Regelbasierte Modellierung

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Regelbasierte Modellierung
Eine weitere Methode zur Modellierung der Constraints ist die Regelbasierte
Modellierung. Unter Anwendung von geeigneten Regeln werden die
Punktkoordinaten sequentiell berechnet. Eine gegebene Menge von Constraint wird
durch Rückführung auf einfachere geometrische Konstrukte gelöst.
Der Ansatz benutzt dabei die Technik der Expertensysteme. Die geometrischen
Elemente und die Constraints sind Fakten im Sinne der Expertensysteme. Durch die
Anwendung von Produktionsregeln werden für bestimmte geometrische
Konstellationen Koordinatenbestimmungen gemacht und damit Fakten auf einem
höheren Niveau erzeugt. Dieser Prozess wird solange fortgeführt, bis entweder alle
Koordinaten bestimmt sind oder keine Regel mehr angewandt werden kann.
Ansätze in dieser Richtung stammen findet man u.a. in [Brüderlin85, Brüderlin93,
Roller90, Verroust, Schonek, Roller, 1992]. Die folgende Darstellung orientiert sich
an [Verroust, Schonek, Roller, 1992].
Betrachtet werden hierbei Linien mit ihren Endpunkten und Maßrestriktionen.
Gekrümmte Elemente wie Kreise oder Kreisbögen werden auf Punktpaare
zurückgeführt. Liegt z.B. ein Punkt auf einem Kreis, so ist der Abstand zwischen
Punkt und Mittelpunkt des Kreises identisch mit dem Radius des Kreises. Auch die
Bedingung dass 2 Kreise tangential sind sich wie im vorigen Kapitel gezeigt abbilden
auf die Bedingung dass der Abstand der Mittelpunkt die Summe oder die Differenz
der Radien ist. Ebenso kann, wie auch im vorigen Kapitel gezeigt, die
Tangentialbedingung zwischen einer Geraden und einem Kreis durch den rechten
Winkel im Tangentialpunkt definiert werden.
Daher wird im Folgenden angenommen, dass alle Constraints in Maß- und
Winkelrestriktionen übersetzt worden sind. Zur Beschreibung der geometrischen
Beziehungen wird eine auf [Sunde87] zurückgehende Notation mit so genannten CASets und CD-Sets benutzt.
Diese sind wie folgt definiert:
•
•
Ein CA-Set ist eine Menge von Punktepaaren mit gegenseitig festgelegten
Winkeln. Die Punktepaare können dabei auch gemeinsame Punkte haben.
Ein CD-Set ist eine Menge von Punkten, deren Lage zu einander festgelegt
ist. Die CD-Sets bilden jeweils einen Rigid, d.h. eine Konstruktion, die nur
noch als ganzes verschoben oder gedreht werden kann.
Die Beziehungen definieren jeweils einen CA- oder CD-Set. Durch die Regeln
werden aus zwei oder mehreren CA- oder CD-Sets jeweils neue größere CA- bzw.
CD-Sets erzeugt. Das Modell ist vollständig bestimmt, wenn alle Punkte zum selben
CD-Set gehören.
Diese Regeln haben die Form:
WENN Bedingung DANN Konklusion
Bedingung ist ein logischer Ausdruck, Konklusion erzeugt neue CA- bzw. CD-Sets.
Die initialen Sets werden aus den Constraints abgeleitet:
•
WENN ein Winkel zwischen 2 Punktepaaren festgelegt wird, DANN wird ein CASet erzeugt.
2
•
WENN ein Abstand Constraint zwischen 2 Punkten festgelegt wird, DANN wird ein
CD-Set mit diesen beiden Punkten erzeugt.
•
WENN 2 Punkte fixiert sind, DANN wird ein CD-Set mit den beiden Punkten
erzeugt und ein CA-Set mit den beiden Punkten und zwei Punkten auf der XAchse.
Diese elementaren CA und CD Sets werden mit Hilfe der folgenden
Konstruktionsregeln zusammengefasst.
•
WENN ein Punktepaar zu 2 verschiedenen CA Sets gehört DANN werden diese
CA Sets zusammengefasst.
Die folgenden Regeln beschreiben die Konstruktionsregeln für Dreiecke.
•
WENN 3 CD-Sets jeweils paarweise einen gemeinsamen Punkt haben DANN
werden die CD-Sets vereinigt. (Dreieck aus 3 Strecken)
C:\CadV orlesung\alter1.K OG
79.5
72.8
82.4
•
WENN zwei CD-Sets einen gemeinsamen Punkt haben UND der gemeinsame
Punkt und jeweils ein Punkt aus beiden CD-Sets in einen CA-Set sind, DANN
werden die beiden CD-Sets vereinigt. (Dreieck Strecke, Winkel, Strecke)
C:\CadV orlesung\alter2.K OG
72.8
61
82.4
WENN 2 CA Sets 2 Punkte gemeinsam haben, die in einem CD Set sind, DANN
bilden die 3 Sets einen CD Set (Dreieck Winkel, Strecke, Winkel)
3
C:\CadVorlesung\alter3.KOG
82.4
WENN 2 CD Sets einen Punkt gemeinsam haben und in beiden CD Sets jeweils ein
Punktepaar aus einem CA Set vorkommt DANN werden die Sets zu einem CD Set
(Dreieck Winkel, Strecke, Strecke).
C:\CadV orlesung\alter4.K OG
82.4
Eine andere Regel wird eingeführt um ein Winkel Constraint zwischen zwei nicht
adjazenten CD Sets zu behandeln. Diese Regel erzeugt ein Viereck.
WENN die 2 CD Sets, (A, B) und (C, D), keinen Punkt gemeinsam haben und
zwischen ihnen die CA Sets (A, B, C),(B, C, D) und (C, D, A) existieren DANN
werden die Sets zu einem CD Set vereinigt.
C:\CA DV orlesung\alter5.K OG
4
Die Konstruktion des CD Sets (A, B, C, D) ist wie folgt möglich:
C und D seinen vorgegeben.
B liegt auf einer Linie, die durch C, D und den Winkel 107 gegeben ist.
A liegt auf einer Linie, die durch C, D und den Winkel 93 gegeben ist.
Der Abstand von A zur Linie B, C ist 72.8*sin(99).
Damit liegt A auf einer Parallelen zu B, C mit diesem Abstand.
Damit ist A bestimmt.
Der Abstand von B zu A, D ist 72.8*sin(360-99-107-93).
Damit liegt B aus einer Parallelen zu A, D mit diesem Abstand.
Damit ist B bestimmt.
Bei n Punkten hat man maximal 2*n-3 Constraints für die Form. Davon können
maximal n-1 Winkel- Constraints sein.
Einfache Modelle mit n-1 Winkel-Constraints und n-2 Abstand-Constraints.
Dabei gibt es 2 Fälle:
(1): Die CD-Sets sind alle adjazent. Dann wird aus den Sets ein CD-Set.
C:\CadVorlesung\alter6.KOG
5
(2): Man hat 2 Set Mengen, die nicht adjazent sind. Dann erhält man zunächst 2 CDSets, die mit der Regel für die Vierecke vereinigt werden. Im Beispiel wird zunächst
A, B, C zu einem CD Set zusammen gebracht. Die für das weitere Vorgehen
relevanten Punkte sind A und C. Die Winkel A, C, D und C, A, E liegen fest. Damit
kann das Viereck A, C, D, E berechnet werden.
C:\CadVorlesung\alter7.KOG
Die anderen Möglichkeiten einfache voll bestimmte einfache Modelle sind n-2 Winkel
und n-1 Abstände bzw. n-3 Winkel und n Abstände. Auch diese lassen sich auf die
obigen Regeln zurückführen.
Im Folgenden sollen einige Klassen von Modellen beschrieben werden:
• Loop Configuration Model
Ein geometrisches System ist ein Loop Configuration Model (LC Model), wenn alle
Linien, die in einer Abstands- oder Winkelrestriktion vorkommen eine einfache
Schleife bilden. D.h. der Endpunkt einer Linie
Beispiel:
C:\cad95\lc.KOG
Aus den Abstands Bemaßungen ergibt sich:
6
CD(1,2), CD(2,3), CD(3,4), CD(4,5)
Aus den Winkel Bemassungen:
CA(6,1,2), CA(1,2,3), CA(2,3,4), CA(3,4,5), CA(4,5,6)
Die Anwendung der Regeln ergibt:
CD(1,2)+CA(1,2,3)+CD(2,3) => CD(1,2,3)
CD(1,2,3)+CA(2,3,4)+CD(3,4) => CD(1,2,3,4)
CD(1,2,3,4)+CA(3,4,5) => CD(1,2,3,4,5)
CD(1,2,3,4,5)+CA(6,1,2)+CA(4,5,6) => CD(1,2,3,4,5,6)
// 2 Seiten 1 Winkel
// 2 Seiten 1 Winkel
// 2 Seiten 1 Winkel
// 1 Seite 2 Winkel
Compound Loop Configuration Model
Ein geometrisches Modell ist ein Compound Loop Configuration Model (CLC-Modell),
wenn es sich aus LC-Modellen zusammensetzt. Dabei müssen die LC-Modelle so
geordnet werden können, dass die Restriktionen in jedem LC Modell auch in der
Vereinigung der Vorgänger enthalten sind.
C :\cad95\clc.K OG
Initiale Sets:
CD(1,2), CD(2,3), CD(3,4), CD(4,5), CD(6,1), CD(3,6)
CA(6,1,2), CA(3,4,5), CA(4,5,6)
Zunächst kann gebildet werden:
1.
LC Set:
CD(6,1)+CA(6,1,2)+CD(1,2) => CD(6,1,2)
CD(6,1,2)+CD(2,3)+CD(3,6) => CD(1,2,3,6)
2.
//2 Seiten 1 Winkel
//3 Seiten
LC Set:
CD(3,4)+CA(3,4,5)+CD(4,5) => CD(3,4,5)
Aus den beiden LC-Sets wird gebildet:
//2 Seiten 1 Winkel
7
CD(3,4,5) => CA(4,5,3) // Wenn die Form von 3,4,5 festliegt ist der Winkel bei 5
bestimmt
CA(4,5,3)+CA(4,5,6) => CA(3,5,6)
CD(1,2,3,6)+CA(3,5,6)+CD(3,4,5) => CD(1,2,3,4,5,6)//2 Seiten 1 Winkel
Allerdings gibt es auch Systeme, die sich nicht in LC Modelle zerlegen lassen. Diese
haben zyklische Bezüge zwischen den LC Modellen.
Beispiel:
C:\cad95\clc2.K OG
Bei allen vorkommenden Dreiecken sind jeweils nur 2 Constraints gegeben. Auch die
Regel für Vierecke ist nicht anwendbar.
Diese regelbasierte Methode hat ihre Begrenzungen. Ein endlicher Regelsatz kann
nicht alle Fälle von Winkel- und Abstand Constraints zwischen n Punkten lösen. Die
Regeln erlauben es aber die durch die Constraints gegebenen Gleichungen in eine
Folge von Gleichungsmengen zu zerlegen, sodass nur jeweils die Gleichungen einer
Menge gleichzeitig gelöst werden müssen. Dies entspricht den starken Komponenten
bei der Graphen basierten Methode. Ein weiterer Nachteil ist, dass das
Laufzeitverhalten der benutzten Expertensysteme i.A. nicht sehr gut ist. Daher ist es
sinnvoll den Lösungsweg einer Konfiguration zu merken und bei einer
Neuberechnung, z.B. nach Verschieben von Punkten oder Ändern von Werten, direkt
zu benutzen.
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