Das Mikroskop

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INHALTSVERZEICHNIS
Seite
Vorwort der Verfasser........................................................................ 1
1.
Das Mikroskop ................................................................................. 2
1.1
Lupe und Mikroskop .......................................................................... 2
1.1.1
Abbildung durch eine Sammellinse (Objektiv) ................................... 2
1.1.2
Vergrößerung durch die Lupe (Okular).............................................. 5
1.1.3
Das Mikroskop................................................................................... 5
1.2
Objektive und Okulare ....................................................................... 6
1.2.1
Objektive ........................................................................................... 6
1.2.2
Okulare............................................................................................ 10
1.2.3
Tubus, Objektiv und Okular ............................................................. 12
1.3
Beleuchtung .................................................................................... 12
1.3.1
Beleuchtungsapertur ....................................................................... 13
1.3.2
Leuchtfeld........................................................................................ 13
1.3.3
Mattscheibe und Filter ..................................................................... 15
1.3.4
Köhler'sche Beleuchtung ................................................................. 15
1.4
Strahlengang im Mikroskop ............................................................. 16
1.4.1
Orthoskopische Abbildung............................................................... 16
1.4.2
Konoskopische Abbildung ............................................................... 16
1.5
Zentrieren des Mikroskops .............................................................. 17
1.5.1
Zentrieren der Objektive .................................................................. 18
1.5.2
Zentrieren des Kondensors nach Köhler ......................................... 18
1.5.3
Zentrieren der Lichtquelle................................................................ 21
1.6
Polarisator und Analysator .............................................................. 21
1.7
Praktische Hinweise zur Handhabung und Pflege
des Mikroskops................................................................................ 22
1.7.1
Optimale Abbildung des Präparats .................................................. 22
1.7.2
Behebung mangelhafter Ausleuchtung............................................ 23
1.7.3
Fehlerquellen bei der Arbeit mit gekreuzten Polarisatoren .............. 24
1.7.4
Pflege des Mikroskops .................................................................... 25
2.
Messung von Winkeln, Längen und Dicken ................................ 27
2.1
Winkelmessung ............................................................................... 27
2.2
Längenmessung .............................................................................. 29
2.3
Dickenbestimmung .......................................................................... 31
3.
Lichtbrechung................................................................................ 35
3.1
Theoretische Grundlagen ................................................................ 35
3.1.1
Modelle des Lichts........................................................................... 35
3.1.2
Lichtbrechung .................................................................................. 37
3.1.3
Dispersion ....................................................................................... 39
3.2
Methoden der Lichtbrechungsbestimmung...................................... 40
3.2.1
Chagrin und Relief........................................................................... 40
3.2.2
Becke-Linie...................................................................................... 42
3.2.3
Methode nach Schröder van der Kolk ............................................. 45
3.2.4
Immersionsmethoden ...................................................................... 45
4.
Doppelbrechung und Polarisation ............................................... 52
4.1
Theoretische Grundlagen ................................................................ 52
4.1.1
Indikatrix .......................................................................................... 53
4.2
Dünnschliff im orthoskopischen Strahlengang................................. 58
4.2.1
Schwingungsrichtung und Auslöschungswinkel .............................. 68
4.2.2
Optischer Charakter der Auslöschungsrichtungen .......................... 74
4.2.3
Doppelbrechung .............................................................................. 82
- II -
5.
Konoskopische Methoden ............................................................ 87
5.1
Theoretische Grundlagen ................................................................ 87
5.2
Interferenzbilder der optisch einachsigen Minerale ......................... 92
5.2.1
Schnitt senkrecht zur optischen Achse............................................ 92
5.2.2
Schnitt schräg zur optischen Achse................................................. 92
5.2.3
5.3
Schnitt parallel zur optischen Achse................................................ 93
Interferenzbilder der optisch zweiachsigen Minerale ....................... 93
5.3.1
Schnitt senkrecht zur spitzen Bisektrix ............................................ 93
5.3.2
Schnitt senkrecht zu einer der beiden optischen Achsen ................ 96
5.3.3
Andere Schnittlagen ........................................................................ 96
5.4
Bestimmung des optischen Charakters ........................................... 96
5.5
Bestimmung des optischen Achsenwinkels zweiachsiger
Minerale......................................................................................... 100
5.5.1
Mallard-Methode............................................................................ 100
5.6
Praktische Hinweise zur Konoskopie............................................. 102
6.
Gang einer Mineralbestimmung ................................................. 106
7.
Modalanalyse ............................................................................... 108
- III -
VORWORT DER VERFASSER
Die Bestimmung von Mineralen und Syntheseprodukten mit dem Polarisationsmikroskop gehört zu den klassischen mineralogischen Untersuchungsmethoden.
Obwohl die strukturelle und chemische Analyse kristalliner Substanzen durch
die Entwicklung neuer Methoden (Röntgenbeugung und -fluoreszenz, Elektronenmikroskopie und -mikrosondenanalyse) eine bedeutende Erweiterung erfahren hat, haben die polarisationsoptischen Untersuchungsverfahren nichts
von ihrer Bedeutung verloren. Moderne hochleistungsfähige Mikroskope wurden
entwickelt; Phasenkontrast- und Interferenzmikroskopie haben darüber hinaus
der Polarisationsoptik neue und technisch wichtige Anwendungsbereiche
erschlossen. Mit dem Polarisationsmikroskop können auf schnellem und
billigem Wege und vor allem auch bei der Feldarbeit Minerale identifiziert und
ihre chemische Zusammensetzung angenähert, in vielen Fällen auch recht
genau, bestimmt werden. Die Analyse von Mineralaggregaten hinsichtlich ihres
Mineralbestandes, der Kornverwachsungen und Korngefüge sowie der
Kristallisations- und Deformationsmerkmale ist nach wie vor die Domäne der
Polarisationsmikroskopie.
Die Grundlage für solche speziellen mikroskopischen Untersuchungen muß
eine exakte Mineralbestimmung sein. In die hierfür notwendige Methodik führt
das vorliegende Heft ein. Es wendet sich vor allem an die Studierenden der
Fachrichtungen Mineralogie, Geologie, Steine und Erden und Bodenkunde und
behandelt deshalb nur die gebräuchlichsten und wichtigsten Untersuchungsverfahren für die Analyse von Dünnschliffen und Körnerpräparaten im durchfallenden polarisierten Licht. Gedacht als kurze prägnante Arbeitsanleitung für die
Handhabung des Polarisationsmikroskops und die optische Mineralbestimmung, werden die kristalloptischen Grundlagen nur in sehr begrenztem Umfange behandelt.
Wir danken allen Kollegen, die uns aufgrund ihrer Erfahrung bei der Durchführung von Mikroskopierkursen Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf
Fehler und Mängel in den früheren Auflagen gegeben haben.
Bei der neuen Auflage wird das bewährte Konzept des Text- und Bildaufbaus
im wesentlichen beibehalten, doch werden sprachliche Präzisierungen
vorgenommen, die sich bei den von den Autoren in Bonn, Clausthal-Zellerfeld
und Kiel durchgeführten mikroskopischen Praktika als sinnvoll erwiesen haben.
Hoffentlich wird hierdurch ein besseres Verständnis des theoretischen optischen Stoffes erreicht.
Des weiteren wird auf den veränderten Tubusstrahlengang bei den Mikroskopen (Seite 6) hingewiesen, wodurch Abbildungsverbesserungen erzielt
werden. Die Kenngrößen der Objektive und Okulare in Tabelle 1, Seite 11, sind
aktualisiert worden.
Clausthal-Zellerfeld und Bonn, im Juni 1993
Georg Müller
Michael Raith
-1-
1.
DAS MIKROSKOP
1.1
Lupe und Mikroskop
Will man die Minerale im Dünnschliff eines Gesteins vergrößert betrachten, so
bedient man sich des Mikroskops.
Das Mikroskop besteht aus zwei Linsensystemen, deren erstes das
Untersuchungsobjekt vergrößert abbildet (Objektiv) und deren zweites dieses
vom Objektiv erzeugte Bild nochmals vergrößert (Okular).
1.1.1
Abbildung durch eine Sammellinse (Objektiv)
Objekte können durch bikonvexe Linsen abgebildet werden. Eine bikonvexe
Linse entwirft von einem Objekt ein reelles umgekehrtes Bild, wenn sich das
Objekt außerhalb der Brennweite der Linse befindet.
Dieses Bild kann auf einer Mattscheibe aufgefangen werden (Prinzip des
Fotoapparates; Bild 1, oben). Zwischen Objektweite a, Bildweite b und
Brennweite f bestehen folgende Beziehungen (Linsengleichung), Bild 1, unten.
1 1
1
+
=
a b
f
Als Abbildungsmaßstab M wird definiert:
M=
f
B b b−f
=
= =
A a
f
a−f
Das reelle Bild ist größer als der Gegenstand, wenn
b−f
f
> 1 d.h. a < 2f.
> 1 d.h. 2f < b bzw.
f
a−f
Beispiel: Eine Sammellinse mit der Brennweite f von 30 mm entwirft von einem
Gegenstand, der sich im Abstand a = 33 mm von der Linse befindet, ein
vergrößertes Bild im Abbildungsmaßstab M = 10 : 1. Das Bild liegt in der
Bildweite b = 330 mm.
Das menschliche Auge kann durch Änderung der Linsenkrümmung die
Brennweite seiner Linse ändern und so Objekte in einem Bereich von unendlich
bis etwa 250 mm scharf auf der Netzhaut abbilden. Nähert man dem menschlichen Auge ein Objekt aus größerer Entfernung, dann erscheint es unter immer
größeren Sehwinkeln in wachsender Vergrößerung. Der Abbildungsmaßstab
wächst; das Bild auf der Netzhaut wird größer (Bild 2, oben).
Die kürzeste Sehweite ist individuell verschieden. Ihr Normwert ist von der
optischen Industrie für die einheitliche Berechnung von Vergrößerungen auf 250
mm festgesetzt worden (Bezugssehweite).
-2-
Bild 1:
Abbildung eines Kristalls durch eine Sammellinse
Das Objekt erscheint in der Bezugssehweite unter größtmöglichem Sehwinkel
und deshalb auch in größtmöglicher Vergrößerung. Einzelheiten eines Objekts
werden in dieser kürzesten Sehweite vom Auge jedoch nur dann getrennt
wahrgenommen, wenn sie unter einem Sehwinkel von mindestens 1' erscheinen.
Objektstrukturen, die in einem Sehwinkelbereich unter 1' liegen, können durch
eine weitere Vergrößerung des Sehwinkels mit der Lupe oder dem Mikroskop
sichtbar gemacht werden.
-3-
Bild 2:
-4-
Vergrößerung eines Kristalls durch die Lupe
1.1.2
Vergrößerung durch die Lupe (Okular)
Das einfachste Hilfsmittel, mit dem eine zusätzliche Vergrößerung des Sehwinkels erreicht wird, ist die Lupe.
Sie besteht aus einer bikonvexen Linse, deren Brennweite kleiner als die
Bezugssehweite von 250 mm ist. Bringt man ein Objekt A genau in den Brennpunkt F der Lupe, dann sieht der Beobachter ein aufrechtes und stark vergrößertes Bild B′, welches sich scheinbar auf der Objektseite befindet und aus
dem Unendlichen zu kommen scheint (Bild 2, unten).
Das Objekt erscheint dem menschlichen Auge jetzt unter einem vergrößerten
Sehwinkel α'. Das Bild B auf der Netzhaut des Auges ist vergrößert.
Ein Maß für die Vergrößerung des Objekts durch die Lupe, VL, erhält man
aus dem Verhältnis der Tangenswerte der Sehwinkel, unter denen das Objekt
dem Auge bei Betrachtung mit und ohne Lupe in der Bezugssehweite von 250
mm erscheinen würde (Bild 2, unten und oben), Lupenformel:
VL =
A/f
250
tan α '
B' /250
=
=
=
A / 250
A / 250
f
tan α
Als Lupenvergrößerung VL bezeichnet man dann den Quotienten aus Bezugssehweite (250 mm) und Lupenbrennweite f.
Beispiel: Eine Lupe mit einer Brennweite f von 31,25 mm hat eine 8-fache
Vergrößerung: 250/31,25 = 8 x.
Befindet sich das Objekt nicht genau im Brennpunkt F der Lupe, sondern
innerhalb ihrer Brennweite f (Bild 2, Mitte), dann kann sich die Lupenvergrößerung bis zum Wert
250
V =
+ 1
f
verändern.
Die auf den Lupenfassungen eingravierten Vergrößerungszahlen gelten nur,
wenn der Gegenstand im Brennpunkt der Lupe betrachtet wird.
1.1.3
Das Mikroskop
Die Vergrößerung eines Objekts erfolgt im Mikroskop im einfachsten Fall durch
die Kombination von zwei bikonvexen Linsen in zwei Abbildungsstufen (Bild 3).
In der ersten Abbildungsstufe I (Bild 3, oben) erzeugt die erste bikonvexe
Linse, das Objektiv, ein reelles umgekehrtes und vergrößertes Bild des Objekts
im Abbildungsmaßstab M.
In der zweiten Abbildungsstufe II (Bild 3, Mitte) wird das vom Objektiv erzeugte reelle Bild, das sogenannte Zwischenbild, durch eine Lupe, das Okular,
nochmals vergrößert betrachtet. Damit das Auge das vom Okular erzeugte
Endbild entspannt im Unendlichen betrachten kann, wird das reelle Zwischen
-5-
bild in die Brennebene des Okulars gelegt (Bild 3, unten). Die Linse des Auges
sorgt dann für die eigentliche Abbildung.
Die Endvergrößerung V des Mikroskops ergibt sich aus dem Produkt des
Abbildungsmaßstabs des Objektivs M (Maßstabszahl) und der Lupenvergrößerung VL des Okulars:
VMikroskop = M Objektiv ⋅ VOkular
Beispiel: Ein Mikroskop mit einem Objektiv der Maßstabszahl 63 und einem
Okular der Lupenvergrößerung 8 x besitzt eine Endvergrößerung von 63 ⋅ 8 =
504.
In modernen Polarisations-Mikroskopen (z.B. Zeiss Axioplan oder Leitz Auflichtmikroskope) erfolgt die Vergrößerung des Objekts auf andere Weise. Das
Objekt befindet sich nun in der unteren Brennebene des Objektivs, so daß es
zunächst nach Unendlich abgebildet wird. Das vom Okular zu vergrößernde
reelle Zwischenbild wird sodann durch eine zusätzliche Linse im Tubus
(Tubuslinse) erzeugt. Durch dieses Abbildungsverfahren entsteht zwischen
Objektiv und Tubuslinse ein paralleler Strahlengang, der ideale Voraussetzungen für ein störungsfreies Einfügen von Analysatoren, Kompensatoren oder
Reflektoren schafft und außerdem eine bessere Korrektur der Abbildungsfehler
ermöglicht.
1.2
Objektive und Okulare
1.2.1
Objektive
Für die Qualität des beobachtbaren Bildes ist vor allem das Objektiv maßgebend. Das Okular soll lediglich die im Zwischenbild enthaltenen Einzelheiten
so nachvergrößern, daß sie mit dem Auge unter Sehwinkeln von mehr als 2′
betrachtet werden können (Kap. 1.1.1, Lupe). Die Kenngrößen des Objektivs
sind die Maßstabszahl, der Korrektionszustand und die numerische Apertur. Die
Qualität des Zwischenbildes wird allein durch den Korrektionszustand und die
numerische Apertur bestimmt.
Korrektionszustand
Die von einfachen bikonvexen Linsen entworfenen Bilder weisen räumliche
Verzerrungen und Farbfehler auf. Diese Abbildungsfehler sind in den modernen
Objektivsystemen durch die Kombination von mehreren Sammel- und Zerstreuungslinsen aus Linsenmaterial verschiedener Brechzahl und Dispersion
meist so weitgehend beseitigt, daß sie nicht mehr wahrgenommen werden.
Restfehler werden durch entgegengesetzt korrigierende Okulare kompensiert.
-6-
Bild 3:
Abbildung und Vergrößerung eines Kristalls im Mikroskop
-7-
Bei der Abbildung des Objekts mit Objektiven großer Maßstabszahl und hoher
Apertur macht sich die Aberration der Lichtstrahlen im Deckglas des mikroskopischen Präparates störend bemerkbar. Die von einem Objektpunkt P ausgehenden Lichtstrahlen werden an der Grenze Deckglas/Luft gebrochen und
scheinen nach dem Verlassen des Deckglases von übereinander liegenden
Punkten zu kommen (Bild 4 a). Die abgebildeten Objektstrukturen sind deshalb
unscharf, und zwar um so stärker, je dicker das Deckglas ist. Stark auflösende
Objektive höherer Maßstabszahl sind deshalb so korrigiert, daß sie die Aberration der Lichtstrahlen im Deckglas kompensieren. Die Korrektur ist im allgemeinen für eine Deckglasdichte von 0,17 mm durchgeführt. Das Deckglas ist damit
Teil des Objektivsystems! Abweichende Deckglasdicken verursachen eine
deutliche Unschärfe des Zwischenbildes. Bei zu dickem Deckglas kann das
Präparat oftmals mit stark vergrößernden Objektiven wegen ihres geringen
freien Arbeitsabstandes (vgl. Tab. 1, S. 11) nicht scharf eingestellt werden.
Bild 4:
-8-
a. Aberration der Lichtstrahlen im Deckglas
b. Apertur des Objektivs
Apertur und Auflösungsvermögen
Die numerische Apertur ist eine Maßzahl für die vom Objektiv aufgenommene Lichtmenge. Sie wird nach Abbé definiert als das Produkt: A = n ⋅ sin α.
n ist der Brechungsindex des Mediums, in dem die Strahlen vom Objekt zur
Objektlinse verlaufen (z.B. Luft, Wasser, Öl).
α ist der Winkel, den der äußerste von der Linse noch erfaßte Strahl mit der
optischen Achse der Linse bildet (Bild 4 b).
Verwendet man verschiedene Objektive steigender Apertur, so wird ein
ständig größerer Strahlenkegel des von dem Objektpunkt ausgehenden Lichtes
erfaßt. Das ist deshalb von großer Bedeutung, weil mit steigendem Öffnungswinkel des Strahlenkegels das Auflösungsvermögen des Objektives wächst.
Das Auflösungsvermögen, d.h. die Fähigkeit des Objektivs, zwei Objektpunkte
noch getrennt im Zwischenbild abbilden zu können, steht damit in direktem Zusammenhang mit der numerischen Apertur des Objektivs (Tab. 1). Der kleinste
Abstand d zwischen zwei gerade noch getrennt voneinander erkennbaren Bildpunkten wird durch das Verhältnis von Wellenlänge λ zur Apertur A bestimmt,
d = λ/2A.
(Die theoretische Ableitung der Beziehung nach der Abbé′schen Theorie der
sekundären Abbildung kann im Rahmen dieser Darstellung nicht berücksichtigt
werden.)
Bild 5:
Objektiv und Okular
-9-
Eine Steigerung des Auflösungsvermögens kann direkt durch die Vergrößerung
der Objektivapertur erfolgen, indem zwischen Objekt und Objektiv eine Immersionsflüssigkeit höherer Brechzahl gebracht wird. Dadurch wird der relativ große
Brechwinkel der Lichtstrahlen gegen Luft verkleinert, und vom Objektpunkt her
gelangt ein größerer Strahlenkegel ins Objektiv (Bild 4 b).
Zu diesem Zwecke sind Objektive mit kurzer Brennweite und geringem
Arbeitsabstand entwickelt worden: die Immersionssysteme.
Während man mit Trockensystemen in Luft höchstens Aperturwerte von 0,95
erreicht (theoretisch wäre A = 1 möglich), werden mit Immersionssystemen je
nach Brechungsindex der anzuwendenden Immersionsflüssigkeit (Wasser =
1,333; Glyzerin = 1,455; Öl = 1,515; Methylenjodid = 1,744) Aperturwerte bis zu
1,40 erzielt (Tab. 1).
Die Kenngrößen der Objektive sind in ihre Metallfassung eingraviert (Bild 5,
Tab. 1). Objektive für die Polarisationsoptik bestehen aus spannungsfrei
gefaßten Linsen (Gravur "Pol" bzw. P).
1.2.2
Okulare
Die im Zwischenbild aufgelösten Objektstrukturen müssen vom Okular noch soweit nachvergrößert werden, daß sie mit dem Auge unter Sehwinkeln von
wenigstens 2′ betrachtet werden können.
Dazu muß die Gesamtvergrößerung des Mikroskops das 500- bis 1000-fache
der Apertur des Objektivs betragen.
VMikroskop = M Objektiv ⋅ VOkular = 500 bis 1000 ⋅ A
Liegt die Gesamtvergrößerung unter diesen Werten, so entgeht ein Teil der im
Zwischenbild aufgelösten Strukturen der Beobachtung, liegt sie darüber, dann
werden alle aufgelösten Strukturen nur noch ohne weiteren Gewinn an Auflösung vergrößert. Das ist die sogenannte Leervergrößerung.
Moderne Okulare bestehen aus zwei mehrlinsigen Gliedern, der "Kollektivlinse" und der "Augenlinse". Durch die Kombination mehrerer Linsen werden
Bildfehler des Okulars selbst, aber auch Restfehler des vom Objektiv erzeugten
Zwischenbildes beseitigt.
Nach der Bauart unterscheidet man Huygens-, Ramsden- bzw. Kompensationsokulare. Heute verwendet man überwiegend Kompensationsokulare,
welche die chromatische Vergrößerungsdifferenz des Zwischenbildes beseitigen.
In Okulare mit verstellbarer Augenlinse können Glasplättchen mit Strichteilungen (Okularmikrometer), Netzen, Rastern usw. gelegt werden, die mit dem
Bild des Objekts gleichzeitig durch Verstellen der Frontlinse scharf abgebildet
werden können. Sie dienen dazu, Objekte im Bild auszumessen und zu zählen.
Zum Einlegen der Glasplatte (z.B. Mikrometerplatte) wird der untere Okularteil
abgeschraubt, der Ring über der Okularblende abgenommen und nach
Einlegen der Mikrometerplatte (Teilung nach oben!) wieder aufgesteckt.
Anschließend wird der untere Okularteil wieder angeschraubt.
- 10 -
Tab. 1:
Objektive und Okulare (Auswahl)
I. Spannungsfreie Objektive für die Polarisationsmikroskopie
Leitz
Planobjektive
Planfeldobjektiv
Planachromat
Fluotare
Zeiss Planchromat
Achromat
Neofluar
Achromat
Plan-Neofluar
Achromat
Deckglas- Auflösung
korrektur
d [µm]
(mm)
(λ=550 nm)
Maßstabszahl
Apertur
PL
PL
EFP
PL
PL
PL
PL Öl
1,6
2,5
10
16
25
40
100
0,05
0,08
0,25
0,45
0,55
0,70
1,32
7,2
11,8
6,8
0,8
0,51
0,45
0,17
±
±
±
0,17
0,17
0,17
0,17
11,0
6,9
2,2
1,2
1,00
0,79
0,42
Pol Z
Pol Z
Pol Z
Pol Z
Pol Z
Pol Z Öl
2,5
10
25
40
63
100
0,08
0,22
0,60
0,85
0,90
1,25
8,5
5,0
0,54
0,36
0,09
0,09
±
±
0,17
0,17
0,17
0,17
6,9
2,5
0,92
0,65
0,61
0,44
Bezeichnung
FAA*
(mm)
Mechanische Tubuslänge: 170 mm (Leitz), 160 mm (Zeiss)
Deckglaskorrektur: ± mit und ohne Deckglas verwendbar
* Freier Arbeitsabstand
II. Okulare
Bezeichnung
Leitz
Periplan GF 10 x Fadenkreuz
Periplan GF 10 x Strichplatten
Periplan 10 x für Brillenträger
Zeiss Kpl 8 x/18 Pol Fadenkreuz
Kpl 8 x/18 foc.
Kpl 12,5 x/18 W Br Pol
mit Strichkreuzmikrometer
Kpl 12,5 x/18 W Br foc.
Vergrößerung
Bildwinkel
(°)
Sehfeldzahl
(mm)
10 x
10 x
10 x
39,6
39,6
39,6
18
18
18
8x
8x
33
33
18
18
12,5 x
12,5 x
48
48
18
18
- 11 -
Für polarisationsoptische Zwecke gibt es Spezialokulare mit exakt justiertem
Fadenkreuz bzw. Strichkreuzmikrometerplatte. "Vertikaler" und "horizontaler"
Faden dienen als Bezugsrichtungen für die Schwingungsrichtungen des Polarisators und Analysators sowie für Winkelmessungen (Kap. 2.1, 4.2.1). Für spezielle Meß- und Zählaufgaben sind Sonderokulare entwickelt worden (Okular
schraubenmikrometer, Goniometerokular, Okular für Mikrohärteprüfer, Okular
für Strichplattenrevolver). Die Kenngrößen der Okulare sind in die Metallfassung
graviert (Bild 5, Tab. 1).
1.2.3
Tubus, Objektiv und Okular
Objektiv und Okular sind durch einen Tubus vorgegebener Länge verbunden
(Leitz 170 mm, Zeiss 160 mm). Die Fadenkreuz-Okulare werden so in das
obere Tubusende gesteckt, daß die Fäden des Fadenkreuzes exakt horizontal/vertikal orientiert sind. Die früher gebräuchliche Einzelhalterung der Objektive auf einem Wechselschlitten wird heute im wesentlichen nur noch in der
Auflicht-, Interferenz- und Universaldrehtischmikroskopie gebraucht. Im allgemeinen sind die Objektive auf Revolverfassungen geschraubt.
Es ist wünschenswert, daß beim schnellen Objektiv-Wechsel mit Hilfe des
Revolvers die Scharfstellung des Endbildes erhalten bleibt. Deshalb sind die
Fassungen der Objektive so bemessen, daß beim Wechsel der Objektive das
Zwischenbild im Tubus stets an der gleichen Stelle erzeugt wird.
Damit auch beim Okularwechsel das Bild scharf bleibt, sind die Okulare so
gefaßt, daß ihre Brennebene immer mit dem Zwischenbild zusammenfällt.
Objektive und Okulare sind somit abgeglichen.
Aus diesen festliegenden Abbildungsverhältnissen folgt, daß jedes Objektiv
eine definierte Maßstabszahl besitzt (Tab. 1). Auch der freie Arbeitsabstand
FAA, d.h. die Entfernung zwischen der Frontlinse des eingestellten Objektivs
und der Oberfläche des Deckglases, ist damit eine feststehende Größe. Der
freie Arbeitsabstand nimmt mit zunehmender Maßstabszahl des Objektivs ab
(Tab. 1).
In der Tabelle 1 sind die für die Polarisationsmikroskopie gebräuchlichsten
Objektive und Okulare der Firmen Leitz und Zeiss mit ihren Kenngrößen zusammengestellt.
1.3
Beleuchtung
Objekte müssen, wenn sie nicht selbst leuchten (fluoreszieren), für die Abbildung im Mikroskop mit auf- oder durchfallendem Licht beleuchtet werden.
Undurchsichtige Objekte (Erze, Metalle usw.) werden mit dem reflektierten
Lichtanteil abgebildet (Auflichtmikroskopie). Durchsichtige oder schwach absorbierende Objekte werden mit dem durch das Objekt gelangenden Lichtanteil
abgebildet (Durchlichtmikroskopie).
- 12 -
Im mikroskopischen Bild der Durchlichtobjekte erscheinen nur solche Strukturen, durch die das durchfallende Licht infolge Absorption, Brechung, Beugung
oder Reflexion in seiner Farbe und Intensität verändert wird.
Zur Beleuchtung des Objekts wird, vor allem bei älteren Mikroskop-Typen,
das Tageslicht oder das Licht einer mattierten Glühlampe über einen Plan- oder
Hohlspiegel direkt oder durch ein fokussierendes Linsensystem, Kondensor,
durch das Objekt gelenkt.
In modernen Mikroskopen ist die Lichtquelle fest in den Fuß des Mikroskopstativs eingebaut. Das von der Einbauleuchte ausgehende divergente Licht wird
zunächst mit einem einfachen Linsensystem, Kollektor, gebündelt und gelangt
dann durch den Kondensor in das Objekt (Bild 6 a, b; Beilage).
1.3.1
Beleuchtungsapertur
Für eine optimale Qualität des mikroskopischen Bildes ist es notwendig, daß
der zur Abbildung gelangende Objektbereich, das Objektfeld, homogen ausgeleuchtet ist. Außerdem sollen, um eine möglichst große Auflösung zu erzielen, die einzelnen Objektpunkte von Strahlenkegeln möglichst großer Öffnung durchstrahlt werden (Bild 6 a; vgl. Kap. 1.2.1, Apertur).
Die Apertur der Beleuchtung wird in der Regel etwas kleiner als die Apertur
des Objektivs gewählt. Größere Beleuchtungsaperturen führen zu Kontrastverlust, kleinere zu einer Verringerung der Auflösung. Die Einstellung der Beleuchtungsapertur erfolgt mit Hilfe einer Irisblende, die unterhalb der Kondensorlinsen
angebracht ist. Ihrer Funktion gemäß wird sie Aperturblende genannt (Bild 6a,
b; Beilage).
Durch Einengen der Kondensoraperturblende, Abblenden, wird die Beleuchtungsapertur verringert, der Bildkontrast und die Abbildungstiefe vergrößert.
Durch Öffnen wird die Beleuchtungsapertur vergrößert, der Bildkontrast verringert (Kap. 1.3.4).
1.3.2
Leuchtfeld
Die Objektive verschiedener Maßstabszahl erfassen verschieden große Objektbereiche (Objektfeld). Um eine Überstrahlung der abgebildeten Strukturen
durch seitliches Streulicht zu vermeiden, muß der Querschnitt des beleuchtenden Strahlenbündels (Leuchtfeld) gerade die Größe des Objektfeldes haben.
Der Querschnitt des beleuchtenden Strahlenbündels wird mit einer Irisblende, die oberhalb der Kollektorlinse angebracht ist, den jeweiligen Erfordernissen angepaßt (Kap. 1.3.4). Diese Irisblende heißt ihrer Funktion gemäß
Leuchtfeldblende (Bild 6a, b; Beilage).
Neben den genannten Möglichkeiten der Veränderung der Beleuchtungsapertur und des Sehfeldes mit den Blenden kann man moderne Kondensoren
durch Einklappen oder Einschrauben einer Frontlinse von einem längerbrennweitigen Kondensor mit geringer Apertur und großem Beleuchtungsquerschnitt
in einen kurzbrennweitigen Kondensor mit hoher Apertur und kleinem Beleuchtungsquerschnitt verwandeln.
- 13 -
Bild 6:
- 14 -
a. Abbildung des Objekts, orthoskopischer Strahlengang
b. Abbildung paralleler Lichtstrahlen, konoskopischer Strahlengang
(vgl. auch Beilage)
Zur vollständigen Ausleuchtung der Objekte bei Abbildung mit Objektiven
kleiner Maßstabszahl und Apertur muß die Kondensorfrontlinse und gelegentlich auch die Kondensorhilfslinse aus dem Beleuchtungsstrahlengang entfernt
werden (s. Bild 7).
Für spezielle optische Abbildungsverfahren (Phasenkontrast-, Interferenz-,
Fluoreszenz- und Dunkelfeldmikroskopie) sind Spezialkondensoren entwickelt
worden.
Ein Beleuchtungsprinzip, welches optimale Ausleuchtung und Auflösung der
Objektstrukturen des abgebildeten Objektfeldes erreicht, wurde von A. Köhler
eingeführt. Es ist das in der Durchlichtmikroskopie bevorzugt angewendete
Beleuchtungsverfahren (Kap. 1.3.4).
1.3.3
Mattscheibe und Filter
Für eine homogene Ausleuchtung des Objekts empfiehlt es sich, eine Mattscheibe vor die Lichtquelle zu bringen.
Blaugläser verwendet man, um das gelbliche Glühlicht dem weißen Tageslicht anzunähern.
Monochromatisches Licht, welches man für eine Reihe spezieller Messungen
benötigt (Kap. 3.2, 4.2), kann mit Interferenzlinienfiltern und Verlauffiltern
erzeugt werden. Diese sondern aus dem Gesamtspektrum des Glühlichtes
mehr oder weniger schmale Spektralbereiche aus.
1.3.4
Köhler'sche Beleuchtung
Das Beleuchtungsverfahren nach A. Köhler gewährleistet eine homogene Ausleuchtung des Objektfeldes. Es bietet die Möglichkeit, die Beleuchtungsapertur
und die Größe des beleuchteten Objektfeldes unabhängig voneinander mit der
Apertur- bzw. der Leuchtfeldblende zu regeln.
Das Beleuchtungsverfahren beruht auf einer definierten Strahlenführung im
Beleuchtungsteil des Mikroskops. Sie wird durch eine bestimmte Anordnung
von Lichtquelle, Kollektor, Leuchtfeldblende, Kondensoraperturblende und
Kondensor erreicht (Bild 6 a, b; Beilage; Kap. 1.5).
1. Die Lichtquelle (Wendel der Glühbirne) wird durch die Kollektorlinse in der
unteren Brennebene des Kondensors vergrößert abgebildet. Dort befindet
sich die Kondensoraperturblende.
Durch diese Anordnung wird erreicht, daß den Kondensor parallele Strahlenbündel verlassen. Die parallelen Strahlenbündel bilden insgesamt einen Beleuchtungskegel, dessen Öffnungswinkel (Apertur) durch die Öffnung der
Kondensoraperturblende bestimmt wird (Bild 6, 30a, Beilage).
Jeder Punkt des Objekts erhält Lichtstrahlen von jedem Punkt der Wendel
der Glühbirne, so daß eine absolut homogene Ausleuchtung des gesamten
Objektfeldes erzielt wird.
- 15 -
Weitere Bilder der Lichtquelle (Wendel) entstehen durch das Objektiv in der
oberen Brennebene des Objektivs und durch das Okular in der Austrittspupille des Mikroskops.
2. Die Leuchtfeldblende wird in der Objektebene abgebildet. Dort bestimmt sie
die Größe des beleuchteten Objektfeldes, und zwar ohne Einfluß auf die
Beleuchtungsapertur (Bild 6a).
Zusammen mit dem Objekt wird das Bild der Leuchtfeldblende in der
Zwischenbildebene abgebildet und mit dem Auge durch das Okular nochmals
vergrößert betrachtet.
Die Einstellung der Köhler'schen Beleuchtung am Mikroskop wird im Kap. 1.5
beschrieben.
1.4
Strahlengang im Mikroskop
Das Köhler'sche Beleuchtungsverfahren ermöglicht die Betrachtung des Minerals unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten.
1.4.1
Orthoskopische Abbildung
Von jedem Objektpunkt geht ein Strahlenkegel aus, dessen divergente Strahlen
durch das Objektiv in der Zwischenbildebene zum Bildpunkt vereinigt werden
(Bild 6a, Beilage). Es entsteht dort das reelle Zwischenbild des Objekts.
In optisch anisotropen Mineralen pflanzen sich in jeder Richtung des
Strahlenkegels Lichtwellen mit verschiedener Geschwindigkeit (Doppelbrechung) und z.T. auch verschiedener Amplitude (Absorption) fort (Kap. 4.1). Die
Lichtwellen überlagern sich im Bildpunkt des Objekts. Deshalb können bei
orthoskopischer Beobachtung aus dem mikroskopischen Bild eines einzelnen
Mineralkorns keine Rückschlüsse auf das optische Verhalten des Lichtes in
allen vom Strahlenkegel erfaßten Richtungen des Minerals gezogen werden.
Ist die Beleuchtungsapertur klein, so werden die optischen Erscheinungen im
Zwischenbild nur durch die Eigenschaften der Lichtwellen bestimmt, die das
Mineral senkrecht durchsetzen: orthoskopische Beobachtung (Kap. 4). Daher
kann man die optischen Eigenschaften, die ein Mineral in seinen verschiedenen
räumlichen Richtungen besitzt, an mehreren unterschiedlich geschnittenen
Körnern untersuchen.
1.4.2
Konoskopische Abbildung
Das Mineral wird im Beleuchtungsverfahren nach Köhler von Bündeln paralleler
Strahlen in allen den Richtungen durchsetzt, die innerhalb des Beleuchtungskegels liegen. Je nach ihrer Neigung zur optischen Achse des Mikroskops werden die parallelen Strahlenbündel durch das Objektiv in definierten nebeneinanderliegenden Punkten der oberen Objektiv-Brennebene vereinigt (Bild 6b,
30a, Beilage). Dort kann man deshalb die Eigenschaften der Lichtwellen studieren, die ganz bestimmten Richtungen im Mineral zugeordnet sind: konoskopi- 16 -
sche Beobachtung. Es entstehen bei Beobachtung mit gekreuzten Polarisatoren
in Abhängigkeit von der Symmetrie und den optischen Eigenschaften der
Minerale charakteristische Interferenzbilder (Kap. 5).
Im konoskopischen Interferenzbild werden nur die optischen Richtungen des
Minerals abgebildet, die sich innerhalb des Aperturkegels des Objektivs
befinden (Kap. 1.2). Sollen zusätzliche Richtungen im Mineral, die einer
größeren Kegelöffnung entsprechen, erfaßt werden, so müssen sowohl die
Objektiv- wie auch die Beleuchtungs-Apertur maximal vergrößert werden.
Das Interferenzbild kann durch Herausnehmen des Okulars direkt mit dem
Auge im Tubus betrachtet werden. Es ist klein und scharf. Führt man eine Hilfslinie, Amici-Bertrand-Linse genannt, in den Tubus zwischen Analysator und
Okular ein, dann entsteht ein schwachvergrößerndes Mikroskop, durch das man
das Interferenzbild vergrößert betrachten kann (Bild 6b, Beilage). Die
Scharfstellung des Interferenzbildes erfolgt durch Verstellen des Okularabstandes zur Amici-Bertrand-Linse am Monotubus. Die Durchführung und Anwendung des konoskopischen Abbildungsverfahrens sind in Kapitel 5 behandelt.
Die orthoskopische Abbildung ermöglicht vor allem die Strukturanalyse des
Dünnschliffs.
Die konoskopische Abbildung ermöglicht die Analyse der Lichtwellen in den
verschiedenen Richtungen des betrachteten Minerals.
1.5
Zentrieren des Mikroskops
Neben der Anordnung der Beleuchtung nach Köhler (Abschnitt 1.3.4) ist es für
eine einwandfreie Strahlenführung im Mikroskop notwendig, die optischen
Systeme (Lichtquelle - Kollektor - Kondensor - Drehtisch - Objektiv - Okular) auf
eine gemeinsame Achse zu zentrieren. Diese Mikroskopachse fällt zugleich mit
der Strahlenrichtung des Lichtes im Mikroskop zusammen.
Die Strahlenrichtung (Mikroskopachse) ist nach der DIN 58 879 die zRichtung des Bezugssystems der Polarisationsmikroskopie. Das Bezugssystem
ist ein rechtsdrehendes, kartesisches mit den Koordinaten x, y und z. Es umfaßt
alle kalibrierten Dreh- und Verschiebebewegungen an Mikroskopen und deren
Hilfsgeräten, wie Drehtische, Polarisatoren, Kompensatoren, Goniometerokulare, UD-Tische usw. (Bild 9).
Man wählt die Drehachse des Mikroskopdrehtisches als Zentrierachse, weil
diese bei den meisten modernen Mikroskopen festgelegt ist und mit der Mikroskopachse zusammenfällt. (Vorsicht bei vereinzelten älteren Modellen! Hier ist
der Drehtisch über Zentrierschrauben horizontal verschiebbar.)
Die Zentrierung erfolgt in drei Schritten:
- 17 -
1.5.1
Zentrieren der Objektive
Die Objektive müssen so zentriert werden, daß die Drehachse des Mikroskoptisches im Bild mit dem Schnittpunkt des Okular-Fadenkreuzes zusammenfällt. Dazu stellt man zunächst den Dünnschliff scharf, bringt durch Verschieben des Dünnschliffes ein kleines Körnchen in den Schnittpunkt des
Fadenkreuzes (Bild 8a, I) und dreht den Mikroskoptisch:
a) Verbleibt das Bild des Körnchens im Schnittpunkt des Fadenkreuzes, so ist
das Objektiv zentriert.
b) Beschreibt das Körnchen im Bild eine Kreisbahn (Bild 8a, II), dann ist das
Objektiv dezentriert. Nun muß durch Drehen der Zentrierschrauben oder der
Zentrierringe an der Objektivfassung das Drehzentrum der Kreisbahn
(Drehachse des Mikroskoptisches) in den Schnittpunkt des Fadenkreuzes
gebracht werden. Man kann stattdessen auch das Bild des Körnchens aus
dem Schnittpunkt des Fadenkreuzes durch 180°-Drehung des Mikroskoptisches in seine entferntestes Stellung K bringen und sodann um die Hälfte
der Strecke KM auf den Schnittpunkt des Fadenkreuzes hin zentrieren (Bild
8a, III). Anschließend bringt man das Körnchen durch Verschieben des
Dünnschliffes wieder in den Schnittpunkt des Fadenkreuzes und beobachtet,
ob es nun beim Drehen des Tisches dort verbleibt (Bild 8a, IV). Ist dies nicht
der Fall, dann muß der Zentriervorgang wiederholt werden.
Auf diese Weise werden alle Objektive nacheinander zentriert.
Achtung! Prüfen, ob der Objektivrevolver bis zum Anschlag auf den Tubus
geschoben ist, da sonst nie eine Objektivzentrierung erreicht werden kann (Kap.
1.7).
1.5.2
Zentrieren des Kondensors nach Köhler
Die Leuchtfeldblende wird geschlossen, die Frontlinse des Kondensors in den
Strahlengang gebracht und durch Heben oder Senken des Kondensors der
Rand der Leuchtfeldblende scharf in die Schliffebene abgebildet (Kap. 1.3.4,
Bild 8b).
a) Liegt der Schnittpunkt des Fadenkreuzes in der Mitte des beleuchteten
Objektfeldes, so ist der Kondensor zentriert (Bild 8b).
b) Liegt das beleuchtete Objektfeld nicht in der Mitte des Gesichtsfeldes, dann
bringt man es durch Betätigen der Zentrierschrauben der Kondensorhalterung exakt in den Schnittpunkt des Fadenkreuzes (Bild 8b).
Anschließend öffnet man, um eine Überstrahlung des Objektfeldes von der
Seite her zu vermeiden, die Leuchtfeldblende nur so weit, daß sie gerade aus
dem Gesichtsfeld verschwindet.
- 18 -
Bild 7:
Aufbau eines Polarisationsmikroskops, Standard RP-Zeiss (vgl. auch
Beilage)
- 19 -
Bild 8:
- 20 -
Zentrieren des Mikroskops, Justieren der Polarisatoren
1.5.3
Zentrieren der Lichtquelle
Lichtquelle und Kollektor sind in den modernen Polarisationsmikroskopen meist
fest eingebaut, so daß deren Zentrierung entfällt.
Bei einigen Mikroskoptypen ist die Lampenfassung zentrierbar angebracht.
Nach erfolgter Zentrierung des Kondensors wird dann die Lichtquelle so
verstellt, daß das Sehfeld gleichmäßig und hell ausgeleuchtet ist. Eine exakte
Zentrierung der Lichtquelle nach Köhler (Kap. 1.3.4) kann in diesem Fall auch
durch die Abbildung der Wendel der Glühbirne in die Kondensoraperturblende
(dort Transparentpapier als Mattscheibe) oder besser in die obere Brennebene
des Objektivs bei konoskopischer Beobachtung erfolgen. Mattscheiben aus
dem Beleuchtungsstrahlengang entfernen!
1.6
Polarisator und Analysator
Der Polarisator (Filterpolarisator, Nicolsches Prisma) ist unterhalb des Kondensors in einer drehbaren und mit Gradteilung versehenen Fassung ein- und ausschwenkbar angebracht. Er läßt aus den in allen Raumrichtungen schwingenden Lichtwellen der Lichtquelle linearpolarisierte, d.h. in nur einer definierten
Ebene schwingende Lichtwellen, im folgenden vereinfachend "Polarisatorwelle"
genannt, hindurchtreten.
Die Polarisatorwelle erfährt bei ihrem Eintritt in den Dünnschliff verschiedenste Veränderungen (Lichtbrechung, Doppelbrechung, Absorption usw., Kap.
4.2). Um diese Veränderungen qualitativ und quantitativ erfassen zu können,
muß die Schwingungsrichtung der Polarisatorwelle mit einer definierten Bezugsrichtung im mikroskopischen Bild des Dünnschliffes zusammenfallen. Die
Bezugsrichtung bildet der horizontale Faden des Okular-Fadenkreuzes = "EW"Richtung. Sie entspricht der x-Richtung im Bezugssystem der DIN 58 879 und
damit der Nullrichtung dieses kartesischen Systems. Bei nicht der DIN entsprechenden Mikroskopen schwingt die Polarisatorwelle in der "NS"-Richtung, z.B.
ältere Leitz-Modelle.
Der Analysator (Filterpolarisator, Nicolsches Prisma) wird zwischen Objektiv
und Okular unterhalb der Amici-Bertrand-Linse in den Tubus geklappt oder geschoben. Er dient der Analyse der Veränderungen, die die Polarisatorwelle im
Dünnschliff erfahren hat (Kap. 4.2). Um diese Lichtanalyse durchführen zu
können, muß die "Durchlaßrichtung" des Analysators exakt mit dem vertikalen
Faden des Fadenkreuzes zusammenfallen = "NS"-Richtung. Sie entspricht
damit der y-Richtung des DIN-Bezugssystems. Bei nicht der DIN entsprechenden Mikroskopen fällt sie mit der "EW"-Richtung zusammen, z.B. ältere LeitzModelle.
Zur Justierung der Schwingungsrichtung der Polarisatorwelle in den horizontalen EW-Faden verwendet man ein Streupräparat mit dünnen Turmalinnadeln.
Bei ausgeschaltetem Analysator bringt man eine Turmalinnadel mit ihrer kristallographischen c-Achse zur Deckung mit dem vertikalen = NS-Faden und dreht
den Polarisator, bis maximale Absorption auftritt (Bild 8c, links).
- 21 -
Erklärung: Bei maximaler Absorption im Turmalin fällt die Schwingungsrichtung
der Polarisatorwelle mit der Schwingungsrichtung der no-Welle zusammen. Die
no-Schwingungsrichtung ist die Richtung größter Absorption im Turmalin
(Dichroismus, Kap. 4).
Achtung! Der justierte Polarisator darf nicht in seiner Stellung verändert werden. Gradwert an der Fassung merken. Unter Umständen den Polarisatorring
mit Klebeband festkleben!
Die Justierung des Analysators erfolgt nach der des Polarisators mit einem
Anhydrit-Streupräparat. Ein Anhydrit-Spaltstück wird zunächst bei ausgeschaltetem Analysator mit seinen Kanten an die Fäden des Fadenkreuzes geschoben. Dann wird der Analysator in den Strahlengang eingeführt und so verstellt,
daß das Gesichtsfeld und das Anhydrit-Spaltstück völlig dunkel (ausgelöscht)
erscheinen (Bild 8c, rechts).
Erklärung: Die in "EW"-Richtung schwingende Polarisatorwelle verläßt dann
das Anhydritspaltstück in unveränderter Schwingungsrichtung und wird deshalb
vom exakt vertikal = NS-orientierten Analysator gesperrt (s. auch Kap. 4.2).
Bei den drehbaren Analysatorschiebern erfolgt die Verstellung der "Durchlaßrichtung" mit einer Drehspindel, die eine Gradteilung besitzt und nach der
Justierung arretiert wird. Bei einfachen klappbaren Analysatoren muß das
Analysatorplättchen in der Fassung selbst verstellt werden.
Achtung! Vor jedem Mikroskopgebrauch bei gekreuzten Polarisatoren die
Dunkelstellung überprüfen (Kap. 1.7).
Bei Objektiven hoher Maßstabszahl wird bei geöffneter Aperturblende und
gekreuzten Polarisatoren das Sehfeld aufgehellt (kein Objekt im Strahlengang!).
Diese Aufhellung kommt durch die Drehung der Schwingungsebene der
"Polarisatorwelle" an den stark gekrümmten Linsenflächen des Objektivs zustande. Bei konoskopischer Betrachtung entsteht dann ein Interferenzbild, welches dem eines senkrecht zur optischen Achse geschnittenen optisch einachsigen, schwach doppelbrechenden positiven Kristalls gleicht (Kap. 5).
1.7
1.7.1
Praktische Hinweise zur Handhabung und Pflege des
Mikroskops
Optimale Abbildung des Präparats
Es wird vorausgesetzt, daß das Mikroskop nach Köhler (Kap. 1.5) zentriert ist.
Gelingt bei einem Dünnschliff die Scharfstellung des Präparats zwar bei
schwach vergrößernden Objektiven (2,5; 6,3; 10), jedoch nicht bei den stärker
vergrößernden (25; 40 usw.), so liegt im einfachsten Falle der Dünnschliff auf
der falschen Seite, nämlich auf dem Deckglas (s. Arbeitsabstände der Objektive, Tab. 1, S. 11).
- 22 -
Liegt der Dünnschliff richtig und ist für die stark vergrößernden Objektive keine
Scharfstellung zu erreichen, so ist das Deckglas zu dick. In solchen Fällen muß
das Deckglas entfernt und durch ein Normaldeckglas (0,17 mm Dicke) ersetzt
werden. Gelingt die Scharfstellung des Präparats in keinem Fall, so handelt es
sich bei den verwendeten Objektiven wahrscheinlich um Spezialobjektive, die
z.B. für die Arbeit mit einem UD-Tisch konstruiert sind. Der Arbeitsabstand kann
nicht erreicht werden.
Gelingt die Scharfstellung nur mangelhaft, so können verstaubte Glasflächen
der optischen Systeme die Ursache sein. Man beseitigt den Staub am besten
mit einem sauberen, weichen Pinsel. Es empfiehlt sich, den Pinsel ab und zu in
Äther auszuspülen, um ihn völlig fettfrei zu halten. Man beginnt bei der Kondensorlinse und reinigt dann Glasfläche nach Glasfläche, bis man an der Leuchtfeldblende angelangt ist.
Undeutliche Abbildungen des Untersuchungsobjekts erhält man auch, wenn
die Objektivfrontlinsen durch Immersionsöl oder Fingerabdrücke verschmutzt
sind oder wenn die Frontlinse des Okulars durch das Fett der menschlichen
Wimpern getrübt ist. In solchen Fällen nimmt man das verschmutzte Objektiv
oder Okular heraus, haucht es an und reibt die Feuchtigkeit vorsichtig mit einem
sauberen Leinenlappen ab. Stark haftende ölige Verschmutzungen werden am
besten mit dem sehr schnell verdampfenden Lösungsmittel Äther oder Spiritus
abgetupft. Vorsicht beim Gebrauch des Lösungsmittels! Die Linsen sind mit
Kunstharzen eingekittet.
1.7.2
Behebung mangelhafter Ausleuchtung
Die beste Ausleuchtung des Objektfeldes wird nach der Köhler'schen Methode
erzielt (Kap. 1.5). Unabhängig von diesen elementaren Prinzipien der Strahlengangführung können aber Störungen in der Ausleuchtung auftreten.
Bleibt das Präparat völlig unbeleuchtet, so gilt der erste Blick der Leuchtfeldblende, die hierfür ganz offen sein muß. Ist diese nicht beleuchtet, so gibt es
vier Möglichkeiten:
a) Das elektrische Netz ist ausgefallen.
b) Der Glühfaden der Birne ist durchgebrannt.
c) Ein Zuleitungskabel oder dessen Stecker ist ohne Kontakt.
d) Der Transformator ist defekt.
Meistens ist Fall b) gegeben. Deshalb muß man stets mindestens eine
Glühbirne zum Ersatz vorrätig haben. Fall a) läßt sich leicht an einer anderen
Lichtquelle überprüfen. Fall c) läßt sich meist in einer Instituts-, Firmen- oder
gewöhnlichen Elektrowerkstatt beheben. Fall d) ist schwerwiegend, da der
Transformator zur Reparatur in eine Spezialwerkstatt weggegeben werden
muß.
- 23 -
Ist die Leuchtfeldblende beleuchtet, jedoch das Präparat nicht, so liegt der
Fehler im Kondensorteil. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten, die eine
teilweise oder völlige Abblendung bewirken können und im Verlauf des Strahlenganges von unten nach oben verfolgt werden sollen.
a) Im Schlitz des Polarisatorhalters steckt ein nicht bis zum Anschlag eingeschobenes Hilfsobjekt (siehe Kap. 4.2.2), welches nur herausgezogen werden muß.
b) Eine oder mehrere der Kondensorlinsen sind nicht bis zu den Anschlägen
eingeklappt. Die Linsenfassungen blenden die Strahlen ganz oder teilweise
ab.
Zeigt jetzt das Präparat, wenn man es von der Seite her betrachtet, eine
gleichmäßig runde Ausleuchtung, deren Feld sich durch Öffnen oder Schließen
der Kondensorblende kontinuierlich verändern läßt, dann ist die Beleuchtung
des Dünnschliffs einwandfrei.
Sieht man nun durch das Mikroskop und erhält kein einwandfreies Bild, so
liegt der Fehler im Tubusteil.
a) Bei Mikroskopen, die mit Objektivrevolvern ausgestattet sind, ist zu prüfen,
ob der Revolver richtig auf dem Stativ sitzt und nicht eine Stellung zwischen
zwei Objektiven einnimmt.
b) Die Fassung eines unvollständig in den Schlitz unter dem Analysator eingeführten Hilfsobjekts (Rot I) kann den Strahlengang behindern.
c) Auch Analysatoren müssen bis zum Anschlag eingeschoben (-geklappt) oder
herausgezogen (-geklappt) sein.
d) Zwischenvergrößernde Revolversysteme (z.B. Optovar des Zeiss-Fotomikroskops) müssen stets eingerastet sein. Zwischenstellungen rufen keilförmige
Ausblendungen hervor.
e) Die Amici-Bertrand-Linse bewirkt bei halber Ein (Aus)-Klappstellung eine
völlige Abblendung.
f) Man achte darauf, daß bei orthoskopischer Betrachtung die zentrierbare
Blende im Monotubus völlig geöffnet ist.
1.7.3
Fehlerquellen bei der Arbeit mit gekreuzten Polarisatoren
a) Weichen die normalen Interferenzfarben, z.B. das Grauweiß des Quarzes
und Feldspats, zu blassen bräunlich-weißen Farbtönen hin ab, so sind die
Polarisatoren nicht exakt gekreuzt. Die Justierung muß entsprechend den
Ausführungen im Kap. 1.6 vorgenommen werden.
b) Sind die Interferenzfarben von so bekannten Mineralen wie Quarz und
Feldspat (Grauweiß der 1. Ordnung) zu blau-grünen und orange-roten Farbtönen verschoben, dann steckt das Hilfsobjekt Rot I im Kondensor oder im
Tubus (Bild 7; Hilfsobjekte Kap. 4.2.2.-3).
- 24 -
1.7.4
Pflege des Mikroskops
Das Mikroskop soll in einem trockenen Arbeitsraum stehen und nicht dem
direkten Sonnenlicht ausgesetzt sein.
Um das Mikroskop vor dem Verstauben zu schützen, muß es stets unter
einer Plastikhaube stehen, welche nur für die Zeit der Arbeit von dem Gerät
abgenommen wird. Trotzdem verstauben die Geräte leicht, vor allem in Arbeitsräumen mit Teppichfußböden und Gardinen. Daher muß man die Oberflächen
der optisch wirksamen Systeme, z.B. Beleuchtungsapparat, Polarisator und
Kondensorlinsen, jeweils nach einigen Tagen mit einem fettfreien Pinsel entstauben.
Bei längeren Benutzungspausen ist es zweckmäßig, das Mikroskop im
Schrank zu verschließen.
Moderne Mikroskope lassen sich nach dem Baukastenprinzip variieren. So
wechselt man z.B. beim Übergang von der orthoskopischen zur konoskopischen Arbeitsweise die Tuben. Hierbei muß strengstens darauf geachtet
werden, daß der unbenutzte Tubus sofort durch Schutzkappen auf beiden
Seiten verschlossen wird. In solche Hohlräume eingedrungener Staub ist nur
sehr schwer herauszubekommen.
Beim Transport von Mikroskopen von einem Tisch zum anderen halte man
das Gerät genau senkrecht und bewege sich vorsichtig. Bei schiefer Lage fallen
Filtergläser, Hilfsobjekte und sogar die Okulare zu Boden. Zur Vorsicht sollte
man die locker aufgelegten oder gesteckten Teile abnehmen.
Bei längerem Transport muß das Mikroskop in einem passenden Mikroskopschrank mit den beigegebenen Vorrichtungen fest arretiert werden. Der
Schrankschlüssel ist abzuziehen!
Dreh- und Gleitlager der Mikroskopteile sind gefettet. Dieses Fett wird im
Laufe der Zeit zäh. Deshalb müssen die beweglichen Teile eines Mikroskops
spätestens jedes zweite Jahr von einem Mechaniker gewartet werden.
Literatur zu Kap. 1
Born, M.: Optik. - Springer-Verlag, Berlin 1965
Burri, C.: Das Polarisationsmikroskop. - Birkhäuser Verlag, Basel 1950
Ehringhaus, A., Trapp, L.: Das Mikroskop. Seine wissenschaftlichen
Grundlagen und seine Anwendung. - 6. Auflage, neu bearbeitet von L.
Trapp, Stuttgart 1967
Françon, M.: Einführung in die neueren Methoden der Lichtmikroskopie. Verlag. G. Braun, Karlsruhe 1967
Freund, H. (Hrsg.): Handbuch der Mikroskopie in der Technik. - 8 Bände,
Umschau Verlag, Frankfurt am Main
- 25 -
Haselmann, H.: Beobachtungen über die Deckglasdicke. - Mikroskopie, 6, 320323, 1951
Martin, L.C.: The Theory of the Microscope. - Blackie & Son Ltd., Glasgow 1966
Michel, K.: Die Grundzüge der Theorie des Mikroskops. - 2. Auflage, Wissenschaftl. Verlags-GmbH, Stuttgart 1964
Michel, K.: Die Mikrophotographie. - In: Hdb. der wiss. und angew. Photographie, Bd. 10, 3. Auflage, Springer-Verlag, Wien 1967
Möllring, F.K.: Mikroskopieren von Anfang an. - Carl Zeiss, Oberkochen, S. 64,
1966
Norris, K.P.: Some observations on microscopic cover glasses. - J. Roy.
Microscop. Soc., 79, 287, 1961
Patzelt, W.J.: Polarisationsmikroskopie. Grundlagen, Instrumente, Anwendungen. - Ernst Leitz GmbH, Wetzlar 1974
- 26 -
2.
MESSUNG VON WINKELN, LÄNGEN UND DICKEN
2.1
Winkelmessung
Zur Bestimmung eines unbekannten Minerals oder zur Ermittlung der Zusammensetzung eines Mischkristalls benötigt man häufig den Winkel, den zwei
bestimmte Bezugselemente miteinander bilden. Solche Bezugselemente sind
Kristallflächen, Spaltflächen, Zwillingsverwachungsebenen, optische Schwingungsrichtungen u.a.m.
So unterscheiden sich z.B. die trigonalen Karbonate in den Winkeln, die die
Rhomboederspaltflächen {1011 } einschließen: Calcit 75°, Magnesit 72,5°. Mit
Hilfe der Spaltwinkel können z.B. auch Pyroxene von Amphibolen unterschieden werden usw. Eine weitaus größere Bedeutung hat die Messung der Winkel
zwischen Mineralflächen und optischen Schwingungsrichtungen, z.B. für die
Bestimmung der Anorthitgehalte der sehr häufigen Plagioklase (Kap. 4.2.1).
Die Winkelmessung wird mit einem Polarisationsmikroskop durchgeführt, das
einen Drehtisch mit einer 360°-Teilung besitzt. Ferner ist im mikroskopischen
Bild eine Bezugsrichtung notwendig. Diese liefert das Fadenkreuz im Okular.
Voraussetzung für eine genaue Messung ist die exakte Zentrierung des
Mikroskops (Kap. 1.5) und die Verwendung eines stärker vergrößernden Objektivs mit geringer Schärfentiefe (M 0 40). Bei der Messung des Winkels
zwischen Spaltflächen bleibt der Analysator besser ausgeklappt.
Die Messung des Winkels, den zwei Spaltflächen, Verwachsungsflächen
usw. einschließen, erfolgt im Dünnschliff an einem Mineralabschnitt, in dem die
Flächen genau senkrecht ausstoßen, d.h. als dünne, dunkle Linien erscheinen.
Stellt man den Dünnschliff unscharf, so wandern von einer solchen Flächenspur
nach beiden Seiten gleichhelle Lichtsäume symmetrisch weg. Für diese
Beobachtung wird der Bildkontrast durch Einengen der Kondensoraperturblende gesteigert.
Zur Durchführung der Messung verschiebt man den Dünnschliff mit der Hand
oder mit Hilfe des Kreuztisches, bis der Schnittpunkt der beiden Flächenspuren
in den Schnittpunkt des Okularfadenkreuzes fällt, und prüft durch Drehen des
Mikroskoptisches, ob er dort verbleibt. Wandert er vom Faden-kreuzschnittpunkt weg, so muß das Objektiv zentriert werden (Kap. 1.5). Beim Drehen nicht seitlich gegen den Mikroskoptisch drücken!
Jetzt bringt man zunächst die eine Fläche (Spaltriß 1) durch Drehen des
Mikroskoptisches zur Deckung mit dem senkrechten Faden des Okularfadenkreuzes und liest am Nonius den Winkelwert I ab (Bild 9, links). Dann dreht man
den Mikroskoptisch, bis die andere Fläche (Spaltriß 2) mit demselben
senkrechten Faden des Okularfadenkreuzes zur Deckung kommt und liest am
Nonius den Winkelwert II ab (Bild 9, rechts). Die Differenz zwischen Ablesewert
I und II ergibt den gesuchten Winkel.
Achtung! Wenn der Mikroskoptisch bei der Drehung über 360° läuft, setzt sich
der gesuchte Winkel aus zwei Teilbeträgen zusammen.
- 27 -
Bild 9: Messung eines Winkels
Nach DIN 58 879 entspricht die Strahlenrichtung des Lichtes
(Mikroskopachse) der z-Richtung eines rechtsdrehenden, kartesischen
Systems. Da die Blickrichtung der beobachtenden Person der Strahlenrichtung
entgegengesetzt ist, werden Tischdrehungen immer linksdrehend mit steigendem Winkel registriert (Bild 9, mittlere Prinzipskizze).
Meßfehler setzen sich aus mehreren Fehlern zusammen. Die Drehtische
besitzen eine mechanische Toleranz. Diese wird bei starken Vergrößerungen
wirksam. Man beobachtet beim Drehen des Tisches durch den seitlichen Druck
der Finger eine Verschiebung des Schnittpunktes der zu messenden Lineare
aus dem Schnittpunkt des Fadenkreuzes heraus. Deshalb ist zu empfehlen,
unter den Tisch zu greifen und von dort aus die Drehung des Tisches zu bewirken. Bei einigen Drehtischen ist ein besonderer Trieb für die Drehung vorhanden, der das mechanische Spiel weitgehend ausschaltet.
Auch die Meßteilungen des Tisches und am Nonius haben Toleranzen, die
aber gegenüber den Einstell- und Ablesefehlern gering sind. Die Einstellung
und damit auch der abgelesene Winkelwert sind ganz entscheidend von der
Qualität der Lineare abhängig. Man muß stets versuchen, mehrere parallel
verlaufende Austrittsspuren von hinreichender Länge von Spalt-, Zwillings- oder
Begrenzungsflächen für die Winkelmessung nutzbar zu machen. Beim
Schleifen oder Polieren ausgebrochene Lineare setzen die Einstellungsgenauigkeit herab. Mit einiger Routine sollte der Meßfehler ± 1° nicht überschreiten.
- 28 -
2.2
Längenmessung
Die Längenmessungen im Dünnschliff sind für die Feststellung von Korngrößen,
Längen-Breiten-Verhältnissen u.a. notwendig. Für diese Messungen benutzt
man Okulare mit einer Strichteilung (Okularmikrometer), die geeicht werden
muß. Bei Verwendung von Okularen verschiedener Lupenvergrößerung
erscheint die Strichteilung dem menschlichen Auge verschieden groß. Bei
Verwendung von Objektiven zunehmender Vergrößerung entstehen ständig
größere Zwischenbilder. Die Zwischenbilder überdecken dann in zunehmendem
Maße die Strichteilung des Okulars (Bild 10 a, b).
Aus diesen Gründen muß die Eichung der Okularstrichteilung für die
verschiedenen Okular-Objektiv-Kombinationen einzeln durchgeführt werden.
Außerdem sind die eingravierten Maßstabszahlen der Objektive und die
Okularvergrößerung nur gerundete Richtwerte (Tab. 1), so daß eine rein
rechnerische Eichung zu ungenau wäre.
Zur Eichung benutzt man einen Maßstab, das Objektmikrometer, mit
Teilungen von 10 µm Strichabstand; 100 Teilstriche fallen auf 1 mm. Man verschiebt das Objektmikrometer auf dem Mikroskoptisch bei Scharfstellung so,
daß die Skalen von Objekt- und Okularmikrometern genau parallel nebeneinander abgebildet sind (Bild 10a, b). Im Bild 10 a entfallen 100 Teilstriche des
Objektmikrometers, das sind 1000 µm, auf 78 Teilstriche des Okularmikrometers. Bei dieser Vergrößerung (Objektiv 6,3; Okular 12,5 x) entspricht der
Abstand zwischen zwei Okularmikrometerteilstrichen 1000 µm geteilt durch 78.
Ein Intervall entspricht somit 12,8 µm. Beispiel b im Bild 10 gilt für eine andere
Kombination (Obj. 63; Ok. 12,5 x).
Will man jetzt z.B. einen Korndurchmesser im Dünnschliff ausmessen, so
zählt man die Anzahl der Okularteilstriche, die auf den Korndurchmesser entfallen, und multipliziert diese Zahl mit dem Eichwert der benutzten ObjektivOkular-Kombination (Bild 10c).
Bei komplizierten Forschungsmikroskopen sind des öfteren noch zwischenvergrößernde optische Systeme eingebaut (z.B. Fotomikroskope). Bei der
Eichung müssen selbstverständlich derartige zusätzliche Vergrößerungsfaktoren berücksichtigt werden.
Der Gesamtmeßfehler ist komplex zusammengesetzt. Sowohl das zur
Eichung benutzte Objektmikrometer wie auch das Okularmikrometer weisen in
den Strichteilungen Toleranzen auf.
Gravierender ist der Fehler, der bei stark vergrößernden Linsensystemen
entsteht, weil die Abbildung nicht völlig planar ist, so daß besonders im Randbereich Verzerrungen entstehen.
Den größten Fehler macht jedoch das menschliche Auge beim Vergleichen
von Objekt und Strichteilung. Dieser Individualfehler kann durch eine Meßreihe
ermittelt werden.
- 29 -
Bild 10:
- 30 -
Eichung des Okularmikrometers und Längenmessung
Tab. 2:
Okular
10x
10x
10x
10x
12,5x
12,5x
12,5x
12,5x
12,5x
Beispiele für Eichtabellen gebräuchlicher Objektiv-Okular-Kombinationen
Objektiv
2,5
10
25
40
2,5
6,3
10
40
63
ObjektMikrometer
1000 µm
1000 µm
500 µm
200 µm
1000 µm
1000 µm
500 µm
200 µm
100 µm
Okular
Teilstriche
=
=
=
=
=
=
=
=
=
19,5
75,2
96,1
60,6
27,2
70,5
54,2
84,7
71,4
Eichwert
;
;
;
;
;
;
;
;
;
1 Teilstr. = 51,3 µm
1 Teilstr. = 13,3 µm
1 Teilstr. = 5,2 µm
1 Teilstr. = 3,3 µm
1 Teilstr. = 36,8 µm
1 Teilstr. = 14,2 µm
1 Teilstr. = 9,2 µm
1 Teilstr. = 2,4 µm
1 Teilstr. = 1,4 µm
Andere Okulare und Objektive s. Tab. 1, S. 11
2.3
Dickenbestimmung
Die Doppelbrechung von anisotropen Mineralen kann angenähert aus den Interferenzfarben mit der Michel-Lévy-Tafel (Kap. 4.2.3, Beilage) oder exakt mit dem
Kompensationsverfahren (Kap. 4.2.3) bestimmt werden. Für beide Methoden
muß man die Dicke des Minerals im Dünnschliff kennen. Normalerweise beträgt
diese Dicke etwa 25 µm. So häufige Minerale, wie der Quarz und die Feldspäte,
zeigen dann eine Interferenzfarbe des Grau bis Weiß der I. Ordnung. Wenn
diese Minerale im Dünnschliff fehlen, wird die Dickenabschätzung für den
Ungeübten schwierig. In diesem Fall kann die Dicke durch den Hub des
Mikroskoptisches oder -tubus bestimmt werden.
Mikroskope besitzen zur Einstellung der Bildschärfe neben dem Grobtrieb
einen mit einer Skala versehenen Feintrieb. In den von den Lieferfirmen mitgegebenen Bedienungsanleitungen findet man den Hub pro Skalenteil angegeben. Er beträgt bei vielen Mikroskopen 2 µm pro Skalenteil.
Für die Messung der Dicke wählt man ein stärker vergrößerndes Objektiv mit
geringer Schärfentiefe (M = 40 oder 63) und stellt zunächst die Oberfläche des
Deckglases scharf ein. Diese erkennt man an den aufhaftenden Staubteilchen.
Ungeübte sollten einen Fingerabdruck aufbringen! Jetzt betätigt man den Feintrieb in der Richtung, in welcher sich der Abstand zwischen Präparat und Objektiv verkürzt. Nach einer Weile verläßt man das Deckglas, und es erscheint
die Grenzfläche des Kanadabalsams gegen den Dünnschliff. Diese erkennt
man an Rauhigkeiten und Schleifspuren des Dünnschliffes. Dreht man nun in
der gleichen Richtung weiter, so wird die untere Fläche des Dünnschliffs mit
ihren Unebenheiten sichtbar. Den Weg durch den Dünnschliff kann man auch
entlang von Spaltflächen und Einschlüssen verfolgen. Nichtgeübte sollten
diesen Vorgang mehrmals wiederholen und gegebenenfalls die Lagen der
Grenzflächen anhand der Feintriebskala notieren und kontrollieren.
- 31 -
Zur genauen Dickenbestimmung ist es notwendig, daß man bei der Einstellung
der oberen und unteren Grenzfläche eines Dünnschliffs stets den Feintrieb nur
in einer Richtung dreht, um das mechanische Spiel des Triebs (toter Gang)
auszuschalten. Will man die Dicke von der unteren zur oberen Grenzfläche
messen, so muß die Schärfenebene zunächst unterhalb der unteren Grenzfläche in dem 1 mm dicken Glas des Objektträgers, beim umgekehrten oben
beschriebenen Vorgehen im 0,17 mm starken Deckglas oberhalb der oberen
Grenzfläche liegen.
Die Anzahl der Skalenteile, die der Feintrieb gedreht wird, um von der
Scharfstellung der unteren Grenzfläche in die der oberen oder umgekehrt zu
gelangen, ergibt mit dem bekannten Hub pro Skalenteil (z.B. 2 µm) multipliziert
den Hub ∆h in µm. Dieser Hub entspricht im allgemeinen nicht der wahren
Schliffdicke.
Wegen der Lichtbrechung gegen Luft werden nämlich beide Grenzflächen
des Minerals im Dünnschliff nicht in ihrer wahren Lage gesehen. Die scheinbare
Lage der unteren Grenzfläche wird zusätzlich noch von der Lichtbrechung des
Dünnschliffminerals beeinflußt (Bild 11, oben).
Die Dicke ist dann:
nKrist.
d=
⋅ ∆h ,
nLuft
wobei ∆h, der Hub, in geeichten Skalenteilen gemessen wird.
Man sollte die Lichtbrechung des Minerals an der Meßstelle wenigstens auf die
erste Dezimale genau kennen, was durch Abschätzen leicht möglich ist (Kap.
3.2).
1, 55
Für Quarz würde ein Beispiel lauten: d =
⋅ 8, 5 Skt.
1, 00
Entspricht einem Skalenteil des Feintriebs ein Hub von 2 µm, so lautet das
Ergebnis für die Dünnschliffdicke:
1, 55
⋅ 8, 5 ⋅ 2µm = 26, 35 µm.
1, 00
Eichung des Hubs
Ist jedoch der Hub des Feintriebs nicht bekannt oder durch langen Gebrauch
eines Mikroskops verändert, so muß man ihn bestimmen. Zu diesem Zweck
zerbricht man ein Deckglas und bestimmt die Dicke des Deckglases in der
Nähe der Bruchstelle mit einer Mikrometerschraube mehrmals und verwendet
den arithmetischen Mittelwert. Solche handelsüblichen Mikrometerschrauben
sind in jeder mechanischen Werkstatt im Gebrauch!
Dann legt man das Deckglasbruchstück auf einen Objektträger, so daß die
Bruchfläche im Bildfeldzentrum liegt. In Abhängigkeit von der Orientierung der
Bruchfläche gibt es zwei Bestimmungsmöglichkeiten (Bild 11a, b):
a)
b)
- 32 -
n = nGlas ~ 1,5;
d = ∆h
d = ∆h ⋅ 1,5 (s. oben)
Bild 11:
Eichung des Feintriebes und Dickenmessung
Ergab die Messung der Deckglasdicke mit der Mikrometerschraube 168,4 µm
und beträgt der Hub 67,3 bzw. 44,9 Skalenteile, dann erhält man als Eichwert
im
Fall a) 168,4 µm : 67,3 Skt = 2,5 µm/Skt und im
Fall b) 168,4 µm : 44,9 Skt = 3,75 µm : 1,5 (nGlas) = 2,5 µm/Skt.
Der Meßfehler besteht aus einer Reihe von Anteilen. Mechanische Toleranzen
der Mikrometerschraube und des Mikroskophubs spielen eine ganz geringe
Rolle gegenüber den Fehlern, die das Auge bei der Einstellung der verschiedenen Meßebenen macht. Dieser Individualfehler sollte in einer Meßreihe
ermittelt werden.
Literatur zu Kap. 2
Anderson, J.L.: Determination of thin section thickness by the universal stage. Am. Mineralogist, 36, 622-624, 1951
Anonym: Längenmessungen unter dem Mikroskop. - Bedienungsanleitung G
40-180-d/I, Carl Zeiss, Oberkochen, S. 6, 1964
Batel, W.: Korngrößenmeßtechnik. - Springer-Verlag, Berlin 1960
- 33 -
El-Hinnawi, E.: Methods in Chemical and Mineral Microscopy. - Elsevier Publishing Company, Amsterdam-London-New York 1966
Glauser, E.: Maschinelle Dünnschliffherstellung. - Schweiz. Miner. Petr. Mitt.,
42, 631-638, 1962
Münzner, H., Schneiderhöhn, P.: Das Sehnenschnittverfahren. Eine Methode
zur Bestimmung der Korngrößenverteilung klastischer Sedimentgesteine aus Dünnschliffen. - Heidelbg. Beitr. Mineral. u. Petrogr., 3,
456-471, 1953
- 34 -
3.
LICHTBRECHUNG
3.1
Theoretische Grundlagen
3.1.1
Modelle des Lichtes
Die Erscheinungen, die aus der Wechselwirkung des Lichtes mit Materie
resultieren, können im Gegensatz zu vielen anderen physikalischen Vorgängen
nicht mit einem physikalischen Modell allein gedeutet werden.
Die räumliche Ausbreitung der Lichtstrahlung (Reflexion und Brechung der
Lichtstrahlen, Strahlengang in optischen Systemen usw.) kann mit dem
Lichtstrahlenmodell in geometrischen Gesetzen beschrieben werden,
Strahlenoptik.
Zur Deutung der Erscheinungen, die z.B. beim Durchgang der Lichtstrahlung
durch Kristalle auftreten (Interferenz, Beugung, Polarisation und Doppelbrechung), muß als weiteres Modell die Transversalwelle herangezogen
werden, Wellenmodell, Wellenoptik.
Strahlen- und Wellenmodell allein reichen schließlich nicht aus, die Wechselwirkungen von Lichtstrahlung und Materie im Bereich der Kristallgitter,
Moleküle und Atome zu erklären (Fotoeffekt, Fluoreszenz), Lichtquantenmodell.
Die optischen Erscheinungen, die man bei der Mikroskopie von Mineralen im
Dünnschliff beobachtet, können anschaulich mit dem Strahlen- und Wellenmodell beschrieben und quantitativ durch Messung und Berechnung erfaßt
werden.
Die sichtbare weiße Lichtstrahlung ist aus elektromagnetischen Wellen mit
Wellenlängen von ca. 400 bis 800 nm zusammengesetzt (Bild 12).
Die elektromagnetischen Wellen kann man als harmonische Schwingungen
auffassen und sie analytisch als Sinusfunktion darstellen:
a = Amplitude der Schwingung
a = A ⋅ sinϕ
A = Maximalwert der Amplitude
ϕ = Phasenwinkel
Das Bild 12 zeigt zwei Beispiele von Wellen unterschiedlicher Wellenlänge λ.
Die Wellenlänge bestimmt die Farbe, die Amplitude a die Intensität des Lichtes.
Die Frequenz ν, das ist die Zahl der Schwingungen pro Zeiteinheit, bleibt
beim Durchgang der Wellen durch verschiedene Medien gleich; d.h., verändert
sich die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ν der Wellen beim Durchgang durch
verschiedene Medien, dann verändert sich auch ihre Wellenlänge λ,
ν =
v
= konst., wie Bild 13 zeigt.
λ
- 35 -
Bild 12:
- 36 -
Lichtwellen, Polarisation, Absorption, Interferenz
Eine Überlagerung, Interferenz von Wellen kann stattfinden, wenn sich die
einzelnen Wellenzüge überlagern, gleiche Fortpflanzungsgeschwindigkeit besitzen und in der gleichen Ebene schwingen (Bild 12). Dieser Fall tritt ein, wenn
die Lichtwellen nach Verlassen der doppelbrechenden Minerale des Dünnschliffs in den Analysator eindringen (Kap. 4.2).
Der Gangunterschied Γ der interferierenden Wellen bestimmt die Amplitude
(Intensität) der resultierenden Interferenzwelle (Bild 12). Werden einzelne
Wellensorten (Farben) des weißen Lichtes durch Interferenz geschwächt oder
ausgelöscht, dann entstehen bunte Interferenzfarben.
Die Intensität und die Farbe des Lichtes können außer durch Interferenzvorgänge (Kap. 4.2) auch durch Absorption verändert werden (Bild 12 und Kap.
4.1).
3.1.2
Lichtbrechung
Die Lichtwellen ändern an der Grenzfläche zweier Medien (z.B. Kristall-Luft,
Kristall-Kanadabalsam, Kristall-Kristall) im allgemeinen ihre Fortpflanzungsrichtung: Die Lichtstrahlen werden "gebrochen", Lichtbrechung (Bild 14a). Die
Lichtbrechung wird durch die Änderung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der
Lichtwellen verursacht.
Lichtbrechung findet im Dünnschliff unter dem Mikroskop mindestens
sechsmal statt (Bild 14b). Häufig durchlaufen die Lichtwellen aber auch noch
innerhalb des Gesteinsplättchens im Dünnschliff Grenzflächen zwischen verschiedenen Mineralen.
Bei jedem Durchgang durch solche Grenzflächen ändert sich also die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und Fortpflanzungsrichtung der Lichtwellen und
wegen der konstanten Frequenz auch ihre Wellenlänge (Bild 13).
Nach Verlassen des Dünnschliffs pflanzen sich die Lichtwellen wieder mit der
Geschwindigkeit und der Wellenlänge des Lichtes in Luft fort.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit v des Lichtes besitzt den größten Wert im
absoluten Vakuum, z.B. im Weltraum, mit etwa 300.000 Kilometern pro
Sekunde. In Luft ist v ein wenig kleiner, in allen anderen lichtdurchlässigen
flüssigen und festen Stoffen erheblich geringer.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes im Vakuum vo wird als Bezugswert für alle anderen Lichtgeschwindigkeiten benutzt. Das Verhältnis von vo
zur Lichtgeschwindigkeit v in einem anderen Medium ist als die Licht-brechung
n (Brechungsindex) des Mediums definiert. Da die Lichtfort-pflanzungsgeschwindigkeiten aller Medien kleiner sind als die des Vakuums, ergeben sich
stets Lichtbrechungswerte > 1.
Bei der experimentellen Bestimmung von Lichtbrechungswerten fester und
flüssiger Medien können wir bedenkenlos n Luft gleich n Vakuum setzen. n Luft
= 1,00029 bei 0°C und Normaldruck.
Beispiel: bei n = 1,00 (Luft) beträgt v etwa 300.000 km/sec, bei n = 2,00
(Zirkon) ist v etwa 150.000 km/sec, bei n = 3,00 (Rotgültig, Rutil) sinkt v auf ein
Drittel, also etwa 100.000 km/sec herab.
- 37 -
Bild 13:
Änderung der Wellenlänge der Lichtwellen beim Durchgang durch
zwei Minerale unterschiedlicher Wellen-Fortpflanzungsgeschwindigkeiten und Brechzahlen (vgl. Kap. 3.1.2). Die Brechzahlen 2,0 und
2,9 entsprechen den Fortpflanzungsgeschwindigkeiten 150.000 und
103.500 km pro sec, welche in dieser Größenordnung im Zinnstein
bzw. im Rutil auftreten.
Zwischen den Brechungswinkeln α und β (Winkel zwischen Lichtstrahl und
Grenzflächennormale) eines an der Grenzfläche zweier Medien gebrochenen
Lichtstrahls und den Lichtbrechungswerten n1 und n2 ergibt sich ein trigonometrischer Zusammenhang (Bild 14a). Nach Snellius ist:
sin α
v
n
= 1 = 2
sinβ
v2
n1
Diese Beziehung ist für die numerische Apertur eines Objektivs (Kap. 1.2.1),
die Bestimmung der Dicke (Kap. 2.3) und des konoskopischen Achsenwinkels
(Kap. 5) von Bedeutung.
- 38 -
Bild 14:
3.1.3
a. Brechungsgesetz nach Snellius
b. Brechung der Lichtstrahlen im Dünnschliff
Dispersion
Eine weitere wichtige Eigenschaft von Medien, in unserem Fall der Minerale, ist
die Abhängigkeit der Lichtbrechung von der Wellenlänge des benutzten Lichtes:
Wellen unterschiedlicher Farbe werden verschieden stark gebrochen, weil sie in
den Medien verschiedene Fortpflanzungsgeschwindigkeiten besitzen,
Dispersion. Bei allen durchsichtigen Mineralen ist die Lichtbrechung für das
blaue kurzwellige Licht größer als für das rote langwellige. Es gibt Minerale mit
großer Dispersion, wie z.B. Rutil und Diamant. Flußspat und das Deckglas des
Dünnschliffs haben hingegen eine geringere Dispersion (Tab. 3).
Tab. 3
Dispersion einiger Minerale
Lichtfarbe
Dunkelrot (A)
Rot (C)
Gelb (D)
Blau (F)
Violett (H)
Wellenlänge
760,8 nm
656,3 nm
589,3 nm
486,1 nm
396,8 nm
n Diamant
2,402
2,410
2,417
2,435
2,465
no Kalkspat
1,650
1,654
1,658
1,668
1,683
n Flußspat
1,431
1,433
1,434
1,437
1,442
- 39 -
Beim Rutil ist die Dispersion noch viermal größer als beim Diamanten. Da
genauere Lichtbrechungsbestimmungen stets die 3. Dezimale, gröbere Messungen und visuelle Abschätzungen schon die 2. Dezimale erfassen, muß die
Dispersion bei Lichtbrechungsmessungen unbedingt berücksichtigt werden. So
werden in Tabellenwerten die Lichtbrechungswerte der Minerale für die Wellenlänge NaD = 589,3 nm angegeben und spezifische Dispersionsmerk-male besonders vermerkt. Man arbeitet daher bei Lichtbrechungsmessungen stets mit
monochromatischem Licht unter Verwendung von Halogenlampen und Interferenzlinienfiltern. Als Maß für die Dispersion der Lichtbrechung eines Minerals
wird üblicherweise die Differenz der Lichtbrechungswerte für die Fraunhofer'schen Linien F (486,1 nm) und C (656,3 nm) angegeben, ∆n = nF - nC , Bild
12.
3.2
Methoden der Lichtbrechungsbestimmung
3.2.1
Chagrin und Relief
Mit dem Chagrin und Relief können Lichtbrechungsunterschiede abgeschätzt
werden. Die Schliffober- und -unterseiten der Minerale im Dünnschliff weisen
ein durch Risse, Unebenheiten und feinste Rauhigkeiten hervorgerufenes Relief
auf.
Sind die Minerale höher oder niedriger lichtbrechend als das Einbettungsmittel (Kanadabalsam, Kunstharz), dann kommt es zur Beugung, Brechung und
Reflexion des Lichtes an diesem Relief. Als Folge davon haben die Mineralflächen im mikroskopischen Bild eine Struktur feinster Helligkeitsunterschiede:
Chagrin (franz. genarbtes Leder). Zusätzlich erscheinen die höher lichtbrechenden Minerale im Dünnschliff gegenüber den niedriger lichtbrechenden
aus der Schliffebene herausgehoben, Relief.
Chagrin und Relief sind umso ausgeprägter, je unterschiedlicher die Lichtbrechungswerte von Mineral und Einbettungsmittel sind, weil dann der Anteil
des totalreflektierten und gestreuten Lichtes zunimmt (Bild 15).
Positives Chagrin liegt vor, wenn das Mineral höher lichtbrechend, negatives
Chagrin, wenn das Mineral niedriger lichtbrechend als das Einbettungsmittel ist.
Beide zeigen das gleiche Erscheinungsbild. Um sicher entscheiden zu können,
ob ein Mineral positives oder negatives Chagrin besitzt, muß die Becke'sche
Linie beobachtet oder die Beleuchtungsmethode nach Schröder van der Kolk
angewendet werden (Kap. 3.2.2 und 3.2.3).
Der Kontrast des Chagrins kann durch Änderung der Beleuchtungsapertur
zusätzlich verstärkt oder abgeschwächt werden:
1. Erniedrigung der Beleuchtungsapertur durch Einengen der Aperturblende
erhöht das Chagrin.
2. Erhöhen der Beleuchtungsapertur durch Einklappen der Kondensorfrontlinse
und Öffnen der Aperturblende erniedrigt das Chagrin.
- 40 -
Bild 15:
Chagrinkontrast in Abhängigkeit von der Lichtbrechung des Minerals
- 41 -
Die Beobachtung des Chagrins erfolgt bei möglichst kleiner Beleuchtungsapertur (Einengen der Aperturblende!) und mit Objektiven mittle-rer Maßstabszahlen (10 bis 25). Bei gleichbleibenden Beleuchtungs- und Abbildungsverhältnissen kann die Lichtbrechung eines unbekannten Minerals durch einen
Vergleich seines Chagrins mit den Chagrin-Stufen einer Mineralreihe abgestufter Lichtbrechungswerte abgeschätzt werden (Bild 15).
Anisotrope Minerale mit großer Doppelbrechung (z.B. Karbonate) zeigen
beim Drehen des Dünnschliffs dann einen deutlichen Wechsel des Chagrinkontrastes, wenn die Kristalle nicht senkrecht zur optischen Achse geschnitten
sind (Kap. 4). Dieser Chagrinwechsel beruht darauf, daß beim Drehen des
Minerals jeweils in 90°-Abständen abwechselnd nur die höher bzw. niedriger
lichtbrechende Lichtwelle (nγ' oder nα') den Kristall durchläuft. Gleichzeitig
heben und senken sich die Mineralkörner scheinbar in der Schliffebene: Reliefwechsel.
Trübungen durch kleinste feinverteilte Mineral-, Flüssigkeits- und Gaseinschlüsse sowie Spaltrisse können im Mineral ein höheres Chagrin vortäuschen.
Ein ausgeprägtes Chagrin kann zarte Absorptionsfarben der Mineralkörner
überdecken. Deshalb sollten zur Beobachtung von Absorptionsfarben und des
Pleochroismus stärker vergrößernde Objektive verwendet, die Aperturblende
geöffnet und die Kondensorfrontlinse eingeklappt werden.
3.2.2
Becke-Linie
Im Vergleich mit der Beobachtung des Chagrins bietet die Becke-Linie eine
wesentlich empfindlichere Möglichkeit zur Abschätzung von Lichtbrechungsunterschieden. An der Grenze zweier verschieden lichtbrechender Medien
(Phasengrenze Kristall-Flüssigkeit, oder Kristall-Kristall) beobachtet man bei
starker Vergrößerung einen hellen Lichtsaum, der sich beim Einengen der
Aperturblende in ein buntes Interferenzstreifensystem auflöst, die Becke-Linie.
Stellt man das Präparat durch geringfügiges Heben und Senken des Tubus
mit dem Feintrieb unscharf, dann wandert dieser Lichtsaum von dem einen in
das andere Medium. F. Becke 1893: "Es erscheint beim Heben (Senken) des
Tubus das höher (niedriger) lichtbrechende Medium hell erleuchtet."
3H-Regel: Der helle Saum wandert beim Heben des Tubus in das höher
lichtbrechende Medium (Bild 16a). Die Entfernung zwischen Objektiv und
Dünnschliff wird größer.
Bei modernen Mikroskopen wird anstelle des Tubus der Mikroskoptisch gehoben und gesenkt, so daß dann beim Heben des Tisches die Becke-Linie in
das niedriger lichtbrechende Medium wandert. Die Entfernung zwischen Objektiv und Dünnschliff wird kleiner.
Die Becke-Linie wird schwächer, wenn die Lichtbrechungsunterschiede der
angrenzenden Medien kleiner werden. Sie verschwindet ganz, wenn die Lichtbrechungswerte gleich sind (Bild 16a).
- 42 -
Bild 16:
a. Becke Linie; nF = Brechungsindex der Flüssigkeit,
nK = Brechungsindex des Minerals
b. Entstehung der Becke-Linie
- 43 -
Aus dem Bewegungssinn der Becke-Linie und ihrer Intensität können im
Dünnschliff die relativen Lichtbrechungsunterschiede zwischen den Mineralen
und dem Einbettungsmittel (Kanadabalsam n = 1,54) abgeschätzt werden.
Treten im Dünnschliff Minerale mit bekannter Lichtbrechung auf, dann ist es
möglich, die Lichtbrechungswerte unbekannter Minerale mit Hilfe der BeckeLinse und des Chagrins angenähert zu bestimmen. Lichtbrechungsunterschiede
von ± 0,001-0,002 sind noch erkennbar.
Die Immersionsmethoden zur Lichtbrechungsbestimmung beruhen auf einem
Abgleich der Lichtbrechungen von Mineral und Immersionsflüssigkeit, der
mittels der Becke-Linie kontrolliert wird (Kap. 3.2.4).
Zur Beobachtung der Becke-Linie verwendet man ein stärker vergrößerndes
Objektiv und steigert den Bildkontrast durch Einengen der Kondensoraperturblende. Sodann ermittelt man durch Heben und Senken des Tubus bzw. Mikroskoptisches den Bewegungssinn der Becke-Linie.
Das Abschätzen des Lichtbrechungsunterschiedes aus der Intensität der
Becke-Linie erfordert viel Erfahrung.
Ist die Dispersion der Lichtbrechung des Minerals groß, so muß mit monochromatischem Licht beobachtet werden, weil sonst auch bei fast gleichem
Lichtbrechungswert des angrenzenden Mediums noch farbige Säume an der
Phasengrenze auftreten (Kap. 3.2.4).
Die moderne theoretische Kristalloptik beschreibt die Becke-Linie als reines
Beugungsbild der Phasengrenze.
Das an der Grenze von zwei verschieden lichtbrechenden Medien gestreute
Licht hat zur Seite des höher lichtbrechenden Mediums eine höhere Intensität.
Die Erklärung des Wanderns der Becke-Linie beim Unscharfstellen des Präparats gibt das Bild 16b.
I.
Wird das Präparat scharf abgebildet, dann fällt das Intensitätsmaximum
des gestreuten Lichtes in die Grenzlinie der Medien.
II.
Wird der Tubus gehoben bzw. der Mikroskoptisch gesenkt, dann ist das
Bild des Präparats unscharf, weil es unterhalb der mit dem Okular abgeglichenen Zwischenbildebene (= FOK = Brennebene des Okulars) entsteht
(Kap. 1.1.3). Das Intensitätsmaximum des gestreuten Lichtes (BeckeLinie) ist in der Zwischenbildebene zur Seite des unscharfen höher
lichtbrechenden Mediums hin verlagert.
III.
Wird der Tubus gesenkt bzw. der Mikroskoptisch gehoben, dann ist das
Bild des Präparats gleichfalls unscharf, weil es nun oberhalb der
Zwischenbildebene (FOK) entsteht. Das Intensitätsmaximum (Becke-Linie)
liegt nun in der Zwischenbildebene zur Seite des unscharfen niedriger
lichtbrechenden Mediums hin verlagert.
- 44 -
3.2.3
Methode nach Schröder van der Kolk
(Oblique illumination method)
Diese Methode eignet sich zur Bestimmung des Lichtbrechungsunterschiedes,
den kleine Kristalle gegen eine optisch homogene Umgebung haben
(Immersionsmethode, Kap. 3.2.4). Das Prinzip der Methode ist dem Bild 17 zu
entnehmen:
I.
An der Korngrenze eines höher lichtbrechenden Mineralkorns wird das
Licht gestreut. Die Intensität des gestreuten Lichtes nimmt zur Seite des
Korninneren hin zu. Man blendet mit einer oberhalb des Objektivs in den
Mikroskoptubus einseitig eingeschobenen Blende eine Hälfte des
gestreuten Lichtes ab. Dann erscheint im Bild des Präparats die dem
unscharfen Blendenrand abgewandte Kornhälfte aufgehellt (Bild 17, links).
II.
An der Korngrenze eines niedriger lichtbrechenden Mineralkorns wird das
Licht so gestreut, daß die Intensität des gestreuten Lichtes zur
Kornumgebung hin zunimmt. Blendet man mit der seitlich in den
Mikroskoptubus eingeschobenen Blende die eine Hälfte des gestreuten
Lichtes ab, dann erscheint im Bild des Präparats die dem unscharfen
Blendenrand zugewandte Seite des Mineralkorns aufgehellt (Bild 17,
rechts).
Merkregel: Beim Einschieben einer seitlichen Blende in den Mikroskoptubus oberhalb des Objektivs ist der dem unscharfen Blendenrand
abgewandte Kornrand hell, wenn das Korn höher lichtbrechend ist als das
umgebende Medium.
Die Beobachtung wird mit Objektiven mittlerer Maßstabszahl (10, 16 oder 25)
und niedriger Beleuchtungsapertur durchgeführt. Als Blende dient die Fassung
des Analysators oder des Hilfsobjektes Rot I. Sie wird so weit in den Tubus
geschoben, bis ihr verschwommener Rand im Bild den Kornrand berührt.
Lichtbrechungsunterschiede von ± 0,001-0,002 sind noch erkennbar.
Ist die Dispersion der Lichtbrechung des Minerals groß, dann muß mit
monochromatischem Licht beobachtet werden (s. Kap. 3.2.2, Becke-Linie).
3.2.4
Immersionsmethoden
Die Immersionsmethoden beruhen auf einem Abgleich der unbekannten Lichtbrechung des Minerals mit der bekannten Lichtbrechung einer Immersionsflüssigkeit. Er erfolgt mit Hilfe der Becke-Linie, des Chagrins oder der Methode
nach Schröder van der Kolk. Ein wesentlich genauerer Abgleich der Lichtbrechungen kann durch Anwendung des Phasenkontrastverfahrens vorgenommen werden (s. Spezialliteratur).
- 45 -
Bild 17:
- 46 -
Methode nach Schröder van der Kolk
Einfache Immersionsmethode
Die Bestimmung der Lichtbrechung des Minerals wird wegen der Dispersion
(Kap. 3.1.3) mit monochromatischem Licht (λD = 589,3 nm) und bei definierter
Temperatur mit einem eng abgestuften Satz von geeichten Immersionsflüssigkeiten durchgeführt.
Zur Einhaltung einer konstanten Temperatur werden die Messungen am
besten in einem thermokonstanten Raum vorgenommen. Monochromatisches
Licht wird mit Interferenzlinienfiltern oder einer Na-Dampflampe erzeugt. Geeichte Immersionsflüssigkeiten sind in unterschiedlich abgestuften Sätzen im
Handel erhältlich (z.B. Fa. Cargille, New York). Solche Sätze können jedoch
auch billiger selbst zusammengestellt werden (Tab. 4). Die Eichung der Flüssigkeiten erfolgt mit dem Abbé- oder Jelley-Refraktometer bei 20°C.
Tab. 4: Immersionsflüssigkeiten und ihre Brechungsindizes n (589 nm/ 20°C)
Wasser
Ethylalkohol
Amylalkohol
Cyclohexanon
Tetrachlorkohlenstoff
Glyzerin
Rizinusöl
Butylbenzol
m-Xylol
Benzol
Zedernholzöl
Chlorbenzol
Nelkenöl
Dibromethan
Kreosot
1,333
1,362
1,409
1,450
1,466
1,473
1,480
1,490
1,498
1,501
1,516
1,524
1,531
1,537
1,540
Nitrobenzol
Brombenzol
O-Toluidin
3-Brompyridin
1-Brom 2-Chlorbenzol
2-Chloranilin
Bromoform
Zimtöl
Jodbenzol
1-Chlornaphthalin
Tetrabromethan
N-Ethylnaphthylamin
1-Bromnaphthalin
1-Jodnaphthalin
Methylenjodid
1,551
1,560
1,569
1,571
1,583
1,589
1,594
1,600
1,618
1,630
1,635
1,642
1,656
1,698
1,738
Kaliumquecksilberjodid (Thoulet'sche Lösung + Wasser) 1,4 → 1,7
Methylenjodid + (Arsentrisulfid, Schwefel, Phosphor) 1,74 → 2,2
Zur Durchführung der Messung werden wenige zuvor in Methanol sorgfältig
gewaschene Mineralkörnchen von 50 bis 100 µm ∅ auf einen Objektträger gestreut, in wenige Tropfen Immersionsflüssigkeit eingebettet und mit einem
Deckgläschen abgedeckt. Mit Hilfe der im Kap. 3.2.1 beschriebenen Methoden
wird beobachtet, ob die Lichtbrechung der Flüssigkeit von der des Minerals
abweicht. Ist dies der Fall, dann muß die Einbettung des Minerals in anderen
Immersionsflüssigkeiten so oft wiederholt werden, bis die Lichtbrechungen
übereinstimmen, Abgleich der Brechungsindizes (Becke-Linie oder Halbschatten verschwinden). Die Empfindlichkeit des Abgleichs ist ∆n ± 0,002-0,001.
- 47 -
Bild 18:
- 48 -
Bestimmung definierter Lichtbrechungswerte an Körnern definierter
Lage im Streupräparat, Beispiele
Die Genauigkeit des Meßwertes hängt von der Genauigkeit der Meßtemperatur
und des Lichtbrechungswertes der Immersionsflüssigkeit ab. Deshalb muß der
Lichtbrechungswert der Immersionsflüssigkeit gleich nach der Messung mit
einem Abbé- oder Jelley-Refraktometer kontrolliert werden.
Sollen definierte Lichtbrechungswerte eines optisch anisotropen Minerals
nach dieser Methode bestimmt werden, so muß die Messung an einem orientierten Kristall erfolgen (s. El-Hinnawi 1966, S. 137ff.). Beispiele dafür gibt das
Bild 18.
Variationsmethoden
Die Lichtbrechung von Flüssigkeiten ist im allgemeinen stärker von der
Wellenlänge und der Temperatur abhängig als die von Mineralen. Deshalb kann
man
a) durch Veränderung der Wellenlänge des Beobachtungslichtes bei konstanter
Temperatur (λ-Variation),
b) durch Veränderung der Temperatur bei monochromatischer Beobachtung (TVariation) oder
c) durch Veränderung der Wellenlänge und der Temperatur (λ-T-Variation)
die Lichtbrechung der Immersionsflüssigkeit so verändern, daß sie der des
Minerals angeglichen wird.
Eine Behandlung dieser Methoden kann hier nicht erfolgen (s. El-Hinnawi
1966, S. 59ff., Burri 1950, S. 217ff.).
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- 51 -
4.
DOPPELBRECHUNG UND POLARISATION
4.1
Theoretische Grundlagen
Doppelbrechung. In den hochsymmetrischen kubischen Kristallen, in Gesteinsgläsern und Flüssigkeiten, wie sie z.B. für die Einbettung zur Lichtbrechungsbestimmung benutzt werden, breitet sich das Licht in allen Richtungen mit
gleicher Geschwindigkeit aus: isotrope Medien.
In den niedriger symmetrischen Kristallen erfolgt hingegen die Aufspaltung
einer jeden Lichtwelle in zwei Transversalwellen unterschiedlicher Fortpflanzungsgeschwindigkeit und Lichtbrechung: anisotrope Medien.
Diese Erscheinung heißt Doppelbrechung: ∆n = (n1 - n2). Sie wird in den
wichtigsten Mineralen, wie Feldspäte, Quarz, Glimmer u.a. beobachtet, wobei
zwei Fälle zu unterscheiden sind. In den wirteligen Mineralien, d.s. Kristalle hexa-, tetra- und trigonaler Symmetrie, breitet sich die eine, ordentlich genannte
Welle o, in allen Richtungen des Kristalls mit gleicher Geschwindigkeit aus, die
andere, außerordentliche Welle e, besitzt in verschiedenen Richtungen unterschiedliche Fortpflanzungsgeschwindigkeiten.
Bei den rhombischen, monoklinen und triklinen Kristallen sind die Ausbreitungsgeschwindigkeiten beider Wellen richtungsabhängig.
Auf den Dünnschliff bezogen, bedeutet die Doppelbrechung: Die eine Welle
durchläuft die etwa 25 µm starke Kristallplatte schneller als die andere. Es resultiert eine Laufzeitdifferenz, die als Gangunterschied Γ bezeichnet wird. Der
Gangunterschied hängt nicht nur von der Doppelbrechung ab, sondern auch
von der Dicke d des Präparats, Γ = d (n1 - n2).
Um vom Gangunterschied direkt auf die Doppelbrechung schließen zu können, hält man die Dicke des Dünnschliffs stets so nah wie möglich bei 25 µm.
Polarisation. In Luft, Flüssigkeiten, Gläsern oder kubischen Mineralen sind
die Vektoren der Schwingungen natürlicher Lichtwellen um die Achse der
Fortpflanzungsrichtung statistisch verteilt. Beim Eintritt einer Lichtwelle in eine
doppelbrechende Kristallplatte wird deren Energie in zwei senkrecht aufeinander schwingenden Wellen zerlegt (Kap. 4.2). Diese Transversalwellen sind
linearpolarisiert.
Absorption. Beim Eintritt einer Lichtwelle in einen Kristall ändert sich gewöhnlich ihre Amplitude, was als Absorption bezeichnet wird.
Die Stärke und Art der Absorption hängen von der Dicke des Präparats, der
chemischen Zusammensetzung des Minerals und von der Wellenlänge des
verwendeten Lichtes ab.
Die Absorption erzeugt bei Verwendung von weißem Licht durch Schwächung oder Vernichtung der Wellen bestimmter Farben des Spektrums die
Eigenfarben der Minerale. Bei völliger Absorption des Lichtes erscheint das
Mineral schwarz und undurchsichtig (Opake Minerale; Erze), bei fehlender Absorption bleibt das Licht weiß.
In isotropen Mineralen ist die Absorption richtungsunabhängig, ebenso die
Eigenfarbe, wie z.B. bei den Spinellen und Granaten.
In anisotropen Mineralen ist die Absorption richtungsabhängig. Bei den
wirteligen Mineralen kann man unterschiedliche Absorption für die ordentliche
- 52 -
und außerordentliche Welle beobachten. Das bekannteste Beispiel für solchen
Dichroismus bietet der Turmalin, welcher parallel zur trigonalen Hauptachse
(|| zu e) nur schwach absorbiert, senkrecht dazu (|| zu o) die Lichtintensität so stark
vermindert, daß bei genügender Dicke des Präparats eine völlige Vernichtung
der ordentlichen Welle erreicht wird. Bei den niedriger symmetri-schen
Mineralen wird in allen Richtungen die unterschiedlichste Absorption beobachtet. Diese Erscheinung heißt Pleochroismus. Beispiele sind Hornblenden, Bio-
tite u.a.m.
4.1.1
Die Indikatrix
Zur modellhaften Darstellung der Lichtausbreitung in den Mineralen kann man
die Werte der Fortpflanzungsgeschwindigkeit (v) der Wellen oder wegen der
größeren praktischen Bedeutung ihre Lichtbrechungswerte (n = 1/v) als Maßstab benutzen. Man trägt die Lichtbrechungswerte eines Minerals für alle
Richtungen vom Kristallmittelpunkt aus ab und erhält das reziproke räumliche
Modell der Lichtausbreitung.
In den kubischen Mineralen und in den Gesteinsgläsern ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in allen Richtungen gleich: optisch isotrop. Als
räumliches Modell der Lichtausbreitung ergibt sich daher eine Kugel, deren
Radius von der Mineralart und Wellenlänge (Dispersion) abhängig ist. Bei
Flußspat ist der Radius entsprechend der Lichtbrechung n = 1,434 (für λ =
589,3 nm), bei Diamant hingegen mit n = 2,417 (für λ = 589,3 nm) fast doppelt
so hoch.
In den niedriger symmetrischen anisotropen Mineralen, die in der Natur am
häufigsten vertreten sind, pflanzen sich wegen der Doppelbrechung zwei
Wellen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Lichtbrechungswerten fort.
Deshalb ist die Lichtausbreitung durch zwei unterschiedliche räumliche Modelle
gekennzeichnet.
In den wirteligen Mineralen, das sind die hexa-, tetra- und trigonalen Kristalle,
breitet sich die sog. ordentliche Welle o wie in einem isotropen Medium aus;
ihre Ausbreitung läßt sich deshalb als Kugel mit dem Radius no darstellen. Dagegen ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und die Lichtbrechung der sog.
außerordentlichen Welle e richtungsabhängig und nimmt Werte zwischen ne
und no an. Ihr Ausbreitungsmodell ist ein Rotationsellipsoid, dessen Rotationsachse (no) parallel zur kristallographischen c-Achse des wirteligen Minerals
orientiert ist.
In den niedrigsymmetrischen Mineralen, das sind die rhombischen, monoklinen und triklinen Kristalle, ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und die
Lichtbrechung beider Wellen richtungsabhängig. Es resultiert ein kompliziertes
Doppelschalenmodell, das hier nicht näher behandelt wird.
- 53 -
Die zweischaligen Modelle der Lichtausbreitung in den anisotropen Mineralen können durch eine mathematische Transformation in ein sehr anschauliches einschaliges Modell, die Indikatrix, umgeformt werden. Die
mathematische Ableitung findet sich z.B. bei Rosenbusch und Wülfing
(1924).
Die Indikatrix läßt sich wie folgt konstruieren: Man trägt von einem Punkt in
der Mitte des Kristalls ausgehend (in einem beliebigen Maßstab) die Lichtbrechungswerte der beiden jeweils zu einer Wellennormalen gehörenden senkrecht zueinander schwingenden Transversalwellen parallel zu ihren Schwingungsrichtungen auf. Auf diese Weise entsteht ein "Lichtbrechungskreuz", das
die Halbachsen einer Ellipse bildet (Bild 19a). Konstruiert man die Ellipsen für
sämtliche Wellennormalenrichtungen des Kristallraumes, so spannen sie ein
Ellipsoid auf, die Indikatrix.
Bei den kubischen Kristallen ist die Indikatrix jedoch eine Kugel, da n in allen
Richtungen des Raumes gleich ist (Bild 19b).
Bild 19a: Konstruktionsprinzip der Indikatrix (senkrechte Inzidenz des Lichtstrahls)
- 54 -
Bild 19b: Kristallsymmetrie und Indikatrix-Modelle: Kubische und wirtelige
Kristalle
- 55 -
Bild 19c: Kristallsymmetrie und Indikatrix-Modelle: orthorhombische, monokline und trikline Kristalle
- 56 -
Bei den wirteligen Kristallen ist die Indikatrix ein Rotationsellipsoid (Bild 19b).
Die Rotationsachse des Ellipsoids fällt stets mit der kristallographischen Hauptachse, der hexa-, tetra- oder trigonalen Drehachse, zusammen. Damit ist die
Lage der Indikatrix im Kristall genau festgelegt. Kristallschnitte senkrecht zur
Rotationsachse sind stets Kreisschnitte. Daher pflanzt sich in Richtung der cAchse wirteliger Kristalle nur eine Welle mit der Lichtbrechung no fort, und es
tritt folglich keine Doppelbrechung auf. Diese Achse der Isotropie wird optische
Achse genannt. Wirtelige Kristalle besitzen nur diese eine optische Achse. Sie
heißen deshalb "optisch einachsig". In allen übrigen Richtungen des Kristalls
pflanzen sich zwei Wellen mit verschiedener Lichtbrechung no und ne' fort.
Bei den niedrigsymmetrischen Kristallen bildet die Indikatrix die Fläche eines
allgemeinen dreiachsigen Ellipsoids (Bild 19c).
Die Symmetrie des dreiachsigen Ellipsoids ist stets rhombisch. Die drei Achsen dieses Ellipsoids werden nα, nβ, nγ bezeichnet. Definitionsgemäß ist nγ >
nβ > nα (bei Tröger nz > ny > nx).
In einem dreiachsigen Ellipsoid gibt es zwei Kreisquerschnitte. Senkrecht zu
diesen beiden Kreisschnitten pflanzt sich das Licht wie in einem isotropen
Medium fort, Richtungen der optischen Achsen. Die Kristalle niedriger Symmetrie sind somit "optisch zweiachsig".
In Kristallen mit rhombischer Symmetrie fallen die drei kristallographischen
Achsen (a, b, c) mit den Ellipsoidachsen (nγ, nβ, nα) zusammen (Bild 19c).
Bei monoklinen Kristallen besitzen nur die kristallographische b-Achse und
eine der Ellipsoidachsen die gleiche Richtung. Die beiden anderen Ellipsoidachsen liegen in der Symmetrieebene (010) und bilden gewöhnlich Winkel mit
den kristallographischen a- und c-Achsen (Bild 19c). In seltenen Fällen kann
jedoch auch eine dieser Ellipsoidachsen mit der kristallographischen a- oder cAchse zusammenfallen (Kap. 4.2.1, Auslöschungsrichtung).
In triklinen Kristallinen ist die Orientierung der rhombischen Indikatrix an
keine der kristallographischen Achsen gebunden (Bild 19c). Gelegentlich kann
jedoch eine der kristallographischen Achsen (a, b, c) mit einer der Ellipsoidachsen (nγ, nβ, nα) zusammenfallen.
Aus diesen Ausführungen wird klar, daß die Symmetrie der Lichtausbreitung
in einem Kristall mindestens gleichwertig, meist jedoch höher ist als die des
Kristalls selbst.
Für die Identifizierung eines anisotropen Minerals im Dünnschliff ist es wichtig zu wissen, ob das Mineral optisch ein- oder zweiachsig ist. Diese Bestimmung erfolgt in der Regel mit konoskopischen Methoden (Kap. 5). Bei den einachsigen, wirteligen Mineralen können wir zwei Fälle unterscheiden:
1. In der Richtung der optischen Achse (zugleich kristallographische Hauptachse c) pflanzt sich die Welle mit der kleineren Lichtbrechung fort, o = nα
(Bild 19b).
e = nγ || c-Achse || optische Achse wird als optisch positiv (+) bezeichnet, z.B.
Quarz, Zirkon.
- 57 -
2. In Richtung der optischen Achse pflanzt sich die Welle mit der größeren
Lichtbrechung fort, o = nγ (Bild 19b).
e = nα || c-Achse || optische Achse wird als optisch negativ (-) bezeichnet,
z.B. Kalkspat, Apatit.
(Bestimmung der Lage von nα, nγ in Kap. 4.2.2 u. 5.4).
Bei den niedriger symmetrischen Mineralen besitzt die Indikatrix zwei Achsen
optischer Isotropie. Die beiden optischen Achsen liegen in der Ebene, die durch
nα und nγ gebildet wird, Achsenebene = AE. Senkrecht zur Achsenebene steht
also immer die mittlere Achse nß des 3-achsigen Indexellipsoids, auch optische
Normale genannt (Bild 19c).
Die beiden optischen Achsen bilden einen mineralspezifischen Winkel miteinander. Bei Betrachtung der ganzen Achsenebene umschließen die beiden
Achsen je ein spitzes und ein stumpfes Winkelpaar. Die Winkelhalbierenden
sind die Achsen nγ und nα (Bild 19c).
1. Liegt nγ im spitzen Winkel, so wird der Kristall optisch positiv (+) genannt.
2. Liegt hingegen nα im spitzen Winkel, so heißt der Kristall optisch negativ (-)
(Bild 19c).
Der Winkel zwischen einer optischen Achse und einer der beiden Ellipsoidachsen (nα, nγ) trägt die Bezeichnung V. Dementsprechend beträgt der Winkel
zwischen den beiden optischen Achsen 2V = optischer Achsenwinkel (Bild 19c).
nα und nγ werden auch als Mittellinien oder Bisektrizen bezeichnet. nγ bzw. n
α im spitzen Winkel = spitze Bisektrix oder 1. Mittellinie; nα bzw. nγ im stumpfen
Winkel = stumpfe Bisektrix oder 2. Mittellinie (Bestimmung von 2V, Kap. 5.5).
4.2
Dünnschliff im orthoskopischen Strahlengang
Für die orthoskopische Beobachtung erzeugt man durch Einengen der Kondensoraperturblende ein paralleles Lichtstrahlenbündel, das senkrecht auf den
Dünnschliff trifft (Kap. 1.4.1, Beilage). Die horizontal ("EW") schwingenden
Lichtwellen dieses Strahlenbündels erfahren dann Veränderungen, die allein
durch die optischen Eigenschaften der Minerale in der Richtung senkrecht zum
Dünnschliff verursacht werden.
Isotrope Minerale zeigen im Dünnschliff unabhängig von ihrer Schnittlage
stets das gleiche optische Verhalten. Anisotrope Minerale hingegen weisen je
nach Schnittlage sehr unterschiedliche optische Erscheinungen auf. Deshalb
muß man die optischen Eigenschaften, die ein anisotropes Mineral in seinen
verschiedenen kristallographischen Richtungen besitzt, durch die Analyse
mehrerer Körner verschiedener Schnittlage ableiten.
- 58 -
Beobachtung ohne eingeschalteten Analysator, Hellfeld
Die Lichtbrechung und die Eigenfarbe der Minerale werden im Hellfeld untersucht (Kap. 3.2.1, 3.2.2 und 4.1).
Neben der Lichtbrechung und der Eigenfarbe liefern die morphologischen
Kennzeichen (Tracht, Habitus, Zwillingsformen, Spaltflächen usw.) erste wichtige Informationen für die Bestimmung der Mineralart (Bild 20).
Eine optische Unterscheidung der anisotropen von den isotropen Mineralen
ist im Hellfeld nur dann möglich, wenn charakteristische Kornformen auftreten
und/oder beim Drehen des Mikroskoptisches Änderungen des Chagrinkontrastes (Doppelbrechung) oder der Absorptionsfarbe (Pleochroismus) beobachtet
werden. Chagrinwechsel sind jedoch erst an Mineralen mit großer Doppelbrechung erkennbar (z.B. Karbonate mit ∆ > 0,17).
Ferner ist zu beachten, daß sich anisotrope Minerale, die senkrecht zu einer
optischen Achse geschnitten sind, wie isotrope Minerale verhalten, also weder
Chagrinwechsel (z.B. Karbonate) noch Pleochroismus (z.B. Turmalin) zeigen.
Beobachtung mit eingeschaltetem Analysator, gekreuzte Polarisatoren
Führt man bei orthoskopischer Beobachtung den Analysator in den Strahlengang ein, dann treten verschiedene optische Erscheinungen auf.
I. Das Mineral bleibt beim Drehen des Mikroskoptisches dunkel ausgelöscht.
Deutung: Die horizontal (= EW) schwingenden Lichtwellen (Polarisatorwellen) durchlaufen das Mineral wegen dessen höherer Lichtbrechung zwar mit
geänderter Geschwindigkeit und Wellenlänge, jedoch ohne dabei ihre Schwingungsrichtung zu ändern. Nach Verlassen des Dünnschliffes werden sie deshalb
im vertikal (= NS) orientierten Analysator vernichtet.
Solches Verhalten zeigen kubische Minerale und optisch isotrope Gesteinsgläser in allen Schnittlagen, anisotrope Minerale nur, wenn sie senkrecht zu
einer optischen Achse angeschnitten sind, Kreisschnitt der Indikatrix (Bild 21a).
Optisch zweiachsige Minerale sind in diesen Schnittlagen oft nicht völlig
ausgelöscht, sondern etwas aufgehellt, wobei jedoch beim Drehen des Mikroskoptisches kein Helligkeitswechsel bemerkbar ist. Die Ursache dafür ist die
innere konische Refraktion (Spezialliteratur z.B. Burri 1950). Optisch einachsige
Minerale, die optisch aktiv sind (z.B. Quarz), sind in dicken Schliffen gleichfalls
aufgehellt. Die Ursache dafür ist die Drehung der Schwingungsrichtung im
Mineral (Zirkularpolarisation).
Die Unterscheidung der optisch isotropen Minerale von den senkrecht zu
einer optischen Achse geschnittenen anisotropen Minerale muß, sofern nicht
typische Kornformen ausgebildet sind, durch die konoskopische Abbildung erfolgen (Kap. 5).
- 59 -
Bild 20: Charakteristische Kornformen in speziellen Quer- und Längsschnitten
- 60 -
Bild 21:
a. Dunkel- und Diagonalstellung der Minerals bei orthoskopischer
Betrachtung und einer 360°-Drehung des Mikroskoptisches. Kreisschnitt.
b. Amplitudenaufspaltung beim Herausdrehen aus der Dunkel- in die
Diagonalstellung
- 61 -
II. Das Mineral besitzt eine charakteristische leuchtende Interferenzfarbe. Es
erscheint bei einer vollen Drehung des Mikroskoptisches um 360° in 90°Abständen viermal völlig dunkel ausgelöscht, Dunkelstellung, und in den
dazwischenliegenden Stellungen wechselnd aufgehellt.
Die stärkste Aufhellung tritt genau in der Mittelstellung zwischen zwei
Dunkelstellungen, d.h. im 45°-Abstand zu ihnen auf, Diagonalstellung (Bild
21a). Beim Übergang von der Diagonalstellung in die Dunkelstellung nimmt die
Lichtintensität kontinuierlich ab, die Interferenzfarbe jedoch bleibt unverändert.
Deutung: In einem doppelbrechenden Mineral breitet sich das Licht in allen
Richtungen, die nicht mit einer optischen Achse zusammenfallen, in zwei senkrecht aufeinander schwingenden linearpolarisierten Wellen aus. Diese beiden
Wellen pflanzen sich entsprechend ihrer unterschiedlichen Lichtbrechungswerte
nα' und nγ' mit verschiedener Geschwindigkeit und Wellenlänge fort.
Die Lage der Schwingungsrichtungen und die Lichtbrechungswerte der
Wellen sind im Mineral durch die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen
Kristallsymmetrie und Indikatrix festgelegt (Kap. 4.1). Sie können für jeden
Mineralschnitt im Dünnschliff aus der Schnittellipse abgeleitet werden, die die
Indikatrix mit der Dünnschliffebene bildet (Bild 24, Kap. 4.2.1). Die Interferenzfarbe wird durch die Höhe der Doppelbrechung der Wellen nγ' und nα' der jeweiligen Schnittlage der Indikatrix bestimmt.
In der Dunkelstellung fallen die Schwingungsrichtungen der beiden Wellen im
Mineral exakt mit den Richtungen von Polarisator und Analysator zusammen.
Die Polarisatorwelle pflanzt sich deshalb im Mineral ohne Änderung ihrer
Schwingungsrichtung als horizontal schwingende Welle mit der Geschwindigkeit
und Wellenlänge entsprechend nα' oder nγ' fort (Bild 21a, b; 22a). Die vertikal
orientierte Welle wird nicht aktiviert! Nach Verlassen des Dünnschliffes wird die
horizontal (EW) schwingende Welle vom vertikal (NS) orientierten Analysator
ausgelöscht, und das Mineral erscheint dunkel.
In der Diagonalstellung fallen die Schwingungsrichtungen des Minerals nicht
mit den Richtungen von Polarisator und Analysator zusammen. Die Polarisatorwelle wird daher in die zwei diagonal schwingenden Wellen mit nα' und nγ' aufgespalten (Bild 21a, b; 22b).
Die schnellere nα'-Welle (größeres λ) eilt der langsameren nγ'-Welle
(kleineres λ) voraus. Dadurch entsteht zwischen beiden Wellen ein Gangunterschied (Bild 22b). Die Größe des Gangunterschiedes Γ wird durch zwei
Faktoren bestimmt:
1. durch die Differenz der Geschwindigkeiten der beiden Wellen, oder in Lichtbrechungswerten ausgedrückt, durch die Doppelbrechung (nγ' - nα') des
Minerals in der vorliegenden Schnittlage,
2. durch die Dicke des Minerals im Dünnschliff
Γ = d ⋅ (nγ' - nα')
- 62 -
Bild 22:
Verhalten des Lichtes beim Durchgang durch eine doppelbrechende
Kristallplatte bei gekreuzten Polarisatoren.
a. Dunkelstellung b. Diagonalstellung
- 63 -
Nach Verlassen des Dünnschliffs pflanzen sich die nα'- und die nγ'-Welle wieder
mit der Geschwindigkeit und Wellenlänge fort, die ihre Polarisatorwelle besaß.
Sie treffen mit dem Gangunterschied, den sie im Mineral erhielten, auf den
Analysator.
In die Schwingungsrichtung des Analysators gelangen durch vektorielle Aufspaltung der nα'- und nγ'-Wellen zwei Wellen von gleicher Wellenlänge aber
verminderter Amplitude (Bild 21b, a1' und a2'). Die senkrecht dazu schwingenden Wellen der Amplituden a1" und a2" werden im Analysator durch Absorption
vernichtet.
Die Amplitude (Intensität) dieser "Analysatorwellen" hängt nur von der Lage
der Schwingungsrichtungen nα' und nγ' zu den Richtungen von Polarisator und
Analysator ab. Sie hat den größten Wert (Helligkeit) in der Diagonalstellung,
ihren kleinsten (Auslöschung) in der Dunkelstellung des Minerals (Bild 21b).
Die in die Durchlaßrichtung des Analysators (NS) abgespaltenen Wellen
interferieren. Dabei bestimmt allein die Größe des Gangunterschiedes der aus
der Kristallplatte tretenden nα'- und nγ'-Wellen, ob sich diese Wellen im Analysator durch Interferenz gegenseitig vernichten oder zu einer Welle mit geschwächter bis maximal verstärkter Amplitude überlagern (Bild 22).
Die "Analysatorwellen" überlagern sich zu einer linearpolarisierten Interferenzwelle von maximaler Amplitude (a max = max. Intensität), wenn der
Gangunterschied Γ der nα'- und nγ'-Wellen ein ungeradzahliges Vielfaches ihrer
halben Wellenlänge λ annimmt.
Maximale Intensität für Γ = d ⋅ (nγ' - nα')
λ 3
λ
=
, λ ..... ( 2k + 1)
2 2
2
k = 1, 2, 3 ...... n
Die "Analysatorwellen" löschen sich aus, d.h., es entsteht keine resultierende
Interferenzwelle, wenn der Gangunterschied der nα'- und nγ'-Wellen ein
ganzzahliges Vielfaches ihrer Wellenlänge λ annimmt.
Minimale Intensität für Γ = d ⋅ (nγ' - nα')
= λ, 2λ ..... k ⋅ λ.
k = 1, 2, 3 ..... n
Für Gangunterschiede, die zwischen diesen Extremwerten liegen, resultieren
Interferenzwellen mit Amplituden > 0 und < amax.
Betrachten wir zur Erläuterung dieser Zusammenhänge ein Mineral bestimmter Doppelbrechung und konstanter Dicke zunächst im monochromatischen Licht (z.B. das Hilfsobjekt Quarz Rot I im grünen Licht der Wellenlänge
551 nm).
Unabhängig von der Lage der Schwingungsrichtung erscheint das Mineral
beim Drehen des Mikroskoptisches immer dunkel, wenn der Gangunterschied
der Wellen den Wert k ⋅ λ, im Beispiel des Hilfsobjekts Rot I = 1 ⋅ 551 nm, annimmt.
- 64 -
Wenn der Gangunterschied der Wellen hingegen Werte größer oder
kleiner ( 2 k + 1 ) λ / 2 aber ungleich k ⋅ λ annimmt (im Beispiel etwa für die
Wellenlänge 589 nm), erscheint das Mineral bei einer vollen Drehung des
Mikroskoptisches in Abhängigkeit von der Lage der Schwingungsrichtungen viermal dunkel aus-gelöscht (Dunkelstellungen) und in den
dazwischenliegenden Stellungen auf-gehellt (Diagonalstellungen).
Besitzt das Mineral einen auskeilenden Rand, dann nimmt dort der Gangunterschied der Wellen mit abnehmender Dicke kontinuierlich ab, und es treten
abwechselnd an den Stellen für Γ = k ⋅ λ dunkle Streifen und für Γ =
( 2 k + 1 ) λ / 2 helle einfarbige Streifen auf (z.B. Quarzkeil im grünen Licht der
Wellenlänge 551 nm).
Betrachten wir jetzt das Mineral bestimmter Doppelbrechung und konstanter
Dicke im weißen Licht (z.B. das Hilfsobjekt Quarz Rot I, Dicke = 62 µm).
In Abhängigkeit vom Gangunterschied der Wellen, z.B. Γ = 551 nm im Hilfsobjekt, erscheint der Quarz in der Diagonalstellung in einer charakteristischen
Interferenzfarbe; nämlich im kräftigen Rot I. Diese rote Interferenzfarbe kommt
dadurch zustande, daß aus dem Spektrum des weißen Lichtes (400 nm bis 800
nm) die Welle grüner Farbe (λ = 551 nm) durch Interferenz ausgelöscht wird.
Für diese Welle gilt Γ = k ⋅ λ. Die restlichen in ihrer Amplitude unterschiedlich
geschwächten Wellen des weißen Lichtes ergeben dann eine charakteristische
rote Mischfarbe, Interferenzfarbe Rot I (s. Michel-Lévy-Tafel, Kap. 4.2.3, Beilage).
Zudem erscheint das Mineral bei einer vollen Drehung des Mikroskoptisches in
Abhängigkeit von der Lage der Schwingungsrichtungen viermal völlig dunkel
ausgelöscht (Dunkelstellungen) und in den dazwischenliegenden Stellungen
wechselnd aufgehellt (Diagonalstellungen, Bild 21).
Im oberen Teil des Bildes 23 ist dargestellt, welche Lichtwellen (Farben) mit
zunehmendem Gangunterschied aus dem Spektrum des weißen Lichtes durch
Interferenz im Analysator vernichtet bzw. geschwächt werden, und welche
Interferenzfarben aus der Mischung des "Restspektrums" resultieren.
So entsteht mit zunehmendem Gangunterschied eine Folge typischer Interferenzfarben, das Interferenzfarbenspektrum.
Es beginnt mit Schwarz (Gangunterschied = 0) und führt über graue, weiße,
gelbe und orange Farben zu einer intensiven Farbfolge Rot → Blau → Grün →
Gelb → Orange, die sich mit weiter ansteigendem Gangunterschied fortwährend, jedoch mehr und mehr verblassend wiederholt (Beilage).Jedem
Gangunterschied ist eine charakteristische Interferenzfarbe zugeordnet. Das gilt
für die meisten Minerale im Dünnschliff. Nur ausnahmsweise werden bei
Gangunterschieden > 1650 nm nur noch rötliche und grünliche Farbstreifen
erkennbar, z.B. bei den Karbonaten.
Für den praktischen Gebrauch unterteilt man das Interferenzfarbenspektrum
anhand der besonders charakteristischen Rot-Farbstreifen, die im Abstand von
Γ = 551 nm aufeinanderfolgen, in Ordnungen:
- 65 -
I. Ordnung:
Schwarz → Hellgrau → Gelb → Orange → Rot I. Es tritt keine
blaue oder grüne Farbe auf! Bei kleinen Gangunterschieden (0
→ 250 nm) werden alle Farbanteile des weißen Lichtes etwa
gleich geschwächt, so daß schwärzliche bis weißlich-gelbe
Interferenzfarben entstehen.
II. Ordnung:
Blau → Grün → Gelb → Orange → Rot II. Grün der III. Ordnung
ist intensiver als das der II. Ordnung
III. bis IV. Ordnung:
Farbfolge analog der II. Ordnung, jedoch nach und nach verblassend. Sehr intensives Grün der III. Ordnung. Im Bereich
mittlerer Gangunterschiede (bis etwa 1500 nm) werden jeweils
nur einzelne enge Farbbereiche ausgelöscht und geschwächt,
so daß noch relativ kräftige Farben entstehen.
V. und weitere Ordnungen:
Stark verblaßte Farben, Weiß der höheren Ordnung. Bei größeren
Gangunterschieden (über 1500 nm) werden mehrere gleich-mäßig
über das gesamte Lichtspektrum verteilte Farbbereiche
ausgelöscht und geschwächt, so daß sehr blasse und schließlich
sogar weiß empfundene Interferenzfarben entstehen.
In auskeilenden Rändern doppelbrechender Minerale beobachtet man in
Richtung abnehmender Dicke das bis zum Schwarz der I. Ordnung hinabreichende und gelegentlich mehrere Ordnungen umfassende Interferenzfarbenspektrum (z.B. Quarzkeil). Diese Beobachtung hilft, hohe Interferenzfarben sicher einzustufen (Kap 4.2.2, 4.2.3, auch Kap. 5.4).
Jedes anisotrope Mineral zeigt im Dünnschliff in Abhängigkeit von seiner
Schnittlage unterschiedliche Interferenzfarben. Jeder Schnittlage ist nämlich ein
definierter Doppelbrechungswert zugeordnet, so daß bei konstanter Schliffdicke
einem definierten Doppelbrechungswert eine bestimmte Interferenzfarbe
(Gangunterschied) entspricht.
Kornschnitte senkrecht zu einer optischen Achse sind immer dunkel, weil in
dieser Schnittlage (Kreisschnitte) keine Doppelbrechung auftritt. Je stärker die
Kornschnitte vom Kreisschnitt abweichen, umso größer wird die Doppelbrechung; die Interferenzfarben steigen.
Die höchsten Interferenzfarben treten auf, wenn die Körner parallel zu den
optischen Achsen geschnitten sind (Schnitt parallel nγnα).
Beispiele:
Quarz im Sandstein:
Die Quarzkörner zeigen Interferenzfarben, die vom Gelbweiß bis zum Grauschwarz der I. Ordnung reichen.
Gelbweiße Körner: Schnitte parallel zur c-Achse, maximale Doppelbrechung (ne
- no).
Schwarze Körner: Schnitte senkrecht zur c-Achse, keine Doppelbrechung
(Kreisschnitt no).
- 66 -
Bild 23:
Folge der Interferenzfarben und Michel-Lévy-Tafel (vgl. auch Beilage)
- 67 -
Olivin im Dunit
Die Olivinkörner zeigen je nach Schnittlage Interferenzfarben, die vom Blaugrün der II. Ordnung bis zum Grauschwarz der I. Ordnung variieren.
Blaugrüne Körner: Schnitte parallel zu (001) bzw. zur Achsenebene, maximale
Doppelbrechung (nγ - nα).
Grauschwarze Körner: Schnitte senkrecht zu einer optischen Achse, keine
Doppelbrechung (Kreisschnitt nβ).
Anhydrit
Die Anhydritkörner zeigen je nach Schnittlage Interferenzfarben, die vom Rot
der III. Ordnung bis hinab zum Grauschwarz der I. Ordnung vari-ieren.
Hellrote Körner: Schnitte parallel zu (010) bzw. zur Achsenebene, maximale
Doppelbrechung (nγ - nα).
Grauschwarze Körner: Schnitte senkrecht zu einer optischen Achse, keine
Doppelbrechung (Kreisschnitt nβ).
Orthoskopisch betrachtet verhalten sich die optisch einachsigen und
zweiachsigen Minerale gleich. Sie müssen deshalb mit konoskopischen Methoden unterschieden werden (Kap. 5).
4.2.1
Schwingungsrichtung und Auslöschungswinkel
In einem doppelbrechenden Mineralschnitt wird die Energie der eindringenden "Polarisatorwelle" in zwei senkrecht aufeinander schwingende
Wellen mit den Lichtbrechungswerten nγ' und nα' aufgespalten.
Die Lage der Schwingungsrichtungen der beiden Wellen im Mineralschnitt
wird durch Drehen des Mikroskoptisches in eine der vier möglichen Dunkelstellungen ermittelt. Die Schwingungsrichtungen liegen dann im horizontalen
und vertikalen Faden des Okularfadenkreuzes (Bild 21a). Welche der beiden
Wellen (nγ' oder nα') horizontal oder vertikal schwingt, wird mit einem Kompensator (Quarz Rot I, Quarzkeil) in der Diagonalstellung des Minerals bestimmt
(Kap. 4.2.2, Bild 27a).
Ist die Schnittlage des Mineralkorns im Dünnschliff bekannt (Bild 24) und kennt
man ferner die Orientierung der Indikatrix im Mineral (Bild 24, oben), so können die
Schwingungsrichtungen der Wellen und ihr optischer Charakter (nγ' oder nα') auch
aus der Schnittellipse abgeleitet werden, die die Indikatrix mit der Dünnschliffebene bildet (Bild 24, unten).
Die Anwendung der Kristallfiguren mit Indikatrixorientierung in den Bestimmungstabellen von Tröger (1982) erleichtert die Identifizierung von Schnittlagen
der gesteinsbildenden Minerale im Dünnschliff.
Da die Orientierung der Indikatrix in gesetzmäßiger Beziehung zur Kristallsymmetrie steht, gilt ein analoger Zusammenhang auch für die Lage der
Schwingungsrichtungen zu den morphologischen Elementen in den Mineralschnitten des Dünnschliffs, wie z.B. Kristallflächen, Spaltflächen, Zwillingsver-
- 68 -
Bild 24:
Zusammenhang zwischen Mineralschnitt, Kristall- und Indikatrixorientierung
wachsungsflächen und Kristallkanten. Diese räumlichen Beziehungen ermöglichen die Unterscheidung der höhersymmetrischen (hexagonalen, trigonalen,
tetragonalen und orthorhombischen) von den niedrigersymmetrischen (monoklinen und triklinen) Mineralen.
Der Winkel, den eine Schwingungsrichtung mit einer Richtung im Mineralschnitt bildet, heißt Auslöschungswinkel ε, häufig auch Auslöschungsschiefe
genannt.
Gerade Auslöschung liegt vor, wenn die Schwingungsrichtung parallel zur
morphologischen Bezugsrichtung liegt und der Auslöschungswinkel ε gleich
Null ist (Bild 25, links).
Symmetrische Auslöschung liegt vor, wenn die Schwingungsrichtung den
Winkel zwischen zwei gleichwertigen morphologischen Bezugsrichtungen
halbiert (Bild 25, Mitte).
Schiefe Auslöschung liegt vor, wenn die Schwingungsrichtung einen
beliebigen Winkel (ε ≠ 0, ≠ 90°) mit der morphologischen Bezugsrichtung bildet
(Bild 25, rechts).
Auslöschungswinkel bekamen bisher im allgemeinen ein positives Vorzeichen, wenn die Schwingungsrichtung im Uhrzeigersinn von der morphologischen Richtung abweicht (Gegenuhrzeigersinn = negative Auslöschungswinkel) (Bild 26b). Diese Vorschrift gilt nicht mehr, denn DIN 58 879
schreibt vor, daß Winkel nur noch linksdrehend mit steigenden Zahlenwerten
gemessen werden.
- 69 -
I. Optisch einachsige Kristalle
Hexagonale, trigonale und tetragonale Symmetrie (Bild 25):
Gerade Auslöschung zeigen alle Prismenflächen, wenn sie senkrecht im
Dünnschliff ausstoßen oder parallel zur kristallographischen c-Achse
geschnitten sind,
die Basisflächen {0001} und {001}.
Symmetrische Auslöschung weisen gleichwertige Pyramiden-, Rhomboederund Skalenoederflächenpaare nur dann auf, wenn ihre gemeinsame
winkelhalbierende Fläche senkrecht geschnitten ist. Schiefe Auslöschung gilt
für alle übrigen Schnitte.
II. Optisch zweiachsige Kristalle
Orthorhombische Symmetrie (Bild 25):
Gerade und symmetrische Auslöschung zeigen alle Flächen der Zonen [100],
[010], [001] und die Pyramidenflächen {hkl}, wenn eine der Zonenachsen in
der Dünnschliffebene liegt, Schnitte ⊥ (100), (010), (001).
Schiefe Auslöschung weisen Flächen in allen übrigen Schnittlagen {hkl} auf.
Monokline Symmetrie (Bild 25):
Gerade Auslöschung zeigen die Pinakoide {0k0}, symmetrische Auslöschung
die Prismenflächen {hk0}, wenn die Zone [010] = b-Achse in der
Dünnschliffebene liegt, Schnitte ⊥ (010).
Schiefe Auslöschung weisen Flächen in allen anderen Schnittlagen {hkl} auf.
Trikline Symmetrie (Bild 25):
Alle Flächen zeigen schiefe Auslöschung.
Messung des Auslöschungswinkels ε (Auslöschungsschiefe)
Auslöschungswinkel sind vor allem für die nähere Kennzeichnung monokliner und trikliner Minerale von Bedeutung (Λ = Winkel).
Beispiele: Plagioklase ε = nα' Λ Spur (010) im Schnitt ⊥ [100], Bild 26b, rechts
unten.
Monokline Amphibole und Pyroxene ε = nγ Λ Spur (100) im Schnitt ||
(010), Bilder 26b, rechts und links oben.
Epidote ε = nα Λ Spur (100) im Schnitt || (010), Bild 26b, links unten.
Vgl. auch Bestimmungsdiagramme in Tröger (1971; pp. 62, 77-83,
93-98, 129).
Eine genaue Bestimmung des Auslöschungswinkels ε setzt exakt orientierte
Kornschnitte im Dünnschliff voraus. Da diese selten vorkommen, sollten solche
Messungen besser mit dem Universaldrehtisch vorgenommen werden (s.
Spezialliteratur). Dennoch kann der maximale wahre Auslöschungswinkel auch
ohne Universaldrehtisch durch mehrere Messungen an verschiedenen Körnern
in guter Näherung ermittelt werden. Besonders günstig ist es dann, wenn die
Auslöschungswinkel an Zwillingsindividuen gemessen werden können. In solchen Fällen kann nämlich der senkrechte Anschnitt der Bezugsfläche (scharfe
Spur der Zwillingsverwachsungsfläche) durch die Interferenzfarbe und deren
Intensität überprüft werden. In der NS-Stellung der Verwachsungsfläche müssen beide Individuen die gleiche Interferenzfarbe und Helligkeit aufweisen.
- 70 -
Bild 25:
Kristallsymmetrie und Auslöschung. Im Bild befinden sich die
Kristalle in einer der beiden Dunkelstellungen.
- 71 -
Bild 26a: Bestimmung des Auslöschungswinkels
Die Auslöschungsschiefe wird wie der Winkel zwischen morphologischen
Flächen gemessen (Kap. 2.1). Voraussetzung für eine genaue Messung ist
außer einer guten Zentrierung des Mikroskops (Kap. 1.5) noch die exakte Justierung von Polarisator und Analysator (Kap. 1.6). Die Verwendung eines
stärker vergrößernden Objektivs ist vorteilhaft.
Die Beleuchtungsapertur muß klein gewählt werden, da andernfalls die Dunkelstellung aufhellt (Einengen der Kondensoraperturblende!).
Zur Durchführung der Winkelmessung bringt man zunächst die morphologische Bezugsrichtung (Kante, Spaltriss, Verwachsungsebene, Lamelle) durch
Drehen des Mikroskoptisches mit dem NS-Faden des Okularfadenkreuzes zur
Deckung und liest am Nonius den Winkelwert I ab (Bild 26a, links). Dann dreht
man den Mikroskoptisch, bis das Mineral völlig auslöscht. Damit wird die optische Bezugsrichtung (Schwingungsrichtung nγ' bzw. nα') mit dem NS-Faden
zur Deckung gebracht. Nun liest man den Winkelwert II am Nonius ab (Bild 26a,
rechts). Die Dif-ferenz der Ablesewerte I und II ergibt den gesuchten Auslöschungswinkel ε.
Achtung! Wenn der Mikroskoptisch bei der Drehung über 360° läuft, setzt
sich der gesuchte Winkel aus zwei Teilbeträgen zusammen.
Die DIN 58 879 läßt nur noch die Linksdrehung des Mikroskoptisches bei der
Winkelmessung zu (Kap. 2.1).
- 72 -
Bild 26b: Beispiele für die Bestimmung von Mineralen mit Hilfe des
Auslöschungswinkels (Auslöschungsschiefe)
- 73 -
Die Lage der Schwingungsrichtungen in Mineralschnitten mit schiefer Auslöschung (monokline und trikline Kristalle) ändert sich mit der Wellenlänge des
Lichtes: Dispersion des Auslöschungswinkels.
Eine deutliche Dispersion der Auslöschungsrichtung ist daran erkennbar, daß
bei Annäherung an die Dunkelstellung anomale Interferenzfarben auftreten
(Kap. 4.2.3). Wird Dispersion beobachtet, dann muß mit monochromatischem
Licht (z.B. NaD = 589,3 nm) gemessen werden. Hierbei ist es möglich, daß der
Gangunterschied Γ der Wellen mit nγ' und nα' angenähert oder gleich dem
ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge des Lichtes wird, so daß das Mineral
dann in beliebiger Stellung des Mikroskoptisches fast oder gänzlich ausgelöscht
erscheint (Kap. 4.2). In diesem Fall muß die Messung mit einer anderen
Wellenlänge erfolgen oder ein Dünnschliff größerer Dicke angefertigt werden.
4.2.2
Optischer Charakter der Auslöschungsrichtungen
Die Lage der Schwingungsrichtungen der beiden Wellen im doppelbrechenden
Mineralschnitt wird in dessen Dunkelstellung bestimmt (Kap. 4.2).
Für verschiedene optische Untersuchungen muß man außerdem noch wissen,
in welcher der beiden Richtungen die Welle mit dem größeren und in welcher die
Welle mit dem kleineren Brechungsindex schwingt, Auslöschungscharakter.
a. Bestimmung des optischen Charakters von optisch einachsigen Mineralen,
die stengelig nach ihrer kristallographischen c-Achse ausgebildet sind.
b. Bestimmung des Auslöschungscharakters von säulig, tafelig oder blättrig
ausgebildeten Mineralen in leistenförmigen Kornschnitten des Dünnschliffes.
c. Orientierung des Minerals für die Messung der Doppelbrechung mit dem
Kompensator, Subtraktionsstellung.
d. Orientierung des Minerals für die Bestimmung eines definierten Lichtbrechungswertes.
e. Bestimmung der Eigenfarbe in einer definierten Schwingungsrichtung.
f. Unterscheidung von Zwillingsgesetzen.
g. Bestimmung der Indikatrixachsen bei der Universaldrehtisch-Messung.
Die Unterscheidung der Schwingungsrichtung nγ' von nα' wird mit Hilfsobjekten oder Kompensatoren vorgenommen. Diese sind anisotrope Kristallplatten
oder Kristallkeile, in denen die Orientierung der Wellen mit nα und nγ bekannt
ist. Die Schwingungsrichtung der Welle mit nγ ist in die Metallfassung eingraviert (Bild 36).
Das Hilfsobjekt wird in der Regel unterhalb des Analysators diagonal in den
Mikroskoptubus geschoben. Legt man das Hilfsobjekt anstelle eines Präparats
auf den Mikroskoptisch, dann zeigt es in seiner Diagonalstellung eine charakteristische Interferenzfarbe. Diese wird allein durch den Gangunterschied bestimmt, den die Wellen im Hilfsobjekt erhalten haben (Kap. 4.2).
Hilfsobjekt Rot I, auch λ-Platte genannt, mit einem konstanten Gangunterschied von 551 nm. Es besteht aus einem parallel zur optischen Achse geschnittenen Quarz- oder Gipsplättchen, welches in der Diagonalstellung bei
Betrachtung mit weißem Licht das Rot der I. Ordnung zeigt (Bild 36).
- 74 -
Quarzkeil mit einem variablen Gangunterschied von in der Regel 0 nm bis etwa
1650 nm. Er besteht aus einem parallel zur optischen Achse keilförmig
geschnittenen Quarzplättchen (Bild 36), welches in der Diagonalstellung bei
Betrachtung mit weißem Licht eine steigende Farbfolge von meist drei Ordnungen zeigt (Farbfolge der Michel-Lévy-Tafel, Kap. 4.2.3, Bild 32, Beilage).
Drehkompensatoren nach Ehringhaus aus Quarz-, Kalkspat- oder MgFPlatten mit variablen Gangunterschieden von 0 nm bis etwa 3900 nm bzw.
73500 nm (maximal 7 oder 133 Ordnungen).
Neben diesen allgemein gebräuchlichen Hilfsobjekten und Kompensatoren
stehen für spezielle Messungen noch eine Reihe weiterer Kompensatortypen
zur Verfügung: Glimmerkompensatoren λ/10, λ/20, λ/30 nach Brace-Köhler,
drehbarer Glimmerkompensator λ/4, Glimmer λ/4 für die Sénarmont-Kompensation, Hilfsobjekt λ/4 (Glimmer).
Zur Bestimmung des optischen Charakters der Auslöschungsrichtung bringt
man das Mineral zunächst exakt in eine Dunkelstellung und dann durch eine
entgegen dem Uhrzeigersinn erfolgende Drehung des Mikroskoptisches um 45°
in die Diagonalstellung (Bild 21a). Bei den meisten Polarisationsmikro-skopen
dreht sich dann das Bild gleichsinnig. Ausnahme: z.B. Zeiss Photo-mikroskop.
Bei den modernen Polarisations-Drehtischen wird das Einstellen der Diagonalstellung dadurch erleichtert, daß sich in der Dunkelstellung eine Vorrichtung
einschalten läßt, die bei jeder weiteren 45-Drehung den Mikroskoptisch leicht
einrasten läßt.
In der Diagonalstellung erscheint das Mineral mit seiner charakteristischen
Interferenzfarbe in größter Helligkeit. Es schwingt nun die ursprünglich in der
Dunkelstellung horizontal (EW) schwingende Welle genau NE-SW (vom I. zum
III. Quadranten), die vertikal (NS) schwingende Welle SE-NW (vom II. zum IV.
Quadranten), Bilder 21a und 27a.
Zwei verschiedene optische Orientierungen des Minerals sind in der
Diagonalstellung möglich (Bilder 21a und 27a):
I.
Die NE-SW schwingende Welle ist die langsamere Welle; ihr ist
ungsindex nγ' zugeordnet.
Die SE-NW schwingende Welle ist die schnellere Welle, ihr ist
ungsindex nα' zugeordnet.
II. Die NE-SW schwingende Welle ist die schnellere Welle; ihr ist
ungsindex nα' zugeordnet.
Die SE-NW schwingende Welle ist die langsamere Welle; ihr ist
ungsindex nγ' zugeordnet.
der Brechder Brechder Brechder Brech-
Schiebt man nun das Hilfsobjekt Rot I in den Strahlengang, so daß seine nγRichtung NE-SW liegt, Diagonalstellung des Kompensators, dann wird man,
entsprechend der unterschiedlichen Orientierung I. und II. der Schwingungsrichtungen in der Diagonalstellung des Minerals, die folgend beschriebenen und
gedeuteten Erscheinungen beobachten:
- 75 -
Bild 27:
- 76 -
a. Bestimmung des optischen Charakters der Auslöschungsrichtungen nα' und nγ' mit dem Quarzkeil oder dem Hilfsobjekt Rot I
b. Bestimmung des optischen Charakters von l
I. nγ' (Mineral) II nγ (Kompensator); nα' (Mineral) II nα (Kompensator)
Die Interferenzfarbe des Minerals verschiebt sich zu Farbtönen höherer
Ordnung: Additionsfarben.
Minerale kleiner Doppelbrechung, z.B. Quarz und Feldspäte mit meist
weißgrauen Interferenzfarben der I. Ordnung, zeigen mit dem Hilfsobjekt Rot I
blaue bis grünlich-gelbe Farbtöne der II. Ordnung.
Bei Mineralen großer Doppelbrechung mit den Interferenzfarben der III. und
höheren Ordnungen ist die Farbverschiebung zur höheren Ordnung hin für den
Anfänger nicht immer leicht zu erkennen. Deshalb benutzt man zur Kompensation in solchen Fällen anstelle des Hilfsobjektes Rot I den Quarzkeil. Nun beobachtet man beim Einschieben des Quarzkeiles, wie die Interferenzfarben kontinuierlich blasser werden und schließlich bei hochdoppelbrechenden Mineralen
(z.B. den Karbonaten) das Weiß der höheren Ordnung erreichen.
Zur Beurteilung hoher Interferenzfarben ist die Beobachtung der auskeilenden Randbereiche von Mineralkörnern wichtig. Vom Korninneren zum Rande
hin tritt mit abnehmender Dicke eine mehrere Ordnungen umfassende Folge
fallender Interferenzfarben, hinab bis zum Schwarz der I. Ordnung auf.
Schiebt man jetzt den Quarzkeil ein, dann wandern die Farbstreifen, besonders gut an den Rottönen der I. und II. Ordnung erkennbar, aus dem Korn
heraus (Bild 27a, rechts). Der äußerste Kornrand erscheint schließlich im Rot
der III. Ordnung, das Korninnere in höheren Interferenzfarben.
Deutung:
Im Mineral eilt die schnellere Welle (nα') der langsameren Welle (nγ') voraus.
Beide Wellen haben verschiedene Wellenlängen. Nach Verlassen des Minerals
besitzen die beiden Wellen zwar die gleiche Geschwindigkeit und Wellenlänge,
jedoch den Gangunterschied ΓMin = d ⋅ (nγ' - nα'), Kap. 4.2.
Mit diesem Gangunterschied treten die Wellen in das gleichgeschaltete
Hilfsobjekt ein: d.h., die nα'-Welle ist nun wieder die schnellere Welle nαKomp.,
die nγ'-Welle ist wieder die langsamere Welle nγKomp..
Damit wird der Gangunterschied, den die beiden Wellen vorher im Mineral
erhielten, noch zusätzlich um den Gangunterschied im Kompensator vergrößert. Es findet Addition der Gangunterschiede statt, Additionsfarben:
ΓMineral + ΓKompensator = ΓResult.
Eine Diagonalstellung des Minerals, die zur Addition der Gangunterschiede
mit Additionsfarbtönen führt, heißt Additionsstellung.
Zur Beachtung bei der Kompensation mit dem Quarzkeil und den Drehkompensatoren in der Additionsstellung: Es treten immer ansteigende Farben höherer Ordnung auf.
- 77 -
II. nα' (Mineral) II nγ (Kompensator);
nγ' (Mineral) II nα (Kompensator)
Die Interferenzfarbe des Minerals verschiebt sich zu Farbtönen niedriger
Ordnung: Subtraktionsfarben.
Minerale kleiner Doppelbrechung, z.B. Quarz und Feldspäte mit meist weißgrauen Interferenzfarben der I. Ordnung, zeigen mit dem Hilfsobjekt Rot I
orangefarbene bis graue Farbtöne der I. Ordnung.
Bei Mineralen großer Doppelbrechung mit den Interferenzfarben der III. und
höherer Ordnungen ist die Farbverschiebung zur niedrigeren Ordnung hin für
den Anfänger nicht immer leicht zu erkennen. Zur Kompensation benützt man
deshalb anstelle des Hilfsobjektes Rot I den Quarzkeil. Nun beobachtet man
beim Einschieben des Quarzkeiles, wie die Interferenzfarben zunehmend kräftiger werden, d.h. zu niedrigeren Ordnungen hin wandern. Bei Mineralen mit
relativ kleiner Doppelbrechung wird das Schwarz der I. Ordnung erreicht, und
die Farbfolge kehrt sich zu höheren Ordnungen hin um (z.B. Olivin und Hellglimmer).
An ausdünnenden Kornrändern wandern beim Einschieben des Quarzkeiles
die Farbstreifen, besonders deutlich wieder an den Rottönen der I., II. und III.
Ordnung erkennbar, in das Korn hinein (Bild 27a, links). Der schwarzgraue
Farbstreifen der I. Ordnung am äußersten Rande des Minerals wandert in das
Korninnere und wird dort von Farbtönen der I. bis II. Ordnung abgelöst, wenn
die Interferenzfarben des Minerals in der I. bis II. Ordnung liegen (z.B. Olivine,
Hellglimmer, Pyroxene).
Deutung:
Im Mineral eilt die schnellere Welle (nα') der langsameren Welle (nγ') voraus.
Beide Wellen haben verschiedene Wellenlängen. Nach Verlassen des Minerals
besitzen die beiden Wellen zwar die gleiche Geschwindigkeit und Wellenlänge,
jedoch den Gangunterschied ΓMin = d ⋅ (nγ' - nα'), Kap. 4.2.
Mit diesem Gangunterschied treten die Wellen in das entgegengesetzt geschaltete Hilfsobjekt ein: die nα'-Welle ist jetzt die langsamere Welle nγKomp.,
die nγ'-Welle ist die schnellere Welle nαKomp.. Damit wird der Gangunterschied,
den die beiden Wellen vorher im Mineral erhielten, um den Gangunterschied im
Kompensator verringert. Es findet Subtraktion der Gangunterschiede statt,
Subtraktionsfarben:
ΓMineral - ΓKompensator = ΓResult.
Eine Diagonalstellung, die zur Subtraktion der Gangunterschiede mit in der
Regel Subtraktionsfarben führt, heißt Subtraktionsstellung.
Zur Beachtung bei der Kompensation mit Quarzkeil und Drehkompensatoren
in der Subtraktionsstellung:
1. Ist der Gangunterschied des Minerals größer als der des Kompensators,
dann werden nur fallende Farben niedrigerer Ordnung beobachtet.
- 78 -
2. Ist der Gangunterschied des Minerals gleich dem des Kompensators, dann
erscheint das Mineral im Schwarz der I. Ordnung.
3. Ist der Gangunterschied des Minerals kleiner als der des Kompensators,
dann werden zunächst bis zum Schwarz der I. Ordnung fallende, dann aber
wieder ansteigende Farben beobachtet.
Die Interferenzfarben von Mineralen mit kräftiger Eigenfarbe im Dünnschliff
ändern sich so stark, daß Additions- und Subtraktionsstellungen bei Überlagerung mit dem Hilfsobjekt Rot I vom Anfänger nicht leicht zu unterscheiden
sind. In solchen Fällen sollte besser der Quarzkeil benutzt werden und das
Wandern der Farbstreifen an den auskeilenden Kornrändern beobachtet werden.
a. Bestimmung des optischen Charakters von optisch einachsigen Mineralen,
die stengelig nach ihrer kristallographischen c-Achse ausgebildet sind.
In doppelbrechenden Kornschnitten optisch einachsiger Minerale schwingt in
einer der beiden Schwingungsrichtungen immer die ordentliche Welle (no),
was sich sofort aus den Schnittellipsen der Indikatrix (Rotationsellipsoid) mit
der Dünnschliffebene ableiten läßt, Kap. 4.1.1. In der anderen Schwingungsrichtung schwingt die außerordentliche Welle, deren Lichtbrechungswert ne'
je nach Schnittlage des Minerals von ne bis no variieren kann.
Sind die optisch einachsigen Minerale stengelig nach ihrer kristallographischen c-Achse ausgebildet und im Dünnschliff etwa parallel zur Stengelachse angeschnitten, dann schwingt in der Längsrichtung l des Mineralschnittes die Welle mit ne und senkrecht dazu die Welle mit no. Dieser
Sachverhalt ist im Bild 28 dargestellt.
Mit den in den vorigen Abschnitten abgeleiteten Gesetzmäßigkeiten läßt sich
nun leicht entscheiden, ob der Fall ne > no = optisch einachsig positiv oder
der Fall ne < no = optisch einachsig negativ vorliegt.
Dazu wird die Längsachse l des Mineralschnittes in die Diagonalstellung gebracht, d.h. NE-SW orientiert, und das Hilfsobjekt Rot I oder der Quarzkeil in
den Mikroskoptubus geschoben. Jetzt liegt ne parallel zu nγKomp. und no
parallel zu nαKomp..
Resultieren Additionsfarben, dann bedeutet das Additionsstellung: l (+). Es
ist ne = nγ und no = nα. Daraus folgt ne > no; das Mineral hat optisch positiven Charakter (Bilder 27b, rechts und 28).
Resultieren Subtraktionsfarben, so bedeutet das Subtraktionsstellung:l (-).
Es ist ne = nα und no = nγ. Daraus folgt ne < no; das Mineral hat optisch negativen Charakter (Bild 27b, links).
b. Bestimmung des Auslöschungscharakters von säulig, tafelig oder blättrig
ausgebildeten Mineralen in leistenförmigen Kornschnitten des Dünnschliffes.
Die Längsachse l des leistenförmigen Mineralschnittes wird in die Diagonalstellung gebracht, d.h. NE-SW orientiert und das Hilfsobjekt Rot I oder der
Quarzkeil in den Mikroskoptubus geschoben.
- 79 -
Additionsfarben, l (+) = "positiver Charakter der Hauptzone", zeigen stengelige Minerale mit nγ parallel zur Stengelachse, blättrige und tafelige Minerale
mit nα parallel zur Blättchen- bzw. Tafelnormalen, also senkrecht zu l (Bild
27b rechts und 28).
Subtraktionsfarben, l (-) = "negativer Charakter der Hauptzone", zeigen
stengelige Minerale mit nα parallel zur Stengelachse, blättrige und tafelige
Minerale mit nγ parallel zur Blättchen bzw. Tafelnormalen, also senkrecht zu l
(Bild 27b links).
Weichen die Schwingungsrichtungen etwas von der Längsachse des Mineralschnittes ab, dann wird anstatt l das Symbol l' eingeführt.
Für alle Fälle, in denen nβ parallel zur Stengelrichtung oder senkrecht zur
Blättchen- bzw. Tafelebene orientiert ist, wechselt je nach Schnittlage des
Minerals der Auslöschungscharakter von l (+) nach l (-) bzw. umgekehrt.
Der Auslöschungscharakter von l ist wichtig für die Unterscheidung sehr
feiner Mineralnadeln, wie z.B. von Sillimanit l (+), Apatit l (-) und Turmalin l (-),
die im gleichen Gestein auftreten können; ferner zur Unterscheidung von
Chalcedon l (-) und Quarzin l (+).
Ein weiteres Anwendungsgebiet bilden die Chlorite: ihr optischer Charakter
läßt sich auch in feinsten Aggregaten leicht bestimmen, weil er dem Auslöschungscharakter von l genau entgegengesetzt ist (l' (-) = optisch positiv
und l' (+) = optisch negativ).
Bild 28:
- 80 -
Zusammenhang zwischen Kristall- und Indikatrixorientierung für
einen optisch einachsig positiven Kristall mit stengeligem Habitus
c) Orientierung des Minerals für die Messung der Doppelbrechung (s. Kap.
4.2.3)
d) Orientierung des Minerals für die Bestimmung eines definierten Lichtbrechungswertes
Für die Mineralbestimmung müssen häufig die Hauptbrechungsindizes gemessen werden.
Dazu sind vor allem bei niedrigsymmetrischen Mineralen besondere Kornlagen notwendig. Zur Orientierung der Körner im Streupräparat können die
Tröger-Tabellen (1982) empfohlen werden, aus deren Kristallfiguren mit Indikatrix-Orientierung sowohl die morphologischen wie auch die zugeord-neten
optischen Richtungen zu entnehmen sind. Einige Beispiele gibt das Bild 18
(Kap. 3.2.4).
e) Bestimmung der Eigenfarbe in einer definierten Schwingungsrichtung
Die Absorptionsfarbe ist für eine ganze Reihe von Mineralen ein wichtiges
Unterscheidungsmerkmal (Amphibole, Biotite, Chlorite usw.). Isotrope Minerale haben in jeder Schnittlage die gleiche Eigenfarbe (Kap. 4.1). Dagegen
wechselt bei den anisotropen Mineralen die Absorptionsfarbe mit der Schnittlage und der Schwingungsrichtung (Kap. 4.1, Dichroismus, Pleochroismus). Es
ist üblich, die Absorptionsfarbe der anisotropen Minerale für die no- und nebzw. nγ-, nβ- und n###-Schwingungsrichtungen anzugeben. Dazu müssen
im Dünnschliff definiert orientierte Mineralschnitte vorliegen.
Die Absorptionsfarben in der no- und ne- bzw. der nγ- und nα-Richtung
ermittelt man am besten an Mineralkörnern, die orthoskopisch betrachtet die
höchste Interferenzfarbe aufweisen, Schnitte parallel zu ne bzw. senkrecht
zu nβ. Zunächst wird das Mineral bei gekreuzten Polarisatoren in eine
Dunkelstellung gedreht und der optische Charakter der EW-schwingenden
Welle bestimmt (Kap. 4.2.2). Nach Herausnahme des Analysators kann man
die Absorptionsfarbe der EW-orientierten Welle beobachten und nach einer
90°-Drehung des Mikroskoptisches die der zweiten ursprünglich NSorientierten Welle (z.B. Turmalin || c. Beobachtung der Farben in den
Schwingungsrichtungen von o und e).
Die Absorptionsfarben der no- bzw. nβ-Richtung kann man in den Mineralkörnern beobachten, die senkrecht zu einer optischen Achse geschnitten
sind, d.h. orthoskopisch betrachtet immer dunkel erscheinen, Kreisschnitt no
bzw. nβ. Unabhängig von der Stellung des Mikroskoptisches wird bei
herausgenommenem Analysator die Absorptionsfarbe parallel zu no bzw. nβ
beobachtet (z.B. Turmalin ⊥ c, Biotit || (001), Beobachtung der Farbe in den
Schwingungsrichtungen von o bzw. γ ≈ β).
Die Festlegung des Farbtons kann mit Hilfe normierter Farbtabellen erfolgen, z.B. Rock Colour Chart, Geol. Soc. Amer. 1963.
Außer dem Farbton sollte man noch die relativen Farbintensitäten in den
einzelnen Hauptschwingungsrichtungen angeben, z.B. γ > β > α oder o > e.
f. Unterscheidung von Zwillingsgesetzen und
g. Bestimmung der Indikatrixachsen bei der UD-Tischmessung (siehe Literatur!)
- 81 -
4.2.3
Doppelbrechung
Michel-Lévy-Tafel
Wie im Kapitel 4.2 ausgeführt wurde, ist der Gangunterschied Γ der nα'- und nγ'Wellen eine Funktion der Doppelbrechung (nγ' - nα') und der Dicke d des
Minerals.
Γ = d (nγ' - nα')
Der Größe des Gangunterschiedes entspricht außerdem bei Beobachtung mit
weißem Licht eine charakteristische Interferenzfarbe. Diese Zusammenhänge
lassen sich graphisch darstellen (Bild 23, Beilage).
Man trägt dazu an der Basis einer Farbtafel, welche die drei ersten Ordnungen des Interferenzfarbenspektrums umfaßt, die entsprechenden Gangunterschiede als Abszissenwerte und senkrecht dazu die Dicke des Minerals als
Ordinatenwerte ab und erhält für bestimmte Doppelbrechungswerte Geraden
verschiedener Steigung, Michel-Lévy-Tafel, Bild 23 u. Beilage.
Bei Kenntnis von zwei Größen läßt sich die dritte näherungsweise direkt der
Michel-Lévy-Tafel entnehmen, Schlüsseldiagramme 1 und 2, Bild 29, Beilage.
Dickenbestimmung mit der Michel-Lévy-Tafel
Im allgemeinen werden Dünnschliffe in einer Dicke von 25 µm angefertigt, so
daß man bestimmte doppelbrechende Minerale sofort an ihrer typischen Interferenzfarbe erkennt, z.B. Quarz und Feldspat: grauweiße bis gelblichweiße
Farben der ersten Ordnung.
Bild 29:
- 82 -
Schlüsseldiagramm für die Bestimmung der Dicke oder der Doppelbrechung eines Minerals mit Hilfe der Michel-Lévy-Tafel (vgl. auch
Beilage)
Weicht die Dünnschliffdicke von 25 µm ab, so ergeben sich Interferenzfarben zu Farben höherer oder niedriger Ordnung, die verschoben sind
(Quarz und Feldspäte: orange oder schwarzgrau). Das bereitet dem
Anfänger oft einige Schwierigkeiten bei der Bestimmung unbekannter
Minerale.
Kennt man in solchen Fällen die maximale Doppelbrechung (nγ - nα) eines
der im Dünnschliff auftretenden Minerale (z.B. Quarz, Feldspäte oder Glimmer),
so kann man mit der beobachteten maximalen Interferenzfarbe (Gangunterschied) dieser Minerale die Dünnschliffdicke d näherungsweise direkt der
Michel-Lévy-Tafel entnehmen, Schlüsseldiagramm, Bild 29 links.
Beispiel:
Quarz: (nγ - nα) = 0,009
weiße Interferenzfarben Γ = 220 nm; das entspricht einer Dicke
von 25µm;
orangefarbene Interferenzfarben Γ = 450 nm; das entspricht einer
Dicke von 50µm.
Sind alle Minerale im Dünnschliff unbekannt, so wird die Schliffdicke wie in
Kap. 2.3 beschrieben bestimmt.
Bestimmung der Doppelbrechung mit der Michel-Lévy-Tafel
Von großer Bedeutung für die Mineralbestimmung ist die Doppelbrechung, weil
sie eine wichtige Kenngröße anisotroper Minerale ist (Kap. 4.1).
Die Größe der Doppelbrechung eines Minerals hängt allerdings sehr stark
von dessen jeweiliger Schnittlage im Dünnschliff ab. Sie variiert von Null in
Schnitten senkrecht zu einer optischen Achse bis zu einem maximalen Wert (nγ
- nα) in Schnitten parallel zu den optischen Achsen. Aus diesem Grunde zeigt
ein Mineral je nach Schnittlage Interferenzfarben, die vom Schwarz der I. Ordnung bis zu einer maximalen Farbe ansteigen.
Beispiel: Olivinkristalle verschiedener Schnittlage in einem Dunitschliff.
In den mineraloptischen Tabellenwerken sind in der Regel nur die Werte für
die maximale Doppelbrechung (nγ - nα) der Minerale aufgeführt. Deshalb muß
man für die Ermittlung der maximalen Doppelbrechung eines Minerals nach
seiner höchsten Interferenzfarbe im Dünnschliff suchen. Mit dieser Interferenzfarbe (maximaler Gangunterschied) und der bekannten Dicke des Minerals wird
der Doppelbrechungswert näherungsweise direkt der Michel-Lévy-Tafel entnommen, Schlüsseldiagramm, Bild 29 rechts; Beilage.
Die Dicke des Dünnschliffes wird, wie im vorigen Abschnitt beschrieben, anhand der Interferenzfarben bekannter Minerale abgeschätzt oder mit den in
Kap. 2.3 angeführten Methoden bestimmt.
Die Einstufung hoher Interferenzfarben erfolgt durch die Beobachtung der
absteigenden Farbfolge an den auskeilenden Kornrändern.
- 83 -
Anomale Interferenzfarben
Gelegentlich beobachtet man an bestimmten Mineralen (z.B. Klinozoisit,
Vesuvian, Chlorit u.a.m.) lederbraune, rotbraune, blaugraue, tintenblaue bis
violette Interferenzfarben, die sich nicht in das Interferenzfarbenspektrum einordnen lassen, anomale Interferenzfarben.
Solche Abweichungen von den "normalen Interferenzfarben" treten auf, wenn
die Doppelbrechung stark dispergiert ist, d.h. in Abhängigkeit von der
Wellenlänge des Lichtes deutlich verschiedene Werte annimmt. Nach F. Becke
unterscheidet man:
Übernormale Interferenzfarben (nγ - nα) violett > (nγ - nα) rot
Die Interferenzfarben der I. Ordnung sind intensiv. An Stelle der grauweißen
und weißgelben Farben treten blaugraue und gelbe Farben auf. Das Grün der
II. Ordnung ist kräftiger als das Grün der III. Ordnung!
Beispiel: Klinozoisit.
Unternormale Interferenzfarben (nγ - nα) violett < (nγ - nα) rot
An Stelle der normalen Farben I. Ordnung treten fahle lederbraune bis
stumpfe bräunlichrote Farben auf.
Beispiel: Mg-Chlorit.
Anomale Interferenzfarben im engeren Sinn (nγ - nα) wird für eine bestimmte
Wellenlänge Null. An Stelle des Grau der I. Ordnung treten tintenblaue bis
violette Farben auf.
Beispiel: Vesuvian, Chlorite.
Nach A. Ehringhaus kann man für die Dispersion der Doppelbrechung auch
eine Kenngröße angeben. Sie errechnet sich aus den Werten der Doppelbrechung bzw. Gangunterschiede Γ für die Wellenlänge D (589,3 nm), F (486,1
nm) und C (656,3 nm).
N=
(n γ − n α ) D
ΓD
=
(n γ − n α ) F − (n γ − n α ) C ΓF − ΓC
Übernormale Interferenzfarben:
Anomale Interferenzfarben i.e.S.:
Unternormale Interferenzfarben:
+ 30 > N > 0
N∼O
0 > N > -30
Normale Interferenzfarben: (nγ - nα) violett = (nγ - nα) rot
N = ± ∞ bzw. schon für N ≥ ± 30.
- 84 -
Überlagerung der Interferenzfarbe mit der Eigenfarbe
Starke Änderungen der normalen Interferenzfarben treten auch auf, wenn das
Mineral im Dünnschliff eine kräftige Eigenfarbe besitzt (z.B. Amphibole, Biotite,
Chlorite). Dies kann die Bestimmung der Doppelbrechung mit Hilfe der Interferenzfarbe erschweren. Deshalb sollte die Doppelbrechung in solchen Fällen
besser mit dem Kompensationsverfahren ermittelt werden (folgender Abschnitt).
Bestimmung der Doppelbrechung durch Drehkompensationsmessungen
Mit der Farbtafel nach Michel-Lévy kann die Doppelbrechung nur abgeschätzt
werden. Will man genauere Doppelbrechungswerte bestimmen, so muß ein
exakt orientierter Mineralschnitt vorliegen, die Schliffdicke genau bekannt sein
und der Gangunterschied mit Drehkompensatoren gemessen werden.
Drehkompensatoren bestehen aus Quarz-, Kalkspat- oder MgF2-Platten, die
sich um eine Achse kippen lassen. In Abhängigkeit vom Kippwinkel verändern
sich die Dicke und die Doppelbrechung der Kompensatorplatte. Auf diese
Weise können kontinuierlich Gangunterschiede bis weit über 100 Ordnungen (>
55.000 nm) erzeugt werden. Den einzelnen Kompensatortypen sind Tabellen
beigegeben, welche die Gangunterschiede in Abhängigkeit vom Kippwinkel für
verschiedene Wellenlängen enthalten. Bei Messung im weißen Licht gelten die
Werte für die Wellenlänge e = 546,1 nm.
Der Drehkompensator wird wie ein Hilfsobjekt diagonal in den Tubus geschoben. Hierzu muß sich die Kompensatorplatte in Nullstellung befinden, da
sie andernfalls im Tubusschlitz beschädigt werden kann.
Die Schwingungsrichtung nγ des Kompensators ist in die Metallfassung eingraviert. Sie liegt in der Richtung des Tubusschlitzes parallel zur Kippachse.
Zur Messung des Gangunterschiedes ΓMin wird das Mineral in die Subtraktionsstellung zum Kompensator gebracht (Kap. 4.2.2) und die Kompensatorplatte zunehmend gekippt, bis das Mineral im Schwarz der I. Ordnung erscheint. Es gilt dann ΓMin = ΓKomp. Mit dem Kippwinkel entnimmt man der Tabelle den gesuchten Gangunterschied. Genaue Richtlinien für die Durchführung
der Kompensationsmessung geben die den Drehkompensatoren beigegebenen
Funktionstafeln.
Exakte Messungen müssen an exakt orientierten Mineralschnittlagen mit
Hilfe des Universaldrehtischs durchgeführt werden.
Literatur zu Kap. 4
Baric, L.: Die Drehkompensatoren. Theorie der Instrumente und Gebrauchsanweisungen. - Bull. Geol. 4, 275-336, 1965
Burri, C.: Zur Theorie und Praxis der Drehkompensatoren nach Berek und
Ehringhaus. - Z. Angew. Math. Phys. 4, 418-426, 1953
- 85 -
Buchwald, E.: Metrik kristalloptischer Interferenzfarben. - I. Ann. Phys. 5. F. 38,
245-260, 1940; II. 325-339, 1940
Ehringhaus, A.: Drehkompensatoren mit besonders großem Meßbereich. - Z.
Kristallogr. A. 102, 85-111, 1939
Gahm, J.: Die Interferenztafel nach Michel-Lévy. - Zeiss-Werkzeitschrift 46,
118, 1963
Gahm, J.: Quantitative polarisationsoptische Messungen mit Kompensatoren. Zeiss Mitteilungen 3, 153-192, 1964
Joel, N.: A method to determine the indicatrix of small crystals. - Min. Mag. 29,
206-214, 1952
Mosebach, R.: Das Messen optischer Gangunterschiede mit Drehkompensatoren. - Heidelberger Beitr. Mineral. u. Petrogr. 1, 515-528, 1949
Mosebach, R.: Eine Differenzmethode zur Erhöhung der Meßgenauigkeit und
Erweiterung des Meßbereiches normaler Drehkompensatoren. Heidelberger Beitr. Mineral. u. Petrogr. 2, 167-171, 1949/51
Mosebach, R.: Ein einfaches Verfahren zur Erhöhung der Meßgenauigkeit
kleiner optischer Gangunterschiede. - Heidelberger Beitr. Mineral. u.
Petrogr. 2, 172-175, 1949/51
Rath, R.: Fehler bei Gangunterschiedsmessungen mit Berek-Kompensatoren. Mikroskopie 12, 327-344, 1958
Rösch, S.: Systematik der Farben, insbesondere der Interferenzfarben. - Ber.
oberhess. Ges. Nat.- u. Heilk. 27, 128-134, 1954
Rösch, S.: Über Interferenzfarben im polarisierten Licht an Substanzen mit
Dispersion der Doppelbrechung (Brewster-Herschel-Farben).-Tscherm.
Mineral. Petrogr. Mitt. 8, 36-48, 1962
- 86 -
5.
KONOSKOPISCHE METHODEN
5.1
Theoretische Grundlagen
Für die konoskopische Beobachtung erzeugt man einen Strahlenkegel, dessen
Strahlen das Mineral im Dünnschliff in möglichst vielen Richtungen, d.h. im
Kegel größter Öffnungsweite durchsetzen. In der hinteren Brennebene des
Objektivs werden diese verschiedenen Fortpflanzungsrichtungen des Kegels
(Kap. 1.4.2) in definierten Punkten nebeneinander abgebildet (Bild 30a, Beilage). Die Öffnungsweite des erfaßten Strahlenkegels wird von der Apertur des
benutzten Objektivs bestimmt (Tab. 1, Seite 11).
Bei optisch isotropen Mineralen bewegen sich in allen Richtungen des
Strahlenkegels Wellen gleicher Geschwindigkeit, Wellenlänge und Schwingungsrichtung (EW). Hingegen pflanzen sich bei den anisotropen Mineralen im
allgemeinen in allen Richtungen zwei senkrecht aufeinander schwingende
Wellen fort. Durch Überlagerung dieser Wellen im Analysator kommt ein Interferenzbild zustande (Kap. 4.2). Wellen, die sich in der Richtung der Mikro-skopachse, also genau senkrecht zur Dünnschliffebene fortpflanzen, bilden in der
hinteren Brennebene des Objektivs den Mittelpunkt des Interferenzbildes. Je
größer die Neigung einer Wellenfortpflanzungsrichtung zur Mikroskopachse ist,
um so weiter nach außen liegt ihr darstellender Punkt vom Mittelpunkt des
Interferenzbildes entfernt (Zentraldistanz, Bild 30a, b). Mallard konnte zeigen,
daß zwischen der Zentraldistanz eines darstellenden Punktes im Interferenzbild
und der zugehörigen Fortpflanzungsrichtung einer Welle eine geometrische
Beziehung besteht.
Die Zentraldistanz d ist proportional dem Sinus des Winkels, den die zugehörige Richtung der Welle mit der Mikroskopachse in Luft einschließt,
d = k ⋅ sin E
Der Proportionalitätfaktor k ist eine Gerätekonstante. Damit wird es möglich,
Winkel zwischen optischen Bezugsrichtungen im Mineral durch Längenmessungen im konoskopischen Interferenzbild zu bestimmen (Bild 30b).
Um eine solche Längenmessung vornehmen zu können, muß das Interferenzbild jedoch weiter vergrößert und mit einer Meßskala überlagert werden.
Dazu wird das Interferenzbild bei eingeklappter Amici-Bertrand-Linse durch ein
Okular mit Mikrometerteilung betrachtet (Kap. 1.4.2 und 2.2). Die Zentraldistanz d ist nun um den Faktor h (Hilfsmikroskopvergrößerung) vergrößert, und
man erhält die neue Zentraldistanz
D = d ⋅ h
Die Beziehung d = k ⋅ sin E geht über in
D = K ⋅ sin E
- 87 -
Bild 30:
a. Konoskopischer Strahlengang (vgl. auch Bild 6b und Beilage)
b. Beziehung zwischen 2V, 2E und der Zentraldistanz d
Die Mallard'sche Beziehung wird also von drei Mikroskopteilen beeinflußt:
a) vom Objektiv (Brennweite f)
b) vom Hilfsmikroskop, bestehend aus der Amici-Bertrand-Linse und dem
Okular (Vergrößerungsfaktor h)
c) von der Fokussierung des Hilfsmikroskops (Tubuslänge).
Mit Änderung eines dieser Faktoren ändert sich die Größe des Interferenzbildes und damit auch die Zentraldistanz D. Zur Ermittlung des konoskopischen Winkels E aus der Zentraldistanz D, muß man das Okularmikrometer jeweils für die verwendeten Objektiv-Bertrand-Linse-Okular-Kombinationen eichen (Spezialliteratur, s. auch Kap. 5.5).
Die Mallard'sche Beziehung gilt für den Winkel E zwischen Wellenfortpflanzungsrichtungen in Luft nach Verlassen des Dünnschliffs. Im Mineral ist
der Winkel V zwischen entsprechenden Wellenfortpflanzungsrichtungen kleiner.
Nach dem Snellius'schen Gesetz gilt:
sin ELuft = sin VMineral ⋅ nMineral
(Bild 30b).
Dieser Zusammenhang muß bei der konoskopischen Bestimmung des
wirklichen Achsenwinkels V berücksichtigt werden (Kap. 5.5).
- 88 -
Isotrope Minerale erscheinen konoskopisch betrachtet in jeder Stellung des
Mikroskoptisches ausgelöscht. Die horizontal (= EW) schwingenden Polarisatorwellen durchlaufen das Mineral in allen Richtungen mit der gleichen Geschwindigkeit und Wellenlänge, ohne ihre Schwingungsrichtung (EW) zu ändern. Sie werden daher im NS-orientierten Analysator quantitativ vernichtet.
Dagegen ergeben sich für die anisotropen Minerale charakteristische
Interferenzbilder.
Mit steigendem Neigungswinkel der Fortpflanzungsrichtungen in der doppelbrechenden Mineralplatte legen die Wellen zunehmende Wege zurück. Nach
der im Kap. 4.2 beschriebenen Beziehung Γ = d ⋅ (nγ' - nα') folgt daher, daß mit
zunehmender Neigung, durch kontinuierliche Änderung des Wertes von d (=
Weglänge der Wellen im Schliff), der Gangunterschied der Wellen ständig
größer wird.
Dieser Beziehung zufolge müßten die Interferenzfarben im konoskopischen
Interferenzbild generell zum Rande hin ansteigen. Das Interferenzbild wird jedoch in viel stärkerem Maße durch die Lage der Schwingungsrichtungen und
die Doppelbrechungswerte der Wellen im erfaßten Raumbereich des Mineralkorns gestaltet.
Die Interferenzbilder können sehr anschaulich mit Hilfe der Becke'schen
Skiodromenkugeln abgeleitet werden (Becke 1905): Man denkt sich den Kristall
im Mittelpunkt einer Kugel. Jeder Fortpflanzungsrichtung der Lichtwellen im
Kristall entspricht ein Durchstoßpunkt auf der Kugeloberfläche. In den
Durchstoßpunkten trägt man die Schwingungsrichtungen der zugeordneten
Wellen (z.B. o und e) tangential ab. Verbindet man die Tangenten gleicher
Schwingungsrichtung, dann entsteht ein von der optischen Symmetrie des
Kristalls abhängiges Netz der Schwingungsrichtungen, das Skiodromennetz
(Bild 31).
Für die optisch einachsigen Minerale ergibt sich ein rotationssymmetrisches
Netz von Breiten- und Längenkreisen auf der Kugeloberfläche (Bild 31). Die
Längenkreise stellen die Schwingungsrichtungen der außerordentlichen Wellen
(e) dar, die Breitenkreise die der ordentlichen Wellen (o). Die optische Achse
(A) ist die Rotationsachse des Netzes.
Im Gegensatz dazu entsteht für die optisch zweiachsigen Minerale ein
System sich überschneidender Ellipsen, welches rhombische Symmetrie besitzt
(Bild 31). Die optischen Achsen stoßen in den gemeinsamen Brennpunkten der
Ellipsen aus.
Der jeweils vom konoskopischen Strahlenkegel erfaßte Bereich der Kugeloberfläche wird aus praktischen Gründen in die Ebene des Dünnschliffes abgebildet: Skiodromennetz (Bild 31).
Ist nun die Schnittlage eines Minerals bekannt (Bild 32, links unten) und
kennt man ferner die Orientierung der Indikatrix und damit auch die der Skiodromenkugel (Bild 32, oben), so kann das Interferenzbild mit Hilfe des in die
Dünnschliffebene abgebildeten Skiodromennetzes (Bild 32, rechts unten) gedeutet werden. Das Bild 32 beschreibt diesen Zusammenhang an einem senkrecht zu seiner optischen Achse geschnittenen tetragonalen Mineralkorn.
- 89 -
Bild 31:
- 90 -
Skiodromenkugeln, Skiodromennetze und Interferenzbilder
Die Skiodromennetze für besonders wichtige Schnittlagen der optisch ein- und
zweiachsigen Minerale sind in den Bildern 31 und 35 dargestellt.
Im Interferenzbild erscheinen jeweils die Bereiche ausgelöscht, in denen die
Wellen parallel zu den Polarisatoren schwingen (Analogie zur orthoskopischen
Dunkelstellung).
Die Gestalt der ausgelöschten Bereiche, Hauptisogyren genannt, wechselt
mit der optischen Symmetrie und der Schnittlage des Mineralkorns (Kap. 5.2
und 5.3 sowie die Bilder 31, 33 und 34).
Die nicht ausgelöschten Bereiche des Interferenzbildes erscheinen unterschiedlich aufgehellt und in verschiedenen Interferenzfarben, die sich zu
Kurvenzügen gleicher Farbtönung (bzw. gleichen Gangunterschiedes Γ) ordnen: Isochromaten (Analogie zur orthoskopischen Diagonalstellung). Die Gestalt der Isochromaten ändert sich in Abhängigkeit von der optischen Symmetrie
und der Schnittlage des Mineralkorns (Bilder 31, 33 und 34). Die Anzahl der
Isochromaten, das Interferenzspektrum bis zu einer maximalen Farbe (maximalem Gangunterschied Γ) umfassend, wird durch die Schliffdicke und die
Doppelbrechungswerte in den verschiedenen Richtungen der Mineralplatte
bestimmt. Es gilt die bekannte Beziehung
Γ = d ⋅ (nγ' - nα').
Die Anwendung der wichtigsten Interferenzbilder wird in den folgenden Kap.
5.2 und 5.3 abgehandelt.
Bild 32:
Zusammenhang zwischen Mineralschnitt, Kristall-, Indikatrix- und
Skiodromenorientierung für einen tetragonalen Kristall
- 91 -
5.2
Interferenzbilder der optisch einachsigen Minerale
5.2.1
Schnitt senkrecht zur optischen Achse
Ein senkrecht zu seiner optischen Achse geschnittenes einachsiges Mineral
(z.B. Quarz, Calcit), das im orthoskopischen Bild ausgelöscht erscheint, ergibt
bei gekreuzten Polarisatoren und konoskopischer Betrachtung ein typisches
Interferenzbild (Bild 32).
Parallel zu den Polarisator- und Analysatorrichtungen (E-W) (N-S) zeigt sich
ein schwarzes Kreuz (Hauptisogyren). Die vier Sektoren des Kreuzes sind bei
den höher doppelbrechenden Mineralen (z.B. Calcit) konzentrisch von farbigen
Kreisen ausgefüllt (Isochromaten; Bilder 31, 36). Beim Drehen des Mikroskoptisches ändert sich das Interferenzbild nicht.
Deutung des Bildes
Die Schwingungsrichtungen von ordentlicher und außerordentlicher Welle
stehen senkrecht aufeinander. Sie sind im Interferenzbild konzentrisch um die
optische Achse angeordnet (Bild 35). Fallen die Schwingungsrichtungen der
beiden Wellen mit denen der Polarisatoren zusammen, dann wird nur die Welle
in der Polarisatorrichtung im Mineral aktiviert (EW). In der Analysatorrichtung
entsteht keine Welle. Die horizontal schwingende Welle (EW) wird im Analysator (NS) vernichtet. Auf diese Weise entsteht ein schwarzes Kreuz im Interferenzbild. Dieses wird zum Rande des Gesichtsfeldes hin breiter, weil die
Krümmungsradien vom Mittelpunkt der konzentrischen Kreise nach außen zunehmen.
In den Sektoren zwischen den Hauptisogyren werden beide Wellen aktiviert
(ne', no). Der Gangunterschied der beiden Wellen nimmt von innen nach außen
zu. Es entstehen somit zum Bildrande hin ansteigende Interferenzfarben (Kap.
4.2). Die Zahl der Farbringe (Isochromaten) wird von der Größe der Doppelbrechung und von der Dicke des Dünnschliffes beeinflußt. In einem Dünnschliff
von 25 µm Dicke erfaßt das Interferenzbild des Calcits (∆ = 0,172) die Folge
von etwa sechs Farbordnungen, das des Quarzes (∆ = 0,009) hingegen nur die
erste Ordnung (Beilage). Die kreisförmige Gestalt der Isochromaten ist durch
die Rotationssymmetrie der Indikatrix und die spezielle Schnittlage senkrecht
zur optischen Achse bedingt.
5.2.2
Schnitt schräg zur optischen Achse
Ist das Mineral schräg zur optischen Achse geschnitten, so liegt der Schnittpunkt der Hauptisogyren nicht in der Mitte des Gesichtsfeldes (Bild 33 a und b).
Aus der Distanz vom Mittelpunkt des Gesichtsfeldes zum Schnittpunkt des
Achsenkreuzes läßt sich über die Mallard'sche Beziehung (Kap. 5.1) die Neigung der optischen Achse gegen die Mikroskopachse bestimmen. Beim Drehen
des Mikroskoptisches wandert der Schnittpunkt (Melatop) des Achsenkreuzes
auf einer Kreisbahn, deren Durchmesser von der Neigung der optischen Achse
abhängt.
- 92 -
Bei starker Neigung liegt der Schnittpunkt außerhalb des Gesichtsfeldes. Um
ihn sichtbar zu machen, muß man die Apertur des Objektivs noch weiter erhöhen (Kap. 1.2.1, S. 9).
In den konoskopischen Interferenzbildern annähernd senkrecht zur optischen
Achse geschnittener Minerale verschieben sich die Hauptisogyren beim Drehen
des Mikroskoptisches parallel zu den Richtungen von Polarisator und
Analysator (EW, NS, Bild 33a und b).
5.2.3
Schnitt parallel zur optischen Achse
In Schnitten angenähert parallel zur optischen Achse entsteht ein breites
schwarzes Kreuz, welches sich bereits bei geringem Drehen des Mikroskoptisches rasch weit öffnet (Bild 33c). Verwechslungsmöglichkeit besteht mit den
Interferenzbildern der optisch zweiachsigen Minerale (Kap. 5.3.1; Bild 34d)!
5.3
Interferenzbilder der optisch zweiachsigen Minerale
5.3.1
Schnitt senkrecht zur spitzen Bisektrix
Bei optisch zweiachsigen Mineralen mit kleinen optischen Achsenwinkeln erhält
man eindeutige konoskopische Interferenzbilder, wenn das Korn im Dünnschliff
senkrecht zur spitzen Bisektrix geschnitten ist (Kap. 4.1). Die optischen Achsen
schließen dann Winkel < 90° ein. Die Ausstoßpunkte der beiden optischen
Achsen sind vom Mittelpunkt des Interferenzbildes gleich weit entfernt (Bilder
31 und 34a). Aus dieser Zentraldistanz kann man über die Mallard'sche Beziehung den Winkel 2 V bestimmen, den die optischen Achsen miteinander bilden (Kap. 5.1). Schnitte senkrecht zur spitzen Bisektrix erkennt man im orthoskopischen Bild an ihren niedrigen Interferenzfarben (Grau-Weiß I. Ordnung).
Im Gegensatz zu den optisch einachsigen Interferenzbildern ändern sich
beim Drehen des Mikroskoptisches die Hauptisogyren optisch zweiachsiger
Minerale sehr stark in ihrer Gestalt (Bild 34a). Die Kurven gleichen Gangunterschiedes sind hier keine Kreise, sondern Kurven 4. Grades, sog. Cassini'sche
Kurven (Bilder 31, 34a). Ihre graphische Darstellung hat F. Becke (1905) gegeben.
Man unterscheidet bei Schnitten senkrecht zur spitzen Bisektrix zwei wichtige
Interferenzbilder, das der Normalstellungen und das der Diagonal-stellungen
(Bilder 31 und 34a).
In der Normalstellung sind zwei Orientierungen möglich. Die Achsenebene
liegt entweder N-S oder E-W. Man beobachtet in dieser Stellung ein schwarzes
Kreuz, dessen eine Hauptisogyre breiter ausgebildet ist. Die andere dünnere
Hauptisogyre ist durch den Austritt der beiden optischen Achsen unterbrochen.
Unmittelbar um den Austritt einer optischen Achse scharen sich die Isochromaten annähernd kreisförmig, um dann in weiterem Abstand komplizierte Formen anzunehmen (Bilder 31, 34).
- 93 -
Bild 33:
- 94 -
Änderung der optisch einachsigen Interferenzbilder in Abhängigkeit
von der Schnittlage und bei Drehung des Mikroskoptisches.
a. Unter kleinem Winkel schräg zur optischen Achse geschnittenes
optisches einachsiges Mineral. Wandern der Isogyren bei einer 90°Drehung des Mikroskoptisches.
b. Verhalten der Isogyren bei stärker geneigter Schnittlage.
c. Verhalten der Isogyren bei Schnitten ∼ parallel zur optischen
Achse.
Bild 34:
Änderung der Interferenzbilder optisch zweiachsiger Minerale in
Abhängigkeit von der Schnittlage und der Drehung des Mikroskoptisches.
a. Senkrecht zur spitzen Bisektrix geschnittenes Mineral (2 V ∼ 30°).
Wandern der Isogyren bei einer 90°-Drehung des Mikroskoptisches.
b. Zunehmend schräg zur spitzen Bisektrix geschnittenes Mineral
(2V∼80°). Wandern der Isogyren bei einer 90°-Drehung des
Mikroskoptisches.
c. Schnitt angenähert senkrecht zu einer optischen Achse (2V ∼
80°). Pendeln der Isogyre bei einer Drehung des Mikroskoptisches um 90°.
d. Schnitt senkrecht zur stumpfen Bisektrix. Das breite verwaschene
Isogyrenkreuz öffnet sich sehr schnell. Bereits nach einer Tischdrehung von 15° ist es aus dem Gesichtsfeld verschwunden. Ein
ähnliches Verhalten zeigen Schnitte parallel zur optischen Achsenebene.
- 95 -
Beim Übergang in die Diagonalstellung durch Drehen des Mikroskoptisches um
45° öffnet sich das Kreuz der Hauptisogyren zu Hyperbeln. In den Scheitelpunkten der Hyperbeln treten die optischen Achsen aus (Bilder 31, 34). Je nach
der Drehrichtung liegen die Hyperbeln im 1. und 3. oder im 2. und 4. Quadranten. Bei einer Drehung des Tisches um 360° öffnen und schließen sich die
Hauptisogyren im Wechsel der Hell- und Dunkelstellungen bei orthoskopischer
Beobachtung.
5.3.2
Schnitt senkrecht zu einer der beiden optischen Achsen
Bei optisch zweiachsigen Mineralen mit großem optischen Achsenwinkel erhält
man eindeutige konoskopische Interferenzbilder, wenn das Korn im Dünnschliff
senkrecht zu einer der beiden optischen Achsen geschnitten ist. In solchen
Schnitten tritt nur eine schwach gekrümmte Hauptisogyre auf. Diese rotiert
mehr oder weniger diagonal durch das Gesichtsfeld (Bild 34), während sich die
Hauptisogyren der optisch einachsigen Minerale in der Regel parallel zur
Analysator- oder Polarisatorrichtung bewegen (Bild 33a und b).
5.3.3
Andere Schnittlagen
Bei Mineralschnitten, die von den unter 5.3.1 und 5.3.2 beschriebenen abweichen, sind die Cassinischen Kurven kompliziert und schwer deutbar. Bei
Schnitten senkrecht zur stumpfen Bisektrix schließen sich die Hyperbeläste zu
einem verwaschenen breiten Kreuz, welches sich beim Drehen des Mikroskoptisches relativ schnell öffnet und bereits nach 15-25° aus dem Gesichtsfeld
verschwindet (Bild 33d).
Bei Schnitten parallel zur optischen Achsenebene entstehen ganz ähnliche
Interferenzbilder, doch verschwinden die Isogyren bereits bei einer Tischdrehung von 10-15°.
Den vorgenannten Schnitten sehr ähnliche Interferenzbilder zeigen auch die
optisch einachsigen Minerale, wenn sie parallel zur optischen Achse geschnitten sind (Bild 33 c und Bild 34d). Daher sollten solche Interferenzbilder nicht
allein zur Unterscheidung der optisch ein- von den zweiachsigen Mineralen
herangezogen werden.
5.4
Bestimmung des optischen Charakters
Optisch einachsige Minerale
Für die Bestimmung des optischen Charakters sucht man im Dünnschliff
Mineralschnitte senkrecht zur optischen Achse (c-Achse) aus. Sie bleiben beim
Drehen des Mikroskoptisches ausgelöscht (Praktische Hinweise für die konoskopische Methodik s. Kap. 5.6).
Die vier Sektoren des Interferenzbildes optisch einachsiger Kristalle bezeichnet
man am besten in Anlehnung an die Trigonometrie als Quadranten I-IV (Bild
- 96 -
35a). Schiebt man ein Hilfsobjekt Rot I in den Tubusschlitz, so erscheinen die
Hauptisogyren im Rot I. Ordnung. Die Interferenzfarben in den Quadranten erfahren jedoch in Abhängkeit von der Orientierung der Schwingungsrichtungen
no und ne' (Bild 35a) unterschiedliche Veränderungen:
Fall a) Im I. und III. Quadranten treten um eine Ordnung höhere Interferenzfarben auf = Addition, im II. und IV. Quadranten fallen die Farben
um eine Ordnung = Subtraktion (Bild 36). Das Mineral ist optisch
positiv.
Fall b) Die Quadranten I/III und II/VI verhalten sich genau umgekehrt (Bild 36).
Das Mineral ist optisch negativ.
Die Deutung der Fälle a) und b) kann anhand des Bildes 35a vorgenommen
werden (s. auch Kap. 4.2.2).
Bei höher doppelbrechenden Mineralen verwendet man den Quarzkeil. Beim
Einschieben des Quarzkeils wandern die Isochromaten in typischer Weise. Die
Deutung dieser Additions- und Subtraktionserscheinungen ist in Kap. 4.2.2
abgehandelt.
Fall a) Im I. und III. Quadranten wandern die Farbringe nach innen = Addition,
im II. und IV. nach außen = Subtraktion (Bild 36). Das Mineral ist
optisch positiv.
Fall b) Die Quadranten I/III und II/IV verhalten sich genau umgekehrt. Das
Mineral ist optisch negativ.
Achtung! Bei verschiedenen Mikroskoptypen sind Umkehrprismen eingebaut
(z.B. Zeiss-Fotomikroskop), die seitenverkehrte Bilder gegenüber den oben
beschriebenen Bildern entstehen lassen. Die Fälle a) und b) kehren sich um.
Optisch zweiachsige Minerale
Man sucht sich im Dünnschliff Mineralschnitte mit möglichst niedrigen
Interferenzfarben. Hierbei handelt es sich um Schnitte senkrecht zur spitzen
Bisektrix oder zu einer der beiden optischen Achsen. Für die Bestimmung des
optischen Charakters genügt es, wenn man in Diagonalstellung den Austritt
einer optischen Achse im Gesichtsfeld erfaßt (Bild 36).
Der Hyperbelscheitel mit dem Achsenaustritt sollte möglichst im Zentrum
des Gesichtsfeldes liegen, um die Krümmungsrichtung und die Kompensationsfarben eindeutig feststellen zu können.
Die konvexe Seite des Hyperbelastes zeigt stets zur spitzen Bisektrix, die
konkave Seite liegt in Richtung auf die stumpfe Bisektrix. Es gilt nun festzustellen, ob nγ' auf der konvexen Seite in der spitzen oder auf der konkaven in
der stumpfen Bisektrix schwingt (Bilder 35a, 36).
- 97 -
Bild 35:
- 98 -
a. Skiodromen der optisch positiven und negativen Kristalle
b. Abhängigkeit der Krümmung der Isogyre vom Achsenwinkel in
Schnitten senkrecht zu einer optischen Achse (Diagonalstellung
Bild 36:
Bestimmung des optischen Charakters der anisotropen Minerale
- 99 -
Schiebt man das Hilfsobjekt Rot I in Diagonalstellung ein und orientiert die Hyperbeln in den I. und III. Quadranten, dann schwingt nγ-Hilfsobjekt in Richtung
der Achsenebene des Minerals.
Fall a) Auf der konvexen Seite der Hyperbel werden Subtraktionsfarben, auf
der konkaven Seite Addition beobachtet (Bild 36). Das Mineral ist
optisch positiv.
Fall b) Die Kompensationsfarben verhalten sich genau umgekehrt. Das Mineral
ist optisch negativ.
Die Deutung der Fälle a) und b) kann anhand des Bildes 35 a vorgenommen
werden (s. auch Kap. 4.2.2).
Bei höher doppelbrechenden Mineralen gebraucht man für die Kompensation den Quarzkeil. Beim Einschieben des Quarzkeiles wandern die Isochromaten in typischer Weise, wie in Bild 36 dargestellt.
5.5
Bestimmung des optischen Achsenwinkels zweiachsiger
Minerale
Aus der Krümmung der Hyperbeläste läßt sich der Achsenwinkel grob abschätzen. Ist in der Diagonalstellung eine Hauptisogyre völlig gestreckt, so liegt der
Wert des Achsenwinkels bei 90°. Je stärker die Hyperbeläste gekrümmt sind,
um so kleiner ist der Achsenwinkel. Dabei gilt es allerdings, die Lichtbrechung
des untersuchten Minerals zu berücksichtigen, da die Achsenwinkel in Luft (2 E)
beobachtet werden (Bild 30b). Bild 35b zeigt für eine mittlere Lichtbrechung von
1,60 die Beziehung zwischen Hyperbelkrümmung und Achsenwinkel.
5.5.1
Mallard-Methode
Werden im Interferenzbild eines optisch zweiachsigen Minerals in der
Diagonalstellung zwei Hyperbeläste erfaßt (Schnitt ⊥ spitze Bisektrix), so kann
der optische Achsenwinkel 2 V direkt durch Messung der Zentraldistanz D
ermittelt werden (Bild 30b). Hierbei ist es oft zweckmäßiger, anstelle des
Dünnschliffs Streupräparate anzufertigen. Das gilt besonders für rhombische
Minerale und die Schichtsilikate, weil dann die 1. Mittellinie als Halbierende des
optischen Achsenwinkels 2 V mit der Mikroskopachse zusammenfällt; 1. Mittellinie = nα optisch (-) oder = nγ optisch (+).
Es gilt: d = k ⋅ sin E und sin E = nβ ⋅ sin V, woraus D = K ⋅ nβ ⋅ sin V folgt
(Kap. 5.1, S. 88).
Die vorstehende Beziehung ermöglicht die Berechnung des optischen
Achsenwinkels 2V, indem 2d direkt im Interferenzbild ausgemessen und nβ des
Minerals abgeschätzt oder gesondert im Streupräparat gemessen werden. Die
Mallard-Konstante K muß für die jeweils verwendete Objektiv-Bertrand-LinseOkular-Kombination an Eichmineralen bestimmt werden. Für die Eichung ver
- 100 -
wendet man Präparate von Mineralen, die genau senkrecht zur spitzen Bisektrix geschnitten sind und deren optische Daten 2V, 2E und nβ bekannt sind (Tab.
5).
Eichverfahren
a) Man erzeugt zunächst das konoskopische Bild des Eichpräparats, dessen
Achsenwinkel auf mindestens 0,5° genau bekannt sein muß. Nun verstellt
man die Tubuslänge bzw. fokussiert die Bertrand-Linse, bis das konoskopische Bild optimale Schärfe erhält (Kap. 5.6). Die Tubuslänge bzw. Fokusstellung der Bertrand-Linse muß notiert werden und darf bei Achsenwinkelmessungen nicht mehr verstellt werden. Desgleichen darf die verwendete
Objektiv-Okular-Kombination nicht geändert werden (Kennzahlen notieren!).
Diese Abbildungsbedingungen müssen stets eingehalten werden, da nur für
sie die bestimmte Mallard-Konstante gilt.
b) Jetzt mißt man mit dem Okularmikrometer die Distanz zwischen den Scheiteln der beiden Hyperbeläste in der Diagonalstellung, d.h. bei der größten
Öffnungsweite der Hyperbeln.
Da die Hyperbeln stets eine gewisse Breite aufweisen, wird der Austritt der
optischen Achse auf 1/3 der Isogyrenbreite vom konvexen Scheitelrand her
festgelegt. Die Entfernung zwischen den beiden Achsenausstichpunkten
entspricht der doppelten Zentraldistanz 2 D. Mit den Beziehungen D = K ⋅ sin E
oder D = K ⋅ nβ ⋅ sin V wird die Mallard-Konstante berechnet (Tab. 5).
c) Zur Verbesserung des Wertes der Mallard-Konstanten wiederholt man das
unter a) und b) geschilderte Verfahren mit anderen Eichmineralen und berechnet einen Mittelwert für K.
Ist somit die Mallard'sche Konstante ermittelt, so lassen sich durch die Messungen von Zentraldistanzen 2 D unter den festgeschriebenen Bedingungen
von a und b die scheinbaren Achsenwinkel 2 E von unbekannten Mineralen
bestimmen. Ist nβ bekannt, so kann auch der wirkliche Achsenwinkel 2 V berechnet werden.
Tab. 5:
Beispiel für die Ermittlung der Mallard-Konstanten
Abbildungsbedingungen:
Objektiv: Neofluar 63,3/0,90; Okular: Kpl 12,5 x Br; Tubuslänge 160 mm
Mineral
Cerussit
Aragonit
Baryt
Borax
Anhydrit
Coelestin
Gips
nβ
2,076
1,682
1,637
1,469
1,575
1,624
1,523
2 V [°]
8,5
18
36
39,5
42
51
58
2 E [°]
17,7
30,5
62,6
58,8
68,8
88,7
95,6
sin E
0,1544
0,2633
0,5201
0,4908
0,5651
0,6985
0,7409
2D
K
3,2
10,31
5,5
10,45
10,5
10,11
10,0
10,18
11,5
10,12
14,5
10,37
15,0
10,12
Mittelwert: 10,22
- 101 -
Nomogramme zur Ermittlung von 2 E und 2 V
In Bild 37a ist der Zusammenhang zwischen 2D, 2E und K graphisch
dargestellt. Die Eichkurve wurde mit den in Tab. 5 enthaltenen Werten konstruiert, so daß für die gemessene Zentraldistanz 2D eines unbekannten Minerals
der zugehörige scheinbare Achsenwinkel 2 E direkt abgelesen werden kann.
Es empfiehlt sich, für die gewählten Meßbedingungen ein Nomogramm zu
berechnen, welches die Beziehung zwischen 2D, nβ und 2V herstellt. Dann
kann man nach der Bestimmung von nβ und der Messung von 2D sofort den
wahren Achsenwinkel 2 V ablesen (Bild 37b).
Ein Nomogramm für das Ablesen des wahren Achsenwinkels 2 V, wenn nβ
bekannt ist, wurde von Winchell (1946) entwickelt. Es ist in Teil 1 der TrögerTabellen, 5. Auflage, S. 150, wiedergegeben.
Für den Fall, daß zwar die Achsenebene senkrecht zur Schliff- oder
Präparatebene steht, die spitze Bisektrix jedoch etwas geneigt ist, läßt sich die
Messung der doppelten Zentraldistanz wie oben beschrieben ausführen.
Schwieriger werden die Messungen, wenn ein Achsenaustritt außerhalb des
Gesichtsfeldes liegt oder die Achsenebene nicht senkrecht zur Präparatebene
steht. Hierfür anwendbare Korrektur- und Spezialverfahren können der Spezialliteratur entnommen werden.
Bei niedrigsymmetrischen Mineralen, vor allem bei den allgegenwärtigen
Feldspäten, sind Schnitte senkrecht zur spitzen Bisektrix oder auch nur senkrecht zur Achsenebene ein seltener Glücksfall. Deshalb muß man exakte Achsenwinkelbestimmungen mit dem Universal-Drehtisch durchführen (Spezialliteratur).
5.6
Praktische Hinweise zur Konoskopie
Mineralkörner, die konoskopisch betrachtet werden sollen, müssen bestimmte
Voraussetzungen erfüllen:
a) Das Mineralkorn muß bei der Abbildung mit den stark vergrößernden Objektiven (M = 63, 100 Öl) das Gesichtsfeld vollständig ausfüllen.
b) Das Mineralkorn darf nicht verzwillingt sein, keine Trübungen oder Entmischungen aufweisen.
Die Abbildung des konoskopischen Interferenzbildes wird in folgenden Schritten
vorgenommen:
a) Mineralkorn in die Fadenkreuzmitte bringen und mit dem 63- bzw. 100 ÖlObjektiv scharf abbilden.
b) Alle Blenden vollständig öffnen.
c) Kondensor bis zum Anschlag nach oben fahren und Kondensorfrontlinse
einklappen.
d) Polarisatoren kreuzen. Okular herausnehmen und das Interferenzbild im Tubus betrachten oder Amici-Bertrand-Linse einklappen und das Interferenzbild durch das Okular nun vergrößert betrachten. Das Interferenzbild wird
durch Verstellen der Tubuslänge (z.B. Zeiss-Monotubus) bzw. Fokussieren
- 102 -
Bild 37:
Nomogramme zur Ermittlung von 2 E und 2 V.
a. Zusammenhang zwischen 2 D, 2 E und K
b. Beziehung zwischen 2 D, nβ und 2 V
- 103 -
der Amici-Bertrand-Linse (Leitz-Forschungsmikroskope) auf die optimale
Abbildungsschärfe gebracht.
An den meisten Monotuben läßt sich außerdem die Amici-Bertrand-Linse
zentrieren, was besonders für quantitative Messungen notwendig ist.
e) Füllt das Mineralkorn auch bei stärkster Objektivvergrößerung (100 Öl) das
Gesichtsfeld nicht aus, so kann bei vielen Monotuben das Korn mit Hilfe
einer im Tubus angebrachten Irisblende ausgeblendet werden.
Bei stark gefärbten Mineralen kann die Bestimmung des optischen Charakters
(Kap. 5.4) mit dem Hilfsobjekt Quarz Rot I Schwierigkeiten bereiten. Deshalb
benutzt man besser zur Kompensation den Quarzkeil und beobachtet das
Wandern der Isochromaten (Bild 36).
Literatur zu Kap. 5
Becke, F.: Die Skiodromen. - Tscherm. Min. Petrogr. Mitt. 24, 1-44, 1905
Bloss, F.D.: The spindle stage: principles and practice. Cambridge University
Press, 1981
Burri, C.: Das Polarisationsmikroskop. - Birkhäuser Verlag, Basel 1950
Gravenor, C.P.: A graphical simplification of the relationship between 2V and
Nx, Ny and Nz. - Am. Mineralogist 36, 1951
Kamb, W.B.: Isogyres in interference figures. - Am. Mineralogist 43, 1029-1067,
1958
Koritnig, S.: Ein Nomogramm zur Bestimmung der veränderlichen Lichtbrechungsquotienten in beliebigen Schnitten optisch ein- und zweiachsiger Kristalle sowie zur Bestimmung des Achsenwinkels 2 V. Heidelberger Beitr. Mineral. u. Petrogr. 1, 471-485, 1949
McAndrew, J.: Relation of optic axial angle with the three principal refractive
indices. - Am. Mineralogist 48, 1275-1285, 1963
Mertie, J.B.: Nomograms of optic angle formulae. - Am. Mineralogist 27, 538551, 1942
Reinhard, M.: Universaldrehtischmethoden (mit besonderer Berücksichtigung
der Plagioklasbestimmung). - Wepf-Verlag, Basel 1931
Rittmann, A.: Quantitative Konoskopie. - Schweiz. mineral. petrogr. Mitt. 43, 11,
1963
Sarantschina, G.M.: Die Fedorow-Methode. - VEB-Verlag der Wissenschaften,
Berlin 1963
- 104 -
Schumann, H.: Über den Anwendungsbereich der konoskopischen Methodik. Fortschr. Mineral. 25, 217-235, 1941
Tertsch, H.: Die stereographische Projektion in der Kristallkunde. - Wiesbaden
1954
Tobi, A.C.: A chart of measurement of optic axial angles. - Am. Mineralogist 41,
516-519, 1956
Tocher, F.E.: Extinction and 2V: a simple stereographic solution of general
application. Am. Mineralogist 49, 1622-1629, 1964
Turner, F.J., Weiss, L.E.: Structural analysis of metamorphic tectonics. McGraw-Hill, New York 1963
Winchell, H.: A chart for measurement of interference figures. - Am. Mineralogist 31, 43-50, 1946
- 105 -
6.
GANG EINER MINERALBESTIMMUNG
- 106 -
Literatur zu Kap. 6
Deer, W.A., Howie, R.A., Zussman, J.: Rock-forming minerals. - Longmans,
Green and Co, London 1967
Fleischer, M., Wilcox, R.E. and Matzko, J.J.: Microscopic determination of the
nonopaque minerals. - U.S. Geol. Surv. Bull. 1627, XII, Wash. D.C.
(U.S. Government Printing Office), 1984
Kordes, E.: Optische Daten zur Bestimmung anorganischer Substanzen mit
dem Polarisationsmikroskop. Verlag Chemie, Weinheim 1960
MacKenzie, W.S. und Guilford, C.: Atlas gesteinsbildender Minerale in
Dünnschliffen. - Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1981
Phillips, W.R. and Griffen, D.T.: Optical mineralogy, the nonopaque minerals. W.H. Freeman & Co., San Francisco 1981
Shelley, D.: Manual of optical mineralogy, 4. edit., Elsevier, Amsterdam, 1975.
Tröger, W.E.: Tabellen zur optischen Bestimmung der gesteinsbildenden
Minerale. - 5. Auflage, Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung,
Stuttgart 1982
Tröger, W.E. und Braitsch, O.: Optische Bestimmung der gesteinsbildenden
Minerale, Teil 2, Textband, 2. Auflage. - Schweizerbartsche
Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1969
Winchell, N.W., Winchell, A.N.: The microscopical characters of artificial
inorganic solid substances. - Optical properties of artificial minerals. Academic Press, New York 1964
Zussman, J.: Physical Methods in Determinative Mineralogy. - Academic Press,
London-New York 1967
- 107 -
7.
MODALANALYSE
Der im Dünnschliff erkannte Mineralbestand eines Gesteins läßt sich quantitativ
erfassen. Man geht hierbei erst einmal von der Voraussetzung aus, daß in
einem Gestein die Mineralkomponenten statistisch und völlig regellos verteilt
sind. Das Gestein wird bezüglich seines Kornverbandes als homogen und
isotrop betrachtet. Tatsächlich erfüllt ein sehr großer Teil der Gesteine, vor
allem der Magmatite, diese Voraussetzung weitgehend.
In solchen Fällen ist es erlaubt, die Kornverteilung der zweidimensionalen
Dünnschliff-Fläche als repräsentativ für das Volumen der Gesteinsprobe anzunehmen. Die im Dünnschliff gemessenen Flächenanteile der Minerale können
Volumenprozenten gleichgesetzt werden. Um diese Volumentanteile der Minerale eines Gesteins exakt ermitteln zu können, muß die zu vermessende
Dünnschliff-Fläche so groß sein, daß sie signifikante Aussagen zuläßt
(Spezialliteratur). Die Fehler einer solchen Flächen- bzw. Volumenanalyse lassen sich nach der Formel
σ= ±
P (100 − P)
N
für jedes Mineral einzeln berechnen. Hierbei ist N die Gesamtfläche und P
der prozentuale Anteil eines Minerals an der Gesamtfläche.
Die Flächen-Analyse wird mit verschiedenen Meßmethoden durchgeführt.
Nach Glagolev (1934) legt man über den Dünnschliff ein der Korngröße der
Minerale angepaßtes Punktraster und setzt die Zahl der Punkte gleich der zu
untersuchenden Fläche. Die Punktzahlen, welche auf die Flächenanteile der
verschiedenen Minerale entfallen, repräsentieren die Anteile der Minerale an
der Gesamtfläche. Man kann anstelle der Punkte auch in parallelen Traversen
die Streckenabschnitte messen, die auf die verschiedenen Minerale entfallen
(Leitz-Spindeltisch).
Am praktischsten ist der "point counter", ein Gerät, welches auf der Methode
Glagolevs basiert. Mittels Elektrokontakt rückt der Führungsrahmen eines speziellen Aufsatzes auf dem Mikroskoptisch den Dünnschliff um eine definierte
Strecke (50, 100, 200 oder 500 µm) auf einer Traverse weiter. Der jeweils im
Fadenkreuz liegende Punkt eines Minerals wird gezählt. Die aus mehreren
parallelen Traversen gewonnenen Punktmengen werden in Volumenprozente
umgerechnet (Tabelle). Nach der oben genannten Formel lassen sich die
Standardabweichungen berechnen.
Die Gewichtsanteile der einzelnen Minerale werden mit Hilfe der Dichten der
Minerale berechnet, D ⋅ V = M. Man setzt die Summe der Produkte D ⋅ V gleich
hundert Prozent und rechnet die einzelnen Gewichtsanteile der Minerale aus.
Das Modalanalysenverfahren unterliegt zahlreichen Einschränkungen, wenn
das Korngefüge nicht homogen und isotrop ist.
Außerdem muß die Schrittweite zwischen den Meßpunkten größer sein als
der größte im Dünnschliff beobachtete Korndurchmesser. Zur Abschätzung der
notwendigen Punktzahlen, um möglichst kleine Standardabweichungen zu erzielen, sind Diagramme entwickelt worden, z.B. von van der Plas & Tobi (1965)
sowie von Kalsbeek (1969), Bild 38.
- 108 -
Tab. 6:
Modalanalyse eines feinkörnigen Diorits
(Punktzählverfahren nach Glagolev)
Mineral
Andesin
Hornblende
Biotit
Apatit
Erz
Gesamt
Punkte
899
658
172
18
42
1790
Vol.-% (V)
50,2 ± 1,4
36,8 ± 1,3
9,7 ± 0,5
1,0 ± 0,2
2,3 ± 0,4
100,0
Dichte (D)
2,66
3,24
3,12
3,18
5
Gew.-%
44,9
40,0
10,1
1,1
3,9
100,0
Beispiel (vgl. Bild 38):
In einem Dünnschliff wurden 900 Punkte ausgezählt, davon entfielen 90 auf
Plagioklas. Daraus folgt:
PPlagioklas = 90/900 ⋅ 100 = 10 Vol.-%
Man geht jetzt von der Abszisse bei 10 senkrecht nach oben bis zum
Schnittpunkt mit der waagerechten Linie für n = 900. Der Schnittpunkt liegt bei 2
% (ausgezogene Linie). Daraus folgt für den Plagioklas-Gehalt der Probe
p = 10 ± 2 Vol.-%
Die Lage des Schnittpunktes auf der Linie für n = 900 zwischen den
gestrichelten Linien ergibt durch Interpolation einen relativen Fehler von 20 %
(genau zwischen den Linien für 16 % und 24 %).
Umgekehrt müßten bei einer Komponente mit geschätzten Gehalten von ca.
18-19 % 1500 Punkte ausgezählt werden, um wieder eine Standardabweichung von ± 2 % zu erhalten. Für den relativen Fehler ergeben sich ca.
11 %.
- 109 -
Bild 38:
- 110 -
Diagramm von Plas & Tobi (aus Am. J. Sci., 263, 87-90, 1965)
Literatur zu Kap. 7
Bayly, M.B.: The sampling error in modal analysis. - Am. Mineralogist 50, 196211, 1965
Chayes, F.: Petrographic Modal Analysis. - John Wiley and Sons, New York
1956
Glagolev, A.A.: Quantitative analysis with the microscope by the point method. Eng. Min. Journ. 135, 339-340, 1934
Heinrich, E.W.: Microscopic Petrography. - McGraw Hill Book, New York,
London 1956
Kalsbeek, F.: Note on the reliability of point counter analyses. - N. Jb. Mineral.
Mh., H. 1, 1-6, 1969
Solomon, M.: Counting and sampling errors in modal analysis by point counter.
- J. Petrol. 4, 367-382, 1963
Tilley, C.E., Nockolds, S.R., Black, M.: Harkers Petrology for students. University Press, Cambridge 1968
van der Plas, L., Tobi, A.: A chart for judging the reliability of point counting
results. - Am. J. Sci. 263, 87-90, 1965
- 111 -
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