Aktuelle Informationen zur Kontagiösen Gebärmutterentzündung der Stute (CEM – Contagious Equine Metritis) Mit freundlicher Genehmigung von S.W. Ricketts, Newmarket, UK Ätiologie und Pathogenese Die Kontagiöse Gebärmutterentzündung des Pferdes (Contagious Equine Metritis, CEM) ist eine hoch-ansteckende, bakterielle Erkrankung des Reproduktionstraktes des Pferdes, die vor allem venerisch übertragen wird. Diese Erkrankung wird durch Taylorella equigenitalis (T. equigenitalis) ausgelöst. Dabei handelt es sich um mikroaerophile gramnegative, nicht-motile Kokken. Diese können ferner in zwei Biotypen unterteilt werden, die entweder sensitiv oder resistent gegenüber Streptomycin reagieren. Die Ätiologie dieser Krankheit wurde erstmals 1977 nach einem Ausbruch in England und Irland geklärt, wobei das Bakterium dabei isoliert werden konnte. Seitdem wurden Ausbrüche dieser Erkrankung in verschiedenen Pferde-Beständen in der gesamten Welt registriert; nachfolgend wurde die Erkrankung durch entsprechende Hygiene- und Testprogramme erfolgreich ausgemerzt. Die CEM hat allerdings nach wie vor internationale Bedeutung, nicht nur aufgrund der potentiellen Ursache für Infertilität bei der Stute, sondern auch aufgrund des einfachen Träger-Status, der sowohl bei Hengsten als auch bei Stuten ausgebildet und schwer erkannt werden kann. Das Reservoir von T. equigenitalis liegt beim Hengst in der Fossa urethralis, am Penisschaft sowie in der Fossa glandis. Auch in Vorsekret und Sperma eines betroffenen Hengstes können die Bakterien nachgewiesen werden. Bei der Stute gibt es zwei Träger-Typen, die die Bakterien entweder im Uterus (i) oder in der Clitoris (ii) tragen. Die Mehrzahl der persistent infizierten Stuten tragen die Taylorellen auf der Schleimhautoberfläche von Fossa und Sinus clitoridis. Die Bakterie kann dort für Monate oder sogar Jahre verweilen, wobei die Ausschüttungsstärke stark variieren kann. ©Klinik für Pferde der Ludwig Maximilians Universität München, Innere Medizin und Reproduktion Symptomatik Die CEM ist eine nicht-systemische Erkrankung der Geschlechtsorgane, wobei diese sich nur bei den Stuten manifestiert, wohingegen die Hengste asymptomatische Träger bleiben. Bei Hengsten siedeln sich die Organismen als OberflächenKontamination der externen Genitalorgane (Penis, Präputium) an, wobei sie weder eine lokale Gewebsreaktion noch eine nachweisbare Antikörper-Reaktion hervorrufen (Für den Hengst bedeutet das, dass keine serologische Evidenz für eine Infektion erhoben werden kann). Die Situation bei der Stute ist anders: Die klinische Reaktion der Stuten, die zum ersten Mal natürlich (oder artifiziell) mit dem Erreger der CEM infiziert worden ist, variiert stark von deutlichen klinischen Anzeichen bis hin zu subklinischen Infektionen. Nach einer Inkubationszeit von 2-12 Tagen geht die klinische Infektion bei 30-40% der Stute in den meisten Fällen mit einer akuten Endometritis, Zervizitis und Vaginitis einher. In den meisten Fällen entwickeln die Stuten einen geruchsneutralen, grau-weißlichen mukopurulentem vaginalen Ausfluss unterschiedlicher Stärke, dessen Ursprung im Uterus zu suchen ist. Das Vorkommen von Aborten im Zusammenhang mit einer T. equigenitalis Infektion ist sehr selten. Es sind bislang nur zwei beschriebene Fälle bekannt, in denen das Bakterium nicht nur von der Plazenta, sondern auch vom abortierten Fetus isoliert werden konnte. Unabhängig von der Ausprägung klinischer Symptome nehmen Stuten nach Erstinfektion mit T. equigenitalis nicht auf Abb. 1 mukopurulenter und entwickeln eine temporäre Infertilität, die in der Regel einige Ausfluss (mit freundlicher Wochen beträgt. Es gibt keine Langzeit-Folgen nach einer T. Genehmigung von S.W. equigenitalis-Infektion bzw. der Ausbildung klinischer Symptome Ricketts, Newmarkest, UK) einer CEM. Eine wiederholte Infektion mit T. equigenitalis geht mit nur geringgradigen klinischen Symptomen bzw. einem subklinischen Verlauf einher. Übertragungsweg Die Übertragung erfolgt in erster Linie über Carrier-Stuten oder –Hengste auf venerischem Weg, d.h. beim natürlichen Deckakt oder in der künstlichen Besamung. Beim Letzteren kann die Erkrankung auch mechanisch über kontaminiertes Equipment (Spekula, Rektalhandschuhe, Besamungspiptten u.ä.) iatrogen übertragen werden. Auch die trans-plazentare Übertragung von T. equigenitalis in trächtigen Stuten ist beschreiben. Dies führt zur Geburt eines kongenital infizierten Fohlens, die Infektion subklinisch tragen und damit als potentieller Träger in Frage kommen. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass sich das Bakterium frei in der Umgebung aufhalten kann oder es gegen bestimmte Desinfektionsmaßnahmen sowie Umgebungsfaktoren resistent sein könnte. Damit ist klar gestellt, dass einzig Hygienemaßnahmen bei der ©Klinik für Pferde der Ludwig Maximilians Universität München, Innere Medizin und Reproduktion Besamung/Belegung sowie eine flächendeckende Beprobung von Zuchtpferden bei der Bekämpfung dieser Erkrankung eine große Rolle spielen. Für die Diagnosestellung ist die klinische Präsentation allein nicht aussagekräftig, da die Symptome mit denen einer gewöhnlichen bakteriellen Infektion der Geschlechtsorgane durch Streptokokkus equi spp. zooepidemicus, Klebsiellen, Pseudomonaden u.ä. sehr ähnelt. Der sicherste Nachweis von asymptomatischen Trägerhengsten erfolgt durch die Testbelegung von Maidenstuten, die dann im positiven Fall eine Endometritis ausbilden. Abb. 2. Penisschaft Serologische Nachweismethoden hingegen sind äußerst unzuverlässig. Daher ist der Nachweis von T. equigenitalis in der Kultur bzw. mittels PCR unabdinglich, wobei die PCR v.a. an Stellen, die einer höheren Kontamination mit anderen Keimen ausgeliefert sind (Penis und Präputium des Hengstes), eine ähnlich sensitive und schnellere Diagnose liefert wie die Kultur und daher bevorzugt genutzt wird. Abb. 3. Urethra Diagnostik Abb. 4. Fossa glandis Die geeignetsten Stellen für die Beprobung einer Stute stellen die Fossa und der Sinus clitoridis sowie der Uterus bzw. die Zervix dar. Bei potentiellen Carrier-Hengsten sollten die Fossa glandis, die Harnröhre (Urethra) sowie der Penisschaft (Umschlagstelle) beprobt werden, bei Besamungshengsten ist zusätzlich ein Tupfer von Vorsekret oder Samen zu nehmen (s. Abb.1-3). Da der Keim in der Anzüchtung sehr anspruchsvoll ist, ist es wichtig die Tupfer in speziellen Antibiotika-freien Transportmedia (z.B. Amies-Medium) schnell (innerhalb von 24 h) und gekühlt zu einem entsprechend ausgerüsteten Labor zu verschicken. Optimaler Weise sollte die Tupfer innerhalb von 24 h nach Entnahme kultiviert werden. Abb. 5 Fossa clitoridis Die intensive Bekämpfung der CEM durch Tupferentnahmen bei Zuchtpferden vor Beginn der Saison bzw. vor Aufnahme auf eine Besamungsstation hat dazu geführt, dass dieser Erreger nur noch Abb. 6. Sinus clitoridis selten nachgewiesen wird und mittlerweile bei den Stuten weniger als 0,1% der routinemäßig entnommenen Tupferproben positiv auf T. equigenitalis sind. ©Klinik für Pferde der Ludwig Maximilians Universität München, Innere Medizin und Reproduktion Referenzlabore in Deutschland (Auswahl): • • • Friedrich-Loeffler-Institut Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Labor Böse Dennoch ist in den letzten Jahren eine Zunahme an positiven Tupfern insbesondere bei Hengsten, die im Natursprung eingesetzt werden, zu verzeichnen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der prophylaktischen Tupferprobenentnahme bei Hengsten und Stuten, die zur Zucht genutzt werden sollten. Eine generelle Beprobung aller Pferde, die im intensivem Kontakt zu anderen Pferden (z.B. auf einem Turnier) stehen, aber nicht für die Zucht genutzt werden, sehen die Verfasser nicht als zwingend notwendig an. Therapie Obwohl der Keim T. equigenitalis sich in vitro sensitiv gegenüber den meisten gängigen Antibiotika zeigt, gibt es derzeit keine Behandlung, die gleichzeitig die Eliminierung der klinischen Symptome sowie die Auflösung des Carrier-Status zusichert. Darüber hinaus wird kontrovers diskutiert, ob es sinnvoll ist, eine akut infizierte Stute systemisch mit Antibiotika zu behandeln, da die Chance besteht, dass diese Stute daraufhin eine persistierende Infektion mit T. equigenitalis in der ClitorisRegion entwickelt, nachdem der proximale Reproduktionstrakt behandelt wurde. Daher ist es wichtig, bei den betroffenen Stuten Smegma oder ähnliche Verschmutzungen aus der Clitoris zu entfernen und diese gründlich mit Chlorhexidinseifen (4%) oder Polyvinyliodkomplexen (10%) zu waschen und anschließend lokal mit Nitrofurazon-Salbe (0,2%) zu versorgen. Bei klinisch manifester CEM wird zusätzlich der Uterus einmal bis mehrfach täglich mit physiologischer Kochsalzlösung (0.9% NaCl) gespült und die Stute mit einer parenteralen Antibiose (z.B. Penicillin, Enrofloxacin) versorgt. Diese Behandlung sollte an mindestens 5 – 10 aufeinanderfolgenden Tage durchgeführt werden. Bei manchen Stuten ist eine mehrfache Behandlung notwendig bis der Keim endgültig eliminiert werden kann, was durch wiederholte Tupferprobenentnahmen bestätigt werden kann. Nur in seltenen Fällen ist eine Ablatio des Sinus clitoridis bei wiederholten erfolglosen Therapieversuchen notwendig. Hengst: Im Gegensatz zur Stute ist die Behandlung von Keim-tragenden Hengsten in der Regel unkompliziert und erfolgreich. Nach Waschung von Penis und Präputium am voll ausgeschachteten ©Klinik für Pferde der Ludwig Maximilians Universität München, Innere Medizin und Reproduktion Abb. 7. Peniswaschung Penis (Abb. 4) mit Chlorhexidin (2%)- oder Polyvinyliod (10%)-Lösungen an 5 aufeinanderfolgenden Tagen und Trocknung sollte vorzugsweise Nitrofurazinsalbe auf die gesamte Schleimhautoberfläche aufgetragen werden. Parallel können auch Hengste parenteral mit Antibiose (Penicillin, Enrofloxacin) versorgt werden, wobei diese Behandlung auch immer wieder diskutiert wird, sich in der Praxis aber bewährt hat. Bislang steht kein Impfstoff gegen T. equigenitalis zur Verfügung. Deck- und Besamungshengste sollten bzw. müssen vor jeder Zuchtsaison getupfert werden, wobei für EU-Besamungshengste ein strenges Regime von Tupferprobenentnahmen (3 Lokalisationen zweimal im Abstand von 7 Tagen) in der Richtlinie 92/65/EWG geregelt ist. Des Weiteren sollten importierte Hengste vor allem in Länder, die CEM-frei sind bzw. CEM weitestgehend eingedämmt ist, ein strenges CEM-Screening (bakteriologische Untersuchung von Penistupfern sowie Testbelegung von 2 Stuten) unterlaufen. Nur durch das strikte hygienische Management von Zuchtpferden kann diese Erkrankung auch im deutschen Raum weiterhin unbedeutend bleiben. Für weitergehende Fragen und Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung! Empfehlungen: • Lassen Sie eine Stute vor Import/Export in/aus dem Europäischen Raum testen • Lassen Sie sowohl Stute als auch Hengst vor einem Einsatz im Natursprung testen • Bei positivem Taylorellen-Nachweis bzw. Ausbruch der Erkrankung und entsprechender Therapie ist eine gründliche und im Zweifelsfall mehrfache Nach-Beprobung empfehlenswert Literatur: Timoney P.J.: Contagious Equine Metritis, In: Equine Reproduction, Eds.: McKinnon A.O., Squires E.L., Vaala W.E., Varner D.D., Wiley-Blackwell, 2011. Timoney P.J.: Contagious Equine Metritis, Comp. Immun. Microbiol. Infect. Dis. 1996; 19, 199-204. ©Klinik für Pferde der Ludwig Maximilians Universität München, Innere Medizin und Reproduktion Aurich C.: Fortpflanzungsstörungen beim Hengst und Deckinfektionen. In: Reproduktionsmedizin beim Pferd. Hrsg.: Aurich C., Parey, 2005. Nakashiro H., Naruse M., Sugimoto C., Isayama Y., Kuniyasu C.: Isolation of Haemophilus equigenitalis from an aborted equine foetus. Natl. Inst. Animal. Health., 1981; 21, 184-185. Ousey J.C., Palmer L., Cash R.S., Grimes K.J., Fletcher A.P., Barrelet A., Foote A.K., Manning F.M., Ricketts S.W.: An investigation into the suitability of a commercial real-time PCR assay to screen for Taylorella equigenitalis in routine prebreeding equine genital swabs. Equine Vet J. 2009; 41:878-82. Stand: 22.11.2016 Klinik für Pferde, Innere Medizin und Reproduktion Telefon: 089-2180-26 27 Email: [email protected] ©Klinik für Pferde der Ludwig Maximilians Universität München, Innere Medizin und Reproduktion