Nuklearmedizin Einführung in das Fachgebiet Bildgebende Diagnostik • Sonographie • Röntgendiagnostik – konventionell, Computertomographie • Kernspintomographie (MRT) • nuklearmedizinische Verfahren – konventionell, SPECT, PET 1 Nuklearmedizin Gegenstand: Diagnostik und Therapie durch Anwendung offener radioaktiver Substanzen 2 Nuklearmedizin Geschichte • 11/1895 Entdeckung der X-Strahlen durch W.C.Röntgen • 2.3.1896 Entdeckung der Radioaktivität durch Marie Curie und Henri Becquerel – Entdeckung, dass im Dunkeln gelagerte Fotoplatten durch Uransalz geschwärzt worden sind = Prinzip der Filmdosimetrie • 1923 - Entwicklung der Indikatortechnik (Tracerprinzip) durch Georg von Hevesy 3 Nuklearmedizin - Tracerprinzip • Lebende Organismen können nicht zwischen den verschiedenen Isotopen eines Elementes unterscheiden. • Ein radioaktives Isotop nimmt in gleicher Weise wie ein inaktives an Transport-, Stoffwechselund Ausscheidungsvorgängen teil. • Das radioaktive Isotop kann über seine emittierte Strahlung von außen gemessen werden - es dient als Indikator oder Tracer Beispiel: 127I - inaktiv , 123I / 131I - aktiv * alle Jodisotope werden gleichermaßen von der SD aufgenommen Nuklearmedizin - Geschichte • 1926 erste Studien des Blutflusses durch Blumgart • 1934 Entdeckung der künstlichen Radioaktivität durch Irene Joliot-Curie und Frederic Joliot • 1938 erste Schilddrüsendiagnostik mit Jod-131 • 1942 erster Kernreaktor • 1942 1.Therapie einer SD-Überfunktion mit Jod • 1958 Entwicklung der Gammakamera durch Anger • 1962 Einführung von 99mTc in die nukl. Diagnostik • 1963 Einführung der SPECT • 1975 Einführung der PET 4 Grundlagen der Nuklearmedizin • Strahlenphysik – • Strahlenbiologie – • Messung der Strahlung Wechselwirkungen zwischen Strahlung und Materie Radiochemie – Markierung von radioaktiven Substanzen Radiochemie - Grundbegriffe • Radionuklid = radioaktives Isotop – z.B. 99mTc oder Tc-99m • Radiopharmakon = radioaktives Isotop gekoppelt an eine chemische Substanz, die die Anreicherung im biologischen System vorgibt – z.B. 99mTc-HDP oder 123I-Hippuran 5 Radionuklidproduktion • Reaktornuklide • 131Iod, 99Molybdän • Zyklotronprodukte • 201Thallium, PET-Radionuklide • Generatorprodukte • 99mTechnetium Zyklotron 6 Auswahlkriterien für Radiopharmaka 1. Pharmakokinetik - Rückschlüsse auf die Organfunktion durch kinetisches Verhalten des Radiopharmakons 2. Affinität - selektive Anreicherung in einem Organ 3. Halbwertzeit - kurze physikalische und biologische HWZ 4. Stabilität in vivo - keine chemischen Veränderungen 5. Radiotoxizität - nur niedrige Toxizität zur Diagnostik 6. Strahlenart - reine Gammastrahler zur Diagnostik 7. Strahlungsenergie - günstiger Bereich 100 - 300 keV Radionuklide zur Diagnostik Radionuklid Strahlenart Physik. HWZ Energie 99m Tc γ 6h 140 keV 123 Iod γ 13 h 159 keV 111 In γ 2,6 d 170 keV 240 keV 201 Tl γ 3,1 d 80 keV Cr γ 28 d 320 keV γ 5,3 d 80 keV 51 133 Xe 7 Stellenwert von 99mTc in der nuklearmedizinischen Diagnostik • • • • Kurze physikalische Halbwertzeit (6 Std.) reiner Gammastrahler günstige Gammaenergie (140 keV) als Generatorprodukt ständig verfügbar und daher ständig einsetzbar • guter Komplexbildner • kostengünstig Radionuklide zur Therapie Radionuklid Strahlenart Physik. HWZ Gammaenergie 131 β,γ 8d 364 keV 90 β 64 h 153 β,γ 46 h 32 β 14 d 186 β,γ 90 h 89 β 50 d I Y Sm P Re Sr 103 keV 137 keV 8 Einführung in die klinische Nuklearmedizin • Nuklearmedizinische Diagnostik – Funktions- und Stoffwechseldiagnostik verschiedener Organe bzw. Organsysteme • Nuklearmedizinische Strahlentherapie – Durchführung von Behandlungsverfahren mit offenen radioaktiven Isotopen 9 Nuklearmedizinische Diagnostik • Szintigraphie = bildliche Darstellung einer Radioaktivitätsverteilung im Körper durch Messung von außen – Statische Szintigraphie – stationäre Verteilung – Dynamische Szintigraphie – Darstellung von Funktionsabläufen – Schichtverfahren = Emissionstomographie • SPECT und PET Statische Szintigraphie Beispiele -Schilddrüsenszintigraphie -Skelettszintigraphie (Ganzkörperszintigraphie) 10 Schilddrüsenszintigraphie • Radiopharmaka: • 123I-Iodid, 131I-Iodid, 99mTc-Pertechnetat • Prinzip: • Radioaktives Jod wird wie nicht aktives Jod in die Schilddrüse aufgenommen und in die Hormone eingebaut • Aufnahme von Tc-Pertechnetat über gleichen Mechanismus, aber kein Einbau in Hormone 11 Schilddrüsenszintigraphie Indikationen • Abklärung des Funktionszustandes von Schilddrüsenknoten - Differenzierung in „kalte“ und „heiße“ Knoten • Abklärung der Ursache einer Hyperthyreose – funktionelle Autonomie, Morbus Basedow • Therapiekontrolle nach Operation oder Radiojodtherapie 12 13 14 Bildgebende Diagnostik des Skelettsystems Röntgenuntersuchung des Knochens Skelettszintigraphie Abbild des Knochens in Abhängigkeit vom Mineralsalzgehalt Abbild des Knochenstoffwechsels Skelettszintigraphie Grundlagen • radioaktiv markierte Phosponate lagern sich an der Knochenoberfläche in Abhängigkeit von Durchblutung und Stoffwechsel an 15 Skelettszintigraphie Indikationen • Onkologie – ossäre Metastasierung, primäre Knochentumoren • Traumatologie – Nachweis einer Fraktur bei fraglichem Röntgenbefund • Rheumatologie – entzündliche Skelett- und Gelenkerkrankungen • Orthopädie – Lokale entzündliche Knochenerkrankungen – Lockerung einer Totalendoprothese 16 Erwachsener Kind 17 Dynamische Szintigraphie Beispiel Nierenfunktionsszintigraphie 18 Nierenfunktionsszintigraphie • Beurteilung der tubulären Funktion – mit 99mTc-MAG3 bzw. 123I-Hippuran • Beurteilung der glomerulären Filtration – mit 99mTc-DTPA Nierenfunktionsszintigraphie • Prinzip: – Radioaktiv markierte nierengängige Substanz wird intravenös injiziert und die Ausscheidung durch die Nieren aufgezeichnet • Indikationen: – Funktionsbeurteilung der Nieren bei Chemooder Strahlentherapie – Funktionelle Relevanz von Harnabflussstörungen 19 20 Emissionstomographie 1. SPECT = single photon emission computer tomography • Myokardszintigraphie 2. PET = Positronenemissionstomographie • Einsatz von 18F-FDG in der Tumordiagnostik Myokardszintigraphie Durchführung • Radiopharmaka - 99mTc-MIBI (Cardiolite), 201Thallium • Vorbereitung des Patienten – herzwirksame Radiopharmaka, insbes. Nitrate beachten • Belastungsuntersuchung – Ergometrie: Belastung auf Fahrrad oder Laufband, – medikamentöse Belastung: Infusion von Adenosin 21 22 Normale Myokardperfusion in Ruhe und Belastung Belastungsischämie im Myokardszintigramm Belastung Ruhe Belastung Ruhe Belastung Ruhe 23 Ausgedehnte Myokardnarbe ausgehend von der Herzspitze Myokardszintigraphie Indikationen • Verdacht auf koronare Herzkrankheit – meist bei Diskrepanz von Klinik und Belastungs-EKG – vor der invasiven Diagnostik (Koronarographie) • Ausmaß der Myokardschädigung nach Infarkt – Indikationsstellung zur Therapie: PTCA, Bypass-Op. – nach der invasiven Diagnostik (Koronarographie) • Verlaufskontrolle nach PTCA oder Bypass-Op. 24 Positronenemissionstomographie • Prinzip: – Messung der sekundären Vernichtungsstrahlung, die beim Zusammentreffen von Elektron und Positron entsteht (2 Gammaquanten mit entgegengesetzter Richtung) – Gammaquanten müssen von gegenüberliegenden Detektoren gleichzeitig gemessen werden • Geräte: – PET-Scanner, Doppelkopfkamera 25 26 Nuklearmedizinische Therapie Beispiel: Radiojodtherapie von gutartigen bzw. bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse Radiojodtherapie - Grundlagen • Selektive Anreicherung von Jod in der Schilddrüse • Aufnahme von 30-70% entspr. der Jodversorgung • mittlere Reichweite der β-Strahlung 0,44 mm • maximale Reichweite 2,2 mm • steiler Dosisabfall zu den Organen der Umgebung Therapie aus Strahlenschutzgründen unter stationären Bedingungen! 27 Radiojodtherapie - Indikationen • Gutartige Erkrankungen der Schilddrüse – Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse) durch funktionelle Autonomie oder M. Basedow – Volumenverkleinerung bei Kontraindikationen zur Schilddrüsen – Operation • Schilddrüsenkarzinome – Nachbestrahlung 4 Wochen nach Operation – Behandlung jodspeichernder Metastasen Radiojodtherapie - Kontraindikationen • Schwangerschaft, Stillperiode • Verminderte Jodaufnahme durch Blockade • Strahlenhygienische Ursachen wie Inkontinenz und Pflegebedürftigkeit 28 Besonderheiten der Radiojodtherapiestation: - Patienten müssen im Zimmer bleiben - keine Besuche während des Aufenthaltes - wenig Kontakt zum Personal der Station - „pure Langeweile“ Abwasserschutzanlage = Abklinganlage 29 Beseitigung der Überfunktion: - bei einer Autonomie in 80 - 90 % - bei Morbus Basedow in über 90% voller Wirkungseintritt nach 2-3 Monaten Verkleinerung der Schilddrüse: - bei Struma bis auf 50%, - bei Morbus Basedow auf 20-30%, - bei umschriebener Autonomie auf 20-25% Autonomes Adenom rechter SD-Lappen vor Radiojodtherapie Zustand nach Radiojodtherapie (6 Monate später) 30 Lungenmetastasen vor Therapie 3 Monate nach Radiojodtherapie Strahlenschutz - Gesetze • Euratom - Richtlinie • Atomgesetz • Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) – gültig seit 07/2001 • Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin – gültig seit 08/2002 31 Strahlenschutz des Patienten • Exakte Indikationsstellung - Abwägen von Nutzen und Risiko – zuerst Verfahren ohne Strahlenbelastung ? Rechtfertigende Indikation (§80 StrSchV) • Medizinische Konsequenz des Ergebnisses • Untersuchung bei Schwangeren nur im Notfall • Durchführung der Untersuchung nach dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik >> Leitlinien ! • Erhöhung der Trinkmenge >> schnelle Ausscheidung 32 Strahlenexposition des Personals • Dosisgrenzwerte nach StrlSchV – zulässige effektive Dosis für Personen der Allgemeinbevölkerung = 1 mSv/a – zulässige effektive Dosis für beruflich strahlenexponierte Personen Kategorie B = 6 mSv/a – zulässige effektive Dosis für beruflich strahlenexponierte Personen Kategorie A = 20 mSv/a – Berufslebensdosis = 400 mSv Grundregeln für das Arbeiten mit offenen radioaktiven Stoffen • Gute Arbeitsvorbereitung • Arbeiten hinter Abschirmungen, zügiges Arbeiten • Tragen von Schutzkleidung, keine Bleischürzen !! • Arbeiten unter Abzug, v.a. beim Öffnen geschlossener Ampullen oder bei Herstellung von Radiopharmaka • Verbot von Essen, Trinken, Rauchen u.ä. in Räumen, wo mit Aktivität umgegangen wird • Abstand vom Patienten während der Untersuchung - Abstandsquadratgesetz ! 33