Space Weather Thomas Penz Institut für Weltraumforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften Institut für Physik, Fachbereich für Theoretische Physik, Universität Graz Auswirkung von Phänomenen auf der Sonne und im interplanetaren Raum auf die Erdmagnetosphäre und – ionosphäre sowie die Erdoberfläche. Komponenten des Space Weathers Die Sonne Die Magnetosphäre Die Erde Derinterplanetare Der Raum Die Sonne Größe/Radius: 700.000 km (109 Re) Rotationdauer am Äquator: 25 Erdentage Rotationdauer am Pol: 30 Erdentage Mittlere Oberflächentemperatur: 5500°C Kerntemperatur: 15 x 106°C Zusammensetzung: 70% H, 28% He Aufbau der Sonne Die Photosphäre Stellt die sichtbare Sonnenoberfläche dar und hat eine Dicke von ungefähr 100 km. Man kann zahlreiche bemerkenswerte Phänomene beobachten: ¾ Sonnenflecken ¾ Granulation ¾ Supergranulation Die Chromosphäre Ist eine irreguläre Schicht in der die Temperatur von 6000 K auf über 20.000 K zunimmt. Bei dieser Temperatur emittiert Wasserstoff Licht im rötlichen Bereich des Spektrums. Die Chromosphäre ist eine sehr aktive Region, die mit Solar Flares im Zusammenhang steht. Die Übergangsregion Die Übergangszone trennt die heiße Korona von der viel kühleren Chromosphäre. Die Temperatur ändert sich abrupt von ca. 1 Million K auf 20.000 K. Die Emissionen bei diesen Temperaturen stammen von C-, S-, Ooder Si-Ionen, die im UV-Bereich emittieren. Die Korona Sie stellt die äußere Atmosphäre der Sonne dar, in der Temperaturen von mehr als 1 Million K herrschen. Hier sind Phänomene wie z. B. Helmet streamer oder koronale Löcher angesiedelt. Der Sonnenwind Der Sonnenwind strömt in alle Richtungen von der Sonne ab, da die thermische Energie dieser Teilchen viel größer ist als die Gravitationanziehung der Sonne. Durch den Sonnenwind verliert die Sonne ca. 109 kg/s. Durch Fusion verliert sie ungefähr das Fünffache an Masse. Sonnenwindparameter Im Bereich des Erdorbits weist der Sonnenwind in etwa folgende charakterisitische Werte auf: • Teilchendichte: 3 – 10 cm-3 • Strömungsgeschwindigkeit: 250 – 800 km/s • Zusammensetzung: 96% H+, 4% He2+, e• Protonentemperatur: 4 x 104 K • Elektronentemperatur: 1.5 x 105 K • Magnetfeldstärke: 4 nT Sonnenwindtypen ¾ Schneller Sonnenwind: 400 – 800 km/s, 3 cm-3, stabil, Quellgebiet sind koronale Löcher ¾ Langsamer Sonnenwind vom Minimumtyp: 250 – 400 km/s, 10 cm-3, variabel, <2% He2+, Quellgebiet: Helmet Streamer ¾ Langsamer Sonnenwind vom Maximumtyp: 250 – 400 km/s, 10 cm-3, variabel und turbulent, 4% He2+ ¾ Coronal Mass Ejections (CMEs): 400 – 2000 km/s, 30% He2+ Coronal Mass Ejections Sind gewaltige Mengen an Plasma, das in das interplanetare Medium ausgestossen wird. Stehen oft mit Solar Flares in Zusammenhang. Ihr Auftreten ist mit dem Sonnenfleckenzyklus korreliert. Komponenten des Space Weathers Die Sonne Die Magnetosphäre Die Erde Derinterplanetare Der Raum Das interplanetare Medium Die Teilchenzahl in unserem Sonnensystem nimmt nach außen hin mit 1/r2 ab. Merkur 0.3 AU 110 cm-3 Erde 1 AU 10 cm-3 Jupiter 5 AU 0.4 cm-3 Saturn 10 AU 0.1 cm-3 Pluto 40 AU 0.006 cm-3 Am Erdorbit entspricht dies einer Dichte von 10-23 g/cm3, während technisches Hochvakuum ungefähr 10-18 g/cm3 entspricht. Das interplanetare Magnetfeld Die Rotationsachse der Sonne hat eine Inklination von 7.3°, weshalb das Magnetfeld der Sonne im interplanetaren Raum aufgrund der Magnetfeldstruktur der Helmet Streamer das sogenannte „Kleid der Ballerina“ ausbildet. tan φ = ωr vSW Am Erdorbit beträgt dieser Winkel ungefähr 44°, bei Saturn sind es bereits 84°. Wechselwirkung mit Planeten Die Erdmagnetosphäre Der Bow Shock Der Bow Shock entsteht durch die Wechselwirkung des planetaren Magnetfeldes, welches ein Hindernis darstellt, mit der supersonischen Sonnenwindströmung. cp p vS = cv ρ Die Strömungsgeschwindigkeit des Sonnenwindes ist ungefähr 10 mal so groß wie die Schallgeschwindigkeit, d. h. die Machzahl der Sonnenwindströmung ist 10 und es bildet sich eine Bugstoßwelle, der Bow Shock. Der Magnetosheath Der Magnetosheath stellt die Region zwischen dem Bow Shock und der Magnetopause dar. Die Magnetopause Sie stellt die Grenze zwischen dem Sonnenwind und der Magnetosphäre dar. Das Sonnenwindplasma kann unter idealen Bedingungen nicht in die Magnetosphäre eindringen, da die Sonnenwindteilchen durch das Erdmagnetfeld abgelenkt werden, weshalb das sogenannte Chapman-Ferraro-Stromsystem an der Magnetopause entsteht. mv rL = eB Definition der Magnetopause 1. Bedingung: Es gibt keine Normalkomponente des Magnetfeldes über die Magnetopause. Bn = 0 2. Bedingung: Die Magnetopause entsteht durch ein Druckgleichgewicht zwischen dem thermischen und dem magnetischem Druck des Sonnenwindes, des planetaren Magnetfelddruckes, des thermischen Druckes der planetaren Atmosphäre und des Druckes des induzierten Magnetfeldes durch die Magnetopausenströme. pSW ⎛ µ f M 1 2 (B P + B MC ) ⇒ RS = ⎜⎜ = 2 µ0 ⎝ 8π ρ v 2 2 0 0 2 2 SW SW 1/ 6 ⎞ ⎟⎟ ⎠ Der Magnetschweif Der Magnetschweif (Magnetotail) wird durch die viskose Wechselwirkung mit dem Sonnenwind und den Stromsystemen im Schweif aufrecht erhalten. Er reicht bis ungefähr 3000 Erdradien hinter den Erdorbit. Die Magnetosphäre Magnetfeldverschmelzung Magnetfeldverschmelzung (Magnetic Reconnection) beschreibt die topologische Umstrukturierung eines magnetischen Feldes, hervorgerufen durch die Änderung der Leitfähigkeit in einem bestimmten Bereich. Magnetfeldverschmelzung Durch den Prozess der Magnetfeldverschmelzung kommt es zum Entstehen von Schockstrukturen und Flußröhren, die sich vom Rekonnexionsgebiet entfernen. Die offene Magnetosphäre Bei südwärts gerichtetem interplanetarem Magnetfeld kann es zu Magnetfeldverschmelzung an der Magnetopause kommen, wodurch eine Verbindung zwischen Sonnenwind und Erdmagnetosphäre entsteht. Die offene Magnetosphäre Die Plasmaschicht Der Ringstrom Entsteht durch geladene Teilchen die entlang der Erdmagnetfeldlinien „gefangen“ sind. Der magnetische Sturm Sudden Storm Commencement Initialphase Hauptphase Erholungsphase Die Aurora Auswirkungen auf Satelliten Solar Proton Events Durch den Ausbruch einer Solar Flare werden auch hochenergetische Protonen in den interplanetaren Raum geschleudert. Elektrische Aufladung 3 Auswirkungen: 2 Möglichkeiten: •• Oberflächenladung: Bewegung eines Objekts durch ein Medium aus niederenergetische Elektronen lagern geladenen Teilchen sich an verschiedenen Teilen des Satelliten an, wodurch es zu unterschiedlichen Potentialen und somitTeilchen zu Spannungen • direktes Bombardement durch geladene kommt, die Instrumente beschädigen können • durch die Sonnenstrahlung direkt (Photoelektrischer •Effekt) „Tiefe Ladung“: hochenergetische Teilchen können die Abschirmung des Satelliten durchdringen und elektronische Bauteile beschädigen oder zerstören Es kommt zu Phantombefehlen, Veränderung von gespeicherten Daten, Fehlfunktionen und zu einer Verringerung der Lebenszeit von Bauteilen. Reibung mit der Atmosphäre Durch geomagnetische Aktivität und durch verstärkte UVStrahlung von der Sonne (hohe Aktivität) kommt es zu einer Erwärmung und deshalb zu einer Expansion der Atmosphäre. Auswirkungen auf Sonnensegel Das Halbleitermaterial in Sonnensegeln reagiert sehr empfindlich auf Beschädigung durch solare Protonen. Durch einen einzigen Event reduziert sich die Lebenszeit der Sonnensegel eines GOES-Satelliten um 6 Jahre. Auswirkungen auf Kommunikationssysteme Die Ionosphäre Aufgrund der solaren UV-Strahlung ist ein Teil (0.1% oder weniger) der oberen Atmosphäre zwischen 70 – 1500 km ionisiert. h − h0 ⎡1 −z ⎤ N e ( χ , h ) = N 0exp ⎢ (1 − z − secχ e )⎥, z = H ⎣2 ⎦ Radiowellenausbreitung Die Ausbreitung von Radiowellen in einem ionisiertem Medium wird durch die Appleton-Hartree Gleichung beschrieben: n = 1− X 2 1/ 2 ⎡Y Y 2 2⎤ (1 − X − iZ ) ± ⎢ (1 − X − iZ ) + YL ⎥ 1 − iZ − 2 ⎣4 ⎦ 2 T 4 T Im einfachsten Fall kann man Stöße (Z=0) und das Magnetfeld (Y=0) vernachlässigen: 2 Ne n = 1− X = 1− ε 0 mω 2 2 HF-Kommunikation Die F-Schicht der Ionosphäre ist am wichtigsten für die HFKommunikation. Die EUV-Strahlung der Sonne, die für die F-Schicht verantwortlich ist, ändert sich mit dem Sonnenfleckenzyklus. Während des Sonnenfleckenminimums ist die EUV-Strahlung gering und deshalb werden nur niedrige Frequenzen reflektiert. Neben dem Sonnenfleckenzyklus sind auch Jahres-und Tageszeit und auch die geographische Breite wichtig, deshalb werden die besten Frequenzen mit Computer-Programmen bestimmt. ⎤ 1 ⎡ n+5 R12 = ⎢ ∑ ( R k ) + 0 .5 ( R n + 6 + R n − 6 ) ⎥ R=k(10g+s) 12 ⎣ n −5 ⎦ HF-Fadeouts Solar Flares können zu erhöhter Röntgenstrahlung von der Sonne führen, die vermehrte Ionisation in der D-Schicht der Ionosphäre bewirkt. HF-Signale werden bereits in der D-Schicht absorbiert. Dieser Effekt wird als Sudden Ionospheric Disturbance (SID) bezeichnet. Interferenzen Solar Radio Bursts können auf der Tagseite mit VHF-Signalen interferieren, besonders während der Equinokzien (März und September). Kommunikation mit Satelliten Da die Ionosphäre kein homogenes Medium ist, gibt es eine irreguläre Verteilung der Ionisation. Szintillationen sind schnelle, kleinräumige Änderungen in der Elektronendichte, die Einfluß auf die Signalausbreitung haben. Sie entstehen hauptsächlich in Äquatornähe oder im Aurorabreich. Kommunikation mit Satelliten Die Fluktuationen der Intensität werden mit dem Szintillationsindex S4 charakterisiert: ⎛ I2 − I ⎜ S4 = ⎜ 2 ⎜ I ⎝ 2 ⎞ ⎟ ⎟⎟ ⎠ 1 2 Wenn der S4-Index > 0.7 ist, kommt es zu Störungen in der Kommunikation. Kommunikation mit Satelliten Das Integral der Elektronendichte entlang des Pfades durch die Ionosphäre heißt Total Electron Content (TEC). Auch Änderungen im TEC haben Auswirkungen auf die Signalausbreitung. 1 TEC = 10 16 el / m2 Einfluß auf technische Infrastruktur auf der Erde Stromleitungen: Beschädigungen von Transformatoren, Stromabschaltungen, Quebec 1989 9 h ohne Strom Pipelines: Schutz gegen Korrosion durch negatives Potential, durch induziertes elektrisches Feld kann Schutz aufgehoben werden Telekommunikationskabel: anormale Ströme in Telefonleitungen, 1989 Störung einer Transatlantikleitung Geophysikalische Inspektionen: Suche nach Lagerstätten mit Magnetometern an Bord von Schiffen und Flugzeugen, Behinderung durch magnetische Felder Auswirkung auf Astronauten Erhöhtes Level an ionisierten Teilchen und Röntgenstrahlung. Zeitraum Blutbildende Organe 30 Tage 250 Jährlich 500 Lebenslang 2000+75x (Alter-30) Augen Haut 1000 2000 4000 1500 3000 6000 Auswirkung auf Zellkulturen Durch die Wechselwirkung von solaren Protonen mit der Luft entstehen Pionen, Muonen und ähnliche Teilchen, die organischer Materie an der Erdoberfläche beeinflussen. Auswirkung auf die Ozonschicht Solare Protonen können mit N2 und O2 in der Luft reagieren, was zum Entstehen von NO und OH führt. Diese Reaktionen führen zu einer Verringerung des Ozongehalts in der Atmosphäre. Des weiteren wurde eine Erhöhung der Aerosolkonzentration in der Atmosphäre festgestellt. Space Climate Beschreibt die langfristigen Veränderungen des Ökosystems Erde durch extraterrestrische Einflüsse. Änderungen der Solarkonstante Viele Sonnenflecken: 1367 W/m2 Wenig Sonnenflecken: 1365 W/m2 0.1% Änderung Kurzfristige Änderungen (Tage und Wochen) 0.1% Änderung Langfristige Änderungen (Jahrzehnte u. -hunderte) 0.2 – 0.6% Änderung Das Maunder-Minimum Milankovitch-Zyklen Galaktische kosmische Strahlung Schlußfolgerungen Space Weather: Beeinflußt technische Geräte im Weltraum am stärksten. Hat aber auch geringfügige Auswirkungen auf andere Prozesse im System Erde. Space Climate: Hat große Auswirkungen auf langfristige Prozesse vor allem im Klimasystem der Erde, was Folgen für alle anderen Komponenten des Systems bewirkt.