Bearbeitungsstand 09.01.07 Physikalische Chemie / Experimentalphysik III WS 2006/2007 Lösungen und Erläuterungen zu den Übungsaufgaben ü Übungsblatt Nr. 2 Aufgabe 6 Ist die Expansion eines Gases vollständig irreversibel, leistet das Gas keine Volumenarbeit an seiner Umgebung. Ist die Expansion eines Gases adiabatisch, tauscht das Gas keine Wärme mit seiner Umgebung aus. Ist die Expansion eines Gases sowohl vollständig irreversibel als auch adiabatisch, wird weder Arbeit noch Wärme mit der Umgebung ausgetauscht, das ist nach dem Ersten Haupsatz gleichbedeutend mit konstanter Innerer Energie des Gases. Würde es sich um ein ideales Gas handeln, in dem bekanntlich die Innere Energie proportional zur absoluten Temperatur ist, wäre aus konstanter Innerer Energie auch kon− stante Temperatur zu folgern. Handelt es sich jedoch um ein reales Gas, dessen Moleküle überwiegend anzie− hende Kräfte aufeinander ausüben, nimmt bei der Expansion die potentielle Energie der Gesamtheit der Moleküle zu, weil der mittlere Abstand der Molekü− le zu ihren nächsten Nachbarn zunimmt. Die Innere Energie ist die Summe aus der inneren potentiellen und der inneren kinetischen Energie eines Systems, wobei im realen Gas nur der kinetische Aneil proportional zur absoluten Tem− peratur ist. Wenn bei konstanter Innerer Energie ihr potentieller Anteil zu− nimmt, muss ihr kinetische Anteil abnehmen. Damit sinkt in realen Gasen bei einer solchen Expansion die Temperatur. Handelt es sich um ein reales Gas, dessen Moleküle überwiegend abstoßende Kräfte aufeinander ausüben Hdas ist denkbar bei sehr hohem AnfangsdruckL, nimmt bei der Expansion die potentielle Energie der Gesamtheit der Moleküle ab, obwohl der mittlere Abstand der Moleküle zu ihren nächsten Nachbarn zu− nimmt. Wenn bei konstanter Innerer Energie ihr potentieller Anteil abnimmt, muss ihr kinetische Anteil zunehmen. Damit steigt in realen Gasen unter sol− chen Bedingungen die Temperatur. Diese Effekte sind nicht identisch mit dem Joule−Thomson−Effekt! Im Joule− Thomson−Experiment sind die Temperatureffekte deutlicher ausgeprägt und leich− ter zu messen, weil die Expansion kontinuierlich bei konstanter Enthalpie und nicht wie hier diskontinuierlich bei konstanter Innerer Energie geführt wird. Dafür ist auch der Aufwand höher, denn es muss in einem Strömungssystem eine Druckdifferenz dauernd aufrecht erhalten werden. ü Übungsblatt Nr. 4 Aufgabe 1a Die horizontalen Seiten des Rechtecks gehören zu den isothermen Takten. Die vertikalen Seiten des Rechtecks gehören zu den adiabatischen Takten, weil bei diesen wie bei allen reversibel−adiabatischen Prozessen die Entropie des Sys− tems Hund übrigens auch die der UmgebungL konstant bleibt. Die Konstanz der Systementropie bei reversibel−adiabatischen Prozessen folgt unmittelbar aus der Definitionsgleichung für die Entropie dS = δQrev êT. Mühelos lässt sich aus der Geometrie des TS−Diagramms ablesen, dass die posi− tive Änderung der Entropie des Arbeitsgases im isothermen Expansionstakt be− tragsgleich ist zu der negativen Änderung der Entropie des Arbeitsgases bei der isothermen Kompression. HMit erheblich höherem Aufwand erhält man dieses Ergebnis auch aus den Volumenverhältnissen in den vier Takten des Carnot' schen Kreisprozesses.L ü Übungsblatt Nr. 4 Aufgabe 1b Erster Hauptsatz der Thermodynamik: ∆U = Q + W. Bei einem Kreisprozess ist nach Durchlaufen eines vollen Zyklus natürlich ∆U = 0. Da im Carnot' schen Kreisprozess nach Durchlaufen eines vollen Zyklus mehr Wärme in das Arbeits− gas hineingeflossen als aus ihm herausgeflossen ist, muss das Gas nach Durch− laufen eines vollen Zyklus entsprechend mehr Arbeit an seiner Umgebung ver− richtet haben, als die Umgebung Arbeit an dem Gas verrichtet hat. ü Übungsblatt Nr. 4 Aufgabe 1c Die positive Änderung der Entropie des Arbeitsgases im isothermen Expansions− takt des Carnot' schen Kreisprozesses sei ∆S; betragsgleich ist dann die nega− tive Änderung −∆S der Entropie des Arbeitsgases bei der isothermen Kompres− sion Hvgl. Aufgabe 4−1 aL. Bei der isothermen Expansion strömt Hbei der Temperatur T1 L aus der Umgebung in das Arbeitsgas die Wärme Q1 : Q1 = T1 ∆S > 0 Bei der isothermen Kompression strömt Hbei der niedrigeren Temperatur T2 L aus dem Arbeitsgas in die Umgebung die Wärme Q2 : Q2 = −T2 ∆S < 0 Da T1 > T2 , gilt Q1 > »Q2 ». Bei vollständigem Durchlaufen des Zyklus des Kreisprozesses ist die Änderung jeder Zustandsgröße Null Hvgl. Aufgabe 5−1 bL, damit gilt mit dem Ersten Hauptsatz ∆U = Q + W = Q1 + Q2 + W = 0, Daraus folgt weiter Q1 + Q2 = ∆S HT1 − T2 L= −W Der Wirkungsgrad η einer Wärmekraftmaschine ist definiert als »W» η = Q1 T1 − T2 Damit ergibt sich η = . T1 Für η gilt Haußer bei den unpraktischen Bedingungen T1 → ∞ oder T2 → 0L selbst bei perfekt reversibler Führung des Kreisprozesses η < 1. Die hier ermittelte Abweichung von Eins hat also nichts mit den irreversiblen Verlusten der Ma− schine HReibungsverluste, Wärmeverluste an die UmgebungL zu tun, die aller− dings in realen Maschinen auftreten und den Wirkungsgrad noch weiter absen− ken. ü Übungsblatt Nr. 4 Aufgabe 2b Cp HTL δQrev Da δQrev = Cp HTL dT, gilt dS = = dT, oder integriert: T T T2 Cp HTL ∆S = ‡ dT. T T1 Für viele gebräuchliche Substanzen sind die Werte Cp HTL tabelliert oder in Po− lynomfunktionen mit empirischen Koeffizienten umgesetzt. Im letzteren Fall kann man die Polynomfunktion in das obige Integral einsetzen und leicht aus− werten; auf diese Weise lassen sich absolute Standardentropien bestimmen. In der englischen Literatur werden absolute Entropien häufig als «third law en− tropies» bezeichnet: wieso? Grafisch kann die Integration erfolgen, indem Cp HTLêT gegen die Temperatur aufgetragen und die Fläche unter der Kurve zwischen Anfangs− und Endtempera− tur bestimmt wird. ü Übungsblatt Nr. 4 Aufgabe 3 Die Erstarrungsenthalpie von unterkühltem Wasser bei −10 °C ist −5656 Jêmol, vgl. Aufgabe 3−7. Der Betrag der Erstarrungsenthalpie bei −10 °C ist kleiner als der Betrag der Erstarrungsenthalpie bei 0 °C, weil die Wärmekapazität von flüssigem Wasser fast doppelt so groß ist wie die Wärmekapazität von Eis. Wenn unterkühltes Wasser isotherm bei −10 °C gefriert, erhöht sich durch Ab− fluss der Erstarrungswärme in die Umgebung die Entropie der Umgebung um 5656 Jêmol J = 21.49 , 263.15 K mol K wobei der Bezug in der Einheit natürlich auf die Stoffmenge des Wassers er− folgt. Analog zur Berechnung der Erstarrungsenthalpie von unterkühltem Wasser er− hält man auch die Erstarrungsentropie. Sie hat bei −10 °C den Wert −20.68 JêHmol KL. Erstarrt also unterkühltes Wasser bei dieser Temperatur, steigt die Entropie der Umgebung pro Mol Wasser um 0.81 JêK mehr als die Entropie des Wassers beim Gefrieren sinkt. Das heißt, die Entropie des «Universums» Hals eines ge− dachten isolierten Systems, das Wasser und Umgebung enthältL nimmt zu. Dies ist nicht anders zu erwarten, wenn ein irreversibler Prozess in einem isolier− ten System abläuft. Wenn dagegen Wasser bei 1 atm und 0 °C gefriert, geschieht dies reversibel im Phasengleichgewicht. Dann kompensiert der Entropieanstieg der Umgebung genau die Entropieabnahme des Wassers, das heißt die Entropie des Universums bleibt konstant. ü Übungsblatt Nr. 5 Aufgabe 2 Mit der gegeben Formel berechnet sich das Volumen einer Lösung von 10 mol X in 1 kg Wasser zu 1502 ml. Diese Lösung enthält neben 10 mol gelöster Sub− stanz 1000 gêH18 gêmolL = 55.56 mol Wasser als Lösungsmittel. Eine x−molale Lösung enthält gerade x Mol der Substanz X in 1 kg Lösungsmit− tel. Die Größe x darf also in einer Lösung, die 1 kg Wasser enthält, als Stoffmenge von X interpretiert werden. Dann ist das partielle Molvolumen von X in einer 10−molalen Lösung ∂V J N = ∂nX ∂V J N = 50.7 − 0.82 x + 0.099 x2 = 52.4 mlêmol. ∂x Insgesamt trägt folglich die gelöste Substanz 10 mol ∗ 52.4 mlêmol = 524 ml zum Gesamtvolumen 1502 ml der Lösung bei. Für den Rest von 1502 ml − 524 ml = 978 ml ist offenbar das Wasser verantwortlich, sein partielles Molvolumen ist deshalb 978 ml ê 55.56 mol = 17.6 mlêmol. Man sieht, dass das partielle Mol− volumen von Wasser in dieser Lösung etwas geringer ist als das Molvolumen von reinem Wasser bei 25 °C. HDie Verhältnisse sind ähnlich wie in einem Wasser− Ethanol−Gemisch.L ü Übungsblatt Nr. 5 Aufgabe 4 Der Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine ist definiert als Quotient aus der erzielten Arbeit und der zugeführten Wärme bei einem vollen Zyklus Hvgl. Auf− gabe 4−1 cL. Im Zähler dieses Ausdrucks steht gewissermaßen der «Ertrag» des Kreisprozesses, im Nenner der «Aufwand». Da die Wärmekraftmaschine immer mehr Wärme aufnimmt als sie Arbeit abgibt, ist der Wirkungsgrad immer kleiner als Eins. HDer Differenzbetrag der Energie wird in Form von Wärme an das Reser− voir mit der niedrigeren Temperatur abgegeben.L Der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe ist wieder als Quotient aus Ertrag und Auf− wand bei einem vollen Zyklus aufzufassen, wobei jetzt der «Ertrag» die bei der höheren Temperatur abgegebene Wärme und der «Aufwand» die für die Pumpe benötigte elektrische Energie ist. In technischen Texten wird im Zusammenhang mit Wärmepumpen statt des Begriffs «Wirkungsgrad» meist der Begriff «Leistungszahl» verwendet. Da die Wärmepumpe immer mehr Wärme abgibt als sie an elektrischer Energie für die Pumpe auf− nimmt, ist ihre Leistungszahl immer größer als Eins. HDer Differenzbetrag der Energie wird in Form von Wärme aus dem Reservoir mit der niedrigeren Tempera− tur aufgenommen, vgl. die entsprechende Aussage bei der Wärmekraftmaschine.L Theoretisch ist die Leistungszahl einer Wärmepumpe der reziproke Wert des Wir− kungsgrades einer Carnot−Maschine, die zwischen denselben Temperaturen arbei− tet. Für die in der Aufgabe gegeben Bedingungen errechnet sich eine Leistungs− zahl von 29.3; in der Praxis ergeben sich unter diesen Bedingungen Werte von bis zu 5. Obwohl also der theoretische Grenzwert nicht annähernd erreicht wird, erzielt man mit der eingesetzten elektrischen Energie immerhin einen fünffach höheren Heizeffekt, als wenn man mit ihr einen elektrischen Heizkör− per betreiben würde. Weitere Informationen zur Wärmepumpe: http:êêde.wikipedia.orgêwikiêWärmepumpe ü Übungsblatt Nr. 5 Aufgabe 6 Bei einem Dissoziationsgrad von 24% und einem Gesamtdruck von 1 bar sowie einer (ohne Einschränkung der Allgemeinheit angenommenen) Anfangsmenge des molekularen Broms von 1 mol ergeben sich für Br2 V 2Br folgende Verhältnisse: Br2 1 0.76 0.613 0.613 Anfangsmengeêmol Gleichgewichtsmengeêmol Molenbruch Partialdruckêbar Br 0 0.48 0.387 0.387 Man beachte, dass bei der Einstellung eines solchen Dissoziationsgleichge− wichts die Summe der Stoffmengen zunimmt. Aus den Partialdrucken erhält man die dimensionslose Gleichgewichtskonstante Kp = K1 bei T1 = 1600 °C = 1873 K zu 0.244. Nebenüberlegung: Allgemein hängen bei dem hier vorliegenden Reaktionstyp die Gleichgewichtskonstante Kp , der Gesamtdruck pges und der Dissoziationsgrad α über die Formel 4 α2 pges Kp = H1−αL H1+αL zusammen, die auf einem Hzur obigen Zahlenrechnung mit α = 0.24L analogem Wege herzuleiten ist, indem man α als symbolische Größe stehen lässt. Damit können aus der jetzt bekannten Gleichgewichtskonstanten für andere Gesamtdrucke die entsprechenden Dissoziationsgrade ausgerechnet werden Hvgl. Grafik untenL. Die Gleichgewichtskonstante K2 bei T2 = 2000 °C = 2273 K ergibt sich schließ− lich mit Hilfe der van' t Hoffschen Reaktionsisobaren in ihrer integrierten Form K2 ∆R H0 1 1 ln = J − N zu K1 R T1 T2 1 1 ∆ H @ J − ND. R T T K2 = K1 exp R 0 1 2 Mit den gegebenen Werten von ∆R H0 ,T1 und T2 ist K2 demzufolge 0.846 entspre− chend einem Dissoziationsgrad von 42 % beim Gesamtdruck 1 bar. In der folgenden Grafik ist die Abhängigkeit des Dissoziationsgrads von Brom vom Gesamtdruck bei den Temperaturen 1600 und 2000 K dargestellt. Man erkennt die Auswirkungen des «Prinzips des kleinsten Zwangs» hinsichtlich Druck und Temperatur auf die Dissoziationsreaktion. Auswirkungen der qualitativ glei− chen Art treten bei jeder endothermen und unter Druckzunahme Hbei konstantem VolumenL verlaufenden Reaktion auf. α 0.8 0.6 2000 K 0.4 0.2 1600 K 2 4 6 8 10 pges êbar