgehend von Parenchymzellen des HVL, wachsen bis zu 42% der
Adenome in benachbarte Strukturen ein (Sautner und Saeger, 1991).
Lediglich 0,1 – 0,2% der Tumoren zeigen eine maligne Progression und
Metastasierung (Davis et al., 2001). Ihre histologische Struktur lässt sich
leicht von der oben beschriebenen des gesunden HVL unterscheiden. Die
Adenome zeigen eine medullär-diffuse, solide, trabekuläre, sinusoidale oder
pseudopapilläre Anordnung ihrer Zellverbände (Saeger et al., 2001). Häufig
findet man vermehrt Kapillaren im Bereich der Adenome (Vidal et al., 2000)
sowie rundliche Verkalkungen, die Psammomkörperchen genannt werden.
Um die Gefäße können sich Tumorzellverbände gruppieren, die dann
mikroskopisch als Pseudorosetten sichtbar werden.
-- 17 --
Abb 8: HE-Färbung eines Hypophysenadenoms
Abb. 9: HE-Färbung eines Wachstumhormon-produzierenden Hypophysenadenoms vom
azidophilen Zelltyp; Urheber: jensflorian, Wikibooks.org;
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/09/Craniopharyngioma_histology.jpg
Die international gültige Klassifikation der Hypophysenadenome entstand
durch Vorarbeiten von Horvath und Kovacs (Horvath und Kovacs, 1988).
Sie berücksichtigt die Histologie, die Immunhistochemie, die oben
erwähnten Färbeeigenschaften der unterschiedlichen Zelltypen, sowie
elektronenmikroskopische Strukturen und klinisch-pathologische Symptome
der Adenome (Solcia et al., 2000). Die Immunhistochemie ermöglicht den
Nachweis von Hormonen in den Zellgranula der Adenome, wodurch eine
Unterscheidung zwischen hormonell aktiven und hormonell inaktiven
Tumoren möglich wird (Scherbaum et al., 1999). Die heute gängige
Unterteilung der Adenome richtet sich in erster Linie nach dem
immunhistochemischen Färbeprofil. Somit werden hormonproduzierende
Adenome und nicht hormon-produzierende Adenome unterschieden.
Hormoninaktive Tumoren werden unterteilt in „silent Adenomas“, das sind
-- 18 -HVL-Adenome die Hormone produzieren, aber nicht ausschütten, und in
solche, die Hormone synthetisieren und in unterschiedlichen Mengen
sezernieren,
ohne
klinische
Symptome
zu
verursachen
(v.a.
Gonadotropine). Des weiteren in Adenome, die biologisch unwirksame
Vorstufen (α-Untereinheiten) produzieren, und in Nullzelladenome und
Onkozytome,
die
keine
Hormone
produzieren
(Stalla,
2008).
Hormonproduzierende Adenome werden weiter unterteilt nach der Dichte
der anfärbbaren Granula, nach der klinischen Symptomatik und nach dem
produzierten Hormon oder der Kombination der produzierten Hormone. Die
Häufigkeit ihres Auftretens, die entsprechende Klinik, die Histopathologie
und das Antikörperprofil sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Adenomtyp
FSH/LH-ZellAdenom
Immunologischer Hormonnachweis
FSH und/oder LH
(α-Subunit)
Nullzelladenom
gering granuliertes Prolaktinzelladenom
dicht granuliertes ACTH-ZellAdenom
dicht granuliertes STH-ZellAdenom
gering granuliertes STH-ZellAdenom
gering granuliertes ACTH-ZellAdenom
onkozytäres
Adenom
Prolaktin (αSubunit)
gemischtes
STH/ProlaktinZell-Adenom
STH/Prolaktin (αSubunit, TSH)
Plurihormonales
Adenom
STH/Prolaktin/TSH
/FSH/LH,
TSH/FSH/LH,
Prolakt/ACTH usw.
ACTH (α-Subunit)
STH (Prolaktin, αSubunit, TSH,
FSH, LH)
STH (Prolaktin, αSubunit, TSH,
FSH, LH)
ACTH (α-Subunit)
Wichtigste Kriterien
Klinik
elongiert oder angedeutet
vakuoläre Zellen, chromophob, oft onkozyt. Anteile
kleine gleichförmige
chromophobe Zellen, oft
onkozytäre Anteile
oft elongierte chromophobe
Zellen, meist Schrumpfung
unter Dopaminagonisten
stark PAS-positiv granuliert
inaktiv, selten
Gonadotropin-Exzess
inaktiv
azidophil
“fibrous bodies”:
keratinpositive
paranukleäre Körper
schwach PAS-positiv
große, leicht azidophile
Zellen, Nachweis durch
Elektronenmikroskopie oder
Semidünnschnitte
dicht oder gering granulierte STH-Zellen, wie bei
gering u. dicht granuliertem
STH-Zell-Adenom; neben
Prolaktin-zellen wie bei
gering granuliertem
Prolaktinzelladenom
uneinheitlich
Häufig
-keit
(in %)
23,5
14,6
Hyperprolaktinämie
10
Morbus
Cushing, evtl
inaktiv
Akromegalie,
sehr selten
inaktiv
Akromegalie,
selten inaktiv
6,9
Morbus
Cushing, evtl.
inaktiv
inaktiv
5,1
Akromegalie
mit
Hyperprolaktinämie
3,2
oft
Akromegalie,
uneinheitlich
1,8
5,7
5,4
4,8
-- 19 -Adenomtyp
Wichtigste Kriterien
Klinik
TSH-ZellAdenom
Immunologischer Hormonnachweis
TSH (α-Subunit,
STH, Prolaktin)
kleine Zellen oder
elongierte Zellen,
chromophob
Mammosomatropes Adenom
STH/Prolaktin (αSubunit, TSH)
azidophiles
Stammzelladenom
Prolaktin/STH
dicht granuliertes Prolaktinzelladenom
Crooke-ZellAdenom
Prolaktin
azidophil (wie dicht
granuliertes STH-ZellAdenom), einheitlicher
Zelltyp
onkozytär wie okozytäres
Adenom, Beweis durch
elektronenmikroskop.
Nachweis von
Riesenmitochondrien
azidophil
Hyperthyreose, Hypothyreose, evtl
Euthyreose
Akromegalie
mit Hyperprolaktinämie
ACTH
aus Crooke-Zellen
aufgebaut
(intrazytoplasmatischer,
keratinpositiver hyaliner
Ring)
Häufig
-keit
(in %)
1,4
0,8
Hyperprolaktinämie, evtl
leichte
Akromegalie
0,3
Hyperprolaktinämie
0,2
inaktiv
0,1
Tabelle 2: Die Klassifikation beruht weitgehend auf der WHO-Einteilung, jedoch mit Vereinfachungen bei den inaktiven ACTH-Zell-Adenomen und den FSH/LH-Zell-Adenomen.
Weiterhin spielen die Invasivität des Tumors und seine Größe eine Rolle.
Adenome mit einem Durchmesser unter 10 mm werden Mikroadenome und
solche mit einem Durchmesser größer als 10 mm Makroadenome genannt.
Diese Unterteilung ist vor allem für die Diagnostik und die Therapie wichtig.
2.2.3 Ätiologie von Hypophysenadenomen
Die Ätiologie der Hypophysenadenome ist bislang nicht vollständig geklärt.
Anfänglich gab es zwei Theorien für deren Ursprung. Zum einen die
Hypothese der exzessiv ungehemmten Hormonausschüttung, die eine
Tumortransformation einleitet, zum anderen das Modell der Entwicklung
aus intrinsischen hypophysären Defekten. Der Nachweis des monoklonalen
Ursprungs der sporadischen Adenome ließ den Schluss zu, dass sie aus
somatischen Genveränderungen einer einzelnen Zelle enstehen. Nach der
Knudsen Hypothese sind mindestens zwei Alterationen nötig, um eine
klonale Expansion einzuleiten. Die Tumorneovaskularisation (Neubildung
-- 20 -von Gefäßen im Tumor) ist wichtig für die Progression des ungehemmten
Wachstums. Unter anderem tragen laut mehrerer Studien hypophysiotrope
Hormone, die insuffiziente Ausschüttung von Suppressorhormonen und
einige Wachstumsfaktoren dazu bei (Asa et al., 1998). Somit ist es
wahrscheinlich, dass Mechanismen beider Theorien der Entstehung von
Hypophysenadenomen
zugrunde
liegen.
Kausale
genetische
Veränderungen konnten bislang nur vereinzelt identifiziert werden. Neue
Studien postulieren die Beteiligung eines alterierten TyrosinkinaseRezeptors (Dworakowska et al., 2009). Im nächsten Abschnitt soll
differenziert auf die Beschwerden der Patienten mit Hypophysenadenomen
eingegangen werden.
2.2.4 Klinik der Hypophysenadenome
2.2.4.1 Klinische Symptome bei Hypophyseninsuffizienz
Zunächst
sollen
kurz
die
Symptome
einer
Hypophyseninsuffizienz
dargestellt werden, wie sie bei allen Raumforderungen im Sellabereich
auftreten können. Die klinischen Symptome resultieren aus der Lage und
der Ausdehnung des Prozesses (Shimon und Melmed, 1998; Scherbaum et
al., 1999; Schweikert, 1999). Ist die Raumforderung groß genug, kommt es
durch Druckatrophie zunächst zur Beeinträchtigung der somatotropen - und
gonadotropen Partialfunktionen, später fallen thyreotrope und kortikotrope
Funktionen
aus.
Die
klinischen
Symptome
der
supprimierten
Hormonachsen fasst Tabelle 3 zusammen.
Ausfall der
somatotropen
Funktion
– Kleinwuchs im Kindes- und Jugendalter
– veränderte Körperzusammensetzung mit reduzierter
Muskelmasse und vermehrter abdomineller Fetteinlagerung
– Fettstoffwechselstörung: erhöhtes LDL und erniedrigtes HDL
– erhöhtes Arterioskleroserisiko
– reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit
Ausfall der
gonadotropen
Funktion
– verminderte oder fehlende Achsel- und Schambehaarung
– vermehrte periokuläre und periorale Fältelung der Haut
– bei der Frau: Oligo- oder Amenorrhö, Mammaatrophie,
Infertilität
– beim Mann: Infertilität, Libido- und Potenzminderung, kleine,
weiche Testes
-- 21 -Ausfall der
thyreotropen
Funktion
– Kälteintoleranz
– Neigung zur Gewichtszunahme
– Müdigkeit
– Lethargie
– Wesensveränderung
– Bradykardie
Ausfall der
kortikotropen
Funktion
– blasses Hautkolorit
– Schwäche
– Müdigkeit
– Apathie
– Gewichtsverlust
– Übelkeit
– Erbrechen in Stresssituationen
– Hypoglykämie
– Hypotonie
Tabelle 3: Symptome einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, aus MANUAL Endokrine
Tumoren, 2. Auflage 2008, Tumorzentrum München
Frühsymptome hypophysärer und hypothalamischer Erkrankungen sind im
Allgemeinen Zyklusstörungen und Amenorrhö sowie Libidostörungen und
Potenzverlust. Später, nach Massenzunahme des Tumors, kann eine
Kompression
des
Chiasma
opticum
zu
einem
beidseitigen
Gesichtsfeldausfall führen (bitemporale homonyme Hemianopsie) und im
weiteren Verlauf zu einer Atrophie des Sehnervs und zu einem Visusverlust.
Symptome
einer
allgemeinen
Druckerhöhung
im
Gehirn
wie
Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Augenmuskellähmungen, durch
Kompression der zugehörigen Nerven im Sinus cavernosus, können
ebenfalls auftreten. Außerdem kann es zu einer Kompression des
Hypophysenstiels
Dopamintransport
kommen.
zum
HVL
Dadurch
wird
beeinträchtigt
Entzügelungs-Hyperprolaktinämie.
Die
und
der
es
inhibierende
resultiert
Differentialdiagnose
eine
zwischen
Makroprolaktinom und hormoninaktivem Makroadenom mit EntzügelungsHyperprolaktinämie ist unter Umständen schwierig (Stalla, MANUAL
Endokrine Tumoren, 2008).
2.2.4.2 Klinische Symptome bei Prolaktinomen
Prolaktinome sind häufig endokrin aktiv. Sie treten vor allem bei Frauen im
mittleren Alter auf, führen zu Oligo- oder Amenorrhö und unerfülltem
Kinderwunsch, seltener zu ein- oder beidseitiger Laktation. So findet man
-- 22 -bei 30% der Frauen mit sekundärer Amenorrhö ein Prolaktinom. Bei
männlichen Patienten sind häufig Libidoverlust und Potenzstörungen zu
beobachten. Ein Hypogonadismus ensteht durch erhöhtes Prolaktin, das zu
einer Hemmung der Ausschüttung von LHRH im Hypothalamus führt.
Dadurch fehlt die pulsatile Freisetzung von LH und FSH in der Hypophyse
(Lui et al., 1995).
2.2.4.3 Klinik der ACTH-produzierenden Hypophysenadenome
ACTH-produzierende Tumoren der Hypophyse haben einen Anteil von 12%
an den hormonproduzierenden Tumoren und verursachen den Morbus
Cushing, der als das zentrale, endogene Korrelat eines KortisolÜberschusses definiert ist. In 80% der Fälle ist ein ACTH-bildendes
Hypophysenadenom Ursprung des M. Cushing im Erwachsenenalter.
Klinische Symptome sind, wie auch bei anderen Ursachen für eine
Zunahme der Kortisolproduktion, die Stammfettsucht, das typisch gerötete
Vollmondgesicht, die Atrophie der proximalen Muskulatur, Müdigkeit und
Leistungsabfall,
Hirsutismus,
Striae
distensae,
psychopathologische
Störungen
der
Erscheinungen
Sexualfunktionen,
wie
Depression,
Schlafstörungen und Angstzustände, glukokortikoid bedingte Osteoporose,
Hypertonie und eine diabetische Stoffwechsellage. Tabelle 4 stellt die
Häufigkeit der genannten Symptome dar.
Symptome
Rotes, gerundetes Gesicht (Vollmond, Plethora)
Stammbetonte Fettsucht
Hypertonie
Hypogonadismus (Amenorrhö, Libido- und Potenzverlust)
Osteoporose
Striae rubrae, hämorrhagische Diathese
Muskelschwäche
Hirsutismus (bei Frauen)
Knöchelödeme
Büffelnacken
Akne
Rücken- und Knochenschmerzen
Psychische Veränderungen
Schlechte Wundheilung (Ulcus cruris)
Polyurie, Polydipsie
Häufigkeit
(%)
90
85
85
80
75
65
60
70
55
55
55
50
45
35
30
-- 23 -Kyphose
Nierensteine
Leichte Polyzythämie
25
20
20
Tabelle 4: Symptome des M.Cushing nach Häufigkeit ihres Auftretens geordnet, aus Stalla
GK et al. Hypophysentumoren und andere selläre Raumforderungen, Göke B., Fürst H.,
Reinecke M. (Hrgb), 2. Auflage, Zuckschwerdt-Verlag, München, 2008, 72-90.
Eine Sonderform der ACTH-produzierenden Adenome stellt der NelsonTumor dar. Er wächst invasiv und tritt bei rund 29% der Patienten mit
beidseitiger Adrenalektomie auf. Das klinische Bild des Nelson-Syndroms
setzt sich zusammen aus dem Nelson-Tumor (einem ACTH-produzierenden
Hypophysenadenom) und dem Auftreten eines braun pigmentierten
Hautkolorits.
2.2.4.4 Klinik der GH-produzierenden Hypophysenadenome
Wachstumshormon-produzierende Adenome, auch STH-/GH-Zell-Adenome
genannt, sind ebenfalls häufig endokrin aktive Tumoren. Sie verursachen
das typische Bild der Akromegalie mit pathologischem Wachstum von
Stützgewebe, Proliferation der Haut und der inneren Organe. Bei etwa der
Hälfte der Patienten kann eine pathologische Glucosetoleranz gemessen
werden. Bei Kindern mit noch nicht erfolgtem Epiphysenschluss resultiert
ein Gigantismus. 40% dieser Tumoren weisen eine Punktmutation im GsMembranprotein
auf.
Das
Protein
reguliert
die
intrazelluläre
Adenylatzyklase, ein Enzym, das bei der Vermittlung der Hormonwirkung
eine Rolle spielt. Die bis um das Vierfache erhöhte Mortalität der Patienten
ist vor allem durch die Entwicklung folgender Pathologien bedingt: Zum
einen die akromegale Kardiomyopathie (die sich durch Kardiomegalie im
Rahmen der Viszeromegalie, durch den arteriellen Hypertonus und durch
die
Hyperinsulinämie
entwickelt)
und
zum
anderen
respiratorische
Erkrankungen, wie das Schlaf-Apnoe-Syndrom. Zudem werden bei
Patienten
mit
Akromegalie
vermehrt
Kolonpolypen
und
in
Jodmangelgebieten gehäuft Strumen diagnostiziert. Unbehandelt können
des
Weiteren
schwere
Arthropathien
auftreten,
die
mit
starken
-- 24 -Bewegungseinschränkungen der Patienten einhergehen. Die folgende
Tabelle (5) stellt die Symptome und deren Häufigkeit bei Akromegalie dar.
Symptome
Vergrößerung der Akren
Kopfschmerzen
Zyklusstörungen bei Frauen
Sehstörungen
Hyperhidrosis
Hypertrichosis
Libidoverlust
Karpaltunnelsyndrom
Gelenkbeschwerden
Arterielle Hypertonie
Schlafapnoe
Häufigkeit
(%)
100
60-85
45-85
20-60
50-90
25-55
40-60
30-45
20-70
35-50
50-60
Tabelle 5: Symptome mit Häufigkeit ihres Auftretens bei Akromegalie, aus Stalla GK et al.
Hypophysentumoren und andere selläre Raumforderungen, Göke B., Fürst H., Reinecke
M. (Hrgb), 2. Auflage, Zuckschwerdt-Verlag, München, 2008, 72-90.
2.2.4.5 Klinik der TSH produzierenden Hypophysenadenome
TSH-produzierende Hypophysenadenome führen zu einer Überfunktion der
Schilddrüse, indem vermehrt Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH)
freigesetzt
wird.
Dieser
Tumor
ist
äußerst
selten
(<1%
der
Hypophysenadenome) und führt zu Unruhe, Gewichtsverlust, vermehrtem
Schwitzen,
Schlafstörungen,
Herzklopfen
und
Amenorrhö
bei
den
weiblichen Patienten.
2.2.4.6 Klinik von gonadotropen Hypophysenadenomen, plurihormonalen Tumoren und anderen nicht hormonproduzierenden Tumoren
Gonadotrope Adenome, mit einem hohen Anteil von rund 24 % an den
hormonproduzierenden Tumoren, fallen vor allem durch Symptome der
intrakranielle Massenzunahme auf. In den Blutproben der Patienten können
-- 25 -bei hormonell aktiven Tumoren erhöhte Hormonspiegel von LH und FSH
gemessen
werden,
die
jedoch
klinisch
häufig
unauffällig
bleiben.
Plurihormonale Tumoren machen nur einen geringen Anteil der Hormonproduzierenden Adenome aus. Bei entsprechenden Patienten findet man
eine Symptomkombination entsprechend der produzierten Hormone.
Inaktive Tumoren, wie das Nullzelladenom, das onkozytäre Adenom und
das Crooke-Zell-Adenom, bilden in etwa einen Anteil von 20% der
Hypophysenadenome. Klinisch treten diese ebenso vor allem durch
Symptome der intrakraniellen Massenzunahme in Erscheinung.
2.2.5 Diagnostik von Hypophysenadenomen
2.2.5.1 Allgemeines Vorgehen
Die Diagnostik der Hypophysenadenome setzt sich aus Anamnese,
Hormonanalyse,
bildgebender
Diagnostik
und
gegebenenfalls
einer
ophthalmologischen Untersuchung zusammen. Bei Patienten mit akuter
Visusminderung
muss
eine
sofortige
Abklärung
durch
eine
Magnetresonanztomographie (MRT) erfolgen. Die MRT-Untersuchung
ermöglicht in vielen Fällen bereits eine Differenzierung der tumorösen
Struktur in Adenome und andere Raumforderungen im Bereich der Sella
turcica. Durch T1-gewichtete Aufnahmen nach Kontrastmittelgabe ist es
möglich, auch Mikroadenome im normalen Hypophysengewebe zu
erfassen. Bei der Diagnostik eines Makroadenoms oder einer anderen
größeren
sellären
Raumforderung
sollte
eine
umfangreiche
Hormondiagnostik erfolgen. Dies ist bei Mikroadenomen nicht zwingend
erforderlich. Hier muss vor allem ein Prolaktinom oder ein beginnendes
Cushing-Syndrom ausgeschlossen werden. Vor einem operativen Eingriff
wird
eine
Hormondiagnostik
durchgeführt,
um
hormonaktive
von
hormoninaktiven Adenomen zu differenzieren. Ein Prolaktinom muss
ausgeschlossen
medikamentös
werden,
therapiert
weil
wird.
es
auch
als
Perioperativ
Makroadenom
werden
bei
primär
großen
Raumforderungen immer Hydrokortison und gegebenenfalls ADH-Analoga
-- 26 -verabreicht, um einem Diabetes insippidus oder einer akuten Entgleisung
der Elektrolyte (Addison-Krise) vorzubeugen. Postoperativ kann das
verabreichte Hydrokortison in der Regel wieder kontrolliert abgesetzt
werden.
Aufgrund
der
Nähe
zur
Sehbahn
verursachen
supraselläre
Raumforderungen häufig Sehstörungen. Es kann eine Kompression des
Nervus opticus, des Chiasma opticum oder des Tractus opticus vorliegen,
die zu Sehstörungen mit Gesichtsfeldausfällen oder einer Optikusatrophie
führen. Zur Diagnosestellung wird eine Visusprüfung oder eine sensitivere
Gesichtsfeldperimetrie durchgeführt, die es auch Computer-assistiert gibt.
Die MRT-Untersuchung ist die Methode der Wahl bei klinisch gegebener
Indikation zur Untersuchung der Sellaregion sowie vor Operationsplanung
(Jansen und Hartmann, 2001). Folgende Abbildungen zeigen die MRTAufnahmen eines Hypophysenadenoms (Abb. 10) und eines suprasellären,
zystischen Kraniopharyngeoms (Abb.11).
Abb. 10: Hypophysenmakroadenom (schwarzer Pfeil) mit deutlicher Anhebung der
Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum = roter Pfeil). cMR; © Dieses Foto ist öffentlich.
Hochgeladen: 08.04.2010
-- 27 --
Abb. 11: Kraniopharyngeom: suprasellär gelegen, partiell zystisch; nach Magnevist-Gabe.
Dreiecke umschließen den Tumor, dünne Pfeile markieren das Diaphragma sellae, dicker
Pfeil zeigt eine Zyste der Pars intermedia der Hypophyse, adaptiert nach M.Reiser, W.
Semmler. Magnetresonanztomographie, 3. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg,
2002, 380.
Je nach Fragestellung können auch eine Computertomographie oder eine
Single-Photon–Emissionscomputerto-mographie (SPECT) zur Diagnostik
nötig sein.
Bei der Darstellung eines Makroadenoms mit supra- und/ oder parasellärem
Anteil
muss
differentialdiagnostisch
vor
allem
an
Meningeome,
Kraniopharyngeome, Gliome, Metastasen, Rathke-Zysten und andere
seltenere Tumoren gedacht werden (siehe auch Tabelle 1). Mikroadenome
müssen von eingebluteten Zysten unterschieden werden. Es können auch
sehr kleine Adenome vorliegen, die aufgrund ihrer geringen Größe der
Bildgebung entgehen, wie es häufig bei unter 3mm großen ACTH–
sezernierenden
Adenomen
der
Fall
ist.
Dann
ist
vor
allem
die
hormondiagnostische Abklärung wichtig. Basale Hormonspiegel sind für die
Diagnostik meist nicht ausreichend. Eine Unterscheidung von kompletter
und partieller HVL-Insuffizienz oder die Identifizierung der Ursache der
Störung als hypothalamische oder hypophysäre Schädigung, erfordert
spezielle Suppressions- oder Stimulationstests die im Folgenden genauer
erläutert werden sollen.
-- 28 --
2.2.5.2 Diagnostik von Prolaktinomen
Die Bestimmung basaler Hormonspiegel im Serum ist grundlegend für die
Diagnose eines Prolaktinoms. Die Blutentnahme sollte möglichst am
Vormittag, mindestens eine Stunde nach dem Aufwachen, erfolgen. Die
Normgrenze für Prolaktin liegt für Frauen bei 25 µg/l, für Männer bei 20µg/l.
Werte
zwischen
25
-
Medikamentenanamnese,
<200
µg/l
erfordern
die
Erwägung
eine
einer
eingehende
Entzügelungs-
Hyperprolaktinämie sowie weitere mögliche Differentialdiagnosen. Basale
Spiegel über 200 µg/l sind nahezu beweisend und erfordern bei
Makroadenomen die Abklärung der weiteren Hypophysenachsen. Hierbei
ist
vor
allem
auf
die
Bestimmung
von
TSH
und
der
freien
Schilddrüsenhormone zu achten. Eine Hypothyreose kann auch zu leichter
Prolaktinämie
führen.
Die
Bestimmung
der
Gonadotropine,
des
Estradiolspiegels bei der Frau und des Testosterons beim Mann sollte zum
Ausschluss eines sekundären Hypogonadismus erfolgen. Bei erhöhten
Hormonwerten und fehlender Symptomatik muss an das Vorliegen eines
sogenannten Makroprolaktins gedacht werden, bei dem fälschlich erhöhte
Prolaktinspiegel gemessen werden. Durch die Verwendung spezieller Tests
kann in der Regel der richtige Wert bestimmt werden. Tabelle 6 fasst kurz
die Diagnostik für den Nachweis eines Prolaktinoms zusammen.
Hormonanalytik
Bildgebende
Diagnostik
Ergänzende
Untersuchungen
1. Bestimmung des Prolaktinspiegels, gegebenenfalls mehrfach;
PEG-Fällung zum Ausschluss einer Makroprolaktinämie
2. Bestimmung der Gonadotropine LH und FSH sowie des Testosteronspiegels beim Mann und des Estradiolspiegels bei der
Frau zum Ausschluss oder Nachweis eines sekundären
Hypogonadismus
3. Überprüfen der hypophysären Partialfunktionen bei Raumforderung im Bereich der Sella, insbesondere bei einer Tumorgröße
von > 1 cm
Magnetresonanztomographie der Sellaregion
1. augenärztliche Untersuchung, insbesondere bei Raumforderung
> 1 cm
2. bei länger bestehender Hyperprolaktinämie mit Oligo- oder
Amenorrhö bzw. Hypogonadismus: Osteodensitometrie zum
Nachweis einer relevanten Knochendichteminderung
Tabelle 6: Diagnostik des Prolaktinoms aus MANUAL Endokrine Tumoren, 2.Auflage 2008,
Tumorzentrum München
-- 29 --
2.2.5.3 Funktionstests bei Verdacht auf ACTH-produzierende
Hypophysenadenome
ACTH-produzierende
Hypophysenadenome
müssen
von
anderen
Ursachen, die ebenso einen erhöhten ACTH-Spiegel bedingen (unter
anderem in Tabelle 7 dargestellt), aber keiner neurochirurgischen
Intervention
bedürfen,
Abgrenzung
zu
unterschieden
ektopen
werden.
ACTH-produzierenden
Vor
allem
Tumoren
ist
eine
und
zu
Nebennierentumoren, die Kortisol produzieren, wichtig. Tabelle 7 listet die
unterschiedlichen Tumorentitäten auf. Des Weiteren kann das CushingSyndrom medikamentös oder ethyltoxisch induziert sein und bedarf in
diesem Falle keines chirurgischen Eingriffs.
ACTH-abhängige Form (zirka 85%)
ACTH-unabhängige Form (zirka 15%)
Morbus Cushing (= ACTH-sezernierendes
Hypophysenadenom)
Ektope ACTH-Bildung, z. B. kleinzelliges
Bronchialkarzinom (10–15%) oder
Bronchialkarzinoide
Ektope Bildung von CRH oder anderer
Peptide, die ACTH stimulieren (extrem
selten)
Nebennierenrindenadenom (zirka 10%)
Nebennierenrindenkarzinom
Bilaterale mikro- oder makronoduläre
Nebennierenrindenhyperplasie (0,5–1%)
Iatrogenes Cushing-Syndrom durch
exogene Glukokortikoidgabe
Tabelle 7: Ursachen für eine gesteigerte Kortisolproduktion, unterteilt in ACTH- abhängige
und ACTH-unabhängige Formen, aus Stalla GK et al. Hypophysentumoren und andere
selläre Raumforderungen, Göke B., Fürst H., Reinecke M. (Hrgb), 2. Auflage,
Zuckschwerdt-Verlag, München, 2008, 72-90.
Erst mit Hilfe der biochemischen Tests kann der Tumor lokalisiert und eine
Bildgebung veranlasst werden. Zum Ausschluss des Cushing-Syndroms
erfolgt der 2 mg-Dexamethason-Hemmtest: nach Verabreichen von 2 mg
Dexamethason i.v. fällt der Serumspiegel unter 1,8 µg/dl Kortisol. Bei
pathologischem Test schließt sich zunächst die mehrfache Messung des
Kortisols um 23:00 Uhr im Speichel oder Serum an, danach wird die
Diagnose mit Hilfe der Bestimmung des freien Kortisols im 24-Stunden-Urin
gesichert. Bei gesunden Personen folgt die Freisetzung von Kortisol einer
Tagesrhythmik, die niedrigsten Serumkonzentrationen zeigen sich um 23:00
Uhr. Diese physiologischen Spiegelunterschiede sind bei Patienten mit
-- 30 -Cushing-Syndrom
nicht
vorhanden.
Einen
Überblick
über
die
Stufendiagnostik zur Sicherung des Cushing-Syndroms mit Angabe der
Grenzwerte und des Testprinzips gibt Tabelle 8.
Testverfahren
Testprinzip
Interpretation
Dexamethason-Hemmtest
(2 mg, 23:00 Uhr oral,
Blutentnahme 8:00 Uhr)
Suppressionstest
Norm: < 1,8 μg/dl
Graubereich: 1,8–2,9 μg/dl
pathologisch: > 3 μg/dl
Mitternächtlicher SerumKortisol-Spiegel (23:00–
24:00 Uhr)
Kortisol-Tagesrhythmik
Norm: < 3,0 μg/dl
Graubereich: 3,0–4,9 μg/dl
pathologisch: > 5 μg/dl
Mitternächtlicher
Speichel-Kortisol-Spiegel
(23:00–24:00 Uhr)
Kortisol-Tagesrhythmik
Norm: < 1,0 ng/ml
Graubereich: 1,0–2,4 ng/ml
pathologisch: > 2,5 ng/ml
Ausscheidung des freien
Kortisol im 24-StundenUrin
zeitintegrierte KortisolSekretion
Norm: < 100 μg/Tag
Graubereich: 100–199
μg/Tag
pathologisch: > 200 μg/Tag
Tabelle 8: Stufendiagnostik des Cushing-Syndroms aus MANUAL Endokrine Tumoren,
2.Auflage 2008, Tumorzentrum München
Nach der Diagnose eines Cushing-Syndroms folgen weitere biochemische
Tests zur Lokalisation der Hormonüberproduktion bzw. zur Unterscheidung
eines Morbus Cushing (zentral, hypophysär) von einer ektopen ACTHProduktion. Die Testverfahren der Wahl sind der CRH-Test und der
hochdosierte Dexamethason-Hemmtest. In Fällen einer nicht zweifelsfreien
Unterscheidung von hypophysärer oder paraneoplastisch bedingter ACTHÜberproduktion kann in speziellen Zentren eine selektive Katheterdiagnostik
durchgeführt werden. Hierbei wird beidseits über die Vena femoralis ein
Katheter bis in den Sinus petrosus inferior vorgeschoben und anschließend
eine bilaterale ACTH-Bestimmung vor und nach der Gabe von CRH
durchgeführt. Das erfolgt unter gleichzeitiger peripherer Blutentnahme in
den Abständen 0-2-5-10-15 Minuten nach CRH-Gabe. Für das zentrale
Cushing-Syndrom
spricht
ein
deutlich höherer ACTH-Spiegel nach
Stimulation (Gradient ≥ 3,0) im Sinus petrosus verglichen mit den Werten
der Peripherie. Die folgende Tabelle (9) zeigt die biochemischen Tests zur
Differenzierung
Produktion.
von
adrenaler,
hypophysärer
und
ektoper
ACTH-
-- 31 -Testverfahren /
ACTH/KortisolBestimmungen
Adrenal
(ACTHunabhängig)
Hypophysär
(ACTH-abhängig)
Ektop
(ACTH-abhängig)
Plasma-ACTH basal
niedrig bis normal
oder supprimiert
hoch bis normal
oder erhöht
erhöht bis stark
erhöht
CRH-Test (Injektion
von 100 μg CRH i.v. oder 1
μg/kg KG, Bestimmung von
Kortisol und ACTH nach 0,
15, 30 und 60 Minuten)
ACTH
supprimiert kein
Kortisol-Anstieg
ACTH-Anstieg
> 50%
Kortisol-Anstieg
> 30%
kein ACTH-Anstieg
kein KortisolAnstieg
Dexamethason-Hemmtest
(4 x 0,5 mg Dexamethason
über 2 Tage, dann 4 x 2 mg
über 2 Tage; alternativ 8
mg um 23:00 Uhr)
kein SerumKortisol-Abfall
Serum-KortisolAbfall > 50% des
Ausgangswertes
Kein SerumKortisol-Abfall
Sinus-petrosus-Katheter
(mit CRH-Stimulation,
ACTH-Bestimmung nach
0, 2, 5, 10 Minuten)
entfällt
ACTH-Gradient
zentral-peripher
≥ 3,0 vor und/oder
nach CRH-Stimulation
ACTH-Gradient
zentral-peripher
< 3,0 nach CRHStimulation
Tabelle 9: Biochemische Tests zur Lokalisation der Kortisolüberproduktion adaptiert aus
MANUAL Endokrine Tumoren, 2.Auflage 2008, Tumorzentrum München
Bei Diagnose eines ektopen Cushing-Syndroms muss nach der Lokalisation
gesucht werden. Hierbei sind Schilddrüsensonographie, MRT oder CT des
Halses, eine CT von Thorax oder Abdomen und Octreotidszintigraphie
sowie Dopa-PET einsetzbar. Das alkoholinduzierte „Pseudo-CushingSyndrom“ lässt sich durch erhöhte Leberwerte und eine positive Anamnese
abgrenzen.
2.2.5.4 Diagnostik von GH-produzierenden Hypophysenadenomen
Das Wachstumshormon (Somatotropin) wird physiologischer Weise pulsatil
freigesetzt, daher ist eine einmalige Bestimmung des Serumspiegels nicht
aussagekräftig. Der insulinartige Wachstumsfaktor 1 (IGF-1, Somatomedin
C) vermittelt die meisten Effekte des Wachstumshormons und weist
konstante Serumspiegel auf. Wird dieser Wert zum Ausschluss einer
Akromegalie herangezogen, müssen altersbezogene Normwerte und
-- 32 -mögliche Störeffekte durch IGF-Bindungsproteine berücksichtigt werden.
Zur
zusätzlichen
Absicherung
der
Diagnose
wird
der
orale
Glucosetoleranztest (oGTT) herangezogen. Das Testprinzip basiert auf der
physiologischen Supprimierbarkeit des Wachstumshormons bei Ingestion
von 75mg Glucose auf Werte unter 0,2 ng/ml. Blutentnahmen erfolgen über
2 Stunden alle 30 – 60 Minuten. Ein Abfall des GH unter 0,5 ng/ml schließt
eine Akromegalie aus. Nicht supprimierbare Werte oder ein paradoxer
Anstieg von GH im Serum gelten als beweisend für eine Akromegalie bei
entsprechendem Tumornachweis im MRT. Bei unklarer Bildgebung mit
diffuser Hyperplasie des HVL sollte einmalig GHRH bestimmt werden, um
einen GHRH Exzess durch ektope Produktion als Ursache auszuschließen.
In dem seltenen Fall, dass der Symptomatik solch ein Tumor zugrunde liegt,
wird zunächst mittels Octreotid-Szintigraphie nach der Lokalisation gesucht
und danach zur genauen Bildgebung gezielt eine CT oder MRTUntersuchung angeschlossen.
Außerdem erfolgen
Sonographie
des
Abdomens und Echokardiographie zur Beurteilung einer möglichen
Organomegalie.
2.2.5.5 Diagnostik und Funktionstests bei Verdacht auf TSHproduzierende Hypophysenadenome
Bei erhöhten freien Schilddrüsenhomonen und nicht adäquat supprimiertem
TSH muss an ein TSH-produzierendes Adenom gedacht werden. Zur
Abklärung erfolgt zunächst eine Bildgebung, da nicht ein einzelner Wert die
Diagnose
sichert,
sondern
die
Zusammenschau
aller
Befunde
ausschlaggebend ist. Das sind bei TSH-produzierenden Adenomen: keine
erhöhte Freisetzung von TSH im TRH-Test, keine Suppression durch T3Gabe (Trijodthyronin = peripheres Schilddrüsenhormon) und ein erhöhter
Quotient aus α-Untereinheit und TSH im Serum. In seltenen Fällen zeigt die
Bildgebung keinen eindeutigen Befund obwohl biochemische Tests für ein
Adenom sprechen. Dann werden Verfahren wie Octreotid- oder PentreotidScan, PET oder Sinus-Petrosus-Katether zur genauen Diagnose eingesetzt.
-- 33 --
2.2.5.6 Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf Morbus
Simmonds oder hormoninaktiven Tumoren (mit
gonadotropen Hypophysenadenomen)
Synthetisch hergestellte Releasing-Hormone stimulieren in der gesunden
Hypophyse die Freisetzung ihrer entsprechenden Effektor-Hormone. Ein
Panhypopituitarismus (= vollständige Hypophyseninsuffizienz) liegt bei
einem
totalen
Ausfall
der
Hormonproduktion
und
somit
keiner
Stimulierbarkeit der Hormonfreisetzung im CRH-, GnRH-, GHRH-, und
TRH-Test vor. Dieses Krankheitsbild wird auch als Morbus Simmonds
bezeichnet. Häufiger ist aber der partielle Ausfall der Hormonproduktion,
der mit den oben beschriebenen Tests und Basalspiegelbestimmungen
diagnostiziert wird.
Hormoninaktive
Tumoren
fallen
vor
allem
durch
die
intrakranielle
Massenzunahme und die damit einhergehenden Symptome auf. Diese
wurden bereits weiter oben beschrieben. Bei gonadotropen Adenomen
verhält es sich ähnlich, da diese zumeist auch bis zur gesteigerten
Massenzunahme klinisch stumm bleiben und erst dann symptomatisch
werden. Im Serum können erhöhte Hormonspiegel von FSH und LH
bestimmt werden.
2.2.5.7 Neurohypophysärer Funktionsausfall
Hierbei steht vor allem der Diabetes insipidus im Vordergrund. Er ist Folge
eines ADH-Mangels (Vasopressin-Mangels). Das klinische Bild zeigt einen
vermehrten Wasserverlust über die Niere, da die Fähigkeit der Niere bei
verminderter Wasserzufuhr konzentrierteren Harn zu produzieren, durch
den ADH-Mangel verloren geht. Die Überprüfung der Funktion des HHL
erfolgt durch den Durstversuch. Patienten erhalten ab dem Morgen nichts
zu trinken und es werden engmaschig Harnmenge, Urinosmolalität,
Körpergewicht, -temperatur, Blutdruck, Puls, Serumosmolarität und Natrium
-- 34 -im Serum kontrolliert. Ein Diabetes insipidus, das heißt eine unzureichende
Freisetzung von ADH aus der Neurohypophyse, liegt vor, wenn die
Urinosmolalität im Vergleich zum Ausgangswert nicht ansteigt. Außerdem
findet
man
eine
Natriumkonzentration
Reduktion
und
des
Körpergewichts,
Serumosmolarität.
Steigt
steigende
hingegen
die
Urinosmolalität auf Werte über 750 mosmol/kg, kann ein ADH-Mangel
ausgeschlossen werden. Der Durstversuch darf nur dann durchgeführt
werden, wenn die Ausgangswerte nicht bereits hochpathologisch sind. Der
Test muss bei einer Urinausscheidung von 2l/ 4h abgebrochen werden. Soll
ein Diabetes insipidus renalis ausgeschlossen werden, verabreicht man
dem Patienten vor Beendigung des Tests DDAVP, womit das Ansprechen
der Niere auf synthetisches ADH überprüft wird. Bei DDAVP handelt es sich
um Desmopressin-acetat, ein synthetisch hergestelltes ADH-Analogon, das
unter anderem zur Therapie des Diabetes insipidus eingesetzt wird. Der
zentrale ADH-Mangel ist in über 2/3 der Fälle erworben. Ihm liegt meist eine
Störung im Bereich der Sella turcica oder eine Schädigung des
Hypothalamus zu Grunde. Ursächlich können sein: vorhergehendes
Trauma oder Operation, Raumforderungen, einschließlich Metastasen und
Leukämien,
entzündliche
oder
granulomatöse
Erkrankungen
sowie
Erkrankungen des Gefäßsystems (Stalla, 2008). Fehlendes Oxytocin bleibt
in der Regel asymptomatisch.
2.2.6 Therapie der Hypophysenadenome
2.2.6.1 Allgemeine Strategie
Das primäre Therapieziel ist die Beseitigung der raumfordernden Struktur
mit Normalisierung von Visus und Gesichtsfeld, sowie der Erhalt oder die
Wiederherstellung einer normalen Hypophysenfunktion. Wird die Indikation
zur operativen Therapie gestellt, erfolgt der Eingriff meist über einen
transsphenoidalen Zugang, da dieser wesentlich schonender und sicherer
für den Patienten ist. Als Zugangsweg kommt ein sublabialer Schnitt unter
dem Vestibulum oris oder ein Schnitt über dem Nasenknorpel im Cavum
-- 35 -nasi in Frage. Das weitere Vorgehen beinhaltet die Schaffung eines
Schleimhauttunnels bis zum Keilbein, das dann eröffnet wird. Nach Inzision
der basalen Dura mater kann das normale Gewebe der Hypophyse von
adenomatös verändertem Gewebe im Operationsmikroskop unterschieden
werden. Angestrebt wird eine selektive Resektion des tumorösen Gewebes
um die normale Funktion der Hypophyse weitestgehend zu erhalten. Die
Indikation zur transkraniellen Operation ergibt sich für Tumoren, die
extraselläre Anteile besitzen, eine asymmetrische Ausdehnung haben und
für solche, die keine weite Kommunikation mit der Sella turcica aufweisen
(<10% der Hypophysenadenome) und somit keinen transsphenoidalen
Zugang ermöglichen. Hier muss ein frontotemporaler oder subfrontaler
Zugangsweg gewählt werden. Nur in besonderen Fällen wird der basale
frontale Mittellinienzugang benutzt (Buchfelder, 2009; Stalla, 2008). 6-12
Wochen postoperativ erfolgt eine Hormonbestimmung zur Abschätzung des
Operationserfolges. Folgende Parameter werden hierfür bestimmt: TSH,
fT3, fT4, Kortisol, LH, FSH, Testosteron und IGF-1. Das entnommene
Gewebe sollte immer histologisch untersucht werden, zum einen um die
gestellte Diagnose zu sichern oder ein mögliches invasives Wachstum
nachzuweisen, und zum anderen um eine Indikation für eine adjuvante
Therapie, wie Radiotherapie oder Zytostatika-Gabe, nicht zu übersehen.
Adjuvante Therapien werden vor allem bei granulomatösen Erkrankungen
oder bei radiosensitiven Tumoren, wie dem Germinom, begonnen. Ferner
stehen medikamentöse Therapieansätze und neue radiotherapeutische
Verfahren zur Verfügung. Wann welches Behandlungsregime zum Einsatz
kommt, ist zunächst auch von dem Typ des hormonproduzierenden
Adenoms und der Ausdehnung abhängig. Im Folgenden soll darauf näher
eingegangen werden.
2.2.6.2 Therapie der Prolaktinome
Bei Prolaktinomen ist die Gabe von Dopaminagonisten die Therapie der
ersten Wahl, weil dadurch selbst bei Patienten mit Makroadenom eine
Größenabnahme des Tumors in 80% der Fälle zu beobachten ist.
-- 36 -Grundsätzlich stehen Dopaminagonisten erster (Bromocriptin) und zweiter
Generation (Cabergolin) zur Verfügung. Bei Makroadenomen sollte initial
eine Therapie mit Cabergolin begonnen werden, weil es eine stärkere
Adenomverkleinerung
zeigt
(Colao
et
al.,
2000),
die
Prolaktin-
Serumkonzentration stärker senkt und zusätzlich weniger Nebenwirkungen
als Bromocriptin aufweist. Bei Frauen mit Kinderwunsch wird jedoch
aufgrund längerer Erfahrung weiterhin Bromocriptin verabreicht (Schlecht,
2003). Die Indikation zur Operation wird bei Unverträglichkeit der
Medikamente, bei Auftrereten eines hypophysären Apoplex oder bei
unzureichender Tumorrückbildung unter medikamentöser Therapie gestellt
(Levy et al., 2004). Außerdem wählt man ebenfalls ein operatives Vorgehen
bei weiterhin bestehenden oder progredienten Sehstörungen und bei
großen zystischen oder eingebluteten Tumoren.
2.2.6.3 Therapie der GH-produzierenden Hypophysenadenome
GH-produzierende Hypophysenadenome werden vorrangig durch eine
transsphenoidale Operation behandelt. Wenn postoperativ beim oGTT eine
GH-Suppression unter 0,5ng/ml möglich ist und ein normales IGF-1
gemessen wird, kann von einer langfristigen vollständigen Remission
ausgegangen
werden.
Mikroadenome
werden
in
80-90%
und
Makroadenome, die häufiger infiltrierend wachsen, in 20-50% der Fälle
durch eine Operation kurativ saniert. Bei Kontraindikationen für eine
Operation stehen mehrere Medikamente für die Behandlung zur Verfügung.
Somatostatin-Analoga zeigen relativ gute Ergebnisse bezüglich der
Kontrolle der Hormonspiegel (50-65%) und in 10% der Fälle führen sie auch
zur Größenreduktion des Tumors um 20-50%. Gelegentlich werden sie
auch präoperativ eingesetzt. Eine alleinige Gabe von Dopaminagonisten
zeigt unbefriedigende Ergebnisse. Pegvisomant ist ein WachstumshormonAntagonist ohne direkte Wirkung auf das Adenom und wird bislang nur bei
Patienten verabreicht, die nach Ausschöpfung oben genannter Maßnahmen
noch keine Remission zeigen. Patienten denen der GH-Antagonist
verabreicht wurde, zeigen in 80-90% der Fälle normalisierte IGF-1 Spiegel.
-- 37 -Mögliche
Kombinationstherapien
aus
Somatostatin-Analoga
und
Pegvisomant bedürfen noch genauerer Evaluation in weiteren Studien. Eine
Tumorprogression
trotz
Therapie
kann
bei
Verabreichung
von
Somatostatin-Analoga an steigenden GH-Spiegeln erkannt werden. Bei
Pegvisomant ist das aufgrund analytischer Probleme bislang jedoch nicht
möglich.
2.2.6.4 Therapie der ACTH-produzierenden Hypophysenadenome
Die Therapie der ersten Wahl bei Vorliegen eines ACTH-produzierenden
Hypophysenadenoms ist der transsphenoidale Eingriff. Postoperativ zeigen
je nach Studie etwa 70-90% der Patienten eine vollständige Remission
(Yeh et al., 1997). Als Kriterium hierfür gilt die induzierbare sekundäre
Nebennierenrindeninsuffizienz, bzw. die vollständige Suppression nach
Dexamethasongabe. Die medikamentöse Therapie mit Adrenostatika
(Aminoglutetimid,
Ketokonazol
oder
Methyrapon)
und
Adrenolytika
(Bromocriptin, Cyproheptadin) wird ergänzend, nach Operation bei
Tumorresten
oder
zur
Überbrückung
bis
zum
Beginn
der
Adenomrückbildung unter Strahlentherapie, angewandt (Yeh et al., 1997).
Außerdem
können
metastasierenden
bei
schweren
Malignomen
oder
psychiatrischen
zur
präoperativen
Symptomen,
Vorbereitung
adrenostatische oder adrenolytische Medikamente verabreicht werden,
deren Einsatz ist aber sehr begrenzt. Bei Persistenz der Beschwerden wird
nach Ausschöpfen oben genannter Verfahren auch die beidseitige
Adrenalektomie in Erwägung gezogen.
-- 38 --
2.2.6.5 Therapeutisches Vorgehen bei hormoninaktiven
Hypophysenadenomen, Gonadotropinomen und TSHproduzierenden Hypophysenadenomen
Therapie der ersten Wahl ist sowohl für hormoninaktive (Losa et al., 2001)
als auch für LH- und FSH-produzierende Adenome die Operation (Snyder,
1995). Bei Mikroadenomen die zufällig diagnostiziert werden und keinerlei
Symptomatik oder Hormonproduktion aufweisen und keinen Bezug zum
Chiasma
opticum
zeigen,
kann
auch
eine
abwartende
Haltung
eingenommen werden. Das bedarf allerdings engmaschiger Kontrollen der
Patienten. TSH-produziernde Adenome werden ebenfalls primär operiert. In
50% der Fälle wird so eine komplette Heilung erziehlt. Da nicht selten eine
Co-Sekretion von TSH, Prolaktin und GH zu messen ist, können
postoperativ auch Dopaminagonisten und Somatostatinanaloga verabreicht
werden. Gelegentlich sprechen hormoninaktive Adenome auch auf die
Gabe von Dopamin- oder Somatostatinanaloga an.
2.2.6.6 Radiotherapie bei Hypophysenadenomen
Die Strahlentherapie kann grundsätzlich in verschiedene Verfahren
unterteilt werden. Zum einen steht die konventionelle Bestrahlung zur
Verfügung. Daneben gibt es drei stereotaktische Verfahren die höhere
Zieldosen ermöglichen: 1. Die stereotaktische Bestrahlung in einer oder
mehreren
Sitzungen
(stereotactic
radiosurgery),
2.
Die
einzeitige
stereotaktische Kobalt-Bestrahlung nach Leksell (Gamma-Knife), 3. Die
neuartige Cyberknife Technologie mittels eines Roboterarmes. Die
stereotaktischen Verfahren kommen bei gut abgrenzbaren, hormoninaktiven
Tumoren mit Durchmessern über 35 mm zum Einsatz. Die Indikation für das
konventionelle Verfahren wird bei geringem Tumorabstand zu Chiasma
opticum oder Nervus opticus, bei Kompressionen von Hirnstamm oder
Temporallappen und bei großen, schwer abgrenzbaren Raumforderungen
gestellt. Außerdem bei hormonaktiven Tumoren, die operativ oder
-- 39 -medikamentös nicht behandelt werden können, bei Tumorresiduen nach
mikrochirurgischem Eingriff oder bei Adenomresten, die nach Operation
eine Progression zeigen. Bei ACTH-produzierenden Hypophysenadenomen
zeigt die Radiatio oder Radiochirurgie Remissionen bei 60-70% bzw. 6085% der Patienten. Häufig kann jedoch erst nach Monaten bis Jahren der
volle Effekt der Radiotherapie beobachtet werden (Brucker-Davis et al.,
1999;
Levy,
2004).
Nebenwirkungen
der
Sehstörungen,
sekundäre
Hypophyseninsuffizienz,
Bestrahlung
sind
Malignome,
neurokognitive Störungen und Strahlennekrosen im Temporallappen. Durch
eine
bessere
Schonung
des
umliegenden
Gewebes
sind
bei
stereotaktischen Verfahren die Nebenwirkungen geringer, jedoch gibt es
dazu noch keine Langzeitstudien. Wichtige Komplikationen nach einer
Operation oder einer Bestrahlung im Bereich der Hypophyse sind die
Hypophysenvorderlappeninsuffizienz und der Diabetes insipidus.
2.3
Kraniopharyngeome
2.3.1 Definition, Epidemiologie und Ätiologie der
Kraniopharyngeome
Kraniopharyngeome sind gutartige (WHO-Grad I), epitheliale Tumoren,
häufig mit zystischen Anteilen, die zum größten Teil suprasellär lokalisiert
sind und meist zusätzlich eine intraselläre Komponente aufweisen. Ihre
Inzidenz beträgt 1,3 pro 1.000.000 Personen und sie stellen 2-5% der
primär intrakraniellen Neoplasien dar. Sie haben einen Anteil von 5,6-15%
an allen kindlichen Hirntumoren. Bezüglich der Altersverteilung fallen vor
allem zwei Inzidenzspitzen bei 5-14 Jährigen und bei 50-74 Jährigen auf,
jedoch kann ein Kraniopharyngeom in jeder Altersklasse diagnostiziert
werden, auch bereits pränatal (Thapar et al 1998; Karavitaki et al., 2006).
Zum Verständnis der Ätiologie von Kraniopharyngeomen ist zum einen die
Kenntnis der embryologischen Entwicklung der Adenohypophyse wichtig,
die bereits weiter vorne erläutert wurde. Kraniopharyngeome können aus
versprengten Resten der Rathke-Tasche entstehen, die sich aus dem
ektodermalen
Stomadeum
abspaltet
und
in
der
sogenannten
-- 40 -kraniopharyngealen Rinne, dem Ductus craniopharyngealis, nach dorsal auf
das Infundibulum zuwächst. Die genaue Ätiologie ist bislang nicht
vollständig aufgeklärt. Es gibt zwei Theorien. Die unter Wissenschaftlern
heutzutage favorisierte Theorie postuliert eine Tumorentwicklung aufgrund
neoplastischer Transformation von squamösen embryonalen Zellresten
(Goldberg
et
al.,
Kraniopharyngeome
1960).
in
Die
andere
sieht
metaplastischer
den
Ursprung
Transformation
der
von
adenohypophysären Zellen (Hunter, 1955; Asa et al., 1983). Die Tumoren
sind monoklonalen Ursprungs und bislang konnten einige chromosomale
Veränderungen detektiert werden, wie Translokationen und Deletionen
(Sarubi et al, 2001; Gorski et al, 1992; Karnes et al, 1992). Der
adamantinöse Subtyp der Kraniopharyngeome zeigt regelmäßig Mutationen
im β-Catenin-Gen, die Akkumulation von β-Catenin im Zellkern von
Tumorzellgruppen (Sekine et al, 2002; Buslei et al., 2005) und eine
Aktivierung des Wnt-Signalwegs. Dadurch wird höchstwahrscheinlich das
invasive Wachstum der Tumoren begünstigt. Die Beschreibung des WntSignalwegs folgt später, zunächst soll die Anatomie, die Pathologie und die
heute geläufige Einteilung der Kraniopharyngeome erläutert werden.
2.3.2 Histologie und Einteilung der Kraniopharyngeome
Mikroskopisch können Kraniopharyngeome nach ihrem Aufbau in zwei
Subtypen unterschieden werden. Die adamantinösen Kraniopharyngeome
(siehe Abb. 12 und 13) stellen etwa 90% der Kraniopharyngeome dar. Ihre
histologische Struktur zeigt ein mehrschichtiges Epithel mit palisadenartiger
Anordnung der basalen Zellkerne, "wet keratin" (=Keratinschollen), zentrale
Verhornungen und häufig schon makroskopisch sichtbare Verkalkungen.
Vor allem bei Kindern findet man Zysten, die mit einer cholesterinreichen,
öligen Flüssigkeit gefüllt sind. Diese wird häufig als maschinenölartig
beschrieben.
Der
histologische
Aufbau
des
adamantinösen
Kraniopharyngeoms ähnelt stark dem des Adamantinoms (Ameloblastom),
wovon sich die Bezeichnung „adamantinöses“ Kraniopharyngeom ableitet.
Das Adamantinom ist ein Tumor, der vor allem im Unterkiefer lokalisiert ist.
-- 41 -Er entwickelt sich aus Ameloblasten, die den Zahnschmelz bilden. Meist
handelt es sich um eine benigne, dysontogenetische Veränderung, die lokal
infiltrierend wächst (Pschyrembel, 258. Auflage 1998).
Abb. 12: HE-Färbung eines adamantinösen Kraniopharyngeoms. Man erkennt deutlich das
„wet keratin“(1), die palisadenförmig angeordneten Zellen (2) und Tumorzysten (3).
Abb. 13: HE-Färbung eines adamantinösen Kraniopharyngeoms. Dargestellt sind die
palisadenförmig angeordneten Zellen (1), fingerförmige Ausstülpungen (2), ZNS (3), Kalk
(4) und mikrozystische Auflockerungen (5).
-- 42 -Der zweite Subtyp ist das papilläre Kraniopharyngeom (siehe Abb. 14).
Gemäß seinem Namen finden sich hier vor allem pflastersteinartig
angeordnete
Zellverbände
mit
pseudopapillärem
Phänotyp
und
plattenepithelialer Differenzierung. Der kompakte histologische Aufbau
ähnelt dem der Mundschleimhaut. Auch bei diesem Typ können selten
kleinere
Zysten
auftreten,
deren
Flüssigkeit
heller
als
die
der
adamantinösen Kraniopharyngeome ist. Ihre mikroskopische Abgrenzung
zu Rathke-Taschenzysten mit plattenepithelialer Metaplasie kann bei
kleinen Biopsaten schwierig sein.
Abb. 14: Papilläres Kraniopharyngeom mit pflastersteinartig aufgebautem, kompaktem
Zellverband.
Makroskopisch ist vor allem die Lokalisation der Kraniopharyngeome
wichtig. Zumeist liegen sie über der Sella turcica mit intrasellärem Anteil
(70%), es gibt aber auch rein supra- (20%) oder intrasellär (10%)
wachsende
ausschließlich
Tumoren.
Das
suprasellär
papilläre
lokalisiert.
Kraniopharyngeom
Eher
selten
ist
findet
fast
man
-- 43 -Kraniopharyngeome in der vorderen, mittleren oder hinteren Schädelgrube.
Weitere Lokalisationen wie im Nasopharynx, im paranasalen Bereich sowie
in den Siebbeinzellen, sind beschrieben. Zwischen dem Chiasma opticum,
im Temporallappen, im Mittelhirn oder dem Kleinhirnbrückenwinkel oder
auch gänzlich im dritten Ventrikel wachsende Kraniopharyngeome wurden
ebenfalls dokumentiert (Harwood-Nash, 1994; Karavitaki et al., 2005;
Graziani et al., 1994; Akimura et al., 1989; Cooper et al., 1972; Jiang et al.,
1998; Duff et al., 1983; Sohn et al., 2004; Solarski et al., 1978; Bashir et al.,
1996; Altinörs et al., 1984; Waga et al., 1979; Davies et al., 1997). Durch
die Lokalisation der Tumoren lassen sich mögliche Beschwerden der
betroffenen Patienten erklären. Im nächsten Abschnitt möchte ich näher auf
die klinischen Symptome eingehen.
2.3.3
Klinik der Kraniopharyngeome
Patienten mit Kraniopharyngeomen können verschiedenste Symptome
entwickeln,
die
Druckerhöhung
zum
in
einen
der
bedingt
Schädelhöhle,
sind
zum
durch
die
anderen
allgemeine
durch
das
Wachstumsverhalten, die Lokalisation und die Ausdehnung der Tumoren.
Es können das Parenchym des Gehirns, benachbarte Nerven, das
Ventrikelsystem,
Blutgefäße
oder
das
endokrine
System
durch
Hypothalamus-/Hypophysenkompression betroffen sein. Vor allem bei
suprasellärem
Wachstum
findet
man
Verhaltensauffälligkeiten,
wie
psychische Labilität, depressive Verstimmungen und verminderte kognitive
Funktionen sowie gestörte Temperatur und Schlafregulation (Stalla, 2008;
Karavitaki et al., 2006). Die häufigsten Beschwerden beruhen auf dem
erhöhten intrakraniellem Druck, der durch den gestörten Liquorabfluss zu
stande kommt. Dazu gehören zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen und
Kopfschmerzen. Diese treten vor allem bei Kindern auf. Bei den
Vorsorgeuntersuchungen im Kindesalter sind die Leitsymptome die zu
geringe Körpergröße und eine deutliche Adipositas, Antriebslosigkeit wird
ebenfalls häufig beschrieben. Eine verspätete sexuelle Entwicklung wird bei
älteren Kindern bzw. jungen Erwachsenen beobachtet. Patienten mittleren
-- 44 -Alters werden vorstellig aufgrund von Sehstörungen (62-84%) und Zeichen
einer Hypophyseninsuffizienz (52-87%). Die kognitiven Dysfunktionen und
psychischen Veränderungen (50%) werden zumeist bei älteren Patienten
beobachtet. Tabelle 10 stellt die häufigsten klinischen Merkmale hinsichtlich
der betroffenen intrakraniellen Strukturen dar.
1. Allgemeine Symptome
durch Hirndruckerhöhung
Kopfschmerzen, Übelkeit/Erbrechen, Papillenödem
2. Beeinträchtigungen des
visuellen Systems
Visusminderung, Gesichtsfeldausfälle, Doppelbilder,
Optikusatrophie
3. Hypothalamischhypophysäre Störungen
kognitive Dysfunktionen, Verhaltensauffälligkeiten
(Affektlabilität, depressive Verstimmungen, etc.), gestörter
Schlafrhythmus, gestörte Temperaturregulation,
Somnolenz, Bewusstseinsstörungen, Adipositas,
vegetative Dysfunktionen, Antriebslosigkeit, Anorexie
Hormondefizite (Wachstumsretardierung,
Entwicklungsverzögerung, Hypogonadismus, Polyurie,
Polydipsie etc.), Hyperprolaktinämie, Pubertas
präcox/tarda
4. Beeinträchtigung von
Parenchym und
Hirnnerven
Halluzinationen, motorische Störungen (z.B. Ataxie),
kognitive Ausfälle (z.B. Agnosie), Anosmie, Hörstörungen,
Epilepsie
5. Durchblutung
Wallenberg Syndrom (Infarkt der A.cerebelli inferior
posterior oder der A. vertebralis), Epistaxis, Hirninfarkte
Tabelle 10: Symptome durch Kraniopharyngeome unterteilt in Symptomgruppen, adaptiert
aus Stalla GK et al. Hypophysentumoren und andere selläre Raumforderungen, Göke B.,
Fürst H., Reinecke M. (Hrgb), 2. Auflage, Zuckschwerdt-Verlag, München, 2008, 72-90.
2.3.4 Diagnostik von Kraniopharyngeomen
Die Diagnostik der Kraniopharyngeome stützt sich vor allem auf die
Bildgebung,
hormonelle
Funktionstests
und
ophthalmologische
und
neurologische Untersuchungen erfolgen additiv. Im CT können vor allem die
knöchernen Strukturen des Schädels und Kalzifikationen beurteilt werden.
Ebenso lässt die Computertomographie eine Unterscheidung von soliden
und zystischen Arealen zu. Die MRT-Untersuchung ist hilfreich um
topographische Verhältnisse und die Struktur der Tumoren beurteilen zu
können.
Außerdem
kann
die
magnetresonanztomographische
Untersuchung wegweisend bei der Unterscheidung der Kraniopharyngeome
-- 45 -von anderen parasellär wachsenden Tumoren sein. In Tabelle 11 werden
die Differentialdiagnosen der Kraniopharyngeome dargestellt. Ein Ödem
entlang der Sehbahn aufgrund einer Umgebungsreaktion oder vermehrter
Liquoransammlung
macht
das
Vorliegen
eines
Kraniopharyngeoms
wahrscheinlich (Harwood-Nash, 1994; Nagahata et al., 1998). Beide
Verfahren sind hilfreich für eine Operationsplanung. Bei Verdacht auf
Kompression oder Umwachsung von Blutgefäßen wird häufig zusätzlich
eine Angiographie veranlasst. Bildgebende Verfahren können jedoch nicht
zuverlässig zwischen adamantinösen und papillären Kraniopharyngeomen
unterscheiden
(Harwood-Nash,
1994).
Kalzifizierende
inhomogene
Tumoren mit zystischen Arealen deuten eher auf den adamantinösen
Subtyp hin. Eine homogen strukturierte Raumforderung spricht für den
papillären Typ. Die endgültige Klärung der Tumorentität kann nur durch eine
eingehende histologische Untersuchung des entnommenen Materials
erfolgen.
Differentialdiagnostische Klassifikation von Tumoren mit Hilfe von CT oder MRT
(nur Entitäten)
Rathke-Taschenzysten, Dermoidzysten, Epidermoidzysten, Arachnoidalzysten
Hypophysenadenome, Hypothalamisches Gliom oder Gliom der Sehbahn, Meningeome
Germinome, Hamartome
Histiozytosis X, Sarkoidose, Tuberkulose,
Supraselläre Aneurysmen, Supraselläre Abszesse
Tabelle 11: Mögliche Differentialdiagnosen der Kraniopharyngeome, mittels CT oder MRT
Bildgebung. Auf eine genaue Beschreibung des radiologischen Bildes wurde verzichtet,
adaptiert aus Karavitaki et al., 2006
Vor einer geplanten Operation ist es unbedingt erforderlich, mit den
üblichen Tests die Hypophysenfunktion zu überprüfen. Eine Bestimmung
des Natriums im Serum und im Urin sowie der Osmolalität des Urins und
seines spezifischen Gewichts liefert Hinweise auf das vorliegen eines
Diabetes insipidus. Dieser liegt bei bis zu 30% der Patienten vor (Stalla,
2008; Karavitaki et al., 2006). Die ophtalmologische Untersuchung ist eine
weitere
obligate
Diagnostik.
Es
muss
vor
der
Operation
der
-- 46 -Augenhintergrund gespiegelt und das Gesichtsfeld bestimmt werden. Die
neurologische Abklärung dient der Erhebung eines Funktionsstatus der
Hirnnerve.
Bei
erhöhter
Anfallsbereitschaft
wird
präoperativ
eine
antikonvulsive Therapie eingeleitet.
2.3.5 Therapie der Kraniopharyngeome
Die operative Entfernung des Tumors wird zunächst angestrebt, kann
jedoch nicht immer als Verfahren der ersten Wahl eingesetzt werden. Der
transsphenoidale Zugangsweg ist schonend und wird bevorzugt. Der
transkranielle Zugangsweg wird von Lage und Größe des Tumors bestimmt
und geht mit einem erhöhten Komplikationsrisiko einher. Einen Vorteil bietet
das intraoperative MRT bei schwierig zu resezierenden Tumoren. Es wird
primär eine komplette Entfernung angestrebt, ohne Beeinträchtigung
optischer und hypothalamisch-hypophysärer Strukturen. Das ist aufgrund
der Wachstumseigenschaften und der Adhärenz an Nachbarstukturen nicht
immer
möglich.
In
solchen
Fällen
sollte
aufgrund
der
hohen
Warscheinlichkeit für das erneute Wachstum des Tumorrests (71%)
postoperativ
ein
radiotherapeutisches
Verfahren
eingeleitet
werden
(Einhaus, 1999; Becker, 1999). Psychoneurologische Untersuchungen
zeigen bei Kindern Verhaltensauffälligkeiten und verminderte intellektuelle
Leistungen,
bei
Erwachsenen
Merkfähigkeits-einschränkungen
und
Konzentrationsstörungen. Diese können sowohl vor als auch nach der
Operation beobachtet werden. Inwieweit die weiter bestehenden Symptome
durch den operativen Zugangsweg verursacht werden, oder durch die
Therapie nicht gebessert werden, ist bislang noch nicht vollständig geklärt.
Als primär kurativer Ansatz ist die alleinige Strahlentherapie nicht
ausreichend, weil Kraniopharyngeome nur gering strahlensensibel sind. Die
Ergebnisse
der
konventionellen
Srahlentherapie
nach
inkompletter
Operation sind bezüglich Überlebenszeit und Rezidivhäufigkeit mit denen
vollständiger
primärer
chirurgischer
Entfernung
vergleichbar
(progressionsfreies Überleben nach 10 Jahren 80-85%). Bei Kindern unter
-- 47 -6 Jahren ist bis vor wenigen Jahren häufig eine radikale Operation
durchgeführt worden, weil mögliche Langzeitfolgen der Bestrahlung
vermieden werden sollten. Eine Strahlentherapie ist gewöhnlich erst nach
dem Auftreten eines Rezidivs angeschlossen worden. Dieses Vorgehen
wird heute aufgrund unterschiedlicher Studien kontrovers diskutiert. Zudem
konnte gezeigt werden, dass die postoperative Lebensqualität direkt von
der Erfahrung des Operateurs abhängt (Sanford, 1994). Beim Auftreten
eines Rezidivs nach Totalexstirpation des Tumors ohne Bestrahlung kann
gegebenfalls eine erneute Operation erfolgen, bei vorausgehender
Bestrahlung ist der Zweiteingriff aufgrund inoperabler Verwachsungen und
Vernarbungen meist kontraindiziert.
Die bereits bei den Hypophysenadenomen beschriebenen, neueren
strahlentherapeutischen Verfahren kommen ebenfalls zum Einsatz. Die
einzeitige stereotaktische Bestrahlung wird nur bei ausreichendem Abstand
zum Chiasma opticum eingesetzt und hat auch für die Behandlung von
Kraniopharyngeomen aufgrund der Strahlenbelastung nur einen geringen
Stellenwert.
Die
stereotaktische
Gamma-Radiotherapie
als primäres
Verfahren oder beim Vorhandensein eines Rezidivs ist möglich, jedoch gibt
es hiermit nur begrenzte Erfahrungen.
Eine weitere Methode ist die Instillation von Radioisotopen. Diese kommt
vorwiegend bei monozystischen Kraniopharyngeomen zum Einsatz, jedoch
bislang nur in Fällen mit Rezidiven bei denen operative und perkutane
strahlentherapeutische
Verfahren
bereits
ausgeschöpft
wurden.
Bei
Rezidiven mit schwieriger anatomischer Lage und zystischem Aufbau kann
nach
Anlage
eines
Instillationskatheters
Interferon eingebracht werden.
toxisches
Bleomycin
oder
-- 48 --
2.4
Der Wnt-Signalweg
2.4.1 Definition und Bedeutung des Wnt-Signalwegs
Während
der
embryologischen
Entwicklung
entstehen
aus
einer
omnipotenten Stammzelle verschiedenste Gewebe aus spezialisierten
Zellen. Damit dieser Prozess reibungslos abläuft, bedarf es genauer
Koordination der Zellen bezüglich ihrer Funktion, Struktur und Position
innerhalb des Gesamtorganismus. In den letzten Jahrzenten gelang es,
einige der verantwortlichen Signalkaskaden und deren Wechselwirkungen
zu identifizieren, unter anderem den Wnt-Signalweg. Der Name resultiert
aus dem ersten in Säugern entdeckten Wnt-Gen, dem int-1 und dem
homologen Gen in Drosophila melanogaster, dem Wingless. Int-1 wurde so
benannt, weil es durch eine Insertion der Long-Terminal-Repeat-Region der
proviralen DNA des Mouse mammary tumor virus aktiviert wird (Rijsewijk et
al., 1987). Die Bezeichnung Wingless resultiert aus Studien an Drosophila
melanogaster-Mutanten, die durch Mutationen in Wnt-Genen keine Flügel
ausbilden. Bislang konnten beim Menschen 19 Wnt-Gene isoliert und in
zwölf Subfamilien unterteilt werden. Auch dem Menschen weniger
verwandte Organismen besitzen diese Wnt-Gene. So fand man beim
Fadenwurm (Caenorhabditis elegans) fünf Wnt-Gene und bei der
Fruchtfliege
(Drosophila
hochkonserviert
sind.
melanogaster)
Diese
codierten
unterschiedlichen
Organismen
ähnliche
(Danielian
McMahon,
and
Interessanterweise
zeigten
1996;
sieben
Proteine
weisen
biologische
Logan
Analysen
Wnt-Gene,
der
and
Starlet
die
in
den
Aktivitäten
Nusse,
auf
2004).
Seeanemone
(Nematostella vectensis) mindestens elf Wnt-Subfamilien, die auch beim
Menschen bekannt sind. Evolutionsgeschichtlich wird das Alter dieser
Seeanemone auf 650 Millionen Jahre geschätzt. Daraus kann geschlossen
werden, dass die Wnt Subfamilien entwicklungsgeschichtlich sehr alt sein
müssen
(Kusserow
et
al.,
2005).
Es
konnte
außerdem
anhand
unterschiedlicher Studien gezeigt werden, dass der Wnt-Signalweg nicht
nur an der korrekten Anlage von Gehirnstrukturen und Ausrichtung der
primären Körperachse beteiligt ist, sondern auch eine wichtige Rolle in der
-- 49 -Genese von entarteten Tumoren spielt. Darauf soll später genauer
eingegangen
werden.
Zunächst
werden
die
drei
verschiedenen
Signalkaskaden vorgestellt, die durch Wnt-Proteine aktiviert werden
können.
2.4.2 Die drei Achsen des Wnt-Signalwegs
Wnt-Proteine sind sezernierte Glykoproteine, die von verschiedenen Zellen
produziert werden (Cardigan und Nusse, 1997) und auf parakrine Weise
verschiedene Signalkaskaden in den Zielzellen aktivieren. Diese Kaskaden
lassen sich drei verschiedenen Zweigen zuordnen: 1. Dem kanonischen
Wnt-Signalweg. Dieser aktiviert die Zielgene im Zellkern über einen
gehemmten Abbau von β-Catenin im Zytosol. Durch Experimente am
Krallenfrosch
(Xenopus
laevis)
wurde
seine
Beteiligung
an
der
Achsenbildung während der Embryonalperiode zum ersten Mal verstanden.
Wie bereits oben erwähnt ist dieser Pfad der Signalweitergabe auch für die
Segmentpolarität und Flügelentwicklung wichtig, was durch Studien an
Drosophila melanogaster gezeigt wurde. 2. Eine weitere Achse der
Signalvermittlung stellt der planar cell polarity (PCP)–Signalweg dar. Ihm
unterliegt vor allem die Kontrolle korrekter zeitlicher und räumlicher
Ausrichtung der Embryonen. Ein Beispiel am Krallenfrosch wäre die
Kontrolle der Konvergenz und Extension der Körperachse oder bei
Drosophila melanogaster die polare Anordung der Härchen auf dem Körper.
Auf zellulärer Ebene wird über RhoA und Jun Kinase (JNK) die Ausrichtung
des Zytoskeletts und damit die Polarität der Zelle reguliert. Das ist wichtig,
um die korrekte Ausrichtung der einzelnen Zellen innerhalb der epithelialen
Zellverbände zu gewährleisten. Abbildung 15 zeigt in der linken Hälfte die
Signaltransduktion
im
PCP-Signalweg:
Das
auch
im
kanonischen
Signalweg vorhandene Dishevelled (Dsh) reguliert über die Verbindung mit
Daam1 (nicht dargetellt) die Effektoren GTPase Rho und die Rho assozierte
Kinase (ROCK). Das Protein Naked (Nkd) hat antagonistische Wirkung auf
das Dishevelled. Es bindet an Dsh und blockiert β-Catenin (Huelsken and
Behrens, 2002). 3. Der Wnt/Ca2+-Signalweg vermittelt eine erhöhte
-- 50 -intrazelluläre
Ca2+
Konzentration,
worüber
Ca2+
sensitive
Signalkomponenten gesteuert werden. Hierzu gehören die Phosphatase
Calcineurin (nicht abgebildet), der Transkriptionsfaktor NF-AT (nukleärer
Faktor aktivierter Lymphozyten) und die Calmodulin-abhängige Kinase
(CaMKII). Der Wnt/Ca2+-Signalweg kann ebenfalls mit dem kanonischen
Signalweg interagieren.
Abb. 15: Die drei Pfade des Wnt Signalwegs (links der PCP-Signalweg, in der Mitte der
2+
kanonische Signalweg, rechts der Wnt/Ca -Signalweg), adaptiert nach Klipp und
Liebermeister (2007) BMC Neuroscience 7(Suppl 1),10.
2.4.3 Der kanonische Wnt-Signalweg
Der kanonische Signalweg ist vor allem durch seine Bedeutung bei der
Tumorentstehung von Bedeutung. Im Folgenden soll genauer erläutert
werden, wie die verschiedenen Komponenten interagieren und somit das
extrazelluläre
Signal
bis
in
den
Zellkern
übertragen
wird. Wenn
extrazelluläres Wnt an den 7-Transmembranrezeptor Frizzled (Fz) und
seinen Korezeptor LRP (low-density-lipoprotein-related) bindet, wird die
-- 51 -Phosphorylierung von Dishevelled (Dsh) induziert. Das so aktivierte Dsh
geht mit Axin eine Bindung ein. Axin fungiert zusammen mit Adenomatous
Poliposis Coli (APC), Glykogen-Synthase-Kinase-3β (GSK3β) und Casein
Kinase-1 (CK-1) als Komplex, der den stetigen Abbau von β-Catenin im
Zytosol reguliert, um den β-Catenin-Spiegel niedrig zu halten. Indem Axin
an Dishevelled gebunden wird, wird der Komplex inaktiviert und der Abbau
von β-Catenin gehemmt. Es gibt Vermutungen, dass Dsh hierbei als Shuttle
für Axin zur Membran fungiert (Cong et al., 2004).
Zugleich
sorgen
GSK3β und
CK-1 für die Phosphorylierung der
intrazellulären Komponente des Frizzled Korezeptors LRP6 (Zeng et al.,
2005). Axin wird dann an die intrazelluläre Domäne des LRP6 gebunden,
eventuell durch Dsh vermittelt und gewährleistet die Inhibierung des βCatenin Abbaus. Der APC-Axin-Glykogensynthasekinase-3-Komplex wird
somit zuerst durch die Bindung von Axin an Dsh, danach durch die Bindung
von Axin an LRP6 inaktiviert. Die Folge sind erhöhte zytoplasmatische
Konzentrationen von β-Catenin. Dieses kann nun in den Zellkern
diffundieren und dort durch die Interaktion mit Transkriptionsfaktoren der
LEF/TCF-Familie die Transkription der Wnt-Zielgene induzieren (Gordon
and Nusse, 2006; He et al. 2006). Ohne die Bindung der WntSignalmoleküle an Frizzled wird phosphoryliertes β-Catenin von β-TrCP
ubiquitinyliert und anschließend von 26S-Proteasomen vollständig abgebaut
(Behrens, 2005). In Abwesenheit von β-Catenin im Zellkern sind die
entsprechenden Transkriptionsfaktoren der TCF/LEF-Familie in einem
Repressorkomplex mit Groucho-Faktoren, Histondeacetylasen (HDAC) und
dem C-terminalen Binding Protein (CtBP) inaktiviert (Gordon and Nusse,
2006; He et al 2006). Abbildung 16 verdeutlicht die oben beschriebenen
Interaktionen der Signalkette.
-- 52 --
Abb. 16: Kanonischer Wnt-Signalweg (vereinfacht), nach Doble und Woodgett, (2003).
GSK-3: tricks of the trade for multi-tasking kinase. Journal of cell science, 116, 1175-1186.
2.4.4 Die Bedeutung β-Catenins
Die zentrale Funktion des kanonischen Wnt-Signalwegs ist die Regulation
des β-Cateninspiegels im Zytosol und im Zellkern. Über den molekularen
Aufbau des Proteins ist bisher nicht alles bekannt. Es besitzt eine so
genannte Armadillo-Sequenzwiederholung. Diese liegt zentral und ist für die
Vermittlung der Interaktionen mit α-Catenin, E-Cadherin, Axin/Conductin,
APC und TCF/LEF verantwortlich (Aberle et al, 1994; Behrens et al, 1998;
Behrens et al, 1996; Huelsken et al, 1994; Rubinfeld et al 1995; von Kries et
al, 2000; Xing et al, 2003). Am C-Terminus werden Transkriptionsfaktoren
gebunden (Barker et al, 2000). Neue Studien lassen die Vermutung zu,
dass β-Catenin mit Hilfe eines Proteins (Kank) und dessen NLS (nuclear
localization signal) sowie NES (nuclear export signal) in den Zellkern einund ausgeschleust wird (Wang et al, 2006) und dort Zielgene aktiviert. Auf
welche Weise diese Signale den Import und Export regulieren, ist noch
nicht endgültig geklärt. Außerdem hat das β-Catenin eine wichtige Rolle bei
-- 53 -der durch Ca2+ vermittelten Zelladhäsion. Zusammen mit alpha- und
gamma-Catenin (Plakoglobin) bindet es, Ca2+ vermittelt, an E-Cadherin und
steuert so den Kontakt mit den Nachbarzellen (Ozawa et al., 1989; Kemler
et al., 1989).
Abb. 17: Beteiligung von β-Catenin an der Ca vermittelten Zelladhäsion. Adaptiert nach
http://zlp.charité.der/forschung/pathobiochemiezellbiologie/ag.huber/projekt/wnt_signaling
2+
Dem N-terminalen Ende des Proteins kommt ebenfalls eine wichtige
Bedeutung
zu,
so
wird
durch
Phosphorylierung
(von
Ser45
und
Ser33/37/Thr41) mit Hilfe von GSK3β und CK-1 die Stabilität des gesamten
β-Catenin reguliert (Behrens et al., 1998; Kikuchi et al. 1999; Dajani et al,
2001; Harwood et al, 2001).
2.4.5 Charakterisierung des Axin 2/ Axil/ Conductin
Axin 2, Axil, oder Conductin, sind Synonyme für ein Protein, das von einem
Gen auf Chromosom 17q23-q24 kodiert wird. Das Gen besteht aus 10
Exonen, die insgesamt mehr als 25kb genomische DNA beinhalten. Das
Protein
ist
Bestandteil
des
APC-Axin-Glykogensynthasekinase-3-
Komplexes, wird jedoch nur durch ein aktives Wnt-Signal induziert.
Funktionell sind Axin und Conductin homologe Proteine, die sich darin
unterscheiden, dass nur Axin ständig exprimiert wird. (Yan et al, 2001;
Lustig et al, 2002; Jho et al, 2002; Huelsken und Behrens, 2002). Des
Weiteren besitzen Conductin und Axin in ihrem Aufbau identische
Aminosäuren. In den konservierten Domänen beläuft sich deren Identität
-- 54 -auf 62%. Am N-Terminus von Conductin und Axin befindet sich eine RGSDomäne (Regulator of G-Protein Signalling), an die das APC-Protein bindet
(Behrens et al., 1998; Hart et al., 1998; Zeng et al., 1997; Lustig et al.,
2003). Im Zentrum der Proteine findet man separate Bindungsdomänen für
GSK3β und β-Catenin (Behrens et al., 1998) und am C-terminalen Ende
eine Domäne (DIX), die Dsh bindet und Axin dimerisieren kann (Zeng et al.,
1997; Ikeda et al. 1998). In der Abbildung 18 wird der Aufbau des
Conductins vereinfacht dargestellt.
Abb. 18: Aufbau von Conductin aus Hughes TA. AXIN2 (axin 2). Atlas Genet Cytogenet
Oncol Haematol. (January 2007).
Conductin übt eine negative Feedback-Wirkung auf den Wnt-Signalweg
aus. Studien an Karzinomzellen konnten zeigen, dass die Conductin
Expression
durch
TCF/β-Cateninkomplexe,
welche
das
Wnt-Signal
blockieren, herunterreguliert wird. In Zelllinien, in denen der Wnt-Signalweg
durch eine Behandlung mit z.B. Wnt-1 aktiviert wird, lässt sich die
Conductin-Expression stimulieren (Hülsken und Behrens, 2002). Neue
Studien postulieren eine Beteiligung von Conductin an der Regulation der
Zellteilung. So konnte in Darmkrebszelllinien gezeigt werden, dass
Conductin ohne ein Wnt-Signal die Teilung der Zentrosome über
Phosphorylierung
von
β-Catenin
verhindert.
Zentrosome
sind
Zellorganellen, die vor der Mitose an entgegengesetzte Pole der Zelle
wandern
und
durch Ausbildung von
Mikrotubuli zur Bildung des
Spindelapparates beitragen (Hadjihannas et al., 2010). Aufgrund der
wichtigen Stellung innerhalb des Wnt-Signalwegs, kann ein Ausfall der
Conductin vermittelten Funktionen zu unterschiedlichen Erkrankungen
-- 55 -führen.
Da
bereits
in
der
frühen
Embryonalperiode
wichtige
Entwicklungsschritte durch Wnt-Signale gesteuert werden, führen Defekte
zu diesem Zeitpunkt zu Malformationen oder Agenesien. Beispiele hierfür
sind Studien, in denen Mäuse mit nicht funktionsfähigem Conductin
Malformationen
des
Schädelknochens
entwickeln,
ähnlich
dem
Krankheitsbild der Kraniosynostose beim Menschen (Ivy Yu et al, 2005).
Ebenso treten Störungen der Zellregulation bei Defekten im Wnt-Signalweg
in adulten Organisman auf. Beeindruckend ist eine Studie einer finnischen
Familie. Hier führen Conductin-Genmutationen zu familiärer Zahnagenesie
und einer Prädisposition für die Entwicklung von kolorektalen Karzinomen
(Lammi et al., 2004; Logan and Nusse, 2004). Des Weiteren gibt es
zahlreiche Studien, die Conductinveränderungen bei unterschiedlichen
Tumorentitäten nachweisen, wie zum Beispiel bei Hepatoblastomen und
hepatozellulären Karzinomen, bei kolorektalen Karzinomen und bei
Medulloblastomen (Koch, A. et al., 2004; Liu et al., 2000; Lustig et al., 2002;
Koch et al., 2007).
2.4.6 Der Wnt-Signalweg und seine Rolle bei der Entstehung
von Krankheiten
Wie bereits beschrieben, liegt die Ursache für einige Erkrankungen in der
Entkoppelung der Wnt-Signaltransduktion von der regulatorischen Kaskade.
Das ist sowohl für die embryonale Entwicklung als auch im adulten
Organismus belegt. Die deregulierte Signalübermittlung ist vor allem
wissenschaftlich interessant, weil sie die Entstehung von malignen Tumoren
begünstigt. Zuerst ist der Tumorsuppressor APC entdeckt worden und
später dessen Rolle bei der Regulation von β-Catenin. Mittlerweile ist die
Beteiligung von β-Catenin an Krebserkrankungen durch Mutationen, die
dessen Abbau verhindern, mehrfach beschrieben worden. Auch Tumoren
der Sella-Region scheinen β-Catenin vermittelt eine Aktivierung des WntSignalwegs
aufzuweisen.
So
zeigten
Studien
an
adamantinösen
Kraniopharyngeomen und Hypophysenadenomen, dass in beiden Fällen
eine Anreicherung von β-Catenin sowohl im Zellkern als auch im
-- 56 -Zytoplasma zu finden war (Semba et al., 2001). Weitere Studien belegten
dies vor allem für den adamantinösen Typ der Kraniopharyngeome (Sekine
et al. 2002; Kato et al. 2004; Oikonomou et al. 2005;). Mutationen waren bei
Sekine et al. in allen zehn (100%), bei Kato et al. in neun von 13 (69%),
sowie bei Oikonomou et al. in sieben von 43 (16%) der untersuchten
adamantinösen Kraniopharyngeome zu finden. In der Arbeitsgruppe Buslei
et al. sind ebenfalls Studien an adamantinösen Kraniopharyngeomen
durchgeführt worden. Hier zeigte sich eine Diskrepanz in der Häufigkeit von
β-Catenin Anreicherungen und Mutationen im β-Catenin-Gen. In 80% der
Fälle konnten β-Catenin-Mutationen gefunden werden, jedoch reichern 94%
der Kraniopharyngeome β-Catenin im Kern von Tumorzellen an. Diese
Mutationen betrafen allesamt Exon 3, das die für den Abbau wichtigen
Phosphorylierungsstellen kodiert (Buslei et al., 2005). Da auch andere
Proteine der Signalkaskade genetische Alterationen aufweisen können und
eine deregulierte Signalvermittlung zur Folge haben, sollte in dieser Arbeit
Conductin auf Mutationen hin untersucht werden.
2.5 Fragestellung der Arbeit
Wie beschrieben wurden Mutationen von β-Catenin in einem hohen
Prozentsatz von adamantinösen Kraniopharyngeomen gefunden. Weitere
Tumoren
im
Bereich
der
Kraniopharyngeome)
zeigten
Mutationsanalysen
des
Sella
(Hypophysenadenome,
hingegen
APC
keine
wiesen
papilläre
β-Catenin-Mutationen.
in
adamantinösen
Kraniopharyngeomen keine veränderte Basensensequenz auf (Buslei et al.,
2005). Die Arbeitsgruppe Buslei des neuropathologischen Instituts Erlangen
hat akkumulierende von nicht akkumulierenden Zellen adamantinöser
Kraniopharyngeome mittels Laser-Mikrodissektion getrennt und in beiden
Zellfraktionen Mutationen in den GSK3β-Phosphorylierungsstellen des βCatenins gefunden (Hölsken et al., 2009). Das bedeutet, dass die
Veränderungen im β-Catenin-Gen nicht allein ursächlich für die nuklären
Akkumulationen in adamantinösen Kraniopharyngeomen sind. Conductin
spielt, neben APC, eine zentrale Rolle bei der Regulierung des β-Catenin
Abbaus.
Darum
wurde
ein
repräsentatives
Kollektiv
von
-- 57 -Hypophysenadenomen uns Kraniopharyngeomen auf Mutationen im
Conductin-Gen untersucht.
1. Das in der Arbeit verwendete DNA-Tumorkollektiv setzte sich aus
Resektionspräparaten von 59 Patienten mit Hypophysenadenomen und 43
Patientenproben mit Kraniopharyngeomen zusammen. Zur Kontrolle an
normalem Gewebe wurde ein entsprechendes, 50 Proben umfassendes,
DNA-Kollektiv aus Lymphozyten von Personen ohne bekannte tumoröse
Erkrankung angefertigt.
2.
Mit
Hilfe
der
Immunhistochemie
wurden
zunächst
β-Catenin
Anreicherungen in den Hypophysenadenomen und Kraniopharyngeomen
dargestellt.
3. Anhand des Kollektivs sollte das Auftreten von Mutationen im Conductin
in tumorösen und gesunden Zellen untersucht werden. Dazu wurde zunächt
die DNA mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) vervielfältigt.
Anschließend wurden die PCR-Produkte auf Nukleotidveränderungen mit
der
Einzelstrang-Konformations-Polymorphismus-Analyse
(SSCP)
untersucht. Die so detektierten Shifts wurden sequenziert, um die
Veränderungen in der Basensequenz zu bestimmen.
Durch diese Verfahren sollte festgestellt werden, ob ein mutiertes Conductin
in diesen Tumoren vorliegt und ob gegebenenfalls Rückschlüsse auf die
Genese der nuklären Akkumulationen gezogen werden können.
-- 58 --
3
Material und Methoden
3.1
Material
3.1.1 Patientenkollektiv
Die
in
der
Arbeit
Neurochirurgischen
verwendeten
Tumorproben
Universitätsklinik
wurden
Erlangen-Nürnberg
in
der
mittels
überwiegend transsphenoidalen Eingriffen innerhalb der letzten Jahre
gewonnen. Das Patientenkollektiv setzt sich aus 59 Hypophysenadenomen
und 43 Kraniopharyngeomen zusammen, davon wurde ein Teil bei -80°C
nativ asserviert. Die DNA der Tumoren wurde mit der unten aufgeführten
Methode aus den Gewebeproben extrahiert. Mit Hilfe der Patientenakten
und der Operationsberichte konnten Angaben über das Alter und
Geschlecht der Patienten ermittelt werden. Ebenso wurde die Invasivität der
Tumoren dokumentiet und getrennt vermerkt, ob es sich bei dem
vorliegenden Gewebe um ein Rezidiv handelt. Der Aufbau des Tumors und
dessen
produzierte
Hormone
wurden
anhand
histologischer
Gewebeschnitte untersucht. Mit Hilfe der Immunhistologie konnte die Art
des Adenoms bestimmt und produzierte Hormone nachgewiesen werden.
Die folgenden Tabellen geben Auskunft über die Zusammensetzung des
Hypophysenadenom- und des Kraniopharyngeom-Kollektivs in Bezug auf
Geschlecht und Alter der Patienten bzw. die Art des Tumors.
Patient
Diagnose
Geschlecht Alter und Altersverteilung (in Jahren)
1372
GH-Zell-Adenom
weiblich
57
1682
GH-Zell-Adenom
weiblich
65
1756
GH-Zell-Adenom
männlich
36
1768
GH-Zell-Adenom
weiblich
68
1776
GH-Zell-Adenom
weiblich
12
1798
GH-Zell-Adenom
männlich
69
1815
GH-Zell-Adenom
männlich
39
1884
GH-Zell-Adenom
weiblich
65
1970
GH-Zell-Adenom
männlich
44
-- 59 -Patient
Diagnose
Geschlecht Alter und Altersverteilung (in Jahren)
2003
GH-Zell-Adenom
weiblich
31
n = 10
GH-Zell-Adenome
weiblich: 6
Altersverteilung: 12 – 69;
männlich: 4
M = 49
1373
Gonadotropin-Zell-Adenom
männlich
57
1600
Gonadotropin-Zell-Adenom
weiblich
52
1610
Gonadotropin-Zell-Adenom
männlich
44
1613
Gonadotropin-Zell-Adenom
männlich
41
1694
Gonadotropin-Zell-Adenom
weiblich
49
1714
Gonadotropin-Zell-Adenom; Rezidiv männlich
59
1754
Gonadotropin-Zell-Adenom
männlich
46
1831
Gonadotropin-Zell-Adenom
männlich
55
1837
Gonadotropin-Zell-Adenom; Rezidiv männlich
60
1969
Gonadotropin-Zell-Adenom
weiblich
72
2022
Gonadotropin-Zell-Adenom
weiblich
59
n = 11
Gonadotropin-Zell-Adenome
weiblich: 4
Altersverteilung: 41 – 72;
männlich: 7
M = 54
1415
Glucocorticoid-Zell-Adenom
weiblich
29
1419
Glucocorticoid-Zell-Adenom
männlich
29
1552
Glucocorticoid-Zell-Adenom
weiblich
63
1598
Glucocorticoid-Zell-Adenom
weiblich
60
1739
Glucocorticoid-Zell-Adenom
weiblich
33
1761
Glucocorticoid-Zell-Adenom
männlich
49
1769
Glucocorticoid-Zell-Adenom
männlich
46
1770
Glucocorticoid-Zell-Adenom
weiblich
14
n=8
Glucocorticoid-Zell-Adenom
1426
Nelson-Tumor
weiblich: 5
männlch: 3
weiblich
Altersverteilung: 14 – 63;
M = 40
57
1762
Nelson-Tumor
weiblich
36
1847
Nelson-Tumor
weiblich
50
n=3
Nelson-Tumoren
weiblich
Altersverteilung: 36 – 57;
männlich
M = 48
1482
Prolaktinom
weiblich
19
1485
Prolaktinom
weiblich
55
1536
Prolaktinom
weiblich
59
1606
Prolaktinom
männlich
18
1619
Prolaktinom
weiblich
45
1627
Prolaktinom
weiblich
34
1744
Prolaktinom; Rezidiv
weiblich
33
1760
Prolaktinom
weiblich
31
-- 60 -Patient
Diagnose
Geschlecht Alter und Altersverteilung (in Jahren)
1788
Prolaktinom
weiblich
46
1937
Prolaktinom; Rezidiv
weiblich
29
n = 10
Prolaktinom
weiblich: 9
Altersverteilung: 18 – 59;
männlich: 1
M = 37
1542
Plurihormonaler Tumor
männlich
13
1547
Plurihormonaler Tumor
männlich
57
n=2
Plurihormonale Tumoren
weiblich: 0
Altersverteilung: 13 – 57;
männlich: 2
M = 35
1586
Nullzell-Adenom
weiblich
59
1587
Nullzell-Adenom
weiblich
77
1588
Nullzell-Adenom
weiblich
70
1597
Nullzell-Adenom
männlich
43
1599
Nullzell-Adenom
weiblich
49
1622
Nullzell-Adenom
weiblich
47
1663
Nullzell-Adenom; Rezidiv
weiblich
64
1713
Nullzell-Adenom
männlich
54
1763
Nullzell-Adenom; Rezidiv
männlich
46
1794
Nullzell-Adenom
männlich
67
1818
Nullzell-Adenom; Rezidiv
weiblich
40
1906
Nullzell-Adenom; Rezidiv
männlich
69
1964
Nullzell-Adenom
männlich
64
1973
Nullzell-Adenom; Rezidiv
männlich
54
1975
Nullzell-Adenom
männlich
60
n = 15
Nullzell-Adenome
weiblich: 7
Altersverteilung: 43 – 77;
männlich: 8
M = 58
Weiblichg: 34
Altersverteilungg: 12 – 77;
ng = 59
Hypophysenadenome
Männlichg: 25 Mg = 48
Tabelle 12: Patientenkollektiv Hypophysenadenome: n = Anzahl der Tumorproben einer
Tumorentität, M = Altersmittelwert (in Jahren), ng = Anzahl der Tumorproben aller
Hypophysenadenome, Mg = Altersmittelwert aller Hypophysenadenom-Patienten (in
Jahren)
-- 61 -Patientennummer
Diagnose
Geschlecht
Alter und Altersverteilung
1259
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
48
1280
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
33
1396
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
46
1450
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
9
1506
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
50
1551
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
20
1595
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
50
1617
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
10
1765
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
3
1938
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
25
1951
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
37
1958
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
63
1989
Adamantinöses-Kraniopharyngeom,
Rezidiv
weiblich
26
2074
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
33
2075
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
12
2077
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
54
2079
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
20
2081
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
27
2082
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
61
2083
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
77
2085
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
42
2139
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
60
2181
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
14
2184
Adamantinöses-Kraniopharyngeom,
progredienter Rest
männlich
8
2186
Adamantinöses-Kraniopharyngeom,
Rezidiv
männlich
14
2187
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
42
2188
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
58
2189
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
47
2190
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
63
2193
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
2
2194
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
3
2198
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
54
2405
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
3
2553
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
45
2791
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
13
3567
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
weiblich
10
-- 62 -Patientennummer
Diagnose
Geschlecht
Alter und Altersverteilung
3843
Adamantinöses-Kraniopharyngeom
männlich
39
na = 36
Adamantinöse-Kraniopharyngeome
weiblicha: 15
Altersverteilunga:
männlicha: 21
2 – 7; Ma = 33
2013
Papilläres-Kraniopharyngeom
weiblich
33
2116
Papilläres-Kraniopharyngeom
männlich
52
2121
Papilläres-Kraniopharyngeom
weiblich
40
2183
Papilläres-Kraniopharyngeom
weiblich
37
2192
Papilläres-Kraniopharyngeom
männlich
46
2711
Papilläres-Kraniopharyngeom
männlich
54
np = 6
Papilläre-Kraniopharyngeome
weiblichp: 3
Altersverteilungp:
33 – 54; Mp = 43
männlichp: 3
Tabelle 13: Patientenkollektiv Kraniopharyngeome: na = Anzahl der adamantinösen
Kraniopharyngeome, Ma = Altersmittelwert der Patienten mit adamantinösem
Kraniopharyngeom (in Jahren), np = Anzahl der papillären Kraniopharyngeome, Mp =
Altersmittelwert der Patienten mit papillärem Kraniopharyngeom (in Jahren)
3.1.2 Kontrollkollektiv
Im Kontrollkollektiv sind 50 Proben enthalten. Die DNA wurde aus den
Leukozyten gesunder Probanden durch eine venöse Blutprobe gewonnen.
Es wurde erstellt, um Vergleiche zwischen gesunden Probanden und
Tumorpatienten ziehen zu können.
3.1.3 Enzym
Das in der Arbeit verwendete Enzym für die Anfertigung der PCRs war eine
Taq-DNA-Polymerase der Firma Qiagen, Hilden.
3.1.4 Geräte
•
Agagelstandard ohne Kühlung Whatmann Biometra® Typ G45/1
(Biomedizinische Analytik GmbH, Göttingen)
-- 63 -•
Alpha UnitTM Block Assembly for PTC DNA EngineTM Systems (MJ
Research Inc., Watertown, USA)
•
Biometra® Standard Power Pack P25 (Biomedizinische Analytik
GmbH, Göttingen)
•
Gel Documentation System, UVP’s GDS 1000/GDS 7500 (UltraViolet Products Ltd, Cambridge, UK)
•
Modell T1-Thermoblock (Biomedizinische Analytik GmbH, Göttingen)
•
Multigel-Long Whatman Biometra® Typ G47 (Biomedizinische
Analytik GmbH, Göttingen)
•
Peltier Thermal Cycler PTC-200 DNA-EngineTM Systems (MJ
Research Inc., Watertown, USA)
•
Pipetten 2 µl, 10 µl, 20 µl, 100 µl, 200 µl, 1000 µl (Gilson, Villiers-leBel, Frankreich)
•
Powerpack 300 (BIORAD, USA)
•
Schüttler (Johanna Otto GmbH, Hechingen)
•
Thermocycler
Biometra®
(Biomedizinische
Analytik
GmbH,
Göttingen)
•
Thermomixer 5436 (Eppendorf GmbH, Hamburg)
•
Trockner Biometra® Maxidry Typ D64 (Biomedizinische Analytik
GmbH, Göttingen)
•
Trockner Biometra® Mididry Typ D62 (Biomedizinische Analytik
GmbH, Göttingen)
•
Vortex Genie 2 (Scientific Industries Inc., Bohemia, USA)
•
Zentrifuge (Fisher Scientific, Korea)
•
Zentrifuge Biofuge fresco (Heraeus Instruments, Osterode)
3.1.5 Verbrauchsmaterialien
•
Feather
Disposable
Scalpel
sterile
No.11
(Produkte
für
Medizintechnik, Köln)
•
GB 002 Gel-Blotting-Papier (Schleicher & Schnell, Dassel)
•
Pipettenspitzen 1000 µl (Biozym Diagnostik GmbH, Hess. Oldendorf)
•
Pipettenspitzen mikro Typ Gilson 0,1-10 µl (Hartenstein, Würzburg)
-- 64 -•
Pipettenspitzen natur, universal MBT U200 (MBT Brand, Gießen)
•
Reaktionsgefäße 0,6 ml (Biozym Diagnostik GmbH, Hess. Oldendorf)
•
Reaktionsgefäße 1,5 ml (Hartenstein, Würzburg)
•
Safeseal Tips Premium 10 µl, 20 µl, 100 µl, 200 µl, 1000 µl (Biozym
Diagnostik GmbH, Hess. Oldendorf)
•
Strips PCR-Deckel 0,2 ml/8-fach (Hartenstein, Würzburg)
•
Strips PCR-Gefäße 0,2 ml/8-fach (Hartenstein, Würzburg)
•
Transferpipetten 6 ml (Sarstedt, Nürnberg)
3.1.6 Chemikalien
•
100 mM dNTP Set, 4 × 250 µl, 25 µmol each, 5 units/µl (Invitrogen,
Carlsbad)
•
Acrylamid Fertiglösung 40 % für die Elektrophorese (Merck KgaA,
Darmstadt)
•
Ammoniumacetat zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Ammoniumperoxodisulfat zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
(APS)
•
Essigsäure (Eisessig) 100 % zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Ethanol absolut zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Ethylendiaminetetraacetic ACID Anhydrous Approx. 99 % (titration)
(SIGMA Chemical CO, St.Louis, USA) (EDTA)
•
Formaldehydlösung 37 % (zur Analyse stabilisiert mit etwa 10 %
Methanol) (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Formamid zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Glycerin etwa 87 % zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Magnesiumacetat (Merck KgaA, Darmstadt)
•
N,N,N’,N’-Tetramethylethylendiamin
(Merck
KgaA,
Darmstadt)
(TEMED)
•
N,N’-Methylenbisacrylamid
Fertiglösung
„BIS“
2
%
für
Elektrophorese (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Natriumcarbonat wasserfrei zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
die
-- 65 -•
PeqGOLD Universal Agarose (peqLab Biotechnologie GmbH,
Erlangen)
•
Salpetersäure 65 % zur Analyse (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Silbernitrat krist. reinst (Merck KgaA, Darmstadt)
•
Sodium dodecyl sulfate 10 % Solution (SIGMA Chemical CO,
St.Louis, USA) (SDS)
3.1.7 Puffer und Lösungen
•
Q-Solution 5 × (Qiagen, Hilden)
•
Molecular Biology Grade Water 50 ml (Eppendorf GmbH, Hamburg)
•
PCR Puffer 10 × (Qiagen, Hilden)
•
Längenstandard Hyper Ladder IV 100 Lanes (Bioline, Lückenwalde)
•
Längenstandard 100 bp DNA Ladder 500 µl/ml (New England
Biolabs, Frankfurt)
•
Ladepuffer DNA II (Appli Chem GmbH, Darmstadt) (greenjuice)
•
Laufpuffer:
428 µl greenjuice 1:6 verdünnt
72 µl Formamid
100 µl Glycerin 50 %
•
TBE-Puffer 10 × pH 8,3 Tris-Borat-EDTA Puffer (Merck KgaA,
Darmstadt)
•
TE-Puffer (1 ×) pH 7,5 (Appli Chem GmbH, Darmstadt)
•
1,5 % Agarose-Gel:
50 ml 1 × TBE
0,75 mg Agarose
4 µl Ethidiumbromid
•
SSCP-Stocklösungen:
10% (1:29)
Acrylamid
Bisacrylamid
5 x TBE
87% Glycerin
Aqua dest.
ohne 5% Glycerin
48,34 ml
33,34 ml
20 ml
98,32 ml
-- 66 --
12% (1:29)
Acrylamid
Bisacrylamid
5 x TBE
87% Glycerin
Aqua dest.
mit 5% Glycerin
58 ml
40 ml
20 ml
11,5 ml
70,5 ml
12% (1:59)
Acrylamid
Bisacrylamid
5 x TBE
87% Glycerin
Aqua dest.
ohne 5% Glycerin
59 ml
20 ml
20 ml
111 ml
14% (1:29)
Acrylamid
Bisacrylamid
5 x TBE
87% Glycerin
Aqua dest.
ohne 5% Glycerin
67,66 ml
46,66 ml
20 ml
65,68 ml
14% (1:49)
Acrylamid
Bisacrylamid
5 x TBE
87% Glycerin
Aqua dest.
mit 5% Glycerin
68,6 ml
28 ml
20 ml
11,5 ml
81, 9 ml
14% (1:99)
Acrylamid
Bisacrylamid
5 x TBE
87% Glycerin
Aqua dest.
ohne 5% Glycerin
69,31 ml
14 ml
20 ml
106,69 ml
ohne 5% Glycerin
58 ml
40 ml
20 ml
82 ml
ohne 5% Glycerin
68,6 ml
28 ml
20 ml
93,4 ml
Tabelle 14: Zusammensetzung der SSCP-Stocklösungen
•
SSCP-Gel:
20 ml entsprechender Stocklösung
200 µl APS 10 %
20 µl TEMED
•
APS 10 %:
1 g Ammoniumperoxodisulfat in 10 ml aqua dest gelöst
-- 67 -•
1 % Salpetersäure-Lösung:
200 ml 65 % Salpetersäure
13 l aqua dest
•
Natriumcarbonat-Lösung:
225 g Natriumcarbonat gelöst in 7,5 l aqua dest
3,75 ml Formaldehyd
•
0,2 % Silbernitrat-Lösung:
4 g Silbernitrat gelöst in 2 l Bidest
•
Elutionspuffer:
7,7 g Ammoniumacetat
0,4 ml EDTA 0,5 M
2 ml SDS 10 %
2 ml Magnesiumacetat 1 M
200 ml Bidest
3.2
Methoden
3.2.1 DNA-Extraktion aus Gewebe
Um die in der Arbeit verwendeten DNA-Proben aus dem Tumorgewebe zu
gewinnen, wird zunächst das tiefgefrorene Gewebe aufgetaut. Dann wird es
zerkleinert und mit RNAse A enzymatisch verdaut. Das gewonnene Lysat
wird auf die Ionenaustauschersäule des hierbei verwendeten E.Z.N.A.
Tissue DNA Kit II der Firma Peqlab gegeben. Das Kit beinhaltet eine
Silikatmembran, die es ermöglicht, die DNA zu binden und die restlichen
Bestandteile
des
Lysats
auszuwaschen.
Nach
Zentrifugation
und
zweimaligem Spülen mit Waschpuffer werden Lipid- und Proteinreste
ausgewaschen. Mittels eines Elutionspuffers wird dann die DNA, abhängig
von ihrem pH-Wert, von der Silikatmembran gelöst.
3.2.2 DNA-Extraktion aus Vollblut
Die DNA-Gewinnung aus kernhaltigen Blutzellen erfolgte mittels der nicht
toxischen Aussalzmethode nach Miller et al. (1988).
-- 68 --
3.2.3 Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
Die Polymerase-Kettenreaktion ermöglicht es, bestimmte DNA-Abschnitte
identisch zu vervielfältigen. Die Methode wurde von Kary Mullis 1983
entwickelt und ist grundlegend für diese Arbeit. Mit Hilfe zweier
Oligonukleotidprimer wird ein DNA-Einzelstrang, der die Matrize darstellt,
unter Zugabe von einzelnen Nukleotiden und eines hitzestabilen Enzyms,
der DNA-Polymerase,
zu
einem
Doppelstrang ergänzt.
Die
DNA-
Polymerase stammt aus dem hitzestabilen Bakterium Thermus aquaticus.
Indem das Enzym die komplementären Nukleotide anlagert entsteht
doppelsträngige DNA, die wiederum in zwei Einzelstränge aufgetrennt wird
und erneut als Vorlage dient. Somit wird eine exponentielle Vervielfältigung
des gewünschten DNA-Abschnitts möglich (Mullis et al 1992 und 1990). Die
PCR setzt sich aus drei Schritten pro Zyklus zusammen. Diese laufen
mehrmals nacheinander ab. Zunächst erfolgt die Denaturierung der zugrunde liegenden DNA bei 94°C. Hierbei werden die Doppelstränge in
Einzelstränge
aufgespaltet,
indem
die
Wasserstoffbrückenbindungen
zwischen den einzelnen Basen gelöst werden. Zu Beginn des Vorgangs
muss die DNA drei Minuten lang bei 94°C erhitzt werden, in den sich
anschließenden 40 Zyklen nur noch 40 Sekunden. Der nächste Schritt, die
Hybridisierung oder auch Annealing genannt, vermittelt die Anlagerung der
beiden Oligonukleotidprimer an den DNA-Einzelstrang. Auf molekularer
Ebene binden die Primer an den Einzelstrang, indem sie mit der
vorliegenden Basensequenz neue Wasserstoffbrückenbindungen eingehen.
Für diesen Vorgang sind primerspezifische Temperaturen notwendig. Diese
liegen zwischen 50°C und 65°C. Das Lysat wurde 40 Sekunden lang erhitzt.
Schließlich wird der Zyklus durch die Elongation beendet. Hierbei werden
freie Nukleotide aus der Lösung angelagert und aus dem Einzelstrang
entsteht ein Doppelstrang. Dies erfolgt durch die Taq Polymerase, deren
Temperaturoptimum bei 72°C liegt. Die Dauer der Elongation richtet sich
nach der Länge des zu vervielfältigenden Stranges und benötigt hier 40
Sekunden. Nach dem letzten Zyklus der PCR ist eine weitere Elongation
über 10 Minuten bei 72°C notwendig. Das fertige DNA-Produkt wird dann
auf 10°C abgekühlt.
-- 69 -Ein
Reaktionsansatz,
auch
"Template"
genannt,
enthält
folgende
Bestandteile in einem 0,2 ml Reaktionsgefäß:
7,35 μl PCR-Wasser
1,0 μl 10 x PCR-Puffer
0,2 µl freie Nukleotide (je 10 mM dATP, dTTP, dGTP, dCTP)
0,2 µl forward Primer und 0,2 µl reverse Primer
0,05 µl Taq
1 µl DNA-Probe
Wird der Reaktionsansatz mit Verwendung von 2 µl Q-Solution (Qiagen)
durchgeführt, reduziert sich die zu pipettierende Menge des PCR-Wassers
auf 5,35 µl.
3.2.4 Verwendete Primer
Zunächst
werden
anhand
der
Basensequenz
des
Conductin-Gens
passende Primersequenzen detektiert. Gemäß den detektierten Sequenzen
sind von der Firma Operon passende Primerstock-Lösungen angefertigt
worden. Diese verdünnt man auf 10 mM Primer enthaltende Lösungen.
Danach legt man die PCR-Bedinungen für die einzelnen Primerpaare fest,
indem man mehrere Test-PCRs mit unterschiedlichen Bedingungen
durchführt. Hierbei werden PCRs mit unterschiedlichen Temperaturen,
unterschiedlicher Zyklenanzahl und mit oder ohne Zusatz von Q-Solution
angefertigt. Das fertige PCR-Produkt wird dann auf ein Ethidiumbromid enthaltendes
1,5%-Agarosegel
aufgetragen
und
elektrophoretisch
aufgetrennt. Dadurch kann überprüft werden, ob die gewählten Variablen
ein
Produkt
liefern.
Wichtig
ist,
grundsätzlich
eine
Wasserprobe
mitzuführen, die keine DNA enthält, aber alle entsprechenden anderen
Reaktionszusätze. Wenn die Wasserprobe auf dem Agarosegel keine
Banden liefert, kann eine eventuelle Verunreinigung ausgeschlossen
werden. Schließlich werden die PCR-Bedingungen gewählt, die die
schärfsten DNA-Banden unter UV-Licht liefern. Außerdem ermöglicht die
-- 70 -elektrophoretische Auftrennung eine Abschätzung ob die Basenpaarlänge
der erwarteten Länge des Produkts entspricht. Zu diesem Zweck wird das
PCR-Produkt mit einem Längenstandard verglichen. Sind einzelne Exone
des Gens zu groß für die Detektion von Punktmutationen mittels SSCP
(über 250 Basenpaare), werden überlappende Amplikons angefertigt. In
Tabelle 15 sind die Details ersichtlich. Alle 19 Abschnitte des Conductins
werden durch die PCR und der Verwendung des Qiagen-Kits, das die TaqPolymerase, die entspechenden Substrate für das Enzym (dNTPs =
Desoxribonucleotidtriphosphate) und Pufferlösungen enthält, amplifiziert.
Amplikon
1.1
1.2
1.3
1.4
2
3
4
5.1
5.2
5.3
5.4
6.1
6.2
7.1
7.2
7.3
8
9
10
Sequenz 5`- 3`
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
fo
re
5`-AGAGATTCCAGACTCAGTGG-3`
5`-TTGGAAGAGACAGACATGG-3`
5`-TCACCAAACCCATGTCTGTC-3`
5`-ATCCTTCAGGTTCATCTGCC-3`
5`-CAGGCAGATGAACCTGAAGG-3`
5`-CACTCCTCACATATTCGAGG-3`
5`-GGGGAGAAAACACAGCTTAC-3`
5`-CCTGTATCCACTGTCAACAG-3`
5`-TCCTTCAAGAGGAGCGATCC-3`
5`-TACACTGCTGTCCGTCATGG-3`
5`-GATGGAATTCCTCCTTATCG-3`
5`-TCGGGAAATGAGGTAGAGAC-3`
5` GAACCCACCGCCTGCCCAAGGAGATGA-3`
5`-ACGCCGTGGACGGAAGCAGGAAG-3`
5`-TGCTTCCTGGGTCACTTCTC-3`
5`-AGTATCGTCTGCGGGTCTTC-3`
5`-AAGACCCGCAGACGATACTG-3`
5`-TGGTACTGCGAATGGTGGTG-3`
5`-ACCACCATTCGCAGTACCAC-3`
5`-TAGCAGTAATACTCGCTGCC-3`
5`-CTAAATGCCTGTAATGCGGC-3`
5`-GCGAGTATTACTGCTACTCG-3`
5`-GATTAACCGGGTCTCTGGG-3`
5`-TCACTCTCCAGCATCCACTG-3`
5`-AGTGGATGCTGGAGAGTGAG-3`
5`-CCATTCCCACAATACCTCCG-3`
5`-AACGTTGGACTGAGCAGACC-3`
5`-GGGGTAGGCCTTTTTTGTGC-3`
5`-GCACAAAAAAGGCCTACCCC-3`
5`-ATCGCAGGGTCCTGGGTGAAC-3`
5`-TTCACCCAGGACCCTGCGATG-3`
5`-TGCTTTGGGGGCTTCGACAC-3`
5`-TACCTCTAAATCCCTCGCCC-3`
5`-ATCTTCTGGAGCCAGGCTTG-3`
5`-ACAAAGAGCCAAAGAAACTG-3`
5`-CCTATAATTTCCCTTTTTGC-3`
5`-CTTCAAAAAAGCAAGCGATG-3`
5`-AAATGTTTTGTCGCAGTTGC-3`
bp
°C
Q
Zyklen
198
50
+
40
239
56
-
40
257
59
+
40
209
61
-
40
140
57
+
40
102
60
-
40
182
61
-
40
158
62
-
40
136
57
-
40
241
59
+
40
171
55
-
40
215
59
+
40
117
59
+
40
212
61
+
40
139
55
+
40
104
59
+
40
131
59
+
40
167
51
-
40
206
61
-
40
Tabelle 15: Die Sequenzen der Primerpaare, deren Produktgröße und die entsprechenden
PCR-Bedingungen (Annealing Temperatur in °C, Anzahl der Zyklen und die eventuelle
Verwendung von Q-Solution).
-- 71 --
3.2.5 Agarose-Gelelektrophorese
Das Prinzip der Agarose-Gelelektrophorese beruht auf der Trennung der
doppelsträngigen DNA-Fragmente im elektrischen Feld. Deren Laufweite ist
abhängig von der Fragmentgröße und der Agarosekonzentration des
entsprechenden Gels. Ein vordefinierter Längenstandard hilft bei der
Abschätzung der Größe der einzelnen Fragmente. Am besten geeignet zur
Längenbestimmung sind Fragmente zwischen 0,5 und 25 kbp. Kleinere
Fragmente können auch aufgetrennt werden, jedoch ist keine Beurteilung
bezüglich ihrer Länge möglich. Somit dient das Verfahren dann lediglich
ihrem Nachweis. Die Laufrichtung der negativ geladenen DNA-Fragmente
richtet sich im Gleichstromfeld immer zur Anode. Sichtbar gemacht werden
die PCR-Produkte mittels der Zugabe von Ethidiumbromid, einem
Fluoreszenzfarbstoff, der mit der DNA reagiert und unter UV-Licht die DNABanden und den mitgeführten Längenstandard fluoreszierendes Licht
emittieren lässt. In dieser Arbeit wird 1,5% Agarose verwendet. Deren
Herstellung erfolgt aus 0,75 mg Agarosepulver, das in 50 ml eines 1x TBEPuffers gelöst wird. Danach wird die Flüssigkeit in der Mikrowelle bei 900
Watt eine Minute lang erhitzt. Nach einigen Minuten, in denen die
Flüssigkeit
bereits
etwas
abgekühlt
ist,
gibt
man
4
μl
des
Fluoreszenzfarbstoffes Ethidiumbromid hinzu und füllt die Flüssigkeit in eine
Gussform. In diese werden Kämme eingefügt, die als Platzhalter für die im
fertigen Gel benötigten Taschen fungieren. Nach weiteren 30 Minuten unter
Abdunkelung ist das Gel abgekühlt und erhärtet. Es ist notwendig das Gel
vor Lichteinfall zu schützen, weil das zugegebene Ethidiumbromid UVlichtempfindlich ist. Die Kämme werden aus dem gehärteten Gel gezogen
und es wird unter Zugabe von 1x TBE-Puffer in den Aga-Gelstandard
Biometra® gelegt. Nachdem zum PCR-Produkt 10 μl formamidhaltiger
Ladepuffer pipettiert wurde, kann das Gel mit 8 μl aus dem Ansatz beladen
werden. Eine Tasche wird mit 3 μl Längenstandard (Hyper Ladder IV
100bp, von Bioline) befüllt. Nach einer Laufzeit von 20 Minuten bei 120 Volt
werden die Banden unter UV-Licht detektiert. Die Laufgeschwindigkeit ist
umso größer, je kleiner das Produkt ist und je höher die Voltzahl eingestellt
wird.
-- 72 --
3.2.6 Einzelstrang-Konformations-PolymorphismusAnalyse (SSCP)
Die
Einzelstrang-Konformations-Polymorphismus-Analyse
dient
dem
Nachweis von genetischen Veränderungen wie zum Beispiel Mutationen.
Es können abweichende Nukleinsäureabfolgen in mehreren oder nur in
einer einzelnen Nukleotidposition detektiert werden. Seit der Einführung der
Einzelstrang-Konformations-Polymorphismus-Analyse
(single
strand
conformation polymorphism assay, oder kurz SSCP) 1989 (Orita et al.,
1989), gilt sie als eines der bekanntesten und sensitivsten Verfahren zur
Mutationsanalyse (Nataraj et al., 1999). Nukleinsäureeinzelstränge gehen
Paarungen mit komplementären Strängen oder Abschnitten des eigenen
Stranges ein. Diese lagern sich je nach Basensequenz unterschiedlich an
einander und bilden somit verschiedene dreidimensionale Strukturen, deren
räumliche Anordnung von der einzelnen Basenabfolge und der jeweiligen
Temperatur bestimmt wird. Durch die unterschiedliche Konformation der
Nukleotidstränge ergibt sich im elektrischen Feld eine unterschiedliche
Laufweite trotz gleicher Basenanzahl. Das Verfahren kann sowohl für RNAals auch DNA-Stränge angewandt werden. Die zu untersuchenden PCRProdukte werden als Einzelstränge im denaturierten Zustand auf das hierfür
angefertigte Polyacrylamid-Gel aufgetragen und danach elektrophoretisch
aufgetrennt. Notwendig hierfür sind passende Gele, die vorher durch
Testläufe
an
Gelen
mit
unterschiedlichen
Acrylamid-
und
Bisacrylamidanteilen sowie mit und ohne Zusatz von 87 % igem Glycerin
ermittelt wurden. Die Temperatur spielt eine wichtige Rolle für das
Verfahren.
In
der
vorliegenden
Arbeit
werden
alle
Analysen
bei
Raumtemperatur durchgeführt. Weil die Durchführung der SSCP unter
verschiedenen Bedingungen die Sensitivität der Analyse erhöht, werden für
jedes Primerpaar die zwei unterschiedlichen Polyacrylamid-Gele mit den
deutlichsten Banden ausgewählt. Folgende Gelbedingungen wurden
selektiert: 10% (1:29) mit und ohne Glycerin, 12% (1:29) mit und ohne
Glycerin, 12% (1:59) ohne Glycerin, 14% (1:29) ohne Glycerin, 14% (1:49)
mit und ohne Glycerin und 14% (1:99) ohne Glycerin. In Tabelle 16 sind die
-- 73 -jeweiligen
Gelvernetzungen
für
die
einzelnen
Primerpaare
zusammengefasst.
Primer
1. Gelbedingung
2. Gelbedingung
1.1
14 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:99) - Glycerol
1.2
10 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:29) -Glycerol
1.3
14 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:99) - Glycerol
1.4
12 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:29) - Glycerol
2
12 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:29) - Glycerol
3
14 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:49) + Glycerol
4
12 % (1:59) - Glycerol
14 % (1:29) - Glycerol
5.1
12 % (1:59) - Glycerol
14 % (1:29) - Glycerol
5.2
14 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:49) - Glycerol
5.3
10 % (1:29) - Glycerol
12 % (1:29) - Glycerol
5.4
14 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:99) - Glycerol
6.1
12 % (1:29) + Glycerol
14 % (1:49) - Glycerol
6.2
12 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:49) - Glycerol
7.1
10 % (1:29) + Glycerol
14 % (1:49) + Glycerol
7.2
14 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:49) - Glycerol
7.3
14% (1: 29) - Glycerol
14 % (1:49) + Glycerol
8
12 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:49) - Glycerol
9
12 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:49) + Glycerol
10
12 % (1:29) - Glycerol
14 % (1:29) - Glycerol
Tabelle 16: Verwendete Gelbedingungen für die entsprechenden Primer
Zur Herstellung eines Gels gibt man zu 20 ml der Acrylamid-Stocklösung,
200 µl Ammoniumperoxodisulfat und 20 µl TEMED, um die Lösung
schneller zu polymerisieren. Die Flüssigkeit wird zügig zwischen zwei mit
Abstandhaltern vorgefertigte Glasplatten gegossen. Die Platten wurden
vorher mit einer Silikonabdichtung versehen, um ein Auslaufen der Lösung
zu verhindern. In das noch flüssige Polyacrylamid-Gel werden zwischen die
Glasplatten Plastikkämme eingesetzt, die als Platzhalter für die DNAProben dienen. Nach 20 Minuten sind die Gele soweit gehärtet, dass die
Kämme gezogen und die Silikonabdichtungen zwischen den Platten
entfernt werden können. Danach spannt man die Glasplatten paarweise in
Elektrophoresekammern (Multigel Long, Whatman Biometra®) ein. Die
-- 74 -Kammer wird mit 0,5 x TBE-Puffer aufgefüllt bis die Glasplatten mit Puffer
bedeckt sind. Im Anschluss können 2-4 µl der denaturierten DNA-Proben in
die Geltaschen pipettiert werden. Die Denaturierung erfolgt für 10 Minuten
bei 94°C. Danach müssen die Proben im Eisblock gekühlt werden, da sonst
die Renaturierung einsetzt. Die SSCP-Geltaschen werden mit der jeweiligen
PCR-Probe, 0,8 µl eines Längenstandards und einer Wasserprobe beladen.
Diese wird mitgeführt um eine eventuelle Verunreinigung ausschließen zu
können. Die Gelelektrophorese erfolgt dann über einen Zeitraum von 17-20
Stunden bei einer angelegten Spannung von 70 V.
3.2.7 Silberfärbung
Die Färbung der SSCP-Gele mit Silbernitrat macht die elektrophoretisch
aufgetrennten, denaturierten DNA-Abschnitte dauerhaft sichtbar (Budowle
et al., 1991). Dies ist durch die Komplexbildung von DNA mit Silberionen
möglich, die im Färbevorgang unter Zugabe von Natriumcarbonat und
Formaldehyd zu elementarem Silber reduziert werden. Auf diese Weise
können die DNA-Banden sichtbar gemacht werden (Nataraj et al., 1999).
Die Gele werden aus den Glasplatten gelöst und für 3 Minuten in 10 %
Ethanol inkubiert, um die DNA in der Gelmatrix zu fixieren. Nach Spülen der
Gele mit Aqua dest. erfolgt ein Ansäuern in 1 % Salpetersäure für 3
Minuten. Nach erneutem Waschen mit Aqua dest. müssen die Gele für 20 30 Minuten lichtgeschützt in einer 0,2 % Silbernitratlösung inkubiert werden.
Während dessen lagern sich Silberionen der DNA an und bilden Komplexe
aus. Die nicht gebundenen Ionen werden anschließend durch eine
dreimalige Spülung in Aqua dest. ausgewaschen. Anschließend werden die
Gele in eine formaldehydhaltige Natriumcarbonatlösung gegeben, die eine
pH-Änderung verursacht und die Silberionen somit zu elementarem Silber
reduziert. Die DNA-Banden werden durch diesen Prozeß sichtbar. Dabei
kann man die Natriumcarbonatlösung gegebenenfalls wechseln, um
bessere Färbeeffekte zu erreichen. Durch eine erneute Ansäuerung in
einem Waschvorgang mit 10 % Essigsäure wird die Färbung fixiert und der
ebenfalls mitgefärbte Gelhintergrund aufgehellt. Nach erneutem Spülen in
Aqua dest. werden die Gele auf Filterpapier aufgebracht und für ca. 2 - 8
-- 75 -Stunden in einem Vakuumtrockner bei 40 - 80°C getrocknet. Anschließend
kann man sie beschriften und archivieren.
3.2.8 Elution der DNA aus Gelbanden
Zeigen sich nach dem Färbevorgang DNA-Banden mit aberrantem
Laufverhalten, werden diese mit einem sterilen Skalpell aus dem noch
feuchten Gel ausgeschnitten (Chen et al, 1996). In einem 1,5 ml Eppendorf
Cup wird die Bande mit 50 µl Elutionspuffer über Nacht (mindestens für 12
Stunden) im Thermomixer bei 50°C gerüttelt, um die DNA zu eluieren.
Danach werden 125 µl reines Ethanol zugegeben damit die DNA
präzipitiert. Das Elutionsgemisch ohne das Gelstück, das getrennt
weggefroren wird, muß bei – 20°C für 2 Stunden tiefgefroren werden. Im
Anschluss daran wird die Lösung bei Raumtemperatur mit 14.000
Umdrehungen pro Minute 30 Minuten zentrifugiert. Die DNA lagert sich
dadurch als Pellet am Gefäßboden ab. Nach diesem Vorgang wird der
Überstand vorsichtig abpipettiert und der DNA nochmals 500µl 70%iger
Ethanol zugegeben. Das Gemisch wird für 15 Minuten bei 14.000 U/min
zentrifugiert, der Überstand erneut abpipettiert. Im Wärmeschrank wird
dann das Pellet bei 50°C getrocknet. Abschließend gibt man 20 µl PCRWasser hinzu.
3.2.9 Reinigung der PCR-Produkte
Bevor die eluierte DNA sequenziert wird, muss diese durch eine PCR
amplifiziert und anschließend aufgereinigt werden. Die Reinigung wird mit
dem Qiagen PCR Purification Kit (Qiagen) durchgeführt. Gearbeitet wird
gemäß dem Herstellerprotokoll. Das Funktionsprinzip des Kits basiert auf
einer Ionenaustauschersäule. Die negativ geladene DNA bindet bei hoher
Salzkonzentration an positiv geladene Bestandteile einer Matrix, in diesem
Fall einer Silica-Gel Membran.
Andere Probenbestandteile werden
herausgewaschen und danach wird die DNA mit Tris-Puffer von den
Membranen gelöst und eluiert.
-- 76 --
3.2.10 DNA-Sequenzierung
Die Sequenzierung der DNA-Proben erfolgt mit Hilfe der KettenabbruchMethode (Sanger et al., 1977). Die DNA wird denaturiert um Einzelstränge
zu erhalten, dann wird sie mittels Polymerase und spezifischen Primern
amplifiziert.
Den
Kettenabbruch
bewirkt
man
durch
Zugabe
von
Didesoxynukleotiden. Dabei handelt es sich um Nukleotide mit nur einem
Wasserstoffatom am 3`- Ende statt einer OH-Gruppe. An diese können
keine weiteren Nukleotide binden. Die verwendeten Didesoxynukleotide
sind mit einem spezifischen Farbstoff markiert. Es wird nur eine bestimmte
der
vier
Basen
elektrophoretisch
zugegeben.
aufgetrennt.
Anschließend
So
erhält
wird
man
das
Produkt
DNA-Fragmente
unterschiedlicher Größe, die an der entsprechenden Base abbrechen.
Diese
Reaktion
wird
für
alle
vier
Basen
mit
unterschiedlichen
Fluoreszenzfarbstoffen durchgeführt, um dann anhand der ansteigenden
Fragmentlängen
und der
vier verschiedenen Farbstoffe mittels eines
Laser-Photometers die Sequenz ablesen zu können.
Die Sequenzierung wurde von der Firma gatc-biotech (Konstanz,
Deutschland) mit BigDye Version 3 als Sequenzierchemie und einem
automatischen Sequenzierer, dem ABI 3700 Sequencer von Applied
Biosystems bzw. Perkin Elmer, durchgeführt.
3.2.11 Immunhistochemie
Mit der immunhistochemischen Analyse wird das Verteilungsmuster der
HVL-Hormone
und
von
β-Catenin
in
den
Tumorzellen
der
Hypophysenadenome bzw. der Kraniopharyngeome untersucht. Bei dieser
Methode werden folgende Antikörper verwendet: Adrenocorticotropin
(ACTH; Klon 02A3, DAKO), Follikel stimulierendes Hormon (FSH; Klon
C10, DAKO), Wachstumshormon (hGH; DAKO), luteinisierendes Hormon
(LH;
Klon
C93,
stimulierendes
DAKO),
Hormon
Prolaktin
(TSH;
Klon
(PRL,
DAKO)
und
Thyroidea
0042,
DAKO).
Um
β-Catenin
darzustellen wurde der monoklonale Antikörper Klon 14 (BD Biosciences)
eingesetzt. Die chirurgischen Präparate werden über Nacht in 4%
-- 77 -Formaldehyd fixiert und in flüssiges Paraffin eingebettet. Daraus werden mit
einem
Microtom
(Microm,
Heidelberg)
4μm
dicke
Schnittpräparate
angefertigt, die auf positiv geladene Objektträger gelegt werden (Superfrost
+ Menzel). Die Schnitte werden anschließend im Brutschrank bei 37°C über
Nacht getrocknet. Mit einem automatisierten Färbeautomaten (Nexes;
Ventana,
Illkirch,
France)
wird
die
immunhistochemische
Färbung
durchgeführt. Entsprechend dem Färbeprotokoll werden die Proben bei
Bedarf in der Mikrowelle vorbehandelt. Die histopathologische Einteilung
der Tumoren erfolgte gemäß der WHO Klassifikation von Tumoren des
Nervensystems und der WHO Klassifikation von Tumoren endokriner
Organe (IARC, Lyon, 2007, 2004).
-- 78 --
4 Ergebnisse
4.1 Immunhistochemie
Das Verteilungsmuster von β-Catenin wurde an 59 Hypophysenadenomen,
49
adamantinösen
Kraniopharyngeomen
und
acht
papillären
Kraniopharyngeomen untersucht. Des Weiteren wurden zwölf unveränderte
Hypophysengewebe in die Studie einbezogen. Im Normalgewebe ist βCatenin vor allem in der Zellmembran nachweisbar. Das Zytoplasma zeigt
einen
nur
geringen
Gehalt
von
β-Catenin
und
im
Kern
gelang
immunhistochemisch kein Nachweis. Alle Hypophysenadenome weisen
dieses physiologische β-Cateninverteilungsmuster auf, wie in Abbildung 19
dargestellt. Bei 29 Adenomen (50%) kann zusätzlich im Zytoplasma eine
verstärkte Anreicherung beobachtet werden.
Abb. 19: Immunhistochemische Färbung eines Hypophysenadenoms mit monoklonalem
Antikörper (Klon 14, BD Bioscience) zur Darstellung der β-Cateninverteilung (braun), (75
fache Vergrößerung).
-- 79 -Im
Gegensatz
dazu
zeigen
46
(94%)
der
49
adamantinösen
Kraniopharyngeome Tumorzellen mit einer starken β-Catenin Färbung im
Kern. Die restlichen drei weisen das gewohnte β-Catenin-Verteilungsmuster
in der Membran und im Zytoplasma mit fehlender Kernanreicherung auf.
Von diesen Proben war allerdings nur wenig Tumormaterial für die
Immunhistochemie vorhanden. Die Verteilung der neoplastischen Zellen mit
β-Catenin-Anreicherung
im
Kern
ist
nicht
homogen.
Mikroskopisch
wechseln sich kleine Zellverbände mit Akkumulationen mit Arealen ohne
Akkumulation
ab.
Auffallend
ist
die
Verteilung
der
Zellen
mit
Kernanreicherung innerhalb der adamantinösen Kraniopharyngeome. Aus
den immunhistochemischen den Abbildungen 20 und 21 wird deutlich, dass
diese vor allem im Zentrum epithelialer Ausstülpungen des Tumors in
Richtung tumorfreiem, gesundem Parenchym oder mesenchymalem
Narbengewebe liegen. Des Weiteren findet man die Kernanreicherungen in
Tumorzellen, die an so genannte „ghost cells“ angrenzen (Abbildung 22).
Abb. 20: Immunhistochemische Färbung eines adamantinösen Kraniopharyngeoms (1)
mit typischen β-Catenin-Akkumulationen (braun), angeordnet in Wirbeln (2).
-- 80 --
Abb. 21: Adamantinöse Kraniopharyngeome mit Kernakkumulationen, typischerweise in
Wirbeln angeordnet oder wie hier gut sichtbar in epithelialen Begrenzungen zu
benachbartem Gewebe; immunhistochemische Färbung mit einem monoklonalen
Antikörper (Klon 14, BD Bioscience).
Abb. 22: Adamantinöses Kraniopharyngeom mit β-Cateninanreicherungen (2)
um „ghost cells“ (1), immunhistochemische Färbung.
-- 81 -Keines der acht papillären Kraniopharyngeome lässt dieses spezielle
Anreicherungsmuster für β-Catenin erkennen. Ihr Färbeverhalten entspricht
dem von gesundem Parenchym bzw. dem der Hypophysenproben. Die
Abbildung 23 zeigt, dass sich vor allem die Zellmembranen und geringfügig
das Zytoplasma der Zellen anfärben.
Abb. 23: Papilläres Kraniopharyngeom mit immunhistochemischer Anfärbung des βCatenins.
4.2
Mit
SSCP-Analyse des Conductin (Axin 2/ Axil) –Gens
Hilfe
der
SSCP-Analyse
konnte
im
Primerabschnitt 1.4
eine
Bandenabweichung in einer Tumorprobe detektiert werden. Es handelt sich
um einen 46-jährigen männlichen Patienten mit einem Glucocorticoid-ZellAdenom. Die aberrante Bande ließ sich sowohl auf dem Gel mit der
Bedingung 12% (1:29) ohne Glycerol, als auch auf dem 14% (1:29) ohne
Glycerol nachweisen. Abbildung 24 stellt eine aberrant laufende Bande dar.
-- 82 --
Abb. 24: Aberrante Bande, detektiert auf Acrylamidgel.
Das
Kontrollkollektiv
zeigte
diese
Bandenabweichung
nicht.
Die
Sequenzierung der aberrant laufenden Probe ergab an Position 822 einen
Austausch der Base Cytosin (C) durch Thymin (T). Dies führt zu einem
Aminosäure-Austausch. Das Triplet, das für Prolin (Cytosin-Cytosin-Adenin,
CCA) kodiert, wird durch das Triplet, das für Serin (Thymin-Cytosin-Adenin,
TCA) kodiert, ersetzt. Die Basenveränderung liegt an einer nicht
degenerierten Position, was bedeutet, dass jede der drei möglichen
Substitutionsarten (Substitution mit Thymin, Guanin oder Adenin) nicht
synonym ist, also in jedem Fall für eine neue Aminosäure kodiert. Prolin ist
eine zyklische Aminosäure. Nach Bildung einer Peptidbindung stellt diese
kein Wasserstoffatom für eine Wasserstoffbrückenbindung zur Verfügung.
Durch den nachgewiesenen Austausch mit Serin, das eine Hydroxygruppe
in einer Seitenkette aufweist, wird die Peptidstruktur verändert. Es entsteht
eine potentielle zusätzliche Phosphorylierungsstelle, durch die Abbau oder
Aktivierungsvorgänge eingeleitet werden können. Dieser Austausch führt
somit zu einer Mutation im Codon 245. Diese Missense-Mutation ist in der
Literatur bereits vorbeschrieben. Die restlichen Hypophysenadenom- und
Kraniopharyngeomproben
enthalten
keine
Veränderungen
im
Primerabschnitt 1.4. Tabelle 17 fasst die Ergebnisse der Sequenzierung
des Shifts im Primerabschnitt 1.4 zusammen. Dargestellt sind das
betroffene Codon, der Basenaustausch, die codierten Aminosäuren sowie
die Patientendaten.
-- 83 -Patientenprobe
Codon
Basenaustausch
Aminosäure
Diagnose
Alter
(Jahre)
1769
245
Cytosin → Thymin
Prolin
Glucocorticoid-
46
→ Serin
Zell-Adenom
Tabelle 17 mit den Sequenzierergebnissen des Primerabschnitts 1.4.
Bei der SSCP-Analyse der Kraniopharyngeome konnten im Primerabschnitt
5.2 in den Patientenproben 2194, 2198, 2405 Bandenabweichungen
gefunden werden. Die aberrant laufenden Banden stellten sich in der
Gelbedingung 14% (1:29) ohne Glycerol dar. Das Kontrollkollektiv und die
Hypophysenadenome zeigten diese verändert laufenden Banden nicht. Die
Sequenzierung der Proben ergab veränderte Basenmuster in Codon 455
(Cytosin-Cytosin-Guanin, CCG ersetzt durch Cytosin-Cytosin-Adenin, CCA)
und in Codon 462 den gleichen Basenaustausch. Hierbei wurde Codon
CCG (Cytosin-Cytosin-Guanin), das mit einer Häufigkeit von 7,0/1000 im
menschlichen Genom auftritt, durch Codon CCA (Cytosin-Cytosin-Adenin)
mit einer Häufigkeit von 16,7/1000 ersetzt (Strachhan, T. und Read A,
2004). Der Austausch erfolgte an vierfach degenerierter Position, was
bedeutet, dass jede Base an dieser Stelle im Triplet mit der vorangehenden
Basenfolge Cytosin-Cytosin-X für die gleiche Aminosäure (Prolin) kodiert.
Dies wird auch synonyme Substitution genannt. Es entspricht einer stillen
(silent) Mutation, das heißt, beide Male führt der Basenaustausch nicht zur
Bildung einer anderen Aminosäure. Auf Grund dessen kommt es zu keiner
Strukturveränderung des Proteins. Die Ergebnisse der Analyse des
Primerabschnitts 5.2 sind in Tabelle 18 zusammengefasst.
Patientenprobe
Codon
Basenaustausch
Aminosäure
Diagnose
Alter
(Jahre)
2194
445
Guanin → Adenin
Prolin
3
462
Guanin → Adenin
Prolin
adamantinöses
Kraniopharyngeom
445
Guanin → Adenin
Prolin
54
462
Guanin → Adenin
Prolin
adamantinöses
Kraniopharyngeom
445
Guanin → Adenin
Prolin
3
462
Guanin → Adenin
Prolin
adamantinöses
Kraniopharyngeom
2198
2405
Tabelle 18 mit Angaben über das betroffene Codon, den Basenaustausch, die Diagnose
und das Alter der Patienten mit Bandenabweichungen im Primerabschnitt 5.2
-- 84 --
Im Primerabschnitt 5.3 wurde eine Bandenabweichung in der Tumorprobe
2121 detektiert. Diese zeigte sich in beiden Gelbedingungen (10% (1:29)
ohne Glycerol und 12% (1:29) ohne Glycerol). In den Proben des
Kontrollkollektivs
und
der
Hypophysenadenome
konnte
die
Bandenabweichung nicht nachgewiesen werden. Die Tumorprobe stammt
von einer 40-jährigen Patientin mit einem papillären Kraniopharyngeom. Die
Sequenzierung der aberrant laufenden Bande ergab im Codon 515
ebenfalls eine stille Mutation. Hierbei konnte ein Austausch der Basen
Cytosin (C) mit Thymin (T) an zweifach degenerierter Position detektiert
werden (siehe Tabelle 19). Eine zweifach degenerierte Position bedeutet,
dass es eine Base gibt (hier Thymin), die bei Ersatz mit der ursprünglichen
Base (Cytosin) weiterhin für die gleiche Aminosäure kodiert. Die restlichen
Basen (hier Adenin und Guanin) würden an dieser Stelle (CAX) für eine
andere Aminosäure kodieren. Das ursprüngliche Triplet CAC (CytosinAdenin-Cytosin) (Codonhäufigkeit: 15,0/1000) und die neue Codonvariante
CAT (Cytosin-Adenin-Thymin) (Codonhäufigkeit: 10,6/1000) kodieren beide
für die Aminosäure Histidin. Somit ergibt sich an dieser Stelle keine
Veränderung im Aminosäureaufbau des Conductins.
Patientenprobe
Codon
Basenaustausch
Aminosäure
Diagnose
Alter
(Jahre)
2121
515
Cytosin → Thymin
Histidin →
papilläres
40
Histidin
Kraniopharyngeom
Tabelle 19 mit den Sequenzierergebnissen des Primerabschnitts 5.3
Im
Primerabschnitt
5.4
zeigten
sich
bei
dreizehn
Patienten
mit
Hypophysenadenomen und bei elf Kraniopharyngeomproben aberrante
Banden. Diese wurden in den Gelbedingungen 14% (1:29) ohne Glycerol
und 14% (1:99) ohne Glycerol nachgewiesen. Deren Laufverhalten auf den
Polyacrylamidgelen
wird
in
Abbildung
25
dargestellt.
Gleiche
Bandenabweichungen wurden im Kontrollkollektiv bei acht gesunden
Probanden gefunden. Die Sequenzierung ergab an Position 21405 einen
-- 85 -intronischen Austausch von Guanin (G) nach Thymin (T). Die gefundenen
Veränderungen der Tumorproben im Primerabschnitt 5.4. und deren
Sequenzierergebnisse, sowie die zugehörigen Patientendaten werden für
die Hypophysenadenome in Tabelle 20 dargestellt. Für die adamantinösen
Kraniopharyngeome werden diese in Tabelle 21 aufgelistet.
Abb. 25: Aberrantes Laufverhalten der Proben des Tumorkollektivs (b,f,i,k,l,m,s) im
Primerabschnitt 5.4. Intronischer Basenaustausch (G → T) detektiert auf Acrylamidgel.
Patientenprobe
Intronische
Position
Basenaustausch
Diagnose
Alter
(Jahre)
1482
21405
Guanin → Thymin
Prolaktinom
19
1485
21405
Guanin → Thymin
Prolaktinom
55
1536
21405
Guanin → Thymin
Prolaktinom
59
1600
21405
Guanin → Thymin
52
1610
21405
Guanin → Thymin
1694
21405
Guanin → Thymin
1714
21405
Guanin → Thymin
1762
21405
Guanin → Thymin
Gonadotropin-ZellAdenom
Gonadotropin-ZellAdenom
Gonadotropin-ZellAdenom
Gonadotropin-ZellAdenom; invasiv;
Rezidiv
Nelson-Tumor
1769
21405
Guanin → Thymin
46
1969
21405
Guanin → Thymin
1975
21405
Guanin → Thymin
Glucocorticoid-ZellAdenom
Gonadotropin-ZellAdenom
Nullzell-Adenom
2003
21405
Guanin → Thymin
GH-Zell-Adenom
31
2022
21405
Guanin → Thymin
Gonadotropin-ZellAdenom
59
44
49
59
36
72
60
Tabelle 20 beinhaltet die Tumorproben der Hypophysenadenome mit intronischem
Basenaustausch an Position 21405. Weiterhin sind die Diagnose und das Alter der
betroffenen Patienten dargestellt.
-- 86 -Patientenprobe
Intronische
Postition
Basenaustausch
Diagnose
Alter
(Jahre)
1259
21405
Guanin → Thymin
adamant Kranioph.
48
1506
21405
Guanin → Thymin
adamant. Kranioph.
50
1617
21405
Guanin → Thymin
adamant. Kranioph.
10
1938
21405
Guanin → Thymin
adamant. Kranioph.
25
1951
21405
Guanin → Thymin
adamant. Kranioph.
37
1989
21405
Guanin → Thymin
26
2082
21405
Guanin → Thymin
adamant. Kranioph,
Rezidiv
adamant. Kranioph.
2184
21405
Guanin → Thymin
8
2186
21405
Guanin → Thymin
14
2405
21405
Guanin → Thymin
adamant. Kranioph.,
progredienter Rest
adamant. Kranioph.,
Rezidiv
adamant. Kranioph.
2553
21405
Guanin → Thymin
adamant. Kranioph.
45
61
3
Tabelle 21 zeigt die betroffenen Tumorproben der Kraniopharyngeome (adamant.
Kranioph = adamantinöses Kraniopharyngeom) mit intronischem Basenaustausch an
Position 21405. Weiterhin sind die Diagnose und das Alter der betroffenen Patienten
dargestellt.
Die SSCP-Gele mit den Bedingungen 12% (1:29) ohne Glycerol und 14%
(1:49) ohne Glycerol zeigten bei drei Hypophysenadenom- und fünf
Kraniopharyngeom-Proben aberrante Banden im Primerabschnitt 6.2. Bei
zwei Proben des Kontrollkollektivs wurden die gleichen Veränderungen
detektiert. An Position 21879 war im Intron ein Austausch von Thymin (T)
durch Adenin (A) nachzuweisen. Hierbei handelt es sich um einen
Polymorphismus. Das bedeutet, dass der Basenaustausch häufiger in der
Population vorkommt und keinen Funktionsverlust des Conductins zur
Folge
hat.
Die
Tabellen
22
und
23
enthalten
die
betroffenen
Patientenproben mit Basenaustausch.
Patientenprobe
Intronische
Position
Basenaustausch
Diagnose
Alter
(Jahre)
1610
21879
Thymin → Adenin
44
1884
21879
Thymin → Adenin
GonadotropinZell-Adenom
GH-Zell-Adenom
1906
21879
Thymin → Adenin
Nullzell-Adenom;
Rezidiv
69
Tabelle 22 stellt den Basenaustausch, die Diagnose und das Alter der betroffenen
Hypophysenadenom-Patienten mit Aberrationen im Intron dar.
65
-- 87 --
Patienten-
Intronische
Basenaustausch
probe
Position
1595
21879
Thymin → Adenin
2013
21879
Thymin → Adenin
2081
21879
Thymin → Adenin
2083
21879
Thymin → Adenin
2187
21879
Thymin → Adenin
Diagnose
Alter
(Jahre)
adamantinöses
Kraniopharyngeom
papilläres
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
50
33
27
77
42
Tabelle 23 stellt die Diagnose und das Alter der Kraniopharyngeom-Patienten mit
Bandenabweichungen im Intron dar.
In
der
SSCP-Analyse
des
Primerabschnitts 7.1
konnten
in
zwei
adamantinösen Kraniopharyngeomen und in vier Hypophysenadenomen
Bandenabweichungen gefunden werden. Sie ließen sich sowohl auf 14%
(1:49) mit Glycerol als auch 10% (1:29) mit Glycerol nachweisen. Im
Kontrollkollektiv wurde ein Patient mit gleicher aberrant laufender Bande
gefunden. Die Sequenzierung zeigt einen Basenaustausch an Position
22082, in dem Adenin (A) durch Guanin (G) ersetzt ist. Außerdem befindet
sich an Position 22061 ein weiterer Basenaustausch: Cytosin (C) anstelle
der Base Guanin (G). Beide Abweichungen befanden sich im Intron. Es
handelt sich hierbei um einen Polymorphismus. Tabelle 24 listet die
Ergebnisse der veränderten Hypophysenproben für den Abschnitt 7.1 auf.
In
Tabelle
25
werden
die
gefundenen
Basenveränderungen
der
Kraniopharyngeome im Primerabschnitt 7.1 dargestellt. Des Weiteren kann
beiden Tabellen das Alter der betroffenen Patienten und die Diagnose
entnommen werden.
Patientenprobe
Intronische
Position
Basenaustausch
Diagnose
Alter
(Jahre)
1372
22061
Guanin → Cytosin
57
22082
Adenin → Guanin
GH-Zell-Adenom;
invasiv
22150
Thymin → Guanin
22061
Guanin → Cytosin
Nelson-Tumor
57
22082
Adenin → Guanin
1426
-- 88 -Patientenprobe
Intronische
Position
Basenaustausch
Diagnose
Alter
(Jahre)
1794
22061
Guanin → Cytosin
Nullzell-Adenom
67
22082
Adenin → Guanin
22150
Thymin → Guanin
22061
Guanin → Cytosin
GH-Zell-Adenom
31
22082
Adenin → Guanin
2003
Tabelle 24 mit Angaben über Basenaustausch im Intron der Hypophysenadenome und das
Alter der Patienten für den Primerabschnitt 7.1
Patientenprobe
Intronische
Position
Basenaustausch
Diagnose
Alter
(Jahre)
1765
22061
Guanin → Cytosin
3
22082
Adenin → Guanin
adamantinöses
Kraniopharyngeom
22061
Guanin → Cytosin
14
22082
Adenin → Guanin
adamantinöses
Kraniopharyngeom
2181
Tabelle 25 zeigt die Diagnose und das Alter der Kraniopharyngeom-Patienten mit
Bandenabweichungen in den Introns an Position 22061 und 22082.
Die
Analyse
des
Primers
7.3
zeigt
bei
sechs
adamantinösen
Kraniopharyngeom-Proben und bei zwei Kontrollproben Bandenshifts in der
Gelbedingung 14% (1:49) mit Glycerol. Diese Shifts konnten nicht für
Hypophysenadenome nachgewiesen werden. Die sequenzierten Banden
des
Primerabschnitts
7.3
ergaben
im
Codon
688
folgende
Tripletveränderungen: Cytosin-Thymin-Guanin (CTG) (Codonhäufigkeit:
40,1/1000)
wird
ersetzt
durch
Thymin-Thymin-Guanin
(TTG)
(Codonhäufigkeit: 12,7/1000). Die Transition der Basen erfolgt an zweifach
degenerierter Position. Es wird weiterhin für die Aminosäure Leucin kodiert.
Der Austausch von Cytosin (C) nach Thymin (T) verändert nicht die
Proteinstruktur des Conductins. Der Basenersatz stellt eine stille Mutation
ohne Auswirkung auf die Proteinstruktur dar. Gleiches gilt für die beiden
Kontrollproben, in denen ein entsprechender Basenaustausch gefunden
wurde. Die Tabelle 26 beinhaltet die einzelnen Tumorproben mit
-- 89 -Basenaustausch und gibt Information über die Diagnose und das Alter der
betroffenen Patienten.
Patientenprobe
Codon
Basenaustausch
Aminosäure
Diagnose
Alter
(Jahre)
1595
688
Cytosin → Thymin
688
Cytosin → Thymin
2082
688
Cytosin → Thymin
2085
688
Cytosin → Thymin
2188
688
Cytosin → Thymin
2553
688
Cytosin → Thymin
adamantinöses
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
adamantinöses
Kraniopharyngeom
50
2074
Leucin
→Leucin
Leucin
→Leucin
Leucin
→Leucin
Leucin
→Leucin
Leucin
→Leucin
Leucin
→Leucin
33
61
42
58
45
Tabelle 26 beinhaltet die Diagnose und das Alter der betroffenen Patienten mit
Aberrationen im Codon 688 des Primerabschnitts 7.3.
Die
folgende
Tabelle
27
fasst
den
Anteil
der
detektierten
Nukleotidveränderungen unterteilt nach DNA-Abschnitt zusammen. Des
Weiteren erfolgt eine Aufschlüsselung, wie viele Patienten aus dem
Kollektiv der Hypophysenadenome und der Kraniopharyngeome betroffen
sind. Außerdem wird die Häufigkeit der Veränderungen im Kontrollkollektiv
dargestellt.
Primerabschnitt
Hypophysenadenome
Kraniopharyngeome
Kontrollen
(absolut/ Prozent)
(absolut/ Prozent)
(absolut/ Prozent)
1.4
1
1,7%
-
-
-
-
5.2
-
-
3
7%
-
-
5.3
-
-
1
2,3%
-
-
5.4
13
22%
11
25,6%
8
16%
6.2
3
5,1%
5
11,6%
-
-
7.1
4
6,8%
2
4,7%
1
2%
7.3
-
-
6
14%
2
4%
Tabelle 27: Anzahl der Patientenproben (relativ und absolut) mit Nukleotidveränderungen
unterteilt in spezifische Primerabschnitte
-- 90 --
Die Abbildung 26 verdeutlicht mittels Balkendiagramm die relative
Verteilung der gefundenen Nukleotidveränderungen für die jeweiligen
Exone
(unterteilt
in
Primerabschnitte).
Die
Einteilung
erfolgt
in
% Nukleotidabweichungen im
Conductin
Hypophysenadenome (HA) und Kraniopharyngeome (CP).
30
Primer 1.4
Primer 5.2
Primer 5.3
20
Primer
Primer
Primer
Primer
5.4
6.2
7.1
7.3
10
0
HA
CP
Ktr.
Abb. 26: Relative Verteilung der Nukleotidveränderungen des Conductins. Unterteilt in die
einzelnen Primerabschnitte und Tumorentitäten. HA = Hypophsenadenome, CP = Kraniopharyngeome, Ktr. = Kontrollkollektiv
Nachfolgend
sind
die
relativen
Verteilungen
der
detektierten
Nukleotidveränderungen von Conductin nochmals graphisch dargestellt
(Abbildung 27). Die Veränderungen der einzelnen Primer wurden für die
entsprechenden
Exone
addiert
Kraniopharyngeome unterteilt.
und
in
Hypophysenadenome
und
% Nukleotidabweichungen im
Conductin
-- 91 --
30
Exon 1
Exon 5
Exon 6
Exon 7
20
10
0
HA
CP
Ktr.
Abb. 27: Relative Verteilung der Nukleotidveränderungen des Conductins. Unterteilt in die
einzelnen Exone und Tumorentitäten. HA = Hypophsenadenome, CP = Kraniopharyngeome, Ktr. = Kontrollkollektiv
Die folgende Tabelle 28 beinhaltet, welche Art von Hypophysenadenom
bzw. Kraniopharyngeom in wievielen Tumorproben Basenveränderungen
aufweist.
Die
genetischen
Alterationen
sind
in
die
jeweiligen
Primerabschnitte unterteilt aufgeführt. Außerdem werden sowohl der
absolute als auch der relative Anteil an Patientenproben mit Veränderungen
für die jeweiligen Gruppen aufgelistet.
Primer
Hypophysenadenome
Kraniopharyngeome
1.4
Glucocorticoid-ZellAdenom
1/8
12,5%
-
-
-
5.2
-
-
-
adamantinöses
Kraniopharyngeom
3/36
8,3%
5.3
-
-
-
papilläres
Kraniopharyngeom
1/6
16,7%
5.4
Prolaktinom
3/10
30%
11/36
30,6%
Gonadotropin-Zell-
6/11
54,5%
adamantinöses
Kraniopharyngeom
Nelson-Tumor
1/3
33,3%
Glucocorticoid-Zell-
1/8
12,5%
Nullzell-Adenom
1/15
6,7%
GH-Zell-Adenom
1/10
10%
Adenom
Adenom
-- 92 -Primer
Hypophysenadenome
Gonadotropin-Zell-
6.2
Kraniopharyngeome
1/11
9,1%
GH-Zell-Adenom
1/10
10%
Nullzell-Adenom
1/15
6,7%
GH-Zell-Adenom
2/10
20%
Nelson-Tumor
1/3
33,3%
Nullzell-Adenom
1/15
6,7%
-
-
-
adamantinöses
Kraniopharyngeom
Adenom
7.1
7.3
4/36
11,1%
1/6
16,7%
adamantinöses
Kraniopharyngeom
2/36
5,6%
adamantinöses
Kraniopharyngeom
6/36
16,7%
papilläres
Kraniopharyngeom
Tabelle 28: Nukleotidabweichungen geordnet nach Primerabschnitt und Tumorentität.
Die folgende Abbildung 28 zeigt die Häufigkeitsverteilung der intronischen
Basenabweichungen
bezogen
auf
die
jeweiligen
Primer
(in
unterschiedlichen grauen Abstufungen darstellt) und nach Tumorentität
sortiert (mit Buchstaben versehen).
% intronische
Basenabweichungen
60
*
Primer 5.4
Primer 6.2
Primer 7.1
50
40
*
30
20
10
0
a
b
c
d
e
hhh
f
g
h
Ktr.
Abb. 28: a = Prolaktinome, b = Gonadotropin-Zell-Adenome, c = Nelson-Tumore, d =
ACTH-Zell-Adenome, e = Null-Zell-Adenome, f = GH-Zell-Adenome, g = adamantinöse
Kraniopharyngeome, h = papilläre Kraniopharyngeome, Ktr. = Kontrollkollektiv; * p < 0,05
Die statistische Auswertung mit Hilfe des Mann-Whitney-Wilcoxon Tests (UTest) erbringt folgende Ergebnisse: Die Kraniopharyngeome unterscheiden
sich
signifikant
von
den
Kontrollen
hinsichtlich
aller
detektierten
-- 93 -Basenveränderungen (z = 3,765; p < 0,05). Die Hypophysenadenome
weisen keine asymptotische Signifikanz auf (z = 1,291; p > 0,05). Ebenso
erfolgt die Berechnung der asymptotischen Signifikanz bezüglich der
Basenveränderungen im Primerabschnitt 5.4 und 7.3. Die detektierten
Veränderungen des Abschnitts 5.4 sind signifikant für adamantinöse
Kraniopharyngeome (z = 2,04; p < 0,05), nicht jedoch für die
Hypophysenadenome (z = 1,24; p > 0,05). Jedoch berechnet sich ein
signifikanter
Unterschied
Hypophysenadenome
für
verglichen
Gonadotropin
mit
dem
produzierende
Auftreten
von
Basenveränderungen im Kontrollkollektiv (z = 3,136; p < 0,05). Des
Weiteren erweisen sich die Basenveränderungen der adamantinösen
Kraniopharyngeome im Abschnitt 7.3 signifikant unterschiedlich zu den im
Kontrollkollektiv detektierten Veränderungen (z = 2,276; p < 0,05).
-- 94 --
5 Diskussion
Wnts sind sezernierte Glykoproteine, die bei Säugern grundlegenden
Einfluss auf die Entwicklung und Differenzierung von Organen und
Geweben nehmen (Cadigan und Nusse 1997). Ob die Wnts bei der
Entstehung von Tumoren des Menschen eine kausale Rolle spielen ist noch
nicht endgültig eruiert. Gesichert ist jedoch, dass durch die Bindung der
Wnts an 7-Transmembran-Rezeptoren intrazelluläre Komponenten aktiviert
werden, die unter anderem an der Tumorgenese beteiligt sind (Morin 1999;
Polakis 2000; Peifer & Polakis 2000; Giles et al. 2003). In Tumorzellen
werden wiederholt β-Catenin-Anreicherungen und Komplexe aus β-Catenin
und TCFs gefunden (Herter 1999). Diese vorhandenen Komplexe aktivieren
die Transkription der Zielgene.
Zunächst konnte der Tumorsuppressor APC identifiziert werden und
dessen
Rolle bei der Regulation
von β-Catenin
in sporadischen
Kolontumoren und bei der FAP (= Familiäre adenomatöse Polyposis)
dargestellt werden. Die FAP ist eine hereditäre Erkrankung des Dickdarmes
mit Ausbildung zahlreicher Darmpolypen, die in nahezu 100% der Fälle
entarten. Es wurde gezeigt, dass die Inaktivierung von APC zu erhöhten
Spiegeln von β-Catenin führt. APC agiert als klassischer Tumorsuppressor,
indem
es
zusammen
mit
GSK3β,
Axin
und
Conductin
einen
„Zerstörungskomplex“ bildet, der β-Catenin abbaut. Vierliert APC seine
Funktion durch Mutationen im APC-Gen führt dies zu Anreicherungen des β
-Catenins im Zytoplasma. Welche Rolle APC bei der Degradierung des βCatenins spielt konnte erstmals durch Studien an Kolonkarzinomen belegt
werden (Polakis, 1997). Die Interaktion von APC und Conductin scheint
durch die SAMP-Repeats (= wiederholte Proteinsequenz aus Ser-Ala-MetPro) im zentralen Bereich des APC-Gens codiert zu sein (Behrens, 1998).
Durch Mutationen in diesen Repeats kann das Protein meist noch an βCatenin binden, jedoch keine Interaktion mit Conductin oder Axin eingehen.
Der größte Teil der Mutationen des APCs in Tumoren befindet sich in
diesem Bereich (Smits et al., 1999). In Kolonkarzinomen, die keine
-- 95 -Mutationen des APCs aufweisen, konnten genetische Alterationen des βCatenins gefunden werden. Diese scheinen β-Catenin zu stabilisieren und
somit dessen Degradierung durch den Zerstörungskomplex zu verhindern
(Morin et al., 1997). Für die β-Catenin vermittelte Transkription in Tumoren
gibt es somit zwei alternative Möglichkeiten: Zum einen durch Mutationen
die β-Catenin stabilisieren, zum anderen durch genetische Alterationen, die
APC inaktivieren. Mutationen an weiteren Interaktionspartnern, die die βCatenin-Spiegel im Zytosol kontrollieren bzw. dessen Abbau steuern, wie
Axin, Conductin, GSK3β, sind ebenfalls möglich. Diese können, wie auch
genetische Alterationen von Komponenten die den LEF-1/TCF- β-Catenin
Komplex regulieren, zur Aktivierung der Transkription im Zellkern führen.
Weiterhin scheint die Interaktion von APC und Conductin maßgeblich für die
Degradierung des β-Catenins zu sein. Verändertes Conductin, das keine
RGS Domäne besitzt, kann keine Bindung mit APC eingehen. Behrens und
Kollegen konnten jedoch zeigen, dass diese Conductin-Mutante in
Kolonkarzinom-Zelllinien die β-Catenin-Spiegel kontrollieren kann. In
vorhergehenden Studien an dem dieser Arbeit zugrundeliegendem
Tumorkollektiv aus Patientenproben von Hypophysenadenomen und
Kraniopharyngeomen konnten keine Mutationen des APCs nachgewiesen
werden. Folglich wurde eine Analyse des β-Catenins angeschlossen und es
konnte in 77% der adamantinösen Kraniopharyngeome eine veränderte
Basensequenz detektiert werden (Buslei et al., 2005).
5.1 Nukleäre Akkumulation von β-Catenin in adamantinösen Kraniopharyngeomen
In Tumoren der Sellaregion konnten in unterschiedlichen Studien wiederholt
Anreicherungen von β-Catenin immunhistochemisch nachgewiesen werden.
Dieser Nachweis gelang vor allem bei adamantinösen Kraniopharyngeomen
(Kato K et al., 2004; Cao et al., 2010). Eine Arbeit von Semba und Kollegen
weist β-Catenin Anreicherungen auch in Hypophysenadenomen nach
-- 96 -(Semba et al., 2001). Außerdem konnten durch genetische Analysen der
adamantinösen Kraniopharyngeome Mutationen im β-Catenin detektiert
werden (Polakis, 2000; Sekine et al., 2002).
In der vorliegenden Arbeit wurde eine immunhistologische Untersuchung an
59 Hypophysenadenomen und 57 Kraniopharyngeomen (49 adamantinöse
Kraniopharyngeome und 8 papilläre Kraniopharyngeome) durchgeführt. Zur
Darstellung des β-Catenins wurde ein monoklonaler Antikörper sowohl für
die Tumorproben als auch für gesundes Kontrollgewebe verwendet. In 94%
(46
Tumorproben)
der
adamantinösen
Kraniopharyngeome
konnten
immunhistochemisch β-Catenin-Anreicherungen nachgewiesen werden.
Akkumulationen wurden im Zellkern und interessanterweise in Zellgruppen
der fingerförmigen tumorösen Ausstülpungen, die in Richtung des
gesunden Gerhirngewebes wachsen, dargestellt. Diese Beobachtungen
entsprechen neueren Studien, die eine Beteiligung der erhöhten β-CateninSpiegel an einer gesteigerten Tumormigration und erhöhter Invasivität
postulieren. Das wurde für adamantinöse Kraniopharyngeome beschrieben
(Hölsken et al., 2010) und ist bereits für Kolonkarzinome belegt worden
(Vignjevic et al., 2007). Immunhistochemisch wurden in der vorliegenden
Arbeit
nur
bei
Anreicherungen
50%
der
gefunden,
Hypophysenadenome
jedoch
keine
zytoplasmatische
Kernakkumulationen.
Die
Untersuchungen von Tziortzioti et al. 2001 an 154 Hypophysentumoren
(davon 148 Hypophysenadenomen und 6 Hypophysenkarzinomen) konnten
ebenfalls keine Anreicherungen von β-Catenin im Zellkern nachweisen, das
entspricht
den
Ergebnissen
dieser
Arbeit.
Hingegen
kommt
die
Arbeitsgruppe Semba zu einem konträren Ergebnis. Diese konnte βCatenin-Anreicherungen im Kern der Tumoren in 57% der Proben
nachweisen und hält hierfür β-Catenin Mutationen im Exon 3 als ursächlich
(Semba et al., 2001), dies konnte jedoch nicht bestätigt werden. Die
genetischen Alterationen des β-Catenins wurden in nur 11% der Proben
detektiert. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Arbeitsgruppe von Sun und
Kollegen. Es konnten in 21 von 37 (57%) der Hypophysenadenomproben
Kernakkumulationen nachgewiesen werden, jedoch nur 4 der 21 Proben mit
Anreicherungen (19%) enthielten auch Mutationen im β-Catenin (Sun et al.,
2005).
Die
Diskrepanz
bezüglich
der
Kernakkumulationen
in
-- 97 -Hypophysenadenom-Proben in den Studien von Semba und Sun und dem
in dieser Arbeit untersuchten Kollektiv, kann durch die Verwendung anderer
monoklonaler Antikörper oder durch die unterschiedliche ethnische
Abstammung der Patienten bedingt sein. So wurde in der hier vorliegenden
Arbeit ein Kollektiv mitteleuropäischer Patienten untersucht, während in den
Studien von Semba, sowie Sun und Kollegen, Hypophysenadenom-Proben
asiatischer Patienten zugrunde lagen.
Drei
der
49
adamantinösen
Kraniopharyngeome
lassen
nach
immunhistochemischer Färbung ein physiologisches Verteilungsmuster von
β-Catenin mit Anreicherungen in der Zellmembran und geringer Färbung
des Zytoplasmas erkennen. Möglicherweise ist dies durch die geringe
Menge an gefärbtem Gewebe bedingt, denn bei diesen drei Proben stand
nur
wenig
Tumorresektat
zur
Verfügung.
Untersuchungen
an
repräsentativen Proben könnten eventuell auch in diesen drei Tumoren
Kernanreicherungen
nachweisen.
Die
acht
untersuchten
papillären
Kraniopharyngeome zeigen ebenfalls das physiologische Verteilungsmuster
von β-Catenin.
Das unterschiedliche immunhistochemische Färbeverhalten kann zur
histologischen Differenzierung der beiden Kraniopharyngeom-Subtypen
herangezogen werden (Takei und Powell 2010). Klinisch ist die eindeutige
Unterscheidung von papillärem und adamantinösem Kraniopharyngeom
von
Bedeutung.
Das
adamantinöse
Kraniopharyngeom
zeigt
ein
infiltrierendes Wachstum und vor allem eine höhere Rezidivneigung, das
konnte durch eine klinische Studie belegt werden (Buslei et al. 2005). Somit
ist die genaue Differenzierung der Tumorentität hilfreich für die Planung
einer adjuvanten Therapie. Des Weiteren ist das spezifische Färbeverhalten
für die histologische Typisierung und Differenzierung von anderen sellären
Raumforderungen nützlich: Rathke-Taschen-Zysten mit plattenepithelialer
Metaplasie
sind
teilweise
schwer
von
Kraniopharyngeomen
zu
unterscheiden (Hofmann et al., 2006).
Auch die vorliegende Arbeit stützt mit ihrem Ergebnis die Theorie, dass der
Genese
adamantinöser
Kraniopharyngeome
möglicherweise
eine
Aktivierung des Wnt-Signalwegs zugrunde liegt. Das Verteilungsmuster von
β-Catenin erinnert an das im odontogenen Epithel, das sich ebenfalls aus
-- 98 -der Rathke-Tasche ableitet. Es gilt als gesichert, dass der Wnt-Signalweg
eine grundlegende Funktion in der Genese von Zähnen und Haarfollikeln
hat. So scheinen adamantinöse Kraniopharyngeome oder kalzifizierende
odontogene Zysten durch ein aktivierendes Wnt-Signal und der folgenden
β-Catenin-Anreicherungen zu stande zu kommen. Bereits 2003 konnten
Sekine
und
Kollegen
Kernanreicherungen
in
odontogenen
Zysten
nachweisen, was diese Theorie ebenfalls bekräftigt (Sekine et al., 2003).
Außerdem zeigen die Ergebnisse dieser Studien deutlich, dass die Genese
beider Kraniopharyngeomentitäten unterschiedlich ist.
Studien der Arbeitsgruppe Kirchner an Adenokarzinomen des Colons
zeigten Zellen mit β-Catenin-Anreicherungen im Kern. Des Weiteren
postulierte die Arbeitsgruppe, dass die spezifischen Verteilungsmuster der
Anreicherungen
nicht
zufällig
erscheinen,
sondern
Analogien
zur
Gastrulation aufweisen (Brabletz T und Kirchner T 2003). β-Catenin wäre
somit verantwortlich, dass diese Zellen Gewebedifferenzierungen vollziehen
wie mehrzellige Organismen in frühen embryologischen Stadien (Kirchner
et al., 2000).
Odontogene Zysten und adamantinöse Kraniopharyngeome zeigen nach
immunhistochemischer
Färbung
ebenfalls
vergleichbare
spezifische
Anreicherungsmuster (Kato et al., 2004; Sekine et al., 2003). Diese wurden
auch in der vorliegenden Studie an adamantinösen Kraniopharyngeomen
nachgewiesen.
β-Catenin-Anreicherungen
findet
man
vor
allem
in
Transitionalzellen um „ghost-cells“, sowie in Zellnestern um wirbelartige
Areale. Kato vergleicht diese spezifischen Muster mit einer Morula, einem
Stadium der frühen Embryogenese. Hierbei handelt es sich um einen
kulgeligen Zellhaufen, der aus der Zygote nach der ersten Teilung
hervorgeht. Durch diese Ergebnisse kann man vermuten, dass das
aktivierte Wnt-Signal nicht nur für die Prolifertion von Zellen verantwortlich
ist, sondern auch zur Wiederholung der embryologisch vorgegebenen
Musterbildung und Gewebedifferenzierung dieser Zellen beiträgt (Kirchner
et al., 2000; Brabletz und Kirchner 2003, T.Kato et al., 2004, Nakatani et al.,
2002).
-- 99 --
5.2 Mutationsanalysen von Conductin in Hypophysenadenomen und Kraniopharyngeomen
In Tumoren mit β-Catenin-Anreicherungen im Zellkern wird eine erhöhte
transkriptionale Aktivität vermutet. Das konnte in vitro an mutiertem βCatenin (auch mit Mutationen im Exon 3) nachgewiesen werden (Morin et
al., 1997). Wahrscheinlich trägt diese auch in vivo zur Tumorprogression
bei, indem eine gesteigerte Transkription von Onkogenen vermittelt wird. In
Vorarbeiten zur vorliegenden Untersuchung wurde in der Arbeitsgruppe
Buslei β-Catenin auf Mutationen untersucht. Es zeigten sich vor allem im
Exon 3 des Gens in 80% der adamantinösen Kraniopharyngeomproben
aberrante Laufmuster in der SSCP-Analyse. Das Exon 3 des β-Catenins
codiert für eine Phosphorylierungsstelle im Protein. An dieser setzt GSK3β
an. Die Sequenzierung zeigte in den Codons 32, 33, 37, 41 und 45
veränderte Basenabfolgen. Dadurch liegen im β-Catenin die für die
Phosphorylierung wichtigen Aminosäuren Serin und Threonin verändert vor
und somit wird der Abbau des Proteins durch GSK3β unter Umständen
verhindert. Die Studie von Sekine et al. an 16 Kraniopharyngeomen
detektierte in allen 10 adamantinösen Kraniopharyngeomen β-Catenin
Mutationen. Kato et al. konnten in ihrer Arbeit mit 14 Tumorresektaten von
adamantinösen
Kraniopharyngeomen
bei
13
immunhistochemisch
Anreicherungen nachweisen, jedoch wurden nur in 9 der Proben genetische
Veränderungen des β-Catenins gefunden. Diese Studien verwendeten nur
kleine Kollektive und sind folglich nicht sehr aussagekräftig. Das in der
vorliegenden Arbeit verwendete Kollektiv kann trotz der Seltenheit der
Kraniopharyngeome auf eine große Anzahl an Proben (n=43) zurückgreifen.
In
den
Mutationsanalysen
wurden
bei
20%
der
adamantinösen
Kraniopharyngeome mit Kernanreicherungen keine Mutationen des βCatenins nachgewiesen. Theoretisch könnten weitere Liganden des
Signalwegs, die den Abbau von β-Catenin vermitteln, genetisch alteriert
und für diese Diskrepanz verantwortlich sein. β-Catenin könnte folglich im
Zytoplasma
Malignomen,
akkumulieren
wie
zum
und
Beispiel
in
den
Zellkern
Kolonkarzinomen,
translozieren.
In
hepatozellulären
Karzinomen und Ovarialkarzinomen, konnten genetische Veränderungen
-- 100 -von Interaktionspartnern detektiert werden: Hier wurden APC, Conductin
und Axin in unterschiedlicher Häufigkeit als mutiert vorgefunden (Giles et
al., 2003). Die Arbeitsgruppe Buslei et al. des Neuropathologischen Instituts
Erlangen hat bei Vorarbeiten in dem Kollektiv aus 43 Kraniopharyngeomen
keine Mutationen des APCs nachgewiesen (Buslei et al., 2005). In der
vorliegenden
Studie
wurde
Conductin,
ein
Tumorsuppressor-Gen,
untersucht. Conductin ist ein wichtiger Baustein, der mit APC, GSK3β und
Axin interagiert. Der Zerstörungskomplex aus allen vier Komponenten
vermittelt die N-terminale Phosphorylierung des β-Catenins durch GSK3β.
Anschließend wird das so markierte β-Catenin in den Proteasomen
abgebaut. Inaktivierende Mutationen des Conductins konnten bereits in
kolorektalen Karzinomen, hepatozellulären Karzinomen, Hepatoblastomen
und endometrioiden Ovarialkarzinomen gefunden werden (Liu et al., 2000;
Taniguchi et al., 2002; Koch et al., 2004; Wu et al., 2001). Die vorliegende
Arbeit untersuchte, anhand der DNA von 59 Hypophysenadenomen und 43
Kraniopharyngeomen, Mutationen des Conductins. Zunächst wurde die
DNA mit Hilfe der PCR amplifiziert und anschließend, mittels SSCPVerfahrens, ein Mutationsscreening durchgeführt. Dadurch konnten neun
veränderte Basenabfolgen im Gen detektiert werden. Eine bereits in der
Literatur beschriebene Mutation im Exon 1 von Conductin wurde gefunden.
Hierbei handelt es sich um die Tumorprobe eines Patienten mit ACTHproduzierendem Hypophysenadenom. Die Veränderung beruht auf dem
molekularen Austausch von Cytosin mit Thymin. Dem liegt eine Transition
(= Austausch einer Pyrimidinbase durch eine andere Pyrimidinbase)
zugrunde. Vor allem die Transition C → T ist im Genom häufig. Ursache
hierfür ist das instabile Dinucleotid CpG, das häufig methyliert wird und
dessen Produkt 5-Methylcytosin weiter desaminiert und somit in die
Pyrimidinbase Thymidin transferiert wird. Diese Mutation ist eine MissenseMutation und stellt eine sogenannte nicht konservative Substitution dar. Das
bedeutet, dass eine Aminosäure, in diesem Fall Prolin, durch eine andere,
hier Serin, mit unterschiedlicher Seitenkette ersetzt wird. Dadurch wird die
Peptidstruktur
verändert
Phosphorylierungsstelle.
und
es
entsteht
Phosphorylierungen
können
eine
potentielle
Abbauvorgänge
initiieren. So kann unter Umständen die durch Conductin vermittelte
-- 101 -negative Feedbackwirkung auf den Wnt-Signalweg verloren gehen und eine
gesteigerte
Transkription
Beobachtungen
zeigen,
durch
TCF/LEF
die
Folge
dass
Phosphorylierungen
sein.
durch
Andere
GSK3β
stabilisierende Effekte auf APC, Axin und Conductin haben. Grund dafür
scheint die gesteigerte Affinität für β-Catenin zu sein. In diesem Falle würde
Conductin seine Funktion nicht verlieren (Rubinfeld et al., 1996; Hart et al.,
1998; Jho et al., 1999; Yamamoto et al., 1999; Ikeda et al., 2000). Da die
Mutation
nur
in
einem
ACTH-produzierenden
Hypophysenadenom
detektiert worden ist, wäre es möglich, dass diese Mutation im Conductin
eine Rolle in der Pathogenese von ACTH-produzierenden Tumoren spielt.
Das Kollektiv beinhaltet jedoch nur sieben weitere Glucocorticoid-ZellAdenome. Diese These müsste durch Untersuchungen an größeren
Kollektiven mit ACTH-produzierenden Adenomen verifiziert werden.
Die Studien von Koch et al. an Medulloblastomen und Hepatoblastomen
konnten Mutationen im Conductin nachweisen (Koch et al., 2004; Koch et
al.,
2007).
Medulloblastome
und
Hepatoblastome
sind embryonale
Tumoren. Kraniopharyngeome sind Tumoren die häufig im Kindesalter
auftreten und wahrscheinlich aus embryonalen Resten der Rathke-Tasche
enstehen. Daraus könnte gefolgert werden, dass bei dieser Tumorentität
ebenfalls Mutationen im Conductin vorliegen. Die Ergebnisse der
vorliegenden Arbeit konnten dies nicht bestätigen. Die detektierten
exonischen Veränderungen in den Kraniopharyngeomen stellen keine
Mutation dar. In den Primerabschnitten 5.2, 5.3 und 7.3 wurden veränderte
Basenabfolgen gefunden, die allesamt nicht für eine neue Aminosäure
kodieren. Der Nukleotidersatz im Primer 7.3 tritt sowohl im Tumor- als auch
im Kontrollkollektiv auf. Dieser erweist sich in der Häufigkeit seines
Auftretens
in
adamantinösen
Kraniopharyngeomen
als
signifikant
unterschiedlich verglichen mit den Kontrollproben (z = 2,276; p < 0,05). Der
Basenaustausch
des
Primers
5.2
ist
nur
in
adamantinösen
Kraniopharyngeomen vorhanden, der Austausch im Abschnitt 5.3 kann nur
in
einem
papillären Kraniopharyngeom nachgewiesen
werden. Die
detektierten Veränderungen nehmen wahrscheinlich keinen Einfluss auf die
Struktur des Conductins und sollten somit auch dessen Funktion als
-- 102 -Tumorsuppressor nicht beeinflussen. Als Polymorphismen sind sie zum Teil
auch in den Kontrollproben nachweisbar.
In
den
Primerabschnitten
5.4,
6.2
und
7.1
konnten
intronische
Veränderungen nachgewiesen werden. Auffallend ist die Häufung der
Veränderungen in 5.4. Hier konnte in 22% der Hypophysenadenome und
26%
der
adamantinösen
Kraniopharyngeome
ein
Basenaustausch
detektiert werden. Das Kontrollkollektiv zeigte in 16% der Proben die
gleichen Veränderungen. Mit Hilfe des Mann-Whitney-Wilcoxon Test (UTest) wurde ein signifikanter Unterschied zwischen der Verteilung der
veränderten Basenabfolge in den Kontrollen und den adamantinösen
Kraniopharyngeomen errechnet (z = 2,04; p < 0,05). Hingegen waren die
Unterschiede in der Gruppe der Hypophysenadenome nicht signifikant (z =
1,24; p > 0,05).
Die intronischen Veränderungen des Abschnitts 5.4 zeigten sich vor allem
in sechs von elf Gonadotropin-produzierenden Adenomen. Das entspricht
54,5% in dieser Subgruppe und wurde mit Hilfe des Mann-WhitneyWilcoxon Tests als signifikant unterschiedlich im Vergleich zu der
Kontrollgruppe errechnet (z = 3,136; p < 0,05). Die Basenveränderungen in
den restlichen Primerabschnitten lagen in geringeren Prozentsätzen vor (512%), jedoch konnten sie, verglichen mit den Kontrollproben (2-4%),
ebenso verstärkt im Tumorkollektiv nachgewiesen werden. Inwieweit durch
die intronischen Veränderungen die Transkription von Conductin beinflusst
wird, war nicht Gegenstand dieser Arbeit. Studien an Patienten mit HNPCC
und Brustkrebs zeigten ebenfalls intronische Veränderungen. Diese wurden
in MLH1, einem mismatch repair – Gen gefunden und sind vermutlich
ursächlich für das Fehlen von MLH1 in diesen Tumorzellen (Bianchi et al.,
2010). Die Bedeutung des intronischen Bereichs liegt in der Regulation der
Spleiß-Vorgänge. Eine veränderte Basenabfolge kann splicing sites
unterbrechen oder neue kodieren und zur Herstellung veränderter mRNA
führen. Folglich können der RNA ganze Exone fehlen, oder weiterhin
intronische Abschnitte vorhanden sein, die im Normalgewebe bei
Spleißvorgängen
Translation
komplett
neuer
entfernt
werden.
Aminosäureabfolgen
Daraus
und
resultieren
gegebenenfalls
die
die
Synthetisierung von inaktivem Conductin. Vor allem unveränderliche
-- 103 -Dinukleotide in der konservierten Basensequenz, wie GT und AG, scheinen
für die korrekt ablaufende Spleißreaktion von Bedeutung zu sein (Strachan,
und Read, 2004).
Die
vorliegende
Arbeit
kann
die
Diskrepanz
zwischen
β-Catenin-
Anreicherungen im Kern der adamantinösen Kraniopharyngeome und
nachgewiesenen
β-Catenin-Mutationen
nicht
erklären.
Conductin-
Mutationen können nicht für Anreicherungen des β-Catenins in diesen
Tumorproben verantwortlich sein. Inwieweit aber gestörte Spleißvorgänge
in diesem Kollektiv durch intronische Basenveränderungen hervorgerufen
werden, bleibt zu ermitteln. Durch die Translation eines inaktiven
Conductins würde der Degradierungskomplex aus APC, GSK3-β, Axin und
CK-1 möglicherweise in nicht funktionsfähiger Form vorliegen und somit
einen Teil der β-Catenin-Akkumulationen erklären.
Studien
an
kolorektalen
Karzinomen
zeigten
epigenetische
Hypermethylierungen in der Promotorregion des Conductin-Gens, woraus
eine Inaktivierung des Conductins resultiert (Koinuma et al.; 2006). In
Zelllinien aus diesen Karzinomen konnte durch Zuführung einer intakten
cDNA ein rascher Zelltod induziert werden. Des Weiteren zeigten Studien
von Koch et al. an 22 Medulloblastomen reduzierte Mengen von ConductinmRNA verglichen mit 8 fetalen Zelllinien. Als Ursache war in dieser Studie
die Hypermethylierung der Promotorregion des Conductin-Gens vermutet
worden (Koch et al., 2007). Inwieweit Hypermethylierungen des Conductins
an
einem
deregulierten
Wnt-Signal
in
Hypophysenadenomen
und
Kraniopharyngeomen beteiligt sind, muss durch weiterführende Studien
geklärt werden. Sie können eventuell in einem Teil der Tumoren für βCatenin-Anreicherungen verantwortlich sein und somit die Diskrepanz
zwischen immunhistologischer Anreicherung (94%) und nachgewiesenen
Mutationen (80%) in den adamantinösen Kraniopharyngeomen erklären.
Möglicherweise existieren einzelne Mutationen im Conductin-Gen, die in
dieser Arbeit nicht detektiert werden konnten. Die SSCP-Analyse wird als
Verfahren mit einer Sensitivität von 90% bei Fragmenten mit Längen <
200bp beschrieben. Ab Fragmenten > 300bp sinkt die Sensitivität auf 80%.
Die in der Arbeit verwendeten Fragmentgrößen liegen zwischen 102-257bp.
-- 104 -Somit sollte die Sensitivität zwischen 80 – 90% liegen. Jedoch können auch
andere Variablen Einfluss auf das Verfahren nehmen und unter Umständen
zu einer geringeren Sensitivität führen (Spinardi et al., 1991; Hayashi et al.,
1993). Eine Sequenzierung der mRNA könnte eventuelle Diskrepanzen
nachweisen.
5.3
Ausblick
In dieser Arbeit wurde, ein Kollektiv aus Hypophysenadeneomen und
Kraniopharyngeomen auf Mutationen im Conductin-Gen untersuchen. Es
konnte eine Mutation in einem ACTH-produzierenden Hypophysenadenom
nachgewiesen werden. Das Kollektiv beinhaltet nur sieben weitere ACTHproduziernde Tumoren. Untersuchungen hinsichtlich der Relevanz der
Mutation bei dieser Tumorentität sollten an einem größeren Kollektiv von
ACTH produzierenden Hypophysenadenomen durchgeführt werden.
Des Weiteren war ein gehäufter intronischer Basenaustausch detektierbar.
Dessen Bedeutung für Conductin und die negative Feedbackwirkung auf
den Wnt-Signalweg könnte in weiterführenden Untersuchungen an der
mRNA geklärt werden. In Studien an der mRNA könnten gegebenenfalls
auch Rückschlüsse auf eventuelle Hypermethylierungen der DNA gezogen
werden. Hierfür wäre die Kultivierung geeigneter Zelllinien von Nutzen.
Die auffallenden immunhistochemischen Akkumulationen von β-Catenin in
epithelialen
Wirbeln
und
in
den
Epithelzellen
adamantinöser
Kraniopharyngeome sollten genauer untersucht werden. Es muss deren
Einfluss auf das infiltrierende Wachstumsverhalten weiter erforscht werden,
denn hier könnte ein Angriffspunkt für geeignete Therapien liegen, die das
erneute
Wachstum
unvollständig
entfernter
Adenome
entscheidend
beeinflussen können. Das könnte an entsprechende Zellkulturen oder
Tiermodellen erfolgen. Eine Arbeitsgruppe des neuropathologischen
Instituts Erlangen führt bereits entsprechende Studien durch.
-- 105 --
6.
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-- 117 --
7
Abkürzungsverzeichnis
A
ACTH
ADH
APC
BMP
bp
C
Camkll
CK-1
CMR
CMRT
CRH
CT
CtBP
Daam 1
DDAVP
DNA
Dsh
Fmi
FSH
fT3
fT4
Fz
G
GH
GHRH
GHRIH
GnRH
GSK
HDAC
HDL
HHL
HVL
IGF
JNK
Kny
LDL
Lef
LH
LHRH
LPH
LRP
MEN 1
MRT
MSH
Adenin
adrenocorticotropes Hormon
Vasopressin, antidiuretisches Hormon
Adenomatous Poliposis Coli
Bone Morphogenic Protein
Basenpaar
Cytosin
Calmodulin-abhängige Kinase
Casein Kinase-1
craniale Magnetresonanz
craniale Magnetresonanztomographie
Corticotropin-Releasing-Hormone
Computertomographie
C-terminales Binding Protein
Disheveled-associated activator of morphogenesis 1
Desmopressin (1-desamino-8-D-arginine vasopressin)
Desoxyribonukleinsäure
Dishevelled
Flamingo
Follikel-stimulierendes-Hormon
freies Trijodthyronin
freies Thyroxin
Frizzled
Guanin
Growth hormone, Somatotropin
Growth hormone releasing hormone, Somatoliberin
Growth hormone release inhibiting hormone,
Somatostatin
Gonadotropin-Releasing-Hormone
Glykogen-Synthese-Kinase
Histondeacetylasen
High density Lipoprotein
Hypophysenhinterlappen
Hypophysenvorderlappen
insulinartiger Wachstumsfaktor
Jun Kinase
Proteoglykan Kypeg
Low density Lipoprotein
Lymphoid enhancer factor
luteinisierendes Hormon
luteinisierendes Hormon releasing hormone
Lipotropin, lipotropes Hormon
low-density-lipoprotein-related
multiple endokrine Neoplasie Typ 1
Magnetresonanztomographie
Melanozyten stimulierendes Hormon
-- 118 -NES
NF-AT
Nkd
NLS
oGTT
PCP
PCR
PDZ
PET
PIH
PRL
ROCK
Ser
SPECT
SSCP
Stbm
STH
T
TBE-Puffer
Tcf
TRH
TSH
VIP
WHO
nuclear export signal
nukleärer Faktor aktivierter Lymphozyten
Naked
nuclear localization signal
oraler Glucosetoleranztest
planar cell polarity
Polymerase-Kettenreaktion
Bereich, der mit anderem Protein interagiert
Positronen - Emissions -Tomographie
Prolaktostatin
Prolaktin
Rho assozierte Kinase
Serin
Single-Photon-Emissionscomputertomographie
Einzelstrang-Konformations-Polymorphismus-Analyse
Strabismus
somatotropes Hormon
Thymin
Tris-Borat-EDTA-Puffer
T-cell factor
Thyrotropin-Releasing-Hormone
Thyroidea-Stimulierendes Hormon
vasointestinal peptide
World Health Organization
-- 119 --
8
Danksagung
Herrn Prof. Dr. Blümcke und PD Dr. Rolf Buslei danke ich für die geduldige
Begleitung dieser Arbeit und für die herzliche Aufnahme im
Neuropathologischen Institut Erlangen.
Herrn Prof. Dr. Buchfelder für die Bereitstellung der asservierten
Tumorproben.
Herrn Prof. Dr. Dr. André Gessner und Herrn PD Dr. Wulf Schneider danke
ich für die verständnisvolle Unterstützung bei der Fertigstellung dieser
Arbeit.
Frau Verena Schmidt danke ich herzlich, da ohne ihre aktive Unterstützung
während der praktischen Durchführung der Versuche diese Arbeit nicht
möglich gewesen wäre.
Frau Tajana Jungbauer und Frau Dipl. Ing. Ina Jeske danke ich für ihre
Geduld und ihre vielen Ratschläge.
Herrn Dr. Stephan Miedl, Herrn Dr. Jens Wild, Frau Eliza Spengler und
Herrn Torsten Göhringer danke ich für die wertvollen Ratschläge bei der
Erstellung der Statistiken und des Layouts der Arbeit.
Meiner Schwester danke ich, da sie mir ebenfalls geduldig mit Ratschlägen
zur Seite stand.
Meinen Eltern danke ich, weil sie mir das Studium der Humanmedizin
ermöglicht haben.
-- 120 --
9
Lebenslauf
Name:
Stangl
Vorname:
Regina Maria
Geburtsdatum:
18.01.1978
Geburtsort:
Neustadt/WN
Familienstand:
ledig
Staatsangehörigkeit:
deutsch
Eltern:
Erika, geb. Fütterer und Franz Xaver Stangl
Geschwister:
Angela Stangl
Kinder:
Helena Stangl
Ausbildung:
1984 -1989
Volksschule Erbendorf
1989 – 1998
Elly-Heuss Gymnasium Weiden
1998
Abitur
1999 – 2006
Studium der Humanmedizin an der FriedrichAlexander Universität Erlangen-Nürnberg
08/2003
Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
08/2005
Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
11/2006
Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
04.12.2006
Approbation
-- 121 --
Praktisches Jahr:
10/05 – 02/06
1. Tertial: Anästhesie an der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen, Direktor: Prof. Dr. med. Dr.
h. c. J. Schüttler, Tätigkeitsbereich:
Anästhesiologische Klinik und Intensivstation
02/06 – 05/06
2. Tertial: Innere Medizin an der Universidad de
Buenos Aires in Argentinien, Tätigkeitsbereich:
Gastroenterologie, Kardiologie, Infektiologie
05/06 – 07/06
3. Tertial: Chirurgie am Klinikum Nürnberg;
Chefarzt: PD. Dr. med. H.-W. Stedtfeld,
Tätigkeitsbereich: Unfall- und Orthopädische
Chirurgie, Plastische Chirurgie
07/06 – 09/06
3. Tertial: Chirurgie an der Universidade Nova de
Lisboa in Portugal, Tätigkeitsbereich: Allgemeinund Gefäßchirurgie
Berufliche Tätigkeit:
2007 – 2009
Universitätsklinikum Bonn, Kardiochirurgie
2010
Klinikum Kulmbach, Allgemeinchirurgie
seit 2011
Universität Regensburg, Institut für Medizinische
Mikrobiologie und Hygiene
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