HUNGER UND KOMMUNIKATION

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HUNGER UND KOMMUNIKATION
Hedeler, Barbara
HUNGER UND KOMMUNIKATION
Die Landwirtschaft in ihrer heutigen Form wäre ohne eine Düngung mit Stickstoff und
Phosphor nicht möglich gewesen. Doch trotz der enormen Produktions-Potentiale der
globalen Landwirtschaft leiden auch Anfang des 21. Jahrhunderts noch immer rund
800 Millionen Menschen Hunger. Weshalb also ist die Welt nicht in der Lage, die
Lebensmittel gerecht über den Planeten zu verteilen? Wo liegen die Gründe für die
Verteilungs- und Zugangsproblematik?
Medien, Politik, Wirtschaft und letztendlich die Weltgemeinschaft scheinen sich zwar
der Probleme bewusst zu sei, doch ist eine Lösung weit entfernt. Dabei spielt vor
allem die Kommunikation eine entscheidende Rolle, denn wenn Zusammenhänge
nicht klar kommuniziert und Ursache und Wirkung nicht deutlich unterschieden
werden, bilden Hunger und Armut ein undurchsichtiges Problemfeld, bei dem
Lösungsansätze nur schwer zu finden sind.
In diesem Beitrag wird die Hungerproblematik daher aus einem anderen Blickwinkel
betrachtet: der Kommunikation. In einer kurzen Zeitreise erfolgt eine Darstellung der
übermittelten
Theorien
und
Kausalitätsketten
einzelner
Institutionen,
Nichtregierungsorganisationen und politischer Gruppierungen. Hierbei findet
besonders die jeweils unterschiedliche Herangehensweise an die Thematik
Beachtung.
Das chemische Element Stickstoff stellt im Pflanzenbau einen entscheidenden Faktor dar.
Ein Mangel an Stickstoff führt zu vermindertem Pflanzenwachstum. In der heutigen Welt wird
dies häufig als die Ursache der globalen Hungerproblematik betrachtet. Eine vermehrte
Verwendung von Stickstoffdüngern würde demnach zu höheren Ernteerträgen und einer
geringeren Hungerproblematik weltweit führen. Doch angesichts der Tatsache, dass jeder
Bundesbürger knapp 82kg Lebensmittel pro Jahr wegwirft und die Landwirtschaft mittlerweile
ihre Felder für Energiepflanzen anstelle von Lebensmitteln nutzen kann, scheint die
landwirtschaftliche Produktion zumindest nicht die Hauptursache des Hungers sein zu
können.
Vergangenheit
Der globale Hunger ist eine zu allen Zeiten viel diskutierte Tatsache und wird es bis zu seiner
vollständigen Beseitigung bleiben. Bereits in der Vergangenheit fand eine intensive
Auseinandersetzung mit der Thematik statt.
„Deutsche Chemiker besiegen Hunger in der Welt.1“
Anfang des 20. Jahrhunderts zeichnete sich durch das steigende Bevölkerungswachstum in
Kombination mit fehlenden Düngemitteln eine Hungerkatastrophe ab2. Das von Fritz Haber
und Carl Bosch entwickelte Verfahren, Stickstoff aus der Luft zu binden und
1
2
vgl. Albrecht (2008).
Albrecht (2008).
pflanzenverfügbar weiterzuverarbeiten - später mit mehreren Nobelpreisen ausgezeichnet wurde als Ausweg aus der Krise gefeiert3.
Damit konnte mangelnde Stickstoffversorgung der Pflanzen als hemmender Faktor für die
landwirtschaftliche Produktion in großem Stil überwunden und die Erträge der Landwirtschaft
deutlich gesteigert werden. Dennoch gibt es auch heute, rund 100 Jahre nach der Erfindung
des Haber-Bosch-Verfahrens noch Hunger in der Welt.
Ist die Ursache des Hungers vielleicht doch nicht nur ein einfaches Problem, das sich durch
die Beseitigung des Mangels an Düngemitteln lösen lässt?
Natürliche Regelung des Bevölkerungswachstums: Das Malthusianische Theorem
(1905)
Weitaus früher beschäftigte sich Thomas Robert
Malthus, ein britischer Ökonom zur Zeit der frühen
Industrialisierung, mit der Thematik und stellte dazu eine
umstrittene These auf. Er betrachtete den Hunger als
eine Folge des enormen Bevölkerungswachstums4. Dies
weist ein exponentielles Wachstum auf, die
Nahrungsmittelproduktion steigt jedoch nur linear an
Abbildung 1: Malthus' Theorie der
Unterernährung
Quelle: Eigene Darstellung nach Haggett
1983.
(vgl. Abbildung 1). In der Folge kommt es zu einer
Unterernährung, die durch „checks“ gemindert werden
kann: Das Bevölkerungswachstum kann durch
Hungersnöte, Kriege oder andere Naturkatastrophen
zumindest gehemmt werden. Ist das Wachstum der
Weltbevölkerung zu groß, stellt sich durch die
Unterernährung und deren Auswirkungen wieder ein
Gleichgewicht ein5.
Aus heutiger Sicht ist diese Theorie allein schon unter sozialen und moralischen Aspekten
nicht mehr vertretbar. Zudem werden weltweit inzwischen ausreichend Nahrungsmittel
produziert, wodurch die zentrale Aussage der Theorie entkräftet ist. Rein rechnerisch sollte
die Problematik der Unterernährung inzwischen also beseitigt sein6. Da jedoch diese
Thematik heute, vor dem Hintergrund der weltweiten Hungeraufstände 2008, eine
unverminderte Aktualität erfährt, gibt es auch gegenwärtig einige Ansätze der Theoriebildung
und vor allem der Ursachen-Forschung und ihrer Kommunikation.
3
Albrecht (2008).
Malthus (1905).
5
Malthus (1905).
6
Harrison & Pearce (2000).
4
Gegenwart
Von den eindimensionalen Ursachen des Welthungers und entsprechenden
Schuldzuweisungen und Strategien zu dessen Beseitigung wurde inzwischen Abstand
genommen. Eine Vielzahl von Institutionen und Organisationen beschäftigt sich heutzutage
mit den Hintergründen und Zusammenhängen im Bereich der Hungerproblematik. Ideen und
Strategien gibt es hierbei viele – diese scheitern jedoch meist in der konkreten Umsetzung
aus den unterschiedlichsten Gründen. Eine Lösung lässt weiter auf sich warten.
Ausbringung von Düngemitteln für verbessertes Pflanzenwachstum
Abbildung 2: Ausbringung von Düngemitteln für verbessertes Pflanzenwachstum
Quelle: Kurt Bouda, pixelio.de
Eine der bereits angesprochenen Ursachen für das Hungerproblem ist auch gegenwärtig die
Versorgung von Pflanzen mit Düngern. Die Düngemittelindustrie verspricht eine Lösung des
Problems. Die Global Player der Düngemittelindustrie - sechs Großkonzerne beherrschen
rund 77% des Weltmarktes – führen folgende Argumentation an: Die weltweite
Nahrungsmittelproduktion ist unzulänglich, zur Lösung des Problems dienen
Produktionssteigerungen7. Diese erfolgen einerseits durch eine möglichst hohe
Industrialisierung
der
Landwirtschaft
unter
Verwendung
von
Düngeund
Pflanzenschutzmitteln. Andererseits ist eine liberalisierte Ordnung des weltweiten
Agrarmarkts notwendig, um zur Reduktion des Hungers beitragen zu können8.
Logische Konsequenz aus dieser Argumentation ist der höhere Vertrieb von Düngemitteln.
Diesen Punkt bearbeitet die Düngemittelindustrie naturgemäß intensiv. Daher kann aus Sicht
der Düngemittelindustrie lediglich die Politik in Anbetracht des zweiten Punktes weiter
gefordert sein. Auch für die Düngemittelindustrie kann also nicht eine landwirtschaftliche
Ertragssteigerung allein Lösung für die weltweite Hungerproblematik sein.
7
8
Ziegler (2011).
Ziegler (2011)
„Gibt es ein Menschenrecht auf Wurst?“
(vgl. WWF 2013)
Abbildung 3: Übermäßiger Fleischkonsum der westlichen Welt
Quelle: Thomas Siepmann, pixelio.de
Diese und weitere Fleischfragen stellt der WWF (World Wildlife Fund) und hebt damit einen
weiteren Aspekt der Hungerkrise in den Vordergrund9. Der WWF sieht neben einigen
anderen Ursachen den weltweiten Konsum tierischer Erzeugnisse als Verursacher des
globalen Hungers. Zur Produktion von Fleisch, Milch und Eiern werden große Flächen für die
Haltung von Tieren und die Herstellung von Futtermitteln benötigt. Allein die Deckung der
Nachfrage nach Fleisch in Deutschland bedeutet einen Flächenverbrauch in der
Größenordnung Österreichs10. Tatsächlich werden die benötigten Futtermittel nicht in
Deutschland selbst angebaut, sondern vor allem aus Südamerika bezogen, wo wertvolle
Ökosysteme wie der Regenwald gerodet werden, um die Produktion sicherzustellen11. Der
Fleischkonsum der westlichen Welt, so die Argumentation des WWF, ist demnach neben der
Zerstörung des Regenwaldes und anderer Ökosysteme auch für den weltweiten Hunger
verantwortlich. Denn auf den Flächen, auf denen Futter für Mastbetriebe angebaut wird,
könnten auch Nahrungsmittel für die lokale Bevölkerung wachsen. Das Fleisch eines Rindes
kann wesentlich weniger Menschen ernähren, als es das Getreide könnte, das auf derselben
Fläche anstelle des Viehfutters angebaut würde.
9
WWF (2013).
WWF (2013).
11
WWF (2013).
10
„Freuen Sie sich über steigende Lebensmittelpreise?“
(vgl. Attac 2013)
Abbildung 4: Werbung der Deutschen Bank für Spekulationen auf dem Agrarmarkt
Quelle: Attac 2013
Attac, eine globalisierungskritische Bewegung, sieht die hauptsächliche Ursache für den
weltweiten Hunger in den Nahrungsmittelspekulationen. Banken und Fonds bieten
verschiedene Anlagefonds auf Agrarrohstoffe an und tragen somit zu deutlichen
Preissteigerungen auf dem Weltmarkt bei12. Während die Anlagen der Erzielung
überdurchschnittlich hoher Renditen dienen, bedeuten steigende Lebensmittelpreise eine
deutliche Verschärfung der weltweiten Hungerproblematik. Zum Vergleich: In
Entwicklungsländern müssen die Menschen durchschnittlich 50-80 Prozent ihres
Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben, in Deutschland lediglich 12 Prozent 13. Vor allem
die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis steigen seit mehreren Jahren immer weiter an.
Attac kritisierte 2008 besonders eine Werbekampagne der Deutschen Bank für
Agrarrohstoff-Fonds (vgl. Abbildung 4). Auf Bäckereitüten wurde für die Geldanlage im
Agrarrohstoffsektor geworben. Die Deutsche Bank musste damals auf Druck der
Öffentlichkeit die Werbung zurücknehmen, wies jedoch jegliche Verantwortung von sich. In
einem Interview mit „Die Welt“ nahm die Deutsche Bank Stellung: Die Preissteigerungen auf
12
13
Attac (2013).
Bundeszentrale für Politische Bildung (2011).
den Agrarrohstoffmärkten resultierten vor allem aus Naturkatastrophen, so die Chefetage der
Deutschen Bank im September 201214.
Klimawandel als Ursache für den Welthunger
Abbildung 5: Besonders die ärmeren Regionen der Erde sind vom Klimawandel stark betroffen
Quelle: Albrecht E. Arnold, pixelio.de
Oxfam, eine unabhängige, weltweit agierende Hilfsorganisation sieht den weltweiten Hunger
und dessen zukünftige Verschärfung als Resultat des Klimawandels (vgl. Abbildung 5). So
führt der Klimawandel besonders in den von Hunger betroffenen Regionen der Erde zu
erheblichen Auswirkungen15. Temperaturerhöhungen und eine zunehmende Variabilität der
Niederschläge werden sich in einem Rückgang der Ernteerträge abzeichnen. Dadurch
müssen mehr Nahrungsmittel zugekauft werden, abnehmende Ernten korrelieren jedoch
auch mit steigenden Lebensmittelpreisen. Allerdings fehlen gerade in den von Hunger
betroffenen Gebieten finanzielle Ressourcen, um Lebensmittel zuzukaufen: In vielen
Entwicklungsländern belaufen sich die Ausgaben der Bevölkerung für Nahrungsmittel bereits
heute auf 70-80 Prozent des gesamten Einkommens, Zukäufe und Preissteigerungen durch
den Klimawandel würden die Hungerproblematik also deutlich verschärfen16.
14
Die Welt (2012).
Oxfam (2012).
16
Oxfam (2012).
15
Biosprit und Cash Crops: Auswirkungen auf die Ernährungssituation in
Produktionsländern
Abbildung 6: Anbau von Monokulturen
Quelle: Karin Jung, pixelio.de
Greenpeace vertritt die These, dass der weltweite Hunger eine Ursache der globalisierten
Agrarmärkte ist. Der Anbau und Preis einzelner Agrarrohstoffe wird zunehmend am
Weltmarkt geregelt, ebenfalls sind wie auch in anderen Branchen möglichst geringe
Produktionskosten wettbewerbsentscheidend. Besonders in Entwicklungsländern bietet sich
daher der Anbau von Cash Crops an - Pflanzen, deren Anbau für den Export in andere
Länder bestimmt ist17 (vgl. Abbildung 6). Diese Cash Crops werden in den Industrieländern
als Nahrungs-und Futtermittel oder als Energierohstoffe weiterverarbeitet. In den
Entwicklungsländern selbst bedeutet diese Entwicklung jedoch einen Rückgang der Flächen
zur Nahrungsmittelproduktion, fruchtbares Land wird primär zum Anbau von Agrarrohstoffen
genutzt. Greenpeace verdeutlicht diese Aussage anhand eines Beispiels: In Indien sollen
aus einem Bundesstaat rund 20 Millionen Menschen dem Anbau von Cash Crops weichen,
unterstützt wird das Vorhaben, so Greenpeace, von der britischen Regierung und der
Weltbank zur Sicherung einer günstigen Rohstoffversorgung der industriellen, westlichen,
Nahrungsmittelkonzerne18.
Auch die gestiegenen Maispreise in Mexiko im Jahr 2007, die zu zahlreichen
Massenprotesten und Kundgebungen führten, sind auf den Anbau von Cash Crops und
damit das verringerte lokale Angebot von Mais zurückzuführen19.
17
Greenpeace (2003).
Greenpeace (2003).
19
Spiegel Online (2007).
18
„Ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.“ Jean Ziegler (2011)
Die Dramatik der Hungerproblematik formuliert Jean Ziegler, ehemaliger UNOSonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, ganz deutlich. Wie der Weltagrarbericht
2008 belegt, werden weltweit ausreichend Lebensmittel produziert, jedoch sind sie für viele
Menschen nicht verfügbar. Aktuell leiden jedoch noch immer fast eine Milliarde Menschen an
Mangel- und Unterernährung20. Die Ursache dafür ist in der mangelhaften Verteilung der
Nahrungsmittel weltweit zu sehen. So sind das globale Wirtschafts- und Handelssystem
sowie die Politik Ursache für den Hunger in der Welt.
Warum also wird der weltweite Hunger nicht als das kommuniziert, was er wirklich ist?
Abbildung 7: Verteilungsproblem: Nahrungsmittel im Überfluss
Quelle: Rolf van Medis / pixelio.de
In der Öffentlichkeit werden viele Gründe als Ursache des weltweiten Hungers kommuniziert.
Der eigentliche Faktor, die ungerechte Verteilung der Nahrungsmittel, wird nur selten
übermittelt. Die bislang dargestellte Kommunikation lanciert also strenggenommen an der
Wahrheit vorbei. Anstatt dessen werden Probleme als Ursache für den weltweiten Hunger
kommuniziert, die einen hohen Grad an Komplexität aufweisen und deren Beseitigung nicht
minder verflochten und somit einfacher ist. Eine Lösung des Problems zeichnet sich dadurch
allerdings nicht ab. Das globale Handelssystem bedarf also einer Überarbeitung. Steigende
Lebensmittelpreise aufgrund von Spekulationen und Cash Crops lassen die lokal
produzierten Lebensmittel unerschwinglich für die lokale Bevölkerung werden. Gleichzeitig
sind die global produzierten Lebensmittel aufgrund ihrer Produktionsweise ebenfalls zu teuer
für die Menschen in Entwicklungsländern. Das globale System lässt diese Problematik
immer drängender werden, denn es bleiben wie immer die ärmsten Bevölkerungsschichten
auf der Strecke, während einige Wenige Nahrungsmittel im Überfluss haben.
Würde der Hunger konsequent als Verteilungsproblem kommuniziert, würde deutlich, dass
die westlichen Gesellschaften ihr gesamtes Ernährungssystem umstellen müssten. Allein in
Deutschland landen rund 82 kg Lebensmittel pro Kopf jährlich im Müll21 (vgl. Abbildung 7).
Dieses Problem wird zwar vereinzelt in den Medien kommuniziert, auch
20
21
World Food Programme (2013).
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2012).
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner beschäftigte sich damit 201222, Unternehmungen zu
einer Änderung des Systems lassen bislang jedoch auf sich warten.
ZUKUNFT
Heutzutage werden rein theoretisch für rund 12 Milliarden Menschen Lebensmittel
produziert23. Bei einer aktuellen Weltbevölkerung von sieben Milliarden Menschen also
ausreichend Nahrung für alle. In Zukunft könnte sich jedoch ein anderes Bild abzeichnen:
Allein in Deutschland gehen täglich 94 Hektar wertvoller Ackerflächen verloren24. Damit muss
die Produktion der Lebensmittel für deutsche Verbraucher weiter in andere Länder
ausgelagert werden. In diesen Ländern jedoch werden dafür wertvolle Naturräume zerstört
und der Export der angebauten Nahrungsmittel lässt das Angebot auf den eigenen Märkten
schrumpfen. Auch die landwirtschaftliche Fläche in anderen Ländern ist nicht endlos
verfügbar. Eine Anpassung der landwirtschaftlichen Produktion an die tatsächlichen
Bedürfnisse der Verbraucher ist also auf lange Sicht die einzige Möglichkeit zur Lösung. Die
landwirtschaftliche Überproduktion und die Verschwendung der Lebensmittel haben keinen
Platz mehr auf der Erde.
„Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr.“ 25
Der Agrarwissenschaftler und Ökolandwirt Felix zu Löwenstein (2011) sieht das
Ernährungssystem der Zukunft in der ökologischen Landwirtschaft. Die Sicherung der
Nahrungsmittelproduktion bedarf einer konsequenten Änderung des Systems hinsichtlich
eines nachhaltigeren Umgangs mit den natürlichen Ressourcen. Dazu bedarf es eines
politischen und gesellschaftlichen Wandels.
22
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2012).
Ziegler (2011).
24
Top Agrar Online (2013).
23
25
zu Löwenstein (2011).
UNO: Milleniums-Entwicklungsziele zur Bekämpfung des Hungers
Abbildung 8: Zielsetzung der UNO: Reduktion des weltweiten Hungers
Quelle: Jerzy Sawluk, pixelio.de
Die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) verfolgt einen umfassenden Ansatz zur
Lösung der weltweiten Unterernährung. Anhand von acht Millenniums-Entwicklungszielen
soll der weltweite Hunger bis zum Jahr 2015 halbiert werden, als Vergleichswert dient hierzu
199026. Die Erreichung dieses Ziels ist eng verknüpft mit der Bekämpfung der weltweiten
Armut. Bislang liegt die tatsächliche Entwicklung jedoch hinter den Zielsetzungen zurück.
Weitere Entwicklungsziele sind die Reduktion der Kindersterblichkeit, eine verbesserte
Gesundheitsvorsorge für Mütter und die Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit. Neben
den Entwicklungszielen ist die Bekämpfung der Unterernährung auch in der allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte von 1948 indirekt verankert. So wird allen Menschen das
Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, worunter auch eine ausreichende
Ernährung fällt, zugestanden27. Dieses Grundrecht kann nur durch die Lösung der weltweiten
Unterernährung gesichert werden.
26
27
UN-Millenniumkampagne (2013).
Art.25, Abs.1, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
Weltweites Grundeinkommen zur Bekämpfung des Hungers
Abbildung 9: Einführung eines weltweiten Grundeinkommens zur Bekämpfung des Hungers
Quelle: Thomas Klauer, pixelio.de
Einen anderen Lösungsansatz verfolgt die internationale Menschenrechtsorganisation
FIAN28. Basierend auf dem Menschenrecht auf angemessene Ernährung wird die Einführung
eines weltweiten Grundeinkommens als Lösungsstrategie kommuniziert. Jedem Menschen
weltweit soll ein Einkommen in Abhängigkeit der Lebenshaltungskosten in den jeweiligen
Heimatregionen gezahlt werden, wodurch die Deckung des Nahrungsbedarfes garantiert
wird. Die Finanzierung beläuft sich auf 1% des nationalen Bruttoinlandsproduktes, in
ärmeren Ländern wird die Finanzierung durch Aufwendungen der internationalen
Staatengemeinschaft gesichert.
Dieser Ansatz wird von weiteren Organisationen favorisiert und als Lösung der weltweiten
Unterversorgung präsentiert. Aber auch wenn sich dieser Vorschlag durchsetzen sollte, wird
sich an der Ursache des Hungers nichts ändern. Hier werden lediglich die Folgen zu
bekämpfen versucht.
28
FIAN (2005).
Literatur:
Albrecht J. (2008): 100 Jahre Haber-Bosch-Verfahren. Brot und Kriege aus der Luft. In: Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 14.10.2008.
http://www.faz.net/aktuell/wissen/physik-chemie/100-jahre-haber-bosch-verfahren-brot-und-kriegeaus-der-luft-1713668.html (17.1.2013)
Attac (2013): Hungerprofite. Nahrungsmittelspekulationen und Landgrabbing.
http://www.attac.de/aktuell/bankwechsel/bankenkritik/hungerprofite/ (9.1.2013)
Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz 2012: Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist
kein Verfallsdatum.
http://www.bmelv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2012/76-AI-Aufklaerungsaktion-zumMindesthaltbarkeitsdatum.html (27.2.2013)
Die Welt (2012): http://www.welt.de/wirtschaft/article109257955/Wir-sind-nicht-verantwortlich-fuer-denWelt-Hunger.html (12.1.2013)
FIAN (2005): Basic Food Income: option or Obligation?
http://www.fian.org/resources/documents/others/basic-food-income-2013-option-or-obligation/pdf
(11.1.2013)
Greenpeace (2003): Unsere Nahrung in der Globalisierungsfalle. Was die wirtschaftsdominierte
Globalisierung für die Umwelt bedeutet.
http://www.greenpeace.de/themen/gentechnik/konzerne/artikel/unsere_nahrung_in_der_globalisierung
sfalle/ (18.1.2013)
Haggett ,P. (1983): Geographie. Eine moderne Synthese. New York.
Zu Löwenstein, F. (2011): Food Crash. Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr.
München.
Malthus T. R. (1905): Eine Abhandlung über das Bevölkerungsgesetz. 6. engl. Aufl., Jena.
Nature Geoscience (2008): http://www.nature.com/ngeo/journal/v1/n10/full/ngeo325.html (5.1.2013)
Oxfam (2012): Verdorrte Felder, leere Teller. Wie der Klimawandel Ernährungssicherheit gefährdet.
http://www.oxfam.de/sites/www.oxfam.de/files/oxfam_infoblatt_klimawandel-hunger_final.pdf (Zugriff
10.1.2013)
Top Agrar Online (2013): http://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Jeden-Tag-gehen-94-haAckerflaeche-verloren-318046.html
UN-Millenniumkampagne (2013): Die UN-Millenniumentwicklungsziele.
http://www.un-kampagne.de/index.php?id=90 (10.1.2013)
Weltagrarbericht (2008): http://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichtes/ueber-denweltagrarbericht.html (10.1.2013)
World Food Programme (2013): Hunger. http://de.wfp.org/hunger (27.2.2013)
WWF (2013): http://fleischfrage.wwf.de/worum-gehts/fleisch-hunger/ (5.1.2013)
Ziegler J. (2011): Wir lassen sie verhungern. Die Massenvernichtung in der dritten Welt. München.
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