BERÜHMTE POSAUNEN

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Rolf Handrow
BERÜHMTE POSAUNENVIRTUOSEN
Friedrich August Belcke
Carl Traugott Queisser
Albert Robert Müller
Joseph Serafin Alschausky
&
Posaunisten des Gewandhausorchesters Leipzig
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Über den Autor
Rolf Handrow, geboren 1950 in Wintersdorf, Thüringen.
Erster privater Klavier- und Geigenunterricht mit fünf Jahren sowie autodidaktische Beschäftigung mit
Tenorhorn, Baryton und Ventilposaune. 1960 bis 1965 Mitglied eines Jugendblasorchesters. 1965 bis
1966 Spezialschule für Musik in Halle (Saale), erster Posaunenunterricht. Anschließend vierjähriges
Studium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig bei Georg
Fleischer, Solo-Posaunist des Gewandhausorchesters Leipzig.
Erstes Engagement von 1970 bis 1973 als Soloposaunist am Sinfonieorchester Greiz. Von 1973 bis 1978
1./2. Posaunist von am Landestheater Dessau. Solistische Auftritte in Anrechts- und Schülerkonzerten,
Funkproduktionen am Sender Dresden, rege Kammermusiktätigkeit. Seit 1978 als 2./3. Posaunist am
Gewandhausorchester Leipzig, ab 1985 als Solo-Bassposaunist. Lehrtätigkeit an Musikschulen. Seit
1982 Herausgeber von Studienliteratur. Abendstudium in Komposition bei Friedrich Schenker in
Leipzig. 1987 Ernennung zum Kammermusiker und Lehrauftrag an der Leipziger Hochschule für Musik
„Felix Mendelssohn Bartholdy“. 1989 UA Miniaturen für 4 Bassposaunen und Schlagwerk (Auftragswerk
des Gewandhauses). Entdeckt das seit 1850 verschollene Concertino für Posaune von Carl Heinrich
Meyer wieder.
Zwischen 1988 und 1995 ständiger Gastdozent am Internationalen Suhler Blech-Bläser Seminar. Es
folgen Einladungen als Gastdozent an die Bundesakademie Trossingen und die Hochschule der Künste
Berlin sowie als Jurymitglied zum 1. Bassposaunen-Wettbewerb in Detmold. 1995 Organisator des 2.
Bassposaunen-Wettbewerbs der IPV in Leipzig. 1997 Ernennung zum Honorar-Professor. 2003 Gründungsmitglied der German Philharmonic Big Band. Organisiert im Heimatmuseum Lucka, dem Geburtsort von Friedrich August Belcke, eine Sonderausstellung, sowie die Errichtung eines Denkmales
zu Ehren des Musikers.
2004 Ende der Hochschultätigkeit.
2007 erstmalige Veröffentlichung der Quartettsammlung von Alschausky.
2010 Mitorganisator der Sonderausstellung „Die Deutsche Posaune – ein Leipziger Welterfolg“ im
Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig.
Impressum
crescendo-brass GbR
www.crescendo-brass.de
© 2014
Alle Rechte vorbehalten
Fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlags
Printed in Germany
Umschlag: Jochen Reichel, Kirchheim bei Würzburg
Lektorat, Satz & Layout: Thomas Remmert, Halle (S.)
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-00-045290-1
Abb. S. 1: Neues Gewandhaus zu Leipzig, in: Zeitschrift für Bauwesen, 1886, Stadtarchiv Leipzig
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Inhalt
Vorwort
Friedrich August Belcke
Carl Traugott Queisser
Albert Robert Müller
Joseph Serafin Alschausky
Anhang
Posaunisten des Gewandhausorchesters Leipzig
Posaunenklassen der Leipziger Musikhochschule
Bachkantaten mit Posaunenbeteiligung
Posaunenliteratur aus Leipziger Verlagen
Kammermusik (mit Posaune) in Leipzig
Literaturverzeichnis
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Danksagung
Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle meinem Gewandhauskollegen HansReiner Jung, Iris Türke vom Archiv des Gewandhausorchesters Leipzig, den Mitarbeitern im Stadtarchiv Leipzig und im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig, dem
Archiv der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig
und Prof. Carl Lenthe, Bloomington (USA). Sie haben mir während der jahrelangen
Recherche des hier versammelten Materials freundschaftlich und kompetent mit Rat
und Tat zur Seite gestanden. Dass daraus nun dieses Buch werden konnte, ging letztlich auf die Initiative des Verlags crescendo-brass zurück. Sigrid Daum sei hier für die
freundliche Zusammenarbeit von der Idee bis zur Drucklegung herzlich gedankt.
Zudem bin ich meinem Lektor und Layouter Thomas Remmert für die enge, produktive Kooperation zu außerordentlichem Dank verpflichtet. Erst seine ergänzenden
Recherchen, seine wachsame Unnachgiebigkeit bei der Zusammenstellung und Gegenprüfung aller Fakten und Quellen und schließlich seine gestalterischen Geschicke
haben dem Buch die jetzige Form gegeben.
Vor allem aber danke ich meiner Frau Eva für ihre unendliche Geduld!
Dieses Buch widme ich meinem Lehrer Georg Fleischer.
Rolf Handrow
Leipzig, im Frühjahr 2014
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Vorwort
Anfang des 19. Jahrhunderts war Leipzig eines der bedeutendsten Musikzentren
Europas. Hier hatte sich eine bürgerliche Konzertkultur entwickelt, die wegweisend
war. Den Mittelpunkt bildeten zweifellos das Gewandhaus und sein Orchester; als
führende Institution waren sie ein erstrebenswertes Podium für die berühmten Virtuosen dieser Zeit.
Auch auf Komponisten wirkte die traditionsreiche Musikstadt anziehend – viele ihrer
Werke fanden hier ihre Uraufführung. Die erstklassigen Musikverlage vor Ort boten
die Möglichkeit zum Druck dieser Kompositionen und damit ihrer schnellen Verbreitung – allen voran die Verlage Breitkopf & Härtel, C. F. Peters und Friedrich
Hofmeister (sie alle waren im damaligen „Grafischen Viertel“ Leipzigs angesiedelt;
Großteile dieses Viertels wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört). Und nicht zuletzt
sorgten die neu gegründeten Musikzeitschriften für eine überregionale Ausstrahlung
des Leipziger Musiklebens. Zu den wichtigsten gehörten die von Robert Schumann
gemeinsam mit seinem späteren Schwiegervater Friedrich Wieck sowie den Pianisten
Julius Knorr und Ludwig Schunke 1834 gegründete Neue Zeitschrift für Musik und die
schon 1798 von Friedrich Rochlitz und Gottfried Christoph Härtel etablierte Allgemeine musikalische Zeitung, die bei Breitkopf & Härtel verlegt wurde. Hier
debattierte man über das Musikleben und -schaffen, annoncierte Erstaufführungen
und Neuerscheinungen, hier erschienen die einflussreichsten Konzertrezensionen.
Insgesamt also bot sich in Leipzig eine Fülle an praktischen und informativen Möglichkeiten wie an kaum einem anderen Musikzentrum der damaligen Welt.
Gerade in dieser Zeit erfuhr die Posaune als Soloinstrument in Leipzig einen enormen
Aufschwung und besondere Wertschätzung. Allein zwischen 1815 und 1876 sind weit
über dreißig Konzerte von Posaunensolisten belegt – sowohl in den Anrechtskonzerten des Gewandhausorchesters als auch in den verschiedenen Extrakonzerten.
Aber auch im Orchester des Euterpe-Musikvereins (1824–1886) fanden die Posaunisten Gelegenheit zu künstlerischer Entfaltung und solistischer Aktivität. Es begann
die Ära der Posaunenvirtuosen.
Allen voran ist hier Carl Traugott Queisser zu nennen. Er war zwar als 1. Viola-Spieler am Gewandhausorchester engagiert, doch in erster Linie galt er als Repräsentant
dieser neuen Posaunen-Epoche. Sein Können auf dem Instrument setzte Maßstäbe,
damit errang er unsterblichen Ruhm als Solist. Gleichberechtigt neben den bekanntesten Klavier- und Geigenvirtuosen jener Zeit stand er auf den Konzertankündigungen. Er war es auch, der unter Mendelssohns Leitung am 14. Dezember 1837 im
Gewandhaus das Concertino Es-Dur op. 4 von Ferdinand David (1810–1873) uraufführte – jenes Konzert, welches bis heute zu den wichtigsten Konzerten der Posaunenliteratur gehört, im deutschsprachigem Raum sogar zu den festgelegten Probespielkonzerten der Kulturorchester.
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Die Posaune zog endlich gleichberechtigt neben Gesang, Klavier und den Orchesterinstrumenten Flöte, Violine, Cello, Trompete und Horn als Soloinstrument in die
Konzertsäle ein.
Den Grundstein zu dieser „Posaunenepoche“ legte allerdings schon Anfang des 19.
Jahrhunderts Friedrich August Belcke, ebenfalls Mitglied des Gewandhausorchesters.
Er gilt eigentlich als der erste deutsche Posaunenvirtuose. Er war auch der Erste, der
als Solist reiste – ein Novum für einen Posaunisten. Ausgedehnte Konzertreisen führten ihn durch Deutschland und Europa; seine eigenen Werke ließ er in Leipziger
Verlagen drucken.
Nach diesen beiden Künstlern bereicherte Albert Robert Müller die Posaunenszene
auf völlig neue Art. Auch er war als Solist in den Gewandhauskonzerten zu erleben.
Mehr aber als seiner Virtuosenlaufbahn widmete sich Robert Müller der pädagogischen Tätigkeit und gründete die erste deutsche Posaunenklasse an einer Musikhochschule – am Königlichen Konservatorium der Musik zu Leipzig (1843 von Mendelssohn als Conservatorium der Musik gegründet; heute als Hochschule für Musik und
Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig die älteste deutsche Musikhochschule).
Damit legte Müller den Grundstein für nachfolgende Generationen von auszubildenden Posaunisten.
Am Ende und gleichzeitigen Höhepunkt dieser Epoche der deutschen Posaunenvirtuosen stand ein Künstler, der wie kaum ein anderer in der Zeit mit diesem Instrument
verbunden war: Joseph Serafin Alschausky. Er verkörperte den idealen Virtuosen.
Sein Spiel begeisterte, ganz gleich, wo er zu hören war. Er verstand es, für seine Konzerte zu werben, spielte bei allen nur denkbaren Gelegenheiten bei gleich bleibend
hoher Qualität, komponierte und beschäftigte sich darüber hinaus mit Veränderungen im Instrumentenbau. Er war Herausgeber eigener Werke für Posaune und
reiste als Solist durch viele europäische Länder, bevor er letztlich sein Glück in den
USA versuchte.
Belcke, Queisser, Müller und Alschausky – diese vier Gewandhausposaunisten haben
Musikgeschichte geschrieben.
Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich dem interessierten Leser das Lebenswerk
dieser verdienstvollen Musiker und Künstler – auch anhand zum Teil bislang unbekannter Quellen – zugänglich machen und gleichzeitig an die damalige glanzvolle
Zeit der Leipziger Posaunenvirtuosen erinnern.
Prof. Rolf Handrow
Solo-Bassposaunist, Gewandhausorchester Leipzig.
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Friedrich August Belcke, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
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Friedrich August Belcke
geb. 27. Mai 1795 in Lucka/Thüringen
gest. 10. Dezember 1874 in Lucka/Thüringen
Mitglied des Gewandhausorchesters Leipzig von 1815 bis 1816
unter Gewandhauskapellmeister
Johann Philipp Christian Schulz (1810–1827)
und Thomaskantor
Johann Gottfried Schicht (1810–1823)
Als Sohn einer Musikerdynastie erhielt Friedrich August Belcke seine musikalische
Ausbildung zunächst auf dem Waldhorn, doch auf Wunsch seines Vaters Christian
Gottlieb Belcke wechselte er im Alter von zwölf Jahren zur Posaune, um im Luckaer
Stadtmusikcorps die vakante Posaunenstimme zu übernehmen. Es fehlte aber an
geeignetem Schul- und Studienmaterial, so dass er sich die elementaren Kenntnisse
auf der Posaune mit Hilfe der Fagottnoten seines Vaters aneignen musste. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten machte Belcke schnell Fortschritte und begann bald
eigene Kompositionsstudien. 1811 ging er zum Stadtmusikus Sachse in Altenburg/
Thüringen in die Lehre. Auch hier wurde seine musikalische Begabung erkannt und
gefördert; und als Sachse zum Militär eingezogen wurde, war der junge Belcke bereits
in der Lage, dessen Stelle zu übernehmen.
Doch er war ehrgeizig genug, sein außerordentliches Talent weiter zu nutzen und
seine Fähigkeiten auszubauen. So trat er bereits mit neunzehn Jahren, am 6. April
1815, mit dem Potpourri für die Bassposaune von Carl Heinrich Meyer1 erstmals als
Solist mit dem Gewandhausorchester in Leipzig auf.
Belckes Erfolg war groß, und Gottfried Wilhelm Fink schrieb in der Allgemeinen musikalischen Zeitung:
„Herr Belcke endlich, ein junger Mann von Talent und viel Geschicklichkeit, überraschte
uns mit einem Potpourri für die Bassposaune, mit Begleitung des Orchesters, auf eine
ganz neue Weise. [...] Der Konzertist führte das Mundstück, seiner großen Schwierigkeiten
ungeachtet, mit einer Präzision, Reinheit und Nettigkeit, ja sogar mit einer guten Kantilene aus, wie wir dies von Posaunisten noch nie gehört haben. Es fand allgemein Beifall.“2
Das Meyer-Potpourri wurde zwischen den Jahren 1821 und 1833 mehrfach im Gewandhaus aufgeführt, was auch für die Wertschätzung dieser Komposition spricht.
1831 erschien ein Stimmensatz des Werks als Concertino pour le Trombone de Basse
avec Orchestre beim Bureau de Musique de C. F. Peters zu Leipzig. Bis 1854 wurde es
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Carl Heinrich Meyer (1784–1837), 1. Bratscher im Gewandhausorchester und Mitglied des
Gewandhausquartetts.
Allgemeine musikalische Zeitung (AmZ), Nr.19/1815.
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