Versuch8 Kohlenhydrate: Glucose

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Versuch8
Kohlenhydrate: Glucose
Lerninhalt: Struktur und Einteilung von Kohlenhydraten, Aldosen und Ketosen,
+
Glycolyse, Fliessgleichgewicht, NADP /NADPH, Themodynamik reversibler
biochemischer Reaktionen, freie Energie ∆G° und ∆G°', Glucosenachweis in der
klinischen Diagnostik
Hintergrund:
Strukturen der Kohlenhydrate: Kohlenhydrate sind von ihrer chemischen Struktur her
Aldehyde oder Ketone von mehrwertigen, optisch aktiven Alkoholen. Sie können
entweder in offenkettiger Form vorliegen oder einen Ring bilden, indem sie eine HalbAcetal- oder Halb-Ketal-Struktur besitzen. Das Molekül gewinnt durch Ringbildung ein
weiteres Asymmetriezentrum. Wenn Zucker sich nur an diesem Asymmetriezentrum
unterscheiden, bezeichnet man als Anomere. Anomere können im Prozess der
Mutarotation ineinander übergehen, wobei transient die offenkettige Struktur vorliegt.
Nach der Homologie zu Glycerinaldehyd (siehe Praktikumsvorlesung) unterscheidet man
D- und L-Formen. Eine weitere Verfeinerung der Nomenklatur erfolgt durch Angabe von
+ oder -, wodurch die Drehrichtung optisch aktiver Zucker beschrieben wird.
Wichtige Kriterien zur Einteilung von Kohlenhydraten sind:
- Zahl der C-Atome
- Konfiguration der Asymmetriezentren, Zugehörigkeit zur D- oder L-Reihe
- Aldosen oder Ketosen
- Ersatz von OH-Gruppen durch H (Desoxyzucker)
2+
- Reduktionseigenschaften gegenüber alkalischen Cu -Lösungen (zum Test dafür verwendet man Fehling'sche Lösung)
Glucose: Glucose ist ein zentraler Baustein des Kohlenhydratstoffwechsels. Man würde
Glucose beschreiben als Hexose, D-Typ, Aldose, kein Desoxyzucker und reduzierend.
Die genaue Struktur ergibt sich aus der Position der einzelnen Gruppen relativ zur
Ringebene, die aus der Strukturformel ablesbar ist. Die Bestimmung der Blutglucose
gehört zu den wichtigsten diagnostischen Parametern (Diabetes!). Die Messung von
Glucose wird mit Hilfe der Glucoseoxidase-Methode durchführt. In einem weiteren
Praktikumsversuch zur Kohlenhydrat-Struktur wird nachgewiesen, daß Glucose in der
offenkettigen Form ein Aldehyd ist.
Glycolyse: Glycolyse setzt Glucose in Pyruvat um. Dabei werden pro Glucosemolekül
netto 2 ATP gewonnen. Im aeroben Stoffwechsel werden die beiden erzeugten
Pyruvatmoleküle in den Citratcyklus eingeschleust, wo weitere Energiegewinnung
stattfindet.
Die Umsetzung in Glucose-6-P in Fructose-6-P ist ein wichtiger Schritt der Glycolyse.
Die Reaktion wird von Phosphoglucoseisomerase katalysiert. Anhand dieses Beispiels
o
wird im Versuch das Konzept der freien Energie einer Reaktion (∆G ’) dargestellt.
1
Freie Energie: Die Frage, ob eine Reaktion freiwillig ablaufen kann, richtet sich nach der
Änderung der freien Energie. Die grundlegende Gleichung dazu, 1878 von Josiah Gibbs
entwickelt, ist
∆G = ∆H - T · ∆S
Dabei ist ∆G die Änderung der freien Energie, ∆H die Änderung der Enthalpie
(Wärmegehalt), T die absolute Temperatur und ∆S die Änderung der Entropie. Eine
Reaktion kann nur dann spontan erfolgen, wenn ∆G negativ ist. Es kann sein daß
Aktivierungsenergie überwunden werden muß, aber netto braucht keine Energie von
ausserhalb aufgewandt werden. Bei ∆G = 0 ist das System im Gleichgewicht und es
findet keine Nettoänderung statt. Positives ∆G bedeutet, daß nur bei Zuführung von
externer Energie eine Reaktion stattfinden kann. Biochemisch geschieht das oft durch die
assoziierte Spaltung energiereicher Phosphatbindungen, am häufigsten von ATP. Die
freie Energie der Gesamtreaktion wird dadurch in einen negativen Bereich verschoben,
wo sie ablaufen kann.
Für eine Reaktion A → B wird ∆G beschrieben durch
[B]
∆G = ∆G° + RT ln ────
[A]
Dabei ist ∆G° die Änderung der freien Energie unter Standardbedingungen (konstanter
Druck 1 atm, konstante Temperatur 25°C, alle Reaktionspartner in 1-molarer
Konzentration). R ist die Gaskonstante und T die absolute Temperatur. Bei solchen
Standardbedingungen würden viele biochemischen Reaktionen kaum ablaufen weil sie
+
H einbeziehen, und eine 1-molare Protonenkonzentration bedeutet pH = 0! Man definiert
daher ein ∆G°', bei dem der pH-Wert 7 ist. Dafür gilt:
[B]
∆G°' = - RT ln ──── = - RT ln K
[A]
(K = Gleichgewichtskonstante)
Mit dieser Beziehung lässt sich ausrechnen, in welche Richtung eine Reaktion unter
biochemisch relevanten Bedingungen ablaufen würde. Enzyme spielen bei all diesen
thermodynamischen Überlegungen keine Rolle, da sie ja nur die Geschwindigkeit der
Gleichgewichtseinstellung beeinflussen, nicht aber die Lage des Gleichgewichts.
Aufgabenstellung der Versuche:
A: Die Aldehydeigenschaft von Glucose wird mit Hilfe einer Purpald-Reaktion
nachgewiesen. Als Positivkontrolle wird Formalin (in wässriger Lösung ein
Aldehydhydrat) verwendet. Es kommt zu Farbentwicklung. Der Nachweis von Glucose
erfordert das Erhitzen des Ansatzes, da bei hoher Temperatur die offenkettige Form der
Glucose in wesentlich größeren Mengen vorliegt. Die offenkettige Form reagiert, im
Gegensatz zur Ringform mit Purpald.
2
B: Bestimmung des Gleichgewichts der Phosphoglucoseisomerase-Reaktion. Fructose-6P und Glucose-6-P werden in separaten Ansätzen als Substrate zur Verfügung gestellt.
Die beiden Ansätze sollten dasselbe Gleichgewicht zwischen Fructose-6-P und Glucose6-P einstellen. Zum Nachweis wird die Menge an G-6-P gemessen, indem mit Glucose-6P-Dehydrogenase ein gekoppelter Farbtest durchführt wird, bei dem die Konzentration an
NADPH spektrometrisch bestimmt wird. Aus der Gleichgewichtskonstante der Reaktion
o
wird ∆G ' berechnet.
C: Glucoseoxidasetest: Der Glucosegehalt einer Serumprobe wird nach der GODMethode photometrisch bestimmt.
Durchführung:
A: Identifizierung von Glucose als Aldose
Man benötigt
Purpaldlösung (4-Amino-3-hydrazino-5-mercapto-4-H-1,2,4-triazol), 100 mg in 2 ml
10%iger NaOH
Verdünnte Formaldehyd-Lösung („Formalin“) (Ätzend!)
10%ige NaOH (Ätzend! Haut und Augen schützen!)
1%ige Glucose-Lösung
Man gibt 0,5 ml einer Purpaldlösung in die Mitte einer Petrischale und pipettiert 10 µl
Formalin-Lösung dazu. Nach wenigen Minuten bilden sich auf hellviolettem Grund
dunkelviolette Strukturen, die nach einiger Zeit von selbst verschwinden.
Purpald reagiert mit der Carbonylgruppe des Aldehyds unter Wasserabspaltung zu einem
instabilen Aminal. Dieses wird an der Phasengrenze Flüssigkeit/Luft mit Sauerstoff zu
einem gelben Zwischenprodukt oxydiert, das im basischen Milieu sofort ein violettes
Anion bildet. Diese Reaktion ist oszillierend - es kommt zur Bildung kurzlebiger,
energieverbrauchender Strukturen.
Formaldehyd ist, wie der Name schon sagt, ein Aldehyd und dient als Positivkontrolle.
3
Der Versuch wird nochmals, nun mit Glucose anstelle der Formaldehyd-Lösung
durchgeführt. 10µl einer 1%igen Glucose-Lösung werden in einem Eppendorf-Gefäß zu
0,5 ml Purpald-Lösung pipettiert und der Reaktionsansatz 5 min im Heizblock bei 95°C
erhitzt, damit sich die Ringstuktur der Glucose zur offenkettigen Form öffnet. Man leert
die inzwischen gelb gewordene Lösung in die Petrischale um. Von den Rändern des
Tropfens her verschwindet die gelbe Färbung und wenig später bilden sich violette
Farbstrukturen, die Reaktion mit einem Aldehyd anzeigen.
B: Gleichgewicht der Phosphoglucoseisomerase-Reaktion
Das Gleichgewicht wird in zwei Ansätzen eingestellt, wobei man einmal mit Glucose-6-P
und einmal mit Fructose-6-P beginnt. Der Versuch wird in Tris-Puffer pH 7.5
durchgeführt.
Zunächst muß das Gleichgewicht eingestellt werden. Man pipettiert zwei Ansätze nach
folgendem Schema in Eppendorf-Gefäße.
Ansatz #
1
2
Glucose-6-P (2,3mM)
0.2 ml
Fructose-6-P (2,3mM)
0.2 ml
Tris-Puffer
1 ml
1 ml
Phosphoglucoseisomerase 5 µl
5 µl
Man mischt gründlich und lässt die Ansätze 30 min bei Raumtemperatur stehen. Dann
werden beide Ansätze 5 min in den Heizblock (95°C) gestellt, um das Enzym zu
denaturieren (Weshalb?). Anschließend lässt man die Proben im Eis abkühlen.
1. Nachweisreaktion: Zum Nachweis von Glucose-6-P pipettiert man Ansatz 1 möglichst
+
vollständig in eine Küvette, pipettiert 0.1 ml NADP und 1 ml Tris-Puffer hinzu und
mischt durch resuspendieren mit der 1000L Pipette. Nachdem überprüft wurde, daß
keine Luftblasen vorhanden sind, wird die Küvette ins Photometer eingesetzt und die
Extinktion bei 365 nm auf Null abgeglichen. Die Küvette wird aus dem Photometer
genommen, es werden 5 µl Glucose-6-P-Dehydrogenase zugegeben, gut resuspendiert
und die Küvette wieder ins Photometer eingesetzt. Wenn die Extinktion eine halbe
Minute nicht mehr ansteigt (wenn also sämtliches im Ansatz vorhandenes Glc-6-P von
der Dehydrogenase zu 6-Phosphogluconolacton oxidiert wurde), wird der Wert als E
1
(entspricht Glucose-6-Phosphat) notiert und das Photometer auf Null gesetzt.
2. Nachweisreaktion: Nun werden 10 µl Phosphoglucoseisomerase zugegeben,
resuspendiert und die Extinktion verfolgt. Sobald sie eine halbe Minute konstant ist, wird
der Wert als E (entspricht Fructose-6-Phosphat) notiert.
2
Die beiden Nachweisreaktionen werden nun in gleicher Weise mit Ansatz 2 durchgeführt.
4
Ansatz 1
Ansatz 2
E =
E =
E =
E =
1
1
2
2
Für beide Ansätze wird die Konzentration an umgesetztem Glucose-6-P und Fructose-6-P
nach dem Lambert-Beerschen Gesetz ∆c = ∆E / (ε⋅d) berechnet. Der Extinktions-1
-1
-1
-1
koeffizient ε365 für NADPH ist 3300 M cm = 3,3 mM cm .
Für die Berechnung der Prozentwerte, bezogen auf den tatsächlich umgesetzten Zucker
gilt die Formel:
Prozentwert für Glucose-6-Phospat = E / (E +E )
1
1
2
Prozentwert für Fructose-6-Phospat = E / (E +E )
2
1
2
Die ermittelten Werte werden in die unten stehende Tabelle eingetragen und die
Konzentrationen (c) von Glucose-6-P und Fructose-6-P errechnet.
Ansatz 1
Ansatz 2
Glucose-6-P Konzentration (c ):
mM Konzentration (c ):
mM
Prozentsatz:
Fructose-6-P Konzentration (c ):
%
Prozentsatz:
mM Konzentration (c ):
%
mM
%
%
1
2
Prozentsatz:
1
2
Prozentsatz:
Daraus wird die Gleichgewichtskonstante K für beide Ansätze getrennt (K und K )
1
berechnet:
[Fructose-6-P]
E
2
2
K = ────────── = ──
[Glucose-6-P]
E
1
5
Berechnung der freien Energie der Reaktion, ∆G°':
Wie oben ausgeführt, ist ∆G°' = - R · T · ln K
- 2.303 · 8.314 · 298
∆G°' = ───────────── · log K (kJ/mol)
1000
Dabei ist 2.303 der Umrechnungsfaktor von natürlichen auf dekadische Logarithmen,
-1
-1
8.314 ist die Gaskonstante R (J · K · mol ), 298 ist die absolute Temperatur in Grad
Kelvin und 1000 ist der Umrechnungsfaktor von J in kJ.
Ergebnis:
Ansatz # Gleichgewichtskonstante K
1
2
∆G°'
kJ/mol
kJ/mol
C: Glucosebestimmung
Der Glucosegehalt einer Serumprobe soll nach der GOD-Methode bestimmt werden. Die
Konzentration wird mit Hilfe eines Standards bekannter Konzentration berechnet. Nach
dem vorgegebenen Schema werden in der angegebenen Reihenfolge 0.02 ml Serum oder
Standardglucoselösung in Küvetten pipettiert, 1 ml GOD-Mix (Puffer/Enzymmischung)
zugegeben und gut gemischt. Nach ca. 20 min bei Raumtemperatur wird das Photometer
mit dem Leerwert bei 505 nm auf 0 abgeglichen und die Extinktion der beiden anderen
Ansätze bestimmt. Mit Hilfe einer Schlußrechnung wird der Glucosegehalt des Serums
berechnet.
Leerwert
dest. Wasser
0.02 ml
Glucosestandard 0,2% ──────
Serumprobe
GOD-Mix
E
505
Standard
────── ──────
0.02 ml
────── ──────
1 ml
Serum
1 ml
----------0.02 ml
1 ml
0
Absorption (Serumprobe)
Glucosegehalt des Serums = ────────────────── x 0,2% =
%
Absorption (Glucosestandard)
6
Geräte: Pipetten, Heizblock, Photometer (365 + 505 nm), Bechergläser
Benötigte Lösungen:
A:
Purpaldlösung (4-Amino-3-hydrazino-5-mercapto-4-H-1,2,4-triazol), 100 mg in 2 ml
10%iger NaOH
Formaldehyd-Lösung („Formalin“): davon Verdünnung 1:1000 (Ätzend!)
10%ige NaOH (Ätzend! Haut und Augen schützen!)
1%ige Glucose-Lösung
B:
0.2 mol/l Tris-Puffer, pH 7.5 mit 4 mmol/l MgSO
4
2.3 mmol/l Glucose-6-P-Lösung [MW= 304,1 g/mol]
2.3 mmol/l Fructose-6-P-Lösung [MW= 304,1 g/mol]
+
12 mmol/l NADP -Lösung [MW= 765,4 g/mol]
Glucose-6-P-Dehydrogenase (fest; 6,17 U/mg; EK: 0,5 U/Ansatz;
Verdünnung: 0,1 U/µl)
Phosphoglucoseisomerase (Stammlösung 0,7 U/µl; 1:5 in Puffer)
C:
Serum oder Plasmaprobe
0,2%ige Glucose-Lösung
GOD-Testgemisch bestehend aus
4-Aminoantipyrin 0.5 mmol/l [MW= 203,25 g/mol]
p-Hydroxybenzolsulfonsäure 20 mmol/l [MW= 232,19 g/mol]
Glucoseoxisase aus Aspergillus niger (fest; 245,9 U/mg; EK: 15 U/ml)
Peroxidase aus Meerrettich (fest; 148 U/mg; EK: 10 U/ml)
100mM Tris/HCl - Puffer pH 7.0
Die beiden ersten Verbindungen bilden zusammen einen Chinonimin-Farbstoff, der bei
505 nm absorbiert.
7
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