Was ist Lernen? Schülerberater HOL Klauser Helmut Lernen ist nicht das, was Schüler in der Schule tun. Wir lernen auch Auto fahren, Schwimmen und Tanzen, z.B. ein Kleinkind lernt Essen, Anziehen, Gehen und Sprechen. Ein Astronaut lernt, sich in der Schwerelosigkeit zu bewegen. Recht verschiedene Dinge sind es also, die wir mit dem Lernbegriff bezeichnen. Was haben sie alle gemeinsam? Sie wissen also, dass das Kernstück, die Schwerarbeit des Lernens nicht die erste Besichtigung des Lernstoffs ist. Das Schwierigste dabei ist der unermüdliche Kampf gegen die Vergesslichkeit. Was bedeutet vergessen? Vergessen? Besagt es, dass Dinge, die einmal gewusst wurden, einfach ausgelöscht sind? Man weiß heute, dass es nicht so ist. Alles, was wir lernen, verändert die Struktur bestimmter Moleküle in den Gehirnzellen. Was wir einmal gelernt haben, bleibt in diesen Zellen verankert. Was wir vergessen, wird also keineswegs ausgelöscht, sondern nur überlagert oder verschüttet. In der Praxis sind die so genannten Gedächtnishemmungen sehr wichtig: a) retroaktive Hemmung: Ein Schüler lernt an einem Tag zwei Lektionen hintereinander. Dann stellt sich heraus, dass das Lernmaterial der zweiten Lektion den Stoff der ersten zumindest teilweise verdrängt. b) proaktive Hemmung: Dasselbe ist auch umgekehrt der Fall. Auch die zweite Lektion wird, wenn sie gleich nach der ersten gelernt wird, bei weitem schlechter behalten, als wäre sie die einzige des Tages gewesen. Fazit: Also nie zwei Sachen hintereinander lernen! c) ephektorische Hemmung: Ein Lernstoff wurde bereits früher eingeprägt und völlig behalten. Kurz vor der Prüfung lernt man etwas Neues. Das neu Gelernte hemmt die Wiedergabe des alten. Fazit: Nie kurz vor der Prüfung noch etwas lernen! d) Ähnlichkeitshemmung: Je ähnlicher die beiden Lernlektionen sind, desto stärker wird die Interferenz, die wechselseitige Beeinträchtigung, um so schlimmer die Hemmung. Fazit: Lernlektionen sollten in Folge sehr konträr sein! e) assoziative Hemmung: Besonders schwierig wird das Lernen, wenn sich der Schüler falsche Informationen angelernt hat. Um sich die richtigen beizubringen, muss er die falschen wieder weglernen - das ist die doppelte Arbeit. f) affektive Hemmung: Die Erinnerungssperre tritt auf, wenn ein Mensch unter starker Affektspannung steht, wenn ihn z.B. Zorn oder Angst beherrschen. Konsequenzen Wenn man viel zu lernen hat, Pausen einschalten! Möglichst nicht stundenlang gleiches oder ähnliches Material lernen, abwechseln! Kurz vor einer Prüfung nichts mehr lernen! Über das Vergessen Was Sinn ergibt und verstanden werden kann, das wird im Gedächtnis schneller und fester verankert als Sinnloses. Was aber ist sinnvoll und was sinnlos? Für das Merken und Lernen ist vorerst entscheidend, ob und wie viele Elemente einer Information bereits bekannt sind. "Sinnvoll" und somit leichter zu merken ist demnach alles, was (ganz oder teilweise) schon einmal zur Kenntnis genommen wurde. "Sinnlos" ist das völlig Unbekannte. Den Stoff sollt möglichst mit Sinn und geistigen Gedankenstützen (Gereimtheiten) versehen. Die Vergessenskurve Sie sinkt nach dem Lernen am steilsten ab und wird später immer flacher. In den ersten Tagen nach dem Lernen vergisst man besonders leicht. Daher muss der Lernstoff in der ersten Zeit am häufigsten wiederholt werden, später immer seltener. Dabei ist es nicht nötig den ganzen Stoff zu wiederholen. Wichtig ist, jene Informationen zu üben, die schlechter im Gedächtnis bleiben. ein Tipp zum Wiederholen: die Gedächtniskartei. Gedächtniskartei Hilfsmittel: Kolleg-Mappe, Karteikarten Die Informationen, die sich der Schüler schlecht merkt, schreibt er auf einen Karteikarte und legt sie in die Kolleg-Mappe ab. Die Wiederholungskartei nimmt er öfter zur Hand, besonders in den ersten Tagen. Das, was er sich beim neuerlichen Lernen gemerkt hat, darf er nach hinten ablegen. Bei den folgenden Wiederholungen bleibt also nur mehr das, was immer noch nicht sitzt. So wird das Wiederholen des Stoffes allmählich weniger. Größere Abschnitte sollen im Ganzlernverfahren angegangen werden. Es ist vorteilhaft, zunächst den gesamten Stoff durchzusehen und einen Überblick zu gewinnen. Später kann dann auf Einzelheiten eingegangen werden. Motivation Die Motivation ist der Treibstoff beim Lernen, ohne den es nicht weitergeht. Der Schüler muss zum Lernen einen Grund haben, er braucht ein Motiv. Wer Interesse an der Sache, Freude an der Arbeit hat, der braucht keine weiteren Beweggründe mehr. Diese primäre Motivation, bei der das Lernziel selbst schon das Erstrebenswerte ist, ist die wirkungsvollste Art. Sie kommt leider nicht allzu oft vor. In der Schule wird häufiger durch eine Belohnung nach Erreichen des Lernziels motiviert. Man nennt das sekundäre Motivation. Am bedeutendsten sind hier sicher die sozial bedingten Motivationen. Jeder Schüler hat ein Bedürfnis nach sozialer Anerkennung. Ihr Lob, und sei es nur ein Kopfnicken oder ein Lächeln, kann stark motivierend wirken. Eine weitere sehr effektvolle Motivation ist die durch Erfolg. Das Streben nach Erfolg, der Wunsch nach Selbstbestätigung, die Freude am Bewältigen von Schwierigkeiten ist fast bei jedem Menschen vorhanden. Was kann der Schüler selbst dafür tun? Oft sind Abneigung und Vorurteile gegen etwas recht emotional und logischen Grund. Dies negativen Gefühle kann ein Schüler dämpfen, wenn er sich selbst sagt, dass sie unsinnig sind und nur stören. Dasselbe gilt bei Abneigungen gegen bestimmte Lehrer. Eine Prüfung in zwei Monaten veranlasst einen nicht zum Lernen. So kann man sich selbst Teilziele setzen: Bis Ende nächster Woche muss das gelernt werden, bis übernächste Woche das usw. Ebenso kann man sich Leistungsziele setzen: Bei der nächsten M-Schularbeit muss ich mich um eine Notenstufe verbessern. Diese Hilfsziele müssen aber realistisch sein. Motivationskonflikte sind unangenehm und deshalb zu vermeiden - daher entweder total lernen oder total entspannen. Schüler sollen sich hin und wieder selbst loben. Eigenlob ist sicher in Ordnung und sogar nützlich und wertvoll, wenn es dazu verwendet wird, die eigene Lernanstrengung zu verbessern.