Customer Experience» – Marke ganzheitlich leben

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«Customer Experience» –
Marke ganzheitlich leben
CUSTOMER Experience Führungskräfte können sich nicht mehr nur auf die klassischen Kommunikationsmittel verlassen, sondern müssen sich gut überlegen, wie
sie ihr Marketingbudget auf jene Brand-Touchpoints fokussieren, die den grössten Hebel darstellen, um nachhaltigen Wert für ihre Marke zu generieren. Die
Berührungspunkte der Firma mit ihren Kunden werden dabei immer zentraler.
Von Roland Bernhard* und Andrea Hilber*
Die Situation ist Ihnen vielleicht bekannt: Sie kommen
müde von einem langen und
anstrengenden Flug in ein Haus
einer bekannten Hotelkette und
checken ein. Die Dame an der
Rezeption erklärt Ihnen, dass
die «Version Nichtraucher»
in der von ihnen reservierten
Zimmerklasse bereits ausgebucht sei. Nachdem Sie der
Rezeptionistin erklären, dass
Sie bei der Reservation explizit
den Wunsch eines Nichtraucherzimmers geäussert hätten,
entgegnet Ihnen diese leicht
gereizt, dass man solche Extrawünsche halt nicht immer erfüllen könne, und lässt Sie mit
einem unguten Gefühl auf Ihr
Zimmer führen.
Stärker als sichtbare
Kommunikation
Berührungspunkte, welche ein
Kunde mit den Produkten, den
Mitarbeitern und den Prozessen einer Unternehmung hat.
Diese Berührungspunkte werden auch Brand-Touchpoints
genannt. Darunter versteht
man alle potenziellen Möglichkeiten und Wege, bei denen die
Marke auf Kunden, Mitarbeiter
und andere Stakeholders trifft
und einen Eindruck hinterlässt.
Jede Aktion, Taktik oder Strategie, die unternommen wird,
um Kunden oder andere Stake-
holders zu erreichen (sei es
durch ein Inserat, die FirmenWebsite, ein Gespräch mit dem
Callcenter oder die Rechnung),
repräsentiert einen solchen
Brand-Touchpoint. Die Erfahrung zeigt, dass jede Marke
täglich 30 bis 100 Touchpoints
generiert, die auf die eine oder
andere Art einen Eindruck in
Kopf und Herz hinterlassen.
Einige der wichtigsten Fragen
für jeden Marketer sollten daher sein: Habe ich die ideale
Customer Experience für meine
Marke definiert? Kenne ich die
Touchpoints meiner Marke?
Welches sind die wichtigsten
Touchpoints? Habe ich Kontrolle über diese Touchpoints?
Besteht Konsistenz bei der Performance dieser Touchpoints?
Welche Rolle sollen die ein-
Customer Experience ist
die Summe aller Signale, die der
Kunde empfängt: Die Anmutung
der Produkte und Services selbst
spielt hierbei eine ebenso grosse
Rolle wie der Kontext, in dem diese überreicht werden, und die
Personen, die sich um die Bereitstellung kümmern.
Touchpoint-Analyse ist die Analyse von Kontaktpunkten, die ein
Konsument mit einer Marke hat.
Ziel einer Touchpoint-Analyse
kann sein, die einzelnen Kontaktpunkte, die einen wichtigen
Einfluss auf das Kauf- und Nutzungsverhalten haben, zu identifizieren und den Erwartungen
der Konsumenten entsprechend
zu optimieren. Das nennen wir
«top down».
zelnen Touchpoints für meine
Marke spielen? Wie verteile
ich mein Marketingbudget über
die klassischen Marketingtools
hinaus, auf die wirklich relevanten Touchpoints?
Grundsätzlich in
drei Phasen
Grundsätzlich fallen die BrandTouchpoints in eine der drei
Phasen der Customer Experience
Beispiel Brand-Touchpoint
Solche und ähnliche Interaktio-
nen prägen unsere Wahrnehmung von Marken und sogar
von ganzen Unternehmungen,
und zwar oft stärker als die
sichtbare Kommunikation,
z.B. die Werbung. Das Ergebnis
einer Studie der Markenstrategie-Beratungsfirma Prophet erstaunt vor diesem Hintergrund
nicht. Ende 2006 hat Prophet
Senior Marketers in ganz Europa zum Thema «Business
Growth Drivers» befragt und
«Customer Experience» als einen der wichtigsten Treiber für
nachhaltiges Wachstum identifiziert. Die Marketing-Leader
scheinen zu spüren, dass traditionelle Marketing-Kommunikationsinstrumente der heutigen komplexen Welt nicht
mehr gerecht werden und sie
stärker auf einen tiefgründigen, holistisch geprägten
Ansatz setzen müssen.
Summe aller Interaktionen
Die Customer Experience ist die
Summe aller Interaktionen und
Marketing & Kommunikation 6/7-08
Quelle: Prophet
MARKETING 15
(siehe Grafik): Vor dem Kauf:
Diese Touchpoints bestimmen,
ob ein Kunde oder potenzieller
Kunde in Erwägung zieht, eine
Marke zu kaufen. Richtig kontrollierte Touchpoints dieser
Phase schaffen es, die Kundenbindung zu bestehenden Kunden zu erhöhen, Awareness aufzubauen, die Wahrnehmung und
die Erwartungen an eine Marke
zu prägen, deren Mehrwert gegenüber Konkurrenzprodukten
zu demonstrieren und die Re-
den dritten Ort, der sich durch
eine einmalige Ambiance der
Unbekümmertheit abhebt von
den zwei ersten Orten im Leben
der meisten Menschen: dem
Arbeitsplatz und dem Zuhause. Starbucks verkauft nicht
einfach Kaffee, sondern ein
Erlebnis, eine Experience. Der
Siegeszug von Starbucks wurde
nicht durch hohe Investitionen
in klassische Kommunikation
erreicht, vielmehr ist das Werbebudget verglichen mit den
«Jede Marke generiert täglich 30 bis
100 Touchpoints, die auf die eine oder
andere Art einen Eindruck in Kopf
oder Herz hinterlassen.»
levanz für ein bestimmtes Konsumentenbedürfnis hervorzuheben. Hauptziel ist es, dass
Kunden die Marke in Erwägung
ziehen.
Während des Kaufes, resp.
der Nutzung: In dieser mittleren
Phase geht es darum, die Kunden dazu zu bewegen, dass sie
die Marke, die sie in Erwägung
ziehen, auch tatsächlich kaufen.
Brand-Touchpoints sollten hier
Vertrauen aufbauen und etwaige Zweifel beseitigen sowie den
eigentlichen Wert des Produktes
liefern. Es geht darum, den Kunden die Zuversicht zu geben,
dass ihr Kauf den Wert liefern
wird, den sie erwarten.
Nach dem Kauf, resp. der
Nutzung: Diese Phase der Customer Experience wird von den
meisten Firmen unterschätzt
und vernachlässigt. Die Touchpoints der dritten Phase müssen
dafür sorgen, dass das Markenversprechen eingehalten wird,
d.h. die Erwartungen der Kunden mindestens erfüllt, wenn
nicht sogar übertroffen werden
und die Bindung an und die
Loyalität zur Marke sichergestellt wird.
Unternehmungen, die Customer Experience zu maximieren.
Der rote Faden – kreativ, einladend, sinnlich, hohe Qualität, zeitgemäss –, der sich durch
alle Aktivitäten und Interaktionen von Starbucks zieht, widerspiegelt die Starbucks Brand
Identity und ermöglicht es Starbucks, 20 bis 25 Prozent mehr
für den Kaffee (resp. das «Erlebnis») zu verlangen als ihre Konkurrenz. Die grosse Herausforderung
wird es für Starbucks sein, trotz
des rasanten Wachstums die
Qualität der individuellen Kundenkontakte aufrecht zu erhalten. Dies zeigt auch ein inzwischen bestätigtes internes Memo von Starbucks Chairman
Howard Schultz, in welchem
er besorgt vor der Gefahr einer
«commoditization of the Starbucks experience» warnt, also einer Banalisierung und Abflachung des Starbucks-Erlebnisses.
meisten Fortune-500-Unternehmungen äusserst bescheiden
und wird z.B. von den Investitionen in Mitarbeitertraining
um ein Vielfaches übertroffen.
Starbucks hat die Brand-Touch- Scheinbar kleine Details
points in allen drei Phasen entscheiden über Erfolg
der Customer Experience konse- Marketingführungskräfte könquent ausgestaltet und kontrol- nen sich heute nicht mehr nur
auf die klassischen Kommuniliert.
kationsmittel verlassen, sonDurchdachte Strategie
dern müssen sich genau überlemit «Partner»
gen, wie sie ihr MarketingbudSo überzeugt Starbucks in der get auf jene Brand-Touchpoints
Vor-Kauf-Phase bestehende und fokussieren, die den grössten
potenzielle Kunden u.a. mit ei- Hebel darstellen, um nachhalner emotional anmutenden Web- tigen Wert für ihre Marke zu
site, bei der einem beim schie- generieren.
Über Erfolg oder Misserfolg
ren Betrachten der Kaffeegeruch
in die Nase zu steigen scheint, bestimmen oftmals die scheineiner durchdachten PR-Strategie bar kleinen Details, die wie im
und einer eigenen Starbucks- Eingangsbeispiel nur ein LäKreditkarte. Während des Kaufs cheln kosten würden. Die erliegt der Fokus auf den Baristas, folgreichsten Marketing-Leaden hilfsbereiten Mitarbeitern, der streben deshalb immer
die bei Starbucks «Partner» ge- mehr danach, die Berührungsnannt werden und durch eine punkte ihrer Firma ganzheitspezielle dynamische Kultur lich zu prägen, also z.B. nicht
und aussergewöhnliche Trai- nur einfach die Freundlichkeit
ningsmassnahmen dazu ani- des Hotelpersonals im Inserat
miert werden, den Kunden ein zu bewerben, sondern zuerst
angenehmes Starbucks-Erlebnis aktiv dafür zu sorgen, dass diezu ermöglichen.
se Freundlichkeit auch täglich
Daneben helfen die geogra- gelebt und somit bewerbungs«Third Place» von
fische Lage des Starbucks Ca- würdig wird. n
Starbucks als Beispiel
fés, die typische Einrichtung
* Roland Bernhard, Leiter des
Ein gutes Beispiel für eine Unter- und die Hintergrundmusik,
Zürcher Büros der Beratungsnehmung, die es geschafft hat, das eigentliche, auf den Kunfirma Prophet; ZfU Faculty für
die relevanten Brand-Touch- den massgeschneiderte KaffeeMarketing, Customer Experience
points so auszugestalten und produkt und das Angebot eines
zu kontrollieren, dass eine WLAN, die Erwartungen der
und Innovationsmanagement
ausgeprägte und differenzierte Kunden zu erfüllen oder gar zu
Customer Experience resultiert, übertreffen. In der Nach-Kauf* Andrea Hilber
ist Starbucks. Die Kaffeehaus- Phase helfen die Merchandising-
Senior Associate im Zürcher
Büro von Prophet
kette aus Seattle erschuf den Artikel, Newsletters oder Partviel zitierten «Third Place», nerships mit verschiedenen
Marketing & Kommunikation 6/7-08
news
Service als neues
Marketing
Im Zeitalter einer «neuen Nachdenklichkeit» der Kunden, wo
das schnelle Vergnügen im
Konsum zumeist erlebnisreicher
Produkte immer weniger gesucht
wird und sich stattdessen eine
stärkere Sinnorientierung in der
Nachfrage breitmacht, ist eine
veränderte Marktorientierung
gefordert.
Diese These vertritt Dirk Zimmermann, iks, Institut für Kommunikation und ServiceDesign,
Potsdam.
Ein aktueller Blick auf den
Telekommunikationsmarkt zeigt,
dass sowohl die glückselige
Verheissung unendlicher Möglichkeiten als auch der Lockruf
des Preises nicht mehr punktet, denn: die Zahl der Kunden,
die bereit sind, für guten und
verlässlichen Service mehr zu
investieren, steigt.
Das Vertrauen, das Unternehmen gewinnen, die sich durch einen «Support in allen Lebenslagen» genau auf die veränderten
Wünsche der Konsumenten konzen-trieren, ist deshalb mehrfach entscheidend: Es befriedigt
den direkten Bedarf und sorgt
für eine neue Bedarfsweckung.
Service ist das neue Marketing.
Kunden, die sich und ihr Leben
rundherum gut versorgt fühlen
und darüber berichten, sorgen
für den wichtigen «Linking
value».
Sinus-Milieus
Die publisuisse-Mediennutzungsstudie 2008 gibt umfassender
und detaillierter als je zuvor
Aufschluss über die Mediennutzung der Milieus. Sie zeigt einerseits, wie häufig, wann und
warum die Milieus verschiedene
Medien nutzen, und liefert ausführliche Mediennutzungsprofile.
Andererseits zeigt sie auch die
Sinus-Profile verschiedener
Medien.
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MARKETING 17
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