Netzwerk Gehirn - Verschaltung und Vernetzung von Hörreizen 1. Sensorische Integration • Mittelohr Schallwellen setzten das Trommelfell in Schwingungen. Die drei Gehörknöchelchen verstärken diese Schwingungen und übertragen sie zum ovalen Fenster. • Innenohr Hier beginnt die flüssigkeitsgefüllte Hörschnecke. Die Schwingung am ovalen Fenster wird auf die Flüssigkeit in dieser Röhre weitergeleitet. Eine Pulswelle durchläuft die Röhre und erregt winzige Verstärkerhörzellen, die auf diesen Reiz hin mit einer bioelektrischen Antwort reagieren. Diese Reizantwort wird an die inneren Hörzellen weitergeleitet und im Hörnerv gebündelt zum Hirnstamm geleitet. Im Innenohr findet bereits eine ausgedehnte Integration statt. In verschiedenen Kodierungsprozessen wird das zeitliche Muster, die Reizfolge, die gleichzeitige Erregung mehrerer Nervenzellen und die frequenztypische Ortsabbildung integriert und verschlüsselt in die Hörbahn eingespeist. • Hirnstamm In den Kerngebieten des Hörnerven (nuclei cochlearis) laufen Informationen beider Ohren ein, werden im oberen Olivenkomplex offenbar gemeinsam verarbeitet und in den lateralen lemnisci verschaltet und laufen zu den unteren und oberen Vierhügel des Mittelhirns (colliculi inferior et superior). • Mittelhirn Die Vierhügel spielen eine zentrale Rolle in der Auflösung der akustischen Sensation. Von den colliculi inferior läuft ein wesentlicher Teil der Information zum Großhirn. • Großhirn Hier werden das corpus geniculatum mediale und die hinteren thalamischen Kerngebiete in die Verarbeitung einbezogen, später die beiden Hemisphären des Telencephalons und schließlich die primäre Hörrinde im Temporallappen. Quelle: Retraining und Tinnitustherapie Herausgegeben von Gerhard Hesse Thieme - Verlag Netzwerk Gehirn - Verschaltung und Vernetzung von Hörreizen 2. Laterale Hemmung und Verstärkung Im gesamten auditorischen System werden die Informationen sowohl der selben, wie auch der Gegenseite verteilt, mit zusätzlichen Neutronen anderer Systeme vernetzt und verarbeitet. In allen Stationen der Hörbahn wirken hemmende und erregende Impulse, die den Hörfeldern des Kortex entspringen. Speziell die Verstärkerzellen des Innenohres (äußere Haarzellen) sind über aus dem oberen Olivenkomplex herabziehende Neurone beeinflußbar. Notwendig hierfür ist die Rückkopplung durch das akustische System. Ein Verlust von Informationen etwa bestimmter Areale der Cochlea führt zu einer Verminderung der efferenten Aktivität und kann zu verringerter Hemmung der benachbarten Bezirke führen. Dieser Effekt führt zu einer Hyperaktivität in den dem beschädigten Areal benachbarten Randfrequenzen. Ein peripherer Hörverlust kann jedoch auch zu einer erhöhten Empfindlichkeit der subkortikalen und kortikalen Zentren führen, eine mögliche Erklärung für die Hyperakusis. Eine ausgewogene Interaktion dieser Elemente bewirkt eine Kontrolle und Balance in der Hörverarbeitung. Besonders für die Trennung von Stör- und Nutzschall spielt die efferente Hemmung eine wichtige Rolle. Wesentliches muß verstärkt werden, besonders wenn es in der Intensität schwach ist, Stör- und Nebengeräusche hingegen sollen gefiltert und unterdrückt werden. Für eine normale Kommunikation ist dies unerläßlich, eine Fähigkeit, die bei Schwerhörigen gestört ist. Quelle: Retraining und Tinnitustherapie Herausgegeben von Gerhard Hesse Thieme - Verlag