Seite 1 von 5 1 1 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 2 9 . 0 1 . 2 0 1 5 Grüner Star: Schmerzlos und heimtückisch Mehr als eine Million Bundesbürger leiden am Glaukom, im Volksmund Grüner Star genannt. Eine heimtückische Augenerkrankung, die zu den häufigsten Ursachen von Erblindung zählt. Die Chance auf Früherkennung wird häufig viel zu spät genutzt. „Grüner Star“ klingt eher harmlos. Aber mit einem harmlosen Vogel hat das Glaukom gar nichts zu tun. Trotz wirksamer Behandlungsmethoden zählt es immer noch zu den häufigsten Ursachen für massive Sehverluste. Unbehandelt führt das Glaukom zur Erblindung. Jedes Jahr verlieren 2.000 Menschen in Deutschland dadurch ihr Augenlicht. Doch was passiert da im Auge? Häufig entsteht ein Glaukom durch zu viel Druck. Ein gewisser Druck im Auge ist wichtig, damit wir klare Bilder sehen. Reguliert wird dieser Druck durch das Kammerwasser. Ist dessen Abfluss gestört, kommt es zum Stau, das macht Druck. Im Glaskörper wirkt dieser erhöhte Druck auf die Gefäße und vor allen Dingen auf den Sehnerv. Auf die Dauer geht dieser davon kaputt. Die Blutgefäße, die ihn versorgen sollen, verändern sich. Schleichend verschlechtert sich das Sehvermögen. Am Anfang gibt es am Rand Felder, die das Auge nicht mehr wahrnimmt. Das kann das Gehirn eine ganze Zeit ausgleichen, aber dann kommt es richtig dicke. Man bekommt einen Tunnelblick. Grüner und Grauer Star – Wo ist der Unterschied? Der Begriff „Grüner Star“ führt immer wieder zu Missverständnissen. So wird das kranke Auge schlimmstenfalls blind und nicht grün. Mediziner sprechen daher in der Regel vom Glaukom, einem Überbegriff für verschiedene Arten des Grünen Stars. Häufig wird das Glaukom auch mit dem Grauen Star (Katarakt) verwechselt. Hier sind die häufigsten Unterschiede: 1 Seite 2 von 5 Grüner Star (Glaukom) Grauer Star (Katarakt) Betroffene tritt ab dem 40. Lebensjahr, unter tritt vor allem im höheren LebensalUmständen auch bei Kindern auf ter auf Symptome verläuft im Anfangsstadium vom Pati- subjektiv leicht zu bemerken durch enten unbemerkt zunehmenden Grauschleier im Blickfeld Ursache Untergang der Nervenzellen im Seh- Trübung der Linse nerv und in der Netzhaut Behandlung Die Erkrankung erfordert eine lebenslange Therapie. Das Augenlicht kann in seiner alten Stärke nicht wieder hergestellt werden. Ab 40 sollte jeder zum Sehnerv-Check Ein Glaukom schmerzt nicht und macht sich auch nicht durch verschwommenes Sehen bemerkbar. Im Anfangsstadium merken die Patienten: Nichts! Doch je eher ein Glaukom erkannt wird, desto besser kann man die Sehkraft erhalten. Augenärzte raten deshalb zum regelmäßigen Sehnerv-Check. Wer sollte gehen? Augenärzte raten allen über 40 Jahre zu einer Vorsorgeuntersuchung auf ein Glaukom. Insbesondere betrifft das Menschen mit familiärer Vorbelastung. Wenn also nahe Verwandte am Glaukom erkrankt sind, sollte man alle zwei Jahre zur Vorsorgeuntersuchung. Zudem sind Menschen mit Durchblutungsstörungen, Diabetes, Migräne und Schlafapnoe einem höheren Risiko ausgesetzt, ein Glaukom zu bekommen. Sie sollten sich ebenfalls regelmäßig untersuchen lassen. Was wird gemacht? Der Augenarzt misst den Augeninnendruck und schaut sich den Sehnerv an. Beides ist Die Erkrankung kann durch eine Operation behoben werden. Durch das Einsetzen einer Kunstlinse erlangt der Patient, insofern keine anderen Augenerkrankungen vorliegen, ein gutes Sehvermögen zurück. wichtig, denn ein Teil der Glaukom-Kranken hat einen völlig normalen Augeninnendruck und trotzdem Schäden am Sehnerv. Nur in Ausnahmefällen müssen dann noch weitere Untersuchungen mit einer sogenannten Okulären Cohärenz-Tomograpie gemacht werden. Tut das weh? Die Glaukom-Früherkennungsuntersuchung ist einfach und undramatisch. Damit der Arzt den Augeninnendruck messen und sich den Sehnerv anschauen kann, müssen die Augen vor der Untersuchung getropft werden. Die Untersuchung selbst ist schmerzfrei und schnell gemacht. Was kostet die Untersuchung? Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen diese Untersuchung nicht. Die Kosten für die Standarduntersuchung liegen bei rund 20 Euro. Wird ein Glaukom diagnostiziert, dann übernimmt die Krankenkasse ab diesem Zeitpunkt alle weiteren Standarduntersuchungen und Behandlungen. 2 Seite 3 von 5 Chip im Auge misst Druck Er ist so klein wie eine Erbse und soll neue Erkenntnisse bei der Behandlung des Glaukoms liefern: der Chip im Auge. Das Universitätsaugenklinikum Magdeburg ist leitendes Zentrum für eine bundesweite Studie, bei der Patienten mit Grünem Star einen Mikrosensor ins Auge implantiert bekommen. Dieser Sensor misst berührungsfrei den Augeninnendruck. „Wir erhoffen uns dadurch neue Erkenntnisse, wie stark der Augeninnendruck bei Patienten mit Grünem Star im Laufe eines Tages schwankt und wie Medikamente besser dosiert werden können“, erläutert Professor Hagen Thieme, Direktor der Augenklinik. Zu den ersten Patienten, die den Mikrosensor eingesetzt bekommen haben, gehört Isolde S. Die Patientin kommt mit dem Chip im Auge gut zurecht und ist auch mit der Optik zufrieden. „Der Professor hat mir versprochen, dass man nicht aussieht wie Dracula und das hat gestimmt", lacht Frau S. Die drei Säulen der Glaukom-Therapie Die moderne Glaukom-Therapie beruht auf drei Säulen: Medikamente, Chirurgie und Lasertherapie. Welche Therapie bei dem einzelnen Patienten zur Anwendung kommt, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Fakt ist aber: Je früher die Behandlung beginnt, desto mehr Augenlicht kann erhalten werden. Medikamente: Bei der medikamentösen Therapie muss der Patient in der Regel Augentropfen nehmen. Sie zielen darauf ab, den Augeninnendruck zu senken und damit die sensiblen Fasern der Netzhaut und den Sehnerv vor weiteren Schäden zu schützen. Da es sich bei einem Glaukom um eine chronische Erkrankung handelt, müssen die Patienten die Augentropfen ein Leben lang nehmen. Ähnlich wie ein Diabetiker seine Insulinspritzen oder ein Herzpatient seine Tabletten. Damit sich der Wirkstoff optimal im Auge verteilen kann, ist es wichtig, dass sich die Patienten zeigen lassen, wie die Tropfen im Auge verteilt werden müssen. Operation: Entgegen der weit verbreiteten Annahme, ein Glaukom könne man nicht operieren, besteht diese Option durchaus. Sie wird in Erwägung gezogen, wenn Patienten die Augenmedikamente nicht vertragen oder ein besonders schwerwiegender Befund vorliegt. Eine Operation zielt meist darauf ab, den Augendruck zu senken und eine weitere Schädigung des Sehnervs aufzuhalten. Eine Wiederherstellung des geschädigten Sehnervs ist dagegen nicht möglich. Laser: Die Lasertherapie ist ebenfalls darauf angelegt, den Augeninnendruck dauerhaft zu senken, um eine lebenslange Medikamenteneinnahme zu umgehen. Das gelingt oft, aber nicht immer. Bei der Lasertherapie kommt es nicht selten später wieder zu einem Druckanstieg, der eine erneute Therapie nötig macht. Das kann ich selbst tun: Es gilt es als sicher, dass die Behandlung von Risikofaktoren wie Schlafapnoe oder Diabetes ein Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt. Eine gesunde Ernährung und Lebensführung hilft zudem weitere Risikofaktoren zu minimieren. Der Fall: Glaukom – Keine reine Alterskrankheit Familie E. fiel früh auf, dass mit den Augen von Jeremias etwas nicht stimmt. „Von Geburt an war bei Jeremias ein Auge leicht größer als das andere und es hat oft getränt“, erzählt die Mutter. Die Diagnose „Bindehautentzündung“ zweifeln die Eltern mit der Zeit an, weil das Auge nicht besser wird. Als Jeremias ein halbes Jahr alt ist, stellt ein zweiter Arzt dann die Diagnose „Glaukom“. Danach geht alles sehr schnell. Der Junge kommt in die Augenklinik des Uniklinikums Dresden und wird umgehend operiert. „Je eher operiert wird, desto besser. Je länger der Augeninnendruck zu hoch ist, desto mehr wird der Sehnerv geschädigt“, erklärt seine behandelnde Ärztin Dr. Anna Leszczynska. Solche Operationen werden nur in speziellen Kinder-GlaukomZentren durchgeführt. In Mitteldeutschland gibt es solche Zentren an den Unikliniken in Magdeburg und Dresden. 3 Seite 4 von 5 Ein Glaukom ist bei Kindern wie Jeremias meist angeboren. „Etwa eins von 10.000 Neugeborenen ist davon betroffen“, sagt Dr. Lesczynska. Typische Symptome sind überdurchschnittlich große Augen. Häufig sind die Kinder lichtscheu und haben einen vermehrten Tränenfluss. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Bei Jeremias ist die OP gut verlaufen. Der heute Vierjährige muss zwar ein Leben lang in Behandlung bleiben und Augentropfen nehmen, seine Sehkraft ist aber so gut, dass er ganz normal lesen und schreiben lernen wird. Mit Strom gegen das Glaukom Ist ein geschädigter Sehnerv alleinige Ursache, dass Glaukom-Patienten schlechter sehen? Dieser Frage ist ein Team aus Wissenschaftlern der Uni Magdeburg nachgegangen. Nein, lautet die Antwort. Das Forscherteam um Professor Bernhard Sabel fand heraus: Bei Glaukom-Patienten ist nicht nur der Sehnerv geschädigt. Auch im Gehirn finden sich Veränderungen. Das zeigt sich, wenn man die Hirnströme der Patienten misst. Das Sehzentrum verarbeitet Informationen schlechter. Und genau da setzt ein neues Verfahren an, das die Magdeburger in einer Studie untersucht haben. Wechsel- strom soll helfen, vorhandene Restsehfähigkeiten im Gehirn zu stimulieren. Dafür werden Elektroden rund ums Auge geklebt. Diese senden schwache elektrische Impulse über den Sehnerv ins Gehirn. Dadurch sollen noch vorhandene Zellen angeregt werden, sich neu zu vernetzen. Damit die Sehreize, die noch ankommen, wieder besser verarbeitet werden. Wenn das funktioniert, nehmen die Patienten die Stromimpulse als Lichteffekte war. „Es ist, als ob Wellen vor den geschlossenen Augen flackern“, erklärt Sabine E., die an der Studie teilgenommen hat. Die Sitzungen dauern jeweils eine halbe Stunde und gehen über zehn Tage. Sabine E. hat offenbar davon profitiert. Das zeigt das Ergebnis der abschließenden Gesichtsfeldmessung. Sie selbst sagt: „Ich bin sicherer geworden im Alltag.“ Doch nicht alle Patienten sprechen auf das neue Verfahren an: „Bisher konnten wir bei etwa zwei Drittel der Patienten eine Verbesserung der Sehleistung erzielen, die auch wissenschaftlich messbar ist.“ Bis das neue Verfahren jedoch im klinischen Alltag angekommen ist und dann auch von den Krankenkassen gezahlt wird, sind allerdings noch weitere Forschungen nötig. Internetlinks www.glaukom.de Website des Initiativkreises zur Glaukom-Früherkennung e.V.. Hier finden Sie weitere Informationen über die Gefahren, Diagnosemöglichkeiten und Therapiechancen des Glaukoms. www.glaukom-kinder.de/ Website, die über das Glaukom bei Kindern informiert und auf der man sich in einem Forum austauschen kann. www.das-auge-entdecken.de Interaktive Website, auf der man die Anatomie und Funktion des Auges erforschen kann. Mit einem Puzzle kann man spielerisch die einzelnen Bestandteile des Auges zusammensetzen. Kostenfreie Beratungshotline Glaukom Hotline des Initiativkreises zur Glaukom-Früherkennung: 0800-800 88 80 (montags 16:00 – 18:00 Uhr) 4 Seite 5 von 5 Gäste im Studio Prof. Dr. Hagen Thieme, Universitätsaugenklinik Magdeburg Prof. Dr. med. Lutz E. Pillunat, Universitäts-Augenklinik Dresden, Klinikdirektor, Initiativkreis zur Früherkennung von Glaukom Christiane Kreklau, Probandin Buchtipps Wertvolle Tipps, wie Sie dank einfacher Hausmittel Ihre Selbstheilungskräfte aktivieren und Ihren Körper wieder ins Gleichgewicht bringen können, finden Sie auch im neuen Hauptsache Gesund-Buch „Meine besten Hausmittel“. ISBN: 978-3-89883-272-4; 19,95 Euro Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop. Anschrift/ Thema der nächsten Sendung MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“ Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund; E-Mail: [email protected] Thema der Sendung vom 05.02.2014: “ Dauernd schwindlig – Was tun?“ 5