"Wie die hundertstel Sekunde im Formel-I

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Immobilien Zeitung
14.6.2007
Nr. 23
Seite 9
GEBAUTE UNTERNEHMENSLOGOS
"Wie die hundertstel Sekunde im Formel-I-Rennen"
Logo, Logo - gebaut und an der Fassade des DVAG-Berufsbildungszentrums in Zweibrücken.
Bekannt, aber selten genutzt ist die
Möglichkeit, Untemehmens- und
Markenwerte über Architektur zu
kommunizieren. Das Ergebnis können spektakuläre Bauten wie die derzeit entstehende BMW-Welt in München sein, zurückhaltende wie das
geplante Hauptquartier von ThyssenKrupp in Essen oder solche, die im
Grundriss dem Firmenlogo gleichend
errichtet sind wie der Sitz des Softwarehauses Gypsilon in Aachen und
neun Berufsbildungszentren der
Deutschen Vermögensberatung.
Wer drüberfliegt, erkennt es auf jeden Fall.
Einfacher und schneller ginge es mit den auf
Google Earth gezeigten Satelliten- und Luftbildern. Nur wer fliegt über Aachen-Oberforstbach, wer googelt und zoomt sich übers
Berufsbildungszentrum der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) in Nürnberg-Kammerstein? Direkt davorstehen? Drinsein? Ja,
in der Ausbildungsstätte kommt man
schnell dahinter: Der Grundriss entspricht
dem Firmenemblem. Beim Gypsilon-Gebäude könnte es länger dauern, bis die
Erkenntnis einsetzt.
Behördenflure waren tabu
Für den Architekten Walter Wiese,
Aachen, und Gypsilon-Geschäftsführer
Michael Glasmacher ist das nicht besonders
tragisch. Viel wichtiger sei, dass die Philosophie des Unternehmens spürbar ist, die
Glasmacher so beschreibt: "Wir legen großen Wert auf gute, schnelle Kommunikation
- zwischen den Mitarbeitern, aber auch
vom Mitarbeiter zum Kunden . Wichtig sind
daher auch Offenheit und Flexibilität."
Diese Botschaft galt es zu vermitteln. Für
3,7 Mio. Euro ist ein Gebäude in Dreiecksform für 50 Mitarbeiter entstanden, das von
außen betrachtet mit seinen kleinen Fenstern zugeknöpft wirkt. Er habe es sich zur
Aufgabe gemacht, Unternehmens- und Markenwerte zu bauen, dabei aber auch die
Bedürfni-sse der Mitarbeiter und praktische
Aspekte fest im Blick zu behalten, erkläx:t
Walter Wiese. "Was nutzen von etlichen
Unternehmen bevorzugte, sicher oft beeindruckende Gebäude mit großen Glasfronten,
AN7.nCE
wenn die Mitarbeiter sich beobachtet fühlen
oder von der Sonne geplagt werden, weil die
Verschattung unzureichend ist?"
Dem Gedanken der Offenheit entspricht
er daher mit dem in der Gebäudemitte liegenden Hof, der die in den Schenkeln des
dreieckigen Logos untergebrachten Büros
erschließt. Der Hof gewährleistet, dass sich
die Mitarbeiter mehrmals am Tag über den
Weg laufen, und regt - ausgestattet mit breiten Galerien und lichtdurchflutet, da weitgehend mit Glas überdacht - dazu an, stehenzubleiben, sich zu unterhalten. "Das tun die
Mitarbeiter auch", sagt Glasmacher und
weist auf Bürotüren. "Die werden meistens
offengelassen. " Was vor' dem Einzug ins
neue Gebäude per E-Mail oder Telefon
geregelt wurde, werde jetzt oft direkt
besprochen - auch auf kürzestem
Wege: "Man ruft auch schnell mal
eine Information vom Hof aus
in ein Büro."
Kommunikation zwischen
Mitarbeitern, mit Partnern,
Kunden und Bewohnern
der Stadt ist auch an
anderer Stelle möglich,
wird durch die Firma
gefördert. So gibt es
einen Raum, in dem
die Mitarbeiter gemeinsam frühstücken, regelmäßig wird zu
Ausstellungen geladen. Die Gebäudeform werde dabei
durchaus wahrgenommen, sagt Glasmacher.
"Wir sind ,die im dreieckigen Gebäude'. "
. Und das Logo? "Ist
eines von vielen Elementen, mit denen Unternehmens- und Markenwerte
vermittelt werden, kann
aber ein wichtiges sein",
erklärt Jochen Schmahl,
Bild: DVAG
Berater des Architekturbüros Wiese und
Dozent für die Fächer Corporate Identity
und Marketing-Strategie an der Westdeutschen Akademie für Kommunikation in
Köln. Er erklärt: Werte seien etwas schwer
Greifbares und daher in erster Linie über
Produkte, aber auch über Werbemittel und
die Architektur von Gebäuden zu vermitteln . Zugleich müsse sich ein Unternehmen
abheben von anderen, um wahrgenommen
zu werden. "Unternehmen liegen mit ihren
Produkten und Preisen sehr eng beieinander, da lässt sich kaum noch etwas drehen",
so Schmahl. Er räumt
daher der Architektur
einen zunehmenden Stellenwert
dabei ein, Werte zu vermitteln und
sich von Konkurrenten abzuheben. "Gelingt das, kann das Logo
wie die hundertstel Sekunde im
Formel -I-Rennen sein: Man
braucht sie, um zu gewinnen." Darauf setzt
auch Glasmacher. Sind Kunden im Haus,
wird bei Präsentationen immer aufs Logo
verwiesen und der Schwenk zum Gebäude
gemacht. "Der Aha-Effekt ist sicher", sagt er.
Das A &: 0: Glaubwürdigkeit
"Nur Grafik in Architektur zu übersetzen,
ergibt keinen Sinn", sagt auch Claudia
Schwalfenberg, Pressesprecherin der Bundesarchitektenkammer. Allein durchs Verm itteln von Werten sei Glaubwürdigkeit, die
Voraussetzung 'für den Erfolg eines Unternehmens und einer Marke, zu erzielen.
Als gutes Beispiel dafür nennt sie die
BMW-Welt in München, die in Kürze eröffnet wird. Botschaft des Autoherstellers sei:
"Vorsprung durch Technik", und das wolle
BMW auch durch die Architektur vermitteln.
So sei das Architekturbüro Coop Himmel'b(l)au, Wien, tatsächlich an die Grenzen des
technisch Machbaren gegangen: An dem
180 m langen und bis zu 130 m breiten
Gebäude sei nichts symmetrisch, es gebe
kaum eine senkrechte Wand, 4.000 Tonnen
lägen auf elf Stützen. "Man meint, das ist
nicht baubar", sagt Schwalfenberg und baut
den Link zum Unternehmen, zu seinen
Autos: Suggeriert werde, BMW habe die
Nase vorn.
" Das logo ist für uns sehr wichtig"
Die Deutsche Vermögensverwaltung hat
sid1 die Orientierung am Mitarbeiter auf die
Fahnen geschrieben. Mit seinen Berufsbildungszentren will das Unternehmen daher
für beste Lernbedingungen sorgen und
dafür, dass sich die etwa 34.000 Verkaufsberater, so sie denn an
Schulungen teilneh.....'
~f
men,
wohlfühlen.
"Zum anderen soll ein
Zeichen gesetzt werden, das die Identifikation der Mitarbeiter
Schifffahrt im heißen Wüstensand: ein Entwurf für ein Polizeigebäude in
mit dem UnternehDubai.
Bild: Wiese
-,-
-...
--
men ausdrückt und verstärkt. "Wir arbeiten
mit freien Handelsvertretern. Um die guten
Mitarbeiter zu bekommen und zu halten,
müssen wir sie sehr gut schulen und führen
und so dafür sorgen, dass sie sich mit dem
Unternehmen identifizieren", erklärt DVAGDirektor Jochen Schwarz. Da die Mitarbeiter
nid1t in Gebäuden des Unternehmens tätig
sind, sondern in eigenen Büros, spielten die
Berufsbildungszentren als Treffpunkte eine
wesentlich größere Rolle als bei anderen
Unternehmen, so Schwarz. Auch dem Logo
als verbindendes Element würden die Handelsvertreter daher mehr Bedeutung zumessen. "Es lag nahe, beides zu verbinden und
über ein uniformes Gebäudekonzept zu
gewährleisten, dass die Zentren an allen
Standorten wiederzuerkennen sind. "
Seit Ende der neunziger Jahre sind neun
Berufsbildungszentren für im Schnitt jeweils
8,5 Mio. Euro entstanden, geplant von BRT
Ardütekten; Bauherr ist die Aachener und
Münchener Lebenswersicherung, die DVAG
mietet. Im äußeren Ring sind Büros untergebracht, im V-förmigen zentralen Baukörper die Schulungsräume. Die Fassade lässt
viel Licht in das Innere des Gebäudes, zur
Erholung sollen Terrassen und eine Wasserfläche zwisd1en den bei den Schenkeln des V
dienen. "Die Verkaufsberater fühlen sich
wohl in den Zentren", sagt Schwarz. "Liegt
eines auf dem Weg zum Kunden, schauen
viele einfach einmal rein, essen im Restaurant, oder sie verabreden sich mit Kollegen. "
Mehr Mut
Walter Wiese hatte die Logoform für ein
weiteres Gebäude vorgesehen: Das Polizeigebäude, das die Scheichfamilie Maktoums in
Dubai für etwa 1.500 Polizisten bauen lassen wolle. Ein anderer Entwurf wurde bevorzugt, dennoch: Ist Wiese nun auf den Logobau-Trichter gekommen? Nein, sagt er. Es
müsse nicht ein Logo sein - nur einfach ein
mit mehr Mut, individueller, orientiert an
eigenen Werten und damit jense its von
08/15-Architektur errichteter Bau.
(C1)
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