Graphentheorie Färbungen Rainer Schrader Zentrum für Angewandte Informatik Köln 28. Januar 2008 1 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen 2 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen • wir wollen versuchen, die Knoten eines Graphen zu färben • dabei dürfen keine zwei benachbarten Knoten die gleiche Farbe tragen Gliederung • Knotenfärbungen • Kantenfärbungen • Färbungen planarer Graphen • chromatisches Polynom • und es soll eine minimale Anzahl von Farben verwendet werden 3 / 57 4 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen Knoten- und Kantenfärbungen • zur Veranschaulichung: • sei S eine Menge von Studenten und V eine Menge von Vorlesungen • für v ∈ V sei h(v ) ⊆ S die Menge der Studenten, die eine Prüfung über v ablegen wollen • eine Färbung ist eine Abbildung f : V → {1, . . . , n} mit • wir wollen eine minimale Anzahl von Prüfungsterminen einrichten f (u) 6= f (v ) für (u, v ) ∈ E • zwei Prüfungen dürfen sich nur dann überschneiden, wenn kein Prüfling an beiden teilnehmen will • die Knoten einer Farbe bilden eine Farbklasse • wir definieren den Graphen • offensichtlich ist jede Farbklasse eine stabile Menge von G G = (V , E ) mit (u, v ) ∈ E , falls h(u) ∩ h(v ) 6= ∅ • ein Graph heißt k -färbbar, wenn eine Färbung mit k Farben existiert • die minimale Anzahl von Prüfungen ist gleich χ(G) • die chromatische Zahl χ(G) ist das kleinste k , für das G k -färbbar ist 5 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen 6 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen • wir setzen einfache Graphen voraus, denn: • damit ist 2-Färbbarkeit in polynomieller Zeit testbar • die Berechnung der chromatischen Zahl eines Graphen ist jedoch • ein Graph mit Schlingen ist nicht färbbar NP-vollständig • und Mehrfachkanten beeinflussen die Färbbarkeit nicht • insbesondere sind die folgenden Fragestellungen NP-vollständig • offensichtlich gilt: • für festes k ≥ 3, ist ein Graph k -färbbar ? • χ(Kp ) = p, • ist ein gegebener planarer Graph 3-färbbar ? • χ(G) = 2 ⇐⇒ G ist bipartit, • ist ein gegebener planarer Graph mit Maximalgrad vier 3-färbbar ? • χ(Cn ) = 3, falls n ≥ 3 und ungerade Wir wollen im Folgenden versuchen, zumindest Abschätzungen für die chromatische Zahl anzugeben. 7 / 57 8 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen Knoten- und Kantenfärbungen • seien Lemma 1 Für einen Graphen G mit m Kanten gilt: r χ(G) ≤ 2m + δ(G) = min d (v ) und ∆(G) = max d (v ) v ∈E der Minimal- bzw. Maximalgrad eines Graphen 1 1 + . 4 2 Wir betrachten die folgende Färbungsheuristik: Beweis: (1) (2) (3) (4) • sei f eine Färbung mit k = χ(G) Farben • dann existiert zwischen je zwei Farbklassen mindestens eine Kante • also gilt m ≥ 12 k (k − 1) nummeriere die Knoten v1 , . . . , vn färbe v1 mit der Farbe 1 seien v1 , . . . , vi −1 gefärbt, wähle im i -ten Schritten die kleinste Farbe für vi , die unter Berücksichtigung der Färbung von v1 , . . . , vi −1 möglich ist. • durch Auflösung nach k folgt die Behauptung. 9 / 57 10 / 57 Knotenfärbungen Knotenfärbungen allgemeiner: Bemerkungen: (1) wähle eine maximale unabhängige Menge V1 aus (2) färbe sie mit der Farbe 1 (3) färbe danach rekursiv den Graphen G r V1 mit den Farben 2, 3, . . . (i) es existiert immer eine Anordnung der Knoten, so dass die Heuristik optimal färbt: • seien F1 , . . . , FK die Farbklassen eines Graphen G • färbe die Knoten in der Reihenfolge F1 , . . . , FK Lemma 2 • innerhalb einer Farbklasse ist die Anordnung beliebig Für jeden Graphen G gilt χ(G) ≤ ∆(G) + 1. • dann benötigt der Algorithmus genau k Farben Beweis: • offensichtlich liefert die obige Heuristik eine zulässige Färbung • in G ist jeder Knoten zu maximal ∆(G) anderen Knoten benachbart • damit kommen wir mit ∆(G) + 1 Farben aus. 11 / 57 12 / 57 Knotenfärbungen Knotenfärbungen (ii) für vollständige Graphen und für Kreise ungerader Länge ist auch ∆(G) + 1 bestmöglich Lemma 3 (iii) im Allgemeinen ist die Abschätzung jedoch sehr grob: Beweis: χ(G) ≤ 1 + max{δ(H ) : H induzierter Teilgraph von G}. • wähle vn mit minimalen Grad in G • sei Gi = G(v1 , . . . , vi ) der von den ersten i Knoten induzierte Teilgraph • vn−1 mit minimalen Grad in G r vn • dann reichen für die Färbung von vi bereits dGi (vi ) + 1 Farben • ... • dann benötigt die Heuristik • daraus ergibt sich: 1 + max{dGi (vi ) : 1 ≤ i ≤ n} = 1 + max{δ(Gi ) : 1 ≤ i ≤ n} ≤ 1 + max{δ(H ) : H induzierter Teilgraph von G}. 14 / 57 13 / 57 Knotenfärbungen Knotenfärbungen Weiter gilt: Satz 4 (Brooks) • sei G 1-knotenzusammenhängend und {v } ein trennender Knoten Sei G ein zusammenhängender Graph mit n ≥ 2 Knoten, der weder vollständig noch ein ungerader Kreis ist. Dann gilt χ(G) ≤ ∆(G). • der Graph G r v zerfalle in Zusammenhangskomponenten Gi = (Vi , Ei ) mit i = . . . r • seien Hi die von Vi ∪ v Beweis: induzierten Teilgraphen von G, • per Induktion über n • dann ist χ(G) = max χ(Hi ) • der Fall n = 2 ist trivial • mit dieser Beobachtung lässt sich die Abschätzung • sei also n ≥ 3 χ(G) ≤ ∆(G) + 1 etwas verschärfen: • wir unterscheiden die Fälle: (i) G ist nicht ∆-regulär (ii) G ist ∆-regulär 15 / 57 16 / 57 Knotenfärbungen Knotenfärbungen (i) G ist nicht ∆-regulär (ii) G ist ∆-regulär • sei vn ein Knoten minimalen Grades • da ein 2-regulärer zusammenhängender Graph ein Kreis ist, können wir annehmen, dass ∆ ≥ 3 • dann ist d (vn ) < ∆ • weiter können wir annehmen, dass G zweifach • da G zusammenhängend ist, hat vn einen Nachbarn vn−1 in Gn−1 knotenzusammenhängend ist: • für diesen Knoten gilt dGn−1 (vn−1 ) < ∆ • angenommen v ist ein trennender Knoten • per Induktion können wir eine Nummerierung der Knoten bestimmen, • dann ist χ(G) = max χ(Hi ), wobei Hi alle am Knoten v angehefteten Untergraphen durchläuft so dass dGi (vi ) < ∆ für 1 ≤ i ≤ n • die Färbungsheuristik benötigt dann höchstens ∆ Farben. • da d (v ) < ∆ in jedem Hi , sind die Hi nicht ∆-regulär, • d.h. χ(Hi ) ≤ ∆ nach (i) und somit χ(G) ≤ ∆. 17 / 57 Knotenfärbungen 18 / 57 Knotenfärbungen Als nächstes zeigen wir: (i) G ist dreifach knotenzusammenhängend • es existieren Knoten v1 , v2 , vn ∈ V mit: • es muss ein Knoten vn ∈ V existieren, dessen Nachbarn nicht auch schon alle untereinander benachbart sind: • v1 , v2 ∈ N (vn ) • andernfalls bestünde G aus einer disjunkten Vereinigung von vollständigen Graphen der Größe ∆ + 1 • (v1 , v2 ) ∈ /E • G r {v1 , v2 } ist zusammenhängend • da G zusammenhängend ist, wäre G ein vollständiger Graph, im Widerspruch zur Annahme • wir unterscheiden wieder zwei Fälle: (i) G ist dreifach knotenzusammenhängend • somit existiert ein vn und Knoten v1 , v2 ∈ N (vn ) mit (v1 , v2 ) ∈ /E (ii) G ist zweifach knotenzusammenhängend • Da G 3-zusammenhängend ist, ist G r {v1 , v2 } zusammenhängend. 19 / 57 20 / 57 Knotenfärbungen Knotenfärbungen G (ii) G ist zweifach knotenzusammenhängend: G1 • sei {v , vn } eine trennende Menge v • G − {v , vn } zerfällt in disjunkte Graphen G1 , . . . , Gr mit r ≥ 2 G G1 v 2 v 1 Gr 2 Gr 2 vn v • seien v1 Nachbar in G1 und v2 Nachbar in G2 2 • dann ist (v1 , v2 ) ∈ /E v 1 • {v1 } ist keine trennende Menge vn • daher existiert zu jedem Knoten in G1 r v1 ein Weg zu jedem anderen v Knoten in G r {v1 , v2 }, • der Knoten vn hat Nachbarn in allen Gi , da sonst {v } eine trennende Menge wäre • entsprechendes gilt für jeden Knoten in G2 r v2 • seien v1 Nachbar in G1 und v2 Nachbar in G2 • damit ist G r {v1 , v2 } zusammenhängend. 21 / 57 22 / 57 Knotenfärbungen Knotenfärbungen Wir nummerieren die Knoten wie folgt: • die Heuristik beginnt mit v1 • vn−1 ∈ V r {vn , v1 , v2 } sei zu vn benachbart • sie färbt v1 und v2 mit der Farbe 1 • vn−2 ∈ V r {vn , vn−1 , v1 , v2 } sei zu einem Knoten in {vn , vn−1 } benachbart • für 3 ≤ i < n gilt: • vn−3 ∈ V r {vn , vn−1 , vn−2 , v1 , v2 } sei zu einem Knoten in • vi hat einen Nachbarn unter den späteren Knoten {vn , vn−1 , vn−2 } benachbart • damit ist vi zu höchstens ∆ − 1 Vorgängern benachbart • … • vn ist zu v1 und v2 benachbart ist, die gleich gefärbt sind Der Algorithmus arbeitet korrekt: • daher benötigt die Heuristik nie mehr als ∆ Farben • vn−1 existiert, da ∆ ≥ 3 • für i = n − 2, n − 1, . . . , 3 gilt: • es existiert ein Knoten vi ∈ V r {v1 , v2 , vn . . . vi +1 }, der zu mindestens einem der Knoten vi +1 , . . . , vn benachbart ist • ansonsten wäre G r {v1 , v2 } nicht zusammenhängend . 23 / 57 24 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen Knoten- und Kantenfärbungen • entsprechend können wir eine Kantenfärbung betrachten • d.h. eine Abbildung f : E → {1, . . . , m} mit Gliederung f (e1 ) 6= f (e2 ), falls e1 und e2 adjazent • Knotenfärbungen • Kantenfärbungen • Färbungen planarer Graphen • der chromatische Index χ0 (G) ist die kleinste Anzahl an Farben, mit der G kantengefärbt werden kann • chromatisches Polynom 25 / 57 26 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen Knoten- und Kantenfärbungen • sei G = (V , E ) ein Graph Zur Veranschaulichung: • wir definieren einen Graphen L(G) = (E , F ) auf den Kanten • die Studenten in S wollen Einzelprüfungen bei Prüfern aus einer • es ist (e1 , e2 ) ∈ F , wenn sie in G einen Endknoten gemeinsam haben Menge P ablegen • L(G) ist der Kantengraph oder line graph von G • wir konstruieren den bipartiten Multigraphen G = (S ∪ P , E ) mit (s, p) ∈ E , falls s bei p eine Prüfung ablegen will • offensichtlich gilt χ0 (G) = χ(L(G)) • für Kreise C gilt beispielsweise L(C) = C • dann entspricht die minimale Anzahl von Prüfungsterminen einer minimalen Kantenfärbung von G • daher ist für ungerade Kreise Cn mit n ≥ 3 und ungerade wiederum χ0 (Cn ) = 3 27 / 57 28 / 57 Knoten- und Kantenfärbungen Kantenfärbungen Für bipartite Graphen ist der chromatische Index einfach zu berechnen. • die Berechnung des chromatischen Index eines Graphen ist NP-vollständig Satz 6 (König) Für bipartite Graphen G = (V , E ) gilt χ0 (G) = ∆(G). • es ist bereits NP-vollständigen zu entscheiden, ob ein gegebener einfacher Graph chromatischen Index drei hat Beweis: • für den Fall der 2-Färbbarkeit gilt jedoch wiederum: • Induktion über |E |: • sei G ein Graph mit ∆(G) = k und e = (u, v ) ∈ E eine beliebige Lemma 5 Kante Die 2-Färbbarkeit von Kanten eines Graphen kann effizient entschieden werden. • per Induktion hat G r e eine Kantenfärbung mit k Farben Beweis: • ein Graph ist 2-kantenfärbbar, wenn sein Kantengraph bipartit ist. 30 / 57 29 / 57 Kantenfärbungen Kantenfärbungen • der Grad von u und v in G r e ist höchstens k − 1 • betrachte einen maximalen Kantenzug P in H , der in u startet • daher gilt: es fehlt mindestens • da ∆(H ) ≤ 2, ist P ein Weg • da die Farben entlang P alternieren, kann der andere Endpunkt von • eine Farbe i unter den zu u inzidenten Kanten P nicht v sein: • eine Farbe j unter den zu v inzidenten Kanten • andernfalls trägt die letzte Kante von P eine andere Farbe als die erste, • P hätte gerade Länge • ist i = j , so können wir e mit i färben und die Behauptung ist bewiesen • andernfalls sei H der Graph, der aus allen Knoten V und den Kanten • und würde mit e einen ungeraden Kreis bilden besteht, die mit i oder j gefärbt sind • wir vertauschen die Farben i und j entlang P und können • dann ist ∆(H ) ≤ 2 und der Grad von u in H ist höchstens eins anschließend e mit j färben. Das nächste Lemma liefert ein hinreichendes Kriterium für Kantenfärbungen: 31 / 57 32 / 57 Kantenfärbungen Kantenfärbungen • betrachte eine Kantenfärbung von G r u mit k Farben Lemma 7 • sei Xi die Menge der Nachbarn von u, an denen die Farbe i fehlt, Sei u ∈ V so, dass sowohl u als auch alle seine Nachbarn Grad höchstens k haben und höchstens ein Nachbar Grad k hat. Dann gilt: 1≤i ≤k G r u k -kantenfärbbar =⇒ G k -kantenfärbbar. 1 fehlt 2 fehlt 3 fehlt k fehlt Beweis: • per Induktion über k : • für k = 1 ist diese Aussage offensichtlich richtig • wir wählen die Färbung so, dass • für den allgemeinen Fall können wir annehmen: Pk i =1 |Xi |2 minimal ist, und unterscheiden zwei Fälle: • genau ein Nachbar hat Grad k (i) |Xi | = 6 1 für alle i = 1, . . . , k • alle anderen Nachbarn haben Grad k − 1 • dies können wir dadurch sicherstellen, dass wir neue Knoten (i) es existiert ein i mit |Xi | = 1 hinzufügen, die wir geeignet mit den Nachbarn verbinden 33 / 57 34 / 57 Kantenfärbungen Kantenfärbungen (i) |Xi | = 6 1 für alle i = 1, . . . , k : (ii) es existiert ein Index i mit |Xi | = 1 : • in einem Nachbarn fehlt genau eine Farbe, in allen anderen genau zwei • wir können annehmen, dass i = k und Xk = {v } • daher taucht dieser eine Knoten in einem Xi auf und alle anderen in • sei G 0 der Teilgraph von G, der entsteht, wenn wir die Kante genau zwei P • somit gilt ki=1 |Xi | = 2d (u) − 1 < 2k (u, v ) und alle mit k gefärbten Kanten entfernen • dann gilt: • damit existieren Indizes i und j mit |Xi | < 2 und |Xj | ungerade • G 0 r u ist mit k − 1 Farben kantengefärbt, • d.h. |Xi | = 0 und |Xj | ≥ 3 • u und alle seine Nachbarn haben in G 0 Grad höchstens k − 1, • sei Hij der von den Kanten mit den Farben i und j induzierte Teilgraph • höchstens einer hat Grad k − 1 • sei P ein Pfad, der in einem Knoten von Xj startet • per Induktion ist dann G 0 mit k − 1 Farben kantenfärbbar • wenn wir entlang P die Färbung vertauschen, reduzieren wir • wir fügen die mit k gefärbten Kanten wieder hinzu |Xi |2 + |Xj |2 , im Widerspruch zur Wahl der Färbung. • und färben die Kante (u, v ) mit k • und erhalten eine k -Färbung von G. 35 / 57 36 / 57 Kantenfärbungen Knoten- und Kantenfärbungen • der nächste Satz zeigt, dass der chromatische Index nur eine von zwei Zahlen annehmen kann • trotzdem ist die Entscheidung, welcher der Zahlen die richtige ist, NP-vollständig. Gliederung Satz 8 (Vizing) • Knotenfärbungen • Kantenfärbungen • Färbungen planarer Graphen 0 Für einen einfachen Graphen gilt ∆(G) ≤ χ (G) ≤ ∆(G) + 1. Beweis: • chromatisches Polynom • offensichtlich gilt χ0 (G) ≥ ∆(G) • für die zweite Ungleichung wähle einen beliebigen Knoten u • per Induktion ist G r u mit ∆ + 1 Farben färbbar • u erfüllt die Voraussetzungen des Lemmas 7 mit k = ∆ + 1 • nach Lemma 7 ist damit auch G (∆ + 1)-färbbar. 37 / 57 38 / 57 Färbungen planarer Graphen Färbungen planarer Graphen • Mitte des vorletzten Jahrhunderts wurde folgende Vermutung Satz 9 aufgestellt: Jeder planare Graph ist 5-färbbar. • jede Landkarte kann so mit maximal vier Farben gefärbt werden Beweis: • dass keine zwei benachbarten Länder die gleiche Farbe tragen Übungsaufgabe • in der Sprache der Graphentheorie: jeder planare Graph lässt sich mit vier Farben färben • trotz zahlreicher Versuche hat es mehr als hundert Jahre gedauert bis Appel und Haken 1976 einen ersten Beweis gefunden haben • dieser blieb allerdings umstritten, da er zum großen Teil aus einer Fallunterscheidung von mehr als 1000 Fällen besteht, die mit Computerunterstützung durchgeführt wurde • 1997 wurde der Ansatz vereinfacht, besteht aber immer noch aus einer Vielzahl von Einzelfällen • wir zeigen daher ein etwas schwächeres Resultat: 39 / 57 40 / 57 Färbungen planarer Graphen Färbungen planarer Graphen • die 3-Färbbarkkeit liefert uns eine Schranke für das Problem der Satz 10 Museumswächter Jeder kreisplanare Graph ist 3-färbbar. • zu Erinnerung: Beweis: • sei G ein kreisplanarer Graph Museumswärter-Problem • nach Korollar 7.18 hat G einen Knoten v vom Grad höchstens zwei • gegeben sei der Grundriss eines (einfachen) Museums • G r v ist ein kreisplanarer Graph • per Induktion ist G r v 3-färbbar • dann ist G ebenfalls 3-färbbar, da v nur zwei Nachbarn hat. • Wärter können in jeder Ecke des Museums plaziert werden • ihr Sichtfeld ist durch den Grundriss beschränkt • wieviele Wärter sind notwendig, um jeden Punkt des Museums einsehen zu können ? 41 / 57 42 / 57 Färbungen planarer Graphen Knoten- und Kantenfärbungen • der Grundriss sei ein einfaches Polyon mit n Ecken • wir fassen dieses als kreisplanaren Graphen auf • den wir durch Hinzugen von Sehnen triangulieren Gliederung • damit erhalten wir einen maximalen kreisplanaren Graphen G • Knotenfärbungen • Kantenfärbungen • Färbungen planarer Graphen • chromatisches Polynom • nach Lemma 10 ist G 3-färbbar • daher enthält jedes Dreieck in G einen Knoten jeder Farbe • jeder Punkt im Polygon liegt auch in einem Dreieck • sei 1 die Farbklasse mit den wenigsten Knoten • damit reichen n 3 Wärter aus 43 / 57 44 / 57 chromatisches Polynom chromatisches Polynom • im Zusammenhang mit Lösungsansätzen für das Vier-Farben-Problem • zur Veranschaulichung sei G = Kn . wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Birkhoff das chromatische Polynom eingeführt • dann ist fKn (k ) = 0 für k < n • für k = n können wir • es zählt die Anzahl der verschiedenen Färbungen eines Graphen • den ersten Knoten beliebig mit einer von den n Farben färben, • den zweiten Knoten mit einer von den n − 1 übrigen, • dabei sind zwei Färbungen verschieden, falls mindestens ein Knoten von ihnen verschieden gefärbt wird • usw. • wir bezeichnen mit fG (k ) die Anzahl der verschiedenen Färbungen • damit ist eines Graphen G mit höchstens k Farben fKn (n) = n · (n − 1) · . . . 2 · 1 = n! • offensichtlich ist fG (k ) > 0 dann und nur dann, wenn G k -färbbar ist • wie das folgende Lemma zeigt, lässt sich fG (k ) rekursiv berechnen • dazu sei e = (u, v ) ∈ E eine beliebige Kante und G ◦ e der durch Kontraktion von e entstehende Teilgraph 45 / 57 46 / 57 chromatisches Polynom chromatisches Polynom Diese Lemma erlaubt uns, die folgenden Eigenschaften von fG (k ) herzuleiten: Lemma 11 Satz 12 fG (k ) = fGre (k ) − fG◦e (k ). Sei G = (V , E ) ein einfacher Graph und k ≥ χ(G). Dann ist fG (k ) ein Polynom in k der Form fG (k ) = an k n + an−1 k n−1 + . . . + a0 und es gilt: Beweis: • betrachte eine beliebige Färbung F von G r e (i) fG (k ) hat Grad n, • sind u und v gleichgefärbt, so ist F auch eine Färbung von G ◦ e (ii) die Koeffizienten an , an−1 , . . . , a0 haben alternierende Vorzeichen, • umgekehrt liefert jede Färbung von G ◦ e auch eine Färbung von (iii) an = 1, an−1 = −m, a0 = 0. G r e, in der u und v gleichgefärbt sind • jede Färbung von G r e, in der u und v verschieden gefärbt sind, Beweis: entspricht eineindeutig einer Färbung von G • wir führen eine Induktion nach m durch: • damit folgt fGre (k ) = fG (k ) + fG◦e (k ). • ist m = 0 und |V | = n, so können die Knoten beliebig gefärbt werden, d.h. fG (k ) = k n 47 / 57 48 / 57 chromatisches Polynom chromatisches Polynom • sei e = (u, v ) ∈ E Lemma 13 • nach Lemma 11 ist fG (k ) = fGre (k ) − fG◦e (k ) Ist G = G1 ∪ G2 mit G1 ∩ G2 = Kn , so folgt • per Induktion folgt fG (k ) = fG1 (k ) · fG2 (k )/fKn (k ) fGre (k ) = bn k n + bn−1 k n−1 + . . . + b0 fG◦e (k ) = cn−1 k n−1 + . . . + c0 Beweis: • damit folgt • jede Färbung F von G entspricht genau einem Paar (F1 , F2 ) von Färbungen von G1 bzw. G2 , die auf Kn übereinstimmen • ist F1 eine k -Färbung von G1 , so gibt es offensichtlich an = bn = 1 fG2 (k )/fKn (k ) an−1 = bn−1 − cn−1 = −(m − 1) − 1 = −m a0 = b0 − c0 = 0 k -Färbungen von G2 , die auf Kn mit F1 übereinstimmen. ai = bi − ci , wobei bi > 0 ⇐⇒ ci < 0 und somit ai > 0 ⇐⇒ bi > 0. 49 / 57 chromatisches Polynom 50 / 57 chromatisches Polynom Lemma 14 • sei u ein Blatt von T und sei T 0 = T r u Für einen Baum T mit n Knoten gilt • nach Induktion gilt fT 0 (k ) = k (k − 1)n−2 n−1 fT (k ) = k (k − 1) • ist v der Nachbar von u, so schneidet die Kante (u, v ) T 0 in v ! n−1 X i n −1 = (−1) k n−i i • nach Lemma 13 folgt fT (k ) = fT 0 (k ) · fK2 (k )/fK1 (k ) i =0 Die Umkehrung gilt auch nach Satz 12 (i) - (iii). Beweis: • Induktion nach n : • für n = 1 ist nichts zu zeigen • das chromatische Polynom hat noch eine andere Darstellung • sei n > 1 • dafür benötigen wir ein vorbereitendes ein Lemma, das als Inklusions-Exklusionsprinzip bekannt ist • sei u ein Blatt von T und sei T 0 = T r u 51 / 57 52 / 57 chromatisches Polynom chromatisches Polynom • sei Lemma 15 • A eine Grundmenge Die Anzahl der Elemente von A, die in keiner der Teilmengen Ai enthalten sind, beträgt r [ X \ |A r Ai | = |A| + (−1)|I| · | Ai |. • Ai ⊆ A Teilmengen von A für i = 1, . . . , r • und S = {1, . . . , r } • gesucht ist die Anzahl der Elemente, die in keiner Teilmenge liegen Beispiel: Beweis: Dann ist A1 A • jedes Element, das in keiner Teilmenge liegt, wird im ersten Summanden einmal gezählt 2 |A r 3 [ i =1 A3 i ∈I I⊆S,S6=∅ i =1 Ai | = |A| − 3 X |Ai | • liegt ein Element in den Teilmengen A1 , . . . , Am , so taucht es in der i =1 obigen Summation 2m mal auf (einschließlich des ersten Summanden) + |A1 ∩ A2 | + |A1 ∩ A3 | + |A2 ∩ A3 | A − |A1 ∩ A2 ∩ A3 |. • dabei erscheint es aber genau so oft in einer ungeraden Menge |S| wie in einer geraden • daher ist der Beitrag eines solchen Elements Null. 53 / 57 54 / 57 chromatisches Polynom chromatisches Polynom Für F ⊆ E sei Beweis: • G(F ) = (V , F ) der von den Kanten in F induzierte Untergraph • sei A die Menge der Färbungen, bei denen auch adjazente Knoten die gleiche Farbe tragen dürfen • und c(G(F )) die Anzahl der Zusammenhangskomponenten von G(F ) • dann ist |A| = k n = (−1)|F | k c(G(F )) mit F = ∅ • sei Ai die Teilmenge dieser Färbungen, in denen die Endknoten der Satz 16 (Whitney) Kante ei gleich gefärbt sind Das chromatische Polynom lässt sich schreiben als X fG (k ) = (−1)|F | · k c(G(F )) . • nach dem Inklusions-Exklusionsprinzip aus Lemma 15 ist fG (k ) = F ⊆E X F ⊆E • die Menge (−1)|F | · | \ Ai | i ∈F T i ∈F Ai besteht aus Färbungen, die in jeder Kante aus F die Färbungsbedingung verletzen 55 / 57 56 / 57 chromatisches Polynom • die Menge T i ∈F Ai besteht aus Färbungen, die in jeder Kante aus F die Färbungsbedingung verletzen • die Endknoten einer Kante e ∈ F sind somit gleichgefärbt • damit sind auch alle Zusammenhangskomponenten von G(F ) gleichgefärbt • diese Zusammenhangskomponenten können aber unabhängig voneinander gefärbt werden T • d.h. i ∈F Ai enthält k c(G(F )) Färbungen • somit: fG (k ) = X F ⊆E = X (−1)|F | · | \ Ai | i ∈F (−1)|F | · k c(G(F )) . F ⊆E 57 / 57