Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 1 — le-tex 22 Gynäkologika 22.1 Uterusmittel 3 22.2 Prolactinhemmer 11 22.1.1 Blutungsstillende Mittel 3 Mutterkornalkaloide 3 Methylergometrin 3 22.3 Vaginaltherapeutika 14 22.3.1 Arzneimittel zur unspezifischen Behandlung 14 22.3.2 Hormonpräparate 14 22.3.3 Antiinfektiva 15 22.4 Kontrazeptiva zur lokalen Anwendung 15 Nonoxinol 9 15 Intrauterinpessare 16 22.5 Antidysmenorrhoika 17 22.1.2 22.1.3 Wehenfördernde Mittel 5 Oxytocin 5 Prostaglandine und Derivate 5 Dinoproston 5 Gemeprost 6 Sulproston 7 Wehenhemmende Mittel 8 Atosiban 8 Fenoterol 10 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Helwig/Otto: Arzneimittel Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 2 — le-tex Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 3 — le-tex 22–3 22 Gynäkologika Die Mehrzahl gynäkologischer und geburtshilflicher Erkrankungen und Funktionsstörungen erfordert eine hormonelle Behandlung, die mit Hormonpräparaten (Kap. 24) durchgeführt wird. Arzneimittel für Erkrankungen, die chemotherapeutische und zytostatische Behandlung erfordern, finden sich in den entsprechenden Kapiteln, desgleichen Spasmolytika und Analgetika für die Geburtshilfe und Gynäkologie. Sofern spezielle Applikationsformen für die gynäkologische Anwendung im Handel sind, werden 22.1 22.1 Uterusmittel 22.2 Prolactinhemmer 22.3 Vaginaltherapeutika 22.4 Kontrazeptiva zur lokalen Anwendung 22.5 Antidysmenorrhoika. Uterusmittel In diesem Kapitel sind Arzneimittel zusammengefasst, die den Muskeltonus der Gebärmutter beeinflussen und dadurch wehenfördernd oder wehenhemmend wirken. Außerdem sind blutungsstillende Mittel aufgeführt. 22.1.1 Blutungsstillende Mittel 22.1.2 Wehenfördernde Mittel 22.1.3 Wehenhemmende Mittel 22.1.1 diese hier aufgeführt. Ansonsten werden in diesem Kapitel nur Arzneimittel besprochen, die keiner der vorgenannten Gruppen zuzuordnen sind. Das Kapitel beinhaltet: Blutungsstillende Mittel Mutterkornalkaloide Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe des Mutterkorns, Secale cornutum, sowie der Alkaloidgehalt unterliegen mehr oder weniger großen Schwankungen. Neben den Alkaloiden finden sich Farbstoffe vom Xanthon- und Anthrachinontyp, Aminosäuren und biogene Amine wie Histamin, Tryptamin und Tyramin sowie Öle (ca. 30–35 %) und verschiedene Sterine. Außerdem hat man Diastase, Lipase und ein emulsinartiges Enzym gefunden, Stoffe, die man besonders für die allmähliche Zersetzung des Mutterkorns verantwortlich macht. 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Die Mutterkornalkaloide (Ergotalkaloide) sind Tripeptide der Lysergsäure (9,10-Didehydro-6-methyl8“-ergolincarbonsäure), in denen Prolin mit ’-Hydroxyvalin (Ergotoxingruppe) oder ’-Hydroxyalanin (Ergotamingruppe) und anderen Aminosäuren verknüpft ist. Die isomeren Alkaloide (Endung -inin), abgeleitet von der Isolysergsäure (8’-Konfiguration), sind therapeutisch wertlos. Die Alkaloide der Ergotoxin- und Ergotamingruppe sind wasserunlöslich. Sie werden ergänzt durch das wasserlösliche Ergometrin. Ergometrin kann als Ergometrinmaleat Ph.Eur. sowohl peroral als auch parenteral eingesetzt werden. In Deutschland ist es nicht im Handel, hier wird Methylergometrin verwendet. Methylergometrin Methylergometrin, N-(1-Hydroxy-2-butyl)-6-methyl9,10-didehydroergolin-8“-carboxamid, eine kristalline Substanz, Schmp. 172 ℃, und einem pKa von 6,7 bei 24 ℃ ist in Wasser wenig, besser in Ethanol löslich. Es wird als Hydrogenmaleat, Methylergometrinmaleat Ph.Eur., Methylergonovine maleate USP, peroral oder parenteral eingesetzt. Helwig/Otto: Arzneimittel Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 4 — le-tex 22–4 22.1 Uterusmittel O H N CH3 CH2OH N H CH3 Schmerzen im Unterleib, und Blutdrucksteigerung bei Patientinnen, die schon in der Schwangerschaft einen erhöhten Blutdruck aufwiesen. Gelegentlich können Übelkeit und Erbrechen, Schweißausbruch, Schwindel, Tachykardie, Krampfanfälle, Blutdruckabfall, Schmerzen in der Brust, Taubheitsgefühl in Fingern und Zehen sowie Kältegefühl in Händen und Füßen auftreten. Methylergometrin geht in die Muttermilch über. HN Methylergometrin Wirkungen Das partialsynthetische Methylergometrin wirkt als ein hochaktives und spezifisches Uterotonikum über Serotonin-Rezeptoren vom Subtyp 5-HT2A auf die glatte Muskulatur der Gebärmutter. Es erzeugt rhythmische, wehenartige Kontraktionen der glatten Muskulatur des Uterus, die mehrere Stunden anhalten können. Die Gefahr des Tetanus uteri ist gering, und es besteht keine Gangrängefahr im Bereich der peripheren Gefäße. Eine vorsichtige Anwendung während der Geburt, z. B. bei primärer und sekundärer Wehendschwäche in der Austreibungsperiode, ist daher möglich. Pharmakokinetik Nach peroraler Gabe erfolgt ausreichende Resorption. Die Bioverfügbarkeit beträgt 60 %. Nach peroraler Gabe werden maximale Plasmakonzentrationen innerhalb von 3 h erreicht, bei i. m.-Applikation nach 30 min und bei i. v.-Injektion nach 1–3 min. Die Wirkung tritt nach peroraler Gabe nach 3–5 min ein, bei i. m.-Applikation nach 2–10 min und bei i. v.-Injektion nach 30–60 s. Methylergometrin wird vorwiegend in der Leber abgebaut. 90 % werden über die Galle und 3 % unverändert im Urin ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt 30–120 min. Indikationen Methylergometrin wird in der Nachgeburtsphase zur Lösung der Plazenta sowie zur Stillung von Blutungen nach Lösung der Plazenta genutzt. Außerdem kann es bei Stauung des Wochenflusses und mangelhafter Rückbildung des Uterus im Wochenbett angewendet werden. Unerwünschte Wirkungen Häufige Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Hautreaktionen, verminderte Muttermilchbildung, Helwig/Otto: Arzneimittel Wechselwirkungen In Kombination mit anderen Mutterkornalkaloiden können sich die Wirkungen und Nebenwirkungen gegenseitig verstärken. Halothan und Methoxyfluran vermindern die Wirkung. Die Wirkung wird durch Oxytocin verstärkt. In Kombination mit Oxytocin kann es zu einer Hochdruckkrise kommen. Methylergometrin kann die Wirkung von ’- und “-Adrenorezeptoragonisten verstärken. Kontraindikationen Methylergometrin darf nicht angewendet werden bei einer Blutvergiftung, bei Gefäßerkrankungen, die zu Durchblutungsstörungen führen, bei schweren Leberund Nierenfunktionsstörungen und Bluthochdruck. Methylergometrin darf nicht zur Einleitung einer Geburt oder zur Unterstützung der Wehentätigkeit genutzt werden. Methylergometrin ist wegen seiner ausgeprägt uterotonischen Wirkung mit erhöhtem Risiko für Fehlgeburten oder vorzeitige Wehen in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert. Da mögliche unerwünschte Wirkungen beim Kind nicht ausgeschlossen sind, wird eine Anwendung während der Stillzeit nicht empfohlen. Dosierung Bei Wochenbettblutung 1–3-mal tgl. 0,125–0,25 mg peroral oder 0,1 mg als i. m.-Injektion. Bei Uterusblutung 0,05–0,1 mg langsam i. v.- oder 0,2 mg i. m.injizieren, Wiederholung nach 2 h möglich. Kommentar Die Toxizität von Methylergometrin ist deutlich geringer und die therapeutische Breite wesentlich größer als die der wasserunlöslichen Alkaloide Ergotoxin und Ergotamin. Es ist zwar auch peroral wirksam, wird aber seit dem Bekanntwerden von Vergiftungszwischenfällen nach Medikationsfehlern nur noch parenteral als intramuskuläre Injektion in Deutschland angewendet. 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 5 — le-tex 22–5 22.1.2 Wehenfördernde Mittel ® Methergin 200 μg/ml (Novartis Pharma), Inj.-Lsg. + Generika Methylergometrin-Rotexmedica (Rotexmedica), Inj.-Lsg. 22.1.2 Wehenfördernde Mittel Oxytocin praktisch unlösliche Substanz, Schmp. 66–68 ℃, die sich bei höherer Temperatur, in Gegenwart von Licht und in Lösungen bei pH < 4 und >8 sehr leicht zersetzt, wobei unter anderem durch Dehydratisierung eine konjugierte Doppelbindung von C-15 nach C-16 gebildet wird, und die Wirkung verloren geht. Es kann peroral, parenteral und lokal als Vaginalgel eingesetzt werden. O CO2H Siehe Kap. 24. HO Dinoproston Prostaglandine und Derivate Aus „essenziellen“ Fettsäuren wie Arachidonsäure entstehen im Organismus, u. a. in den Leukozyten, eine Vielzahl von ungesättigten Hydroxy- oder Hydroxyketonsäuren mit 20 C-Atomen. Dazu zählen Prostaglandine, Thromboxane, Prostacycline und Leukotriene. Aus der Gruppe der Prostaglandine (PG) sind etwa 20 natürlich vorkommende Vertreter bekannt. Diese unterscheiden sich durch den Hydrierungsgrad und den Gehalt an Sauerstoff-Funktionen. Die zur Benennung gebräuchlichen Kurzbezeichnungen geben Auskunft über die so genannte „Familie“ (A bis H), d. h. über das Substitutionsmuster des Ringes; der tief gestellte Zahlenindex beschreibt die Zahl der Doppelbindungen in den Seitenketten, und die Stereoisomerie an C-9 wird durch ’ oder “ gekennzeichnet. Prostaglandine findet man nicht nur in der Prostata (Name!) – die ersten Vertreter hat man im Sperma entdeckt –, sondern sie sind im gesamten Organismus verbreitet. Sie werden nicht gespeichert, sondern bei Bedarf synthetisiert. Therapeutisch werden Prostaglandine bzw. partialsynthetische Derivate bei Durchblutungsstörungen (Kap. 23), als Ulkustherapeutika (Kap. 29) und in der Gynäkologie und Geburtshilfe verwendet. Für letzteren Indikationsbereich stehen derzeit Dinoproston, Gemeprost und Sulproston zur Verfügung. Dinoprost (Prostaglandin PGF2’ ) ist in Deutschland nur als Tierarzneimittel zugelassen. Dinoproston Dinoproston, PGE2 , (5Z)-7-{(1R,2R,3R)-3-Hydroxy2-[(1E,3S)-3-hydroxy-1-octenyl]-5-oxocyclopentyl}hept-5-ensäure, ist eine kristalline, in Wasser 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 CH3 HO Wirkungen Dinoproston ist ein starker Stimulator der Kontraktion des graviden Uterus und wird vor allem lokal zu Geburtseinleitung eingesetzt. Dinoproston aktiviert vier Prostaglandin E-Rezeptoren EP1, EP2, EP3 und EP4. Als direkter Vasodilatator relaxiert es die glatte Muskulatur und hemmt die Freisetzung von Noradrenalin. Pharmakokinetik Resorbiertes Dinoproston wird zu 73 % an Albumin gebunden und rasch in die Gewebe verteilt. Es wird in Lunge, Niere, Leber und Milz metabolisiert. An der Metabolisierung sind verschiedene Enzyme beteiligt. Im Blut und Urin sind mindestens 9 Metabolite nachgewiesen worden. Der Hauptmetabolit, 11’-Hydroxy-9,15-dioxoprost-5-ensäure, weist 50 % der therapeutischen Aktivität von Dinoproston auf. Die Halbwertszeit im Blut beträgt 1–3 min. Der größte Teil wird als Dicarbonsäure bzw. Lacton über die Nieren ausgeschieden. Indikationen Dinoproston wird angewendet zur Erweichung und Erweiterung des Gebärmutterhalses bei Patientinnen mit ausreichender Geburtsreife der Cervix uteri. Es darf ausschließlich unter direkter Kontrolle eines Arztes auf geburtshilflichen Stationen eingesetzt werden. Gynäkologika Handelspräparate Unerwünschte Wirkungen Dosisabhängig treten Fieber, Erbrechen, Übelkeit und Diarrhoe auf. Lokale Gewebsentzündungen Helwig/Otto: Arzneimittel 22 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 6 — le-tex 22–6 22.1 Uterusmittel und Erytheme an der Infusionsstelle sind beschrieben, ebenso vorübergehend Hitzewellen, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Leukozytose, Apnoe, teilweise mit Bradykardie, Herzrhythmusstörungen und in Einzelfällen Uterusruptur. Überdosierungen können zu lebensbedrohlichen Reaktionen (krampfartige Kontraktionen, Bronchospasmus, Blutdruckanstieg, Kreislaufkollaps) führen. Handelspräparate MINPROSTIN® E2 (Pfizer Pharma), Vaginalgel, Vaginaltbl. Prepidil® Gel (Pfizer Pharma), Gel in Fertigspr. m. Katheter Propess® 10 mg (Ferring), vaginales Therapeut. System Hinweis: Sämtliche Handelspräparate werden nur an entsprechende Kliniken geliefert. Wechselwirkungen Da nichtsteroidale Antiphlogistika die körpereigene Prostaglandinsynthese hemmen, kann bei gleichzeitiger Anwendung die luteolytische Wirkung von Dinoproston vermindert sein. Da Oxytocin die körpereigene Prostaglandinsynthese stimuliert, kann bei gleichzeitiger Anwendung die luteolytische Wirkung von Dinoproston verstärkt sein. Kontraindikationen Dinoproston darf nicht angewendet werden bei Frauen mit Prostaglandinallergie, Beckeninfektionen, vorausgegangenem Kaiserschnitt bzw. größeren Unterleibsoperationen, zu schmalem Becken, überstandener Beckenbereichsentzündungen, anormaler Fetuslage, fetaler Notlage, drohender Uterusruptur und vorzeitiger Plazentalösung. Bei Patientinnen mit Asthma, Asthmavorgeschichte, Glaukom, erhöhtem Intraokulardruck, schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen, Schilddrüsenüberfunktion und Ulzera im Magen-Darm-Trakt ist die Anwendung nur unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und nur unter besonderer Vorsicht vorzunehmen. Dinoproston ist nicht für die Anwendung während der Stillzeit vorgesehen. Dosierung Initial 1 mg, Wiederholung nach 6 h möglich, maximale Dosis 3 mg. Kommentar Es gibt Hinweise darauf, dass das Risiko für das Auftreten einer seltenen Komplikation, die mit Blutgerinnselbildung und Blutungsneigung einhergeht (disseminierte intravasale Koagulation), bei einer Weheneinleitung mit Dinoproston erhöht ist. Das erhöhte Risiko tritt besonders bei Frauen, die 35 Jahre oder älter sind auf, wenn in der Schwangerschaft Komplikationen auftraten oder die Dauer der Schwangerschaft mehr als 40 Wochen betrug. Helwig/Otto: Arzneimittel Gemeprost Gemeprost, Methyl (2E)-7-{(1R,2R,3R)-3-hydroxy2-[(E,3R)-3-hydroxy-4,4-dimethyl-1-octenyl]-5-oxocyclopentyl}hept-2-enoat, ist eine Substanz, bei der die Dehydratisierung C-15 nach C16 durch die beiden geminalen Methylgruppen verhindert wird, so dass die Substanz stabiler ist. Weiter ist die labile 5Z-Doppelbindung durch eine stabilere 2EDoppelbindung ersetzt, und die Substanz liegt als Ester und nicht als freie Säure vor. Gemeprost wird vaginal appliziert. Wirkungen Gemeprost ist ein von PGE1 abgeleitetes partialsynthetisches Derivat, das ähnlich wirkt wie Dinoproston. Gemeprost als Vaginalzäpfchen gegeben, vermindert durch Auflockerung und Erweichung des Gebärmutterhalses Curettagen des Uterus oder bei Schwangerschaftsabbrüchen das Risiko von Verletzungen des Uterus durch mechanische Dilatation. Darüber hinaus reduziert Gemeprost die Blutversorgung der Plazenta und Gebärmutter, woraus die abtreibende Wirkung resultiert. Pharmakokinetik Nach vaginaler Gabe werden 12–28 % resorbiert. Maximale Plasmakonzentrationen werden nach 1–3 h erreicht. Die Wirkung hält bis zu 12 h an. Es erfolgt eine schnelle Hydrolyse durch Esterasen. Nach tierexperimentellen Daten beträgt die Halbwertszeit ca. 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 7 — le-tex 22–7 22.1.2 Wehenfördernde Mittel 1 h. Nach i. v.-Gabe beträgt die renale Ausscheidung etwa 50 % der Dosis. Aus Vaginalzäpfchen werden innerhalb von 24 h ca. 10 % von Gemeprost in Form von Metaboliten renal ausgeschieden. Indikationen Gemeprost wird eingesetzt zur Vorbereitung einer Ausräumung des Uterus bei Nichtschwangeren oder bei Schwangeren bis zur 12. Woche sowie zur Einleitung einer Schwangerschaftsbeendigung im zweiten Trimenon. Unerwünschte Wirkungen Gelegentlich treten Vaginalblutungen und Gebärmutterschmerzen auf. Mit Erbrechen, Übelkeit und Diarrhoe muss gerechnet werden, ebenso mit vorübergehend erhöhter Temperatur, Hitzewellen, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen. Vereinzelt wird uterine Hypertonie sowie Uterusruptur beschrieben. Es wurden darüber hinaus Fälle von koronaren Spasmen mit nachfolgenden Myokardinfarkten gemeldet. mit Kreislaufreaktionen wie Blutdruckabfall oder -anstieg gerechnet werden muss, darf Gemeprost bei Patientinnen mit Kreislauferkrankungen nur unter fortlaufender Kreislaufkontrolle angewendet werden. Handelspräparate Cergem® (MSD), Vaginalsupp. Hinweis: Das Handelspräparat wird nur an entsprechende Kliniken geliefert. Sulproston Sulproston, (5Z)-7-{(1R,2R,3R)-3-Hydroxy-2-[(E, 3R)-3-hydroxy-4-phenoxybut-1-enyl]-5-oxocyclopentyl}-N-(methylsulfonyl)hept-5-enamid, ist eine in Wasser wenig lösliche Substanz, Schmp. 78–80 ℃, die parenteral angewendet wird. O CO-NH-SO2-CH3 Wechselwirkungen Da additive Wirkungen mit Oxytocin und seinen Derivaten und wirkungsabschwächende Effekte durch nichtsteroidale Entzündungshemmer auftreten können, soll eine gemeinsame Anwendung mit Gemeprost nicht erfolgen. HO CH2-O-C6H5 HO Sulproston Kontraindikationen Wirkungen Dosierung Sulproston ist eine von PGE2 abgeleitete partialsynthetische Substanz, die auf Grund der Veränderung der Kettenenden metabolisch stabiler ist. Sulproston hat eine mehrfach höhere Wirkung als Prostaglandin E2 . Es stimuliert die glatte Muskulatur des Uterus. Andere glattmuskuläre Gewebe werden im Unterschied zu den natürlichen Prostaglandinen in sehr viel geringerem Umfang beeinflusst. Sulproston wirkt abortiv durch Uteruskontraktion und Eröffnung des Zervikalkanals. Zervixerweiterung: 1 mg; Abortinduktion: 1 mg alle 3 h, max. 5 mg. Pharmakokinetik Kommentar Als Mittel zum Schwangerschaftsabbruch scheint Gemeprost ebenso wirksam zu sein, wie die Gabe von Prostaglandin E, ist jedoch weniger schmerzhaft. Da bei der Anwendung bei einem Teil der Patientinnen 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Nach i. v.-Infusion werden konstante Plasmakonzentrationen innerhalb von 60 min erreicht, die Halbwertszeit beträgt 1–2 h, und die Plasmaeiweißbindung wurde mit 10–30 % bestimmt. Sulproston wird intensiv metabolisiert und in Form der Metabolite zu 85 % über die Nieren ausgeschieden. Helwig/Otto: Arzneimittel Gynäkologika Bei Patientinnen mit Prostaglandinallergie, Blutungsrisiko durch Placenta praevia und ektopischer Schwangerschaft sowie bei Fieber und bei Infektionen des inneren Genitale darf Gemeprost nicht angewendet werden. Ebenfalls soll keine Anwendung erfolgen bei Patientinnen mit obstruktiven Atemwergserkrankungen, erhöhtem Augeninnendruck, HerzKreislauferkrankungen und wenn ein erhöhtes Risiko für uterine Rupturen besteht. 22 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 8 — le-tex 22–8 22.1 Uterusmittel Indikationen Sulproston wird eingesetzt zum Schwangerschaftsabbruch, zur Geburtseinleitung bei intrauterinem Fruchttod sowie zur Behandlung postpartaler atonischer Blutungen, wenn die Gabe von Oxytocin und chirurgische Maßnahmen nicht ausreichen, um die Blutung zu stoppen. Unerwünschte Wirkungen Dosisabhängig treten Erbrechen, Übelkeit, Diarrhoe, Spasmen im Ober- und Mittelbauch sowie Benommenheit und Kopfschmerzen auf. Bei bestehender Disposition können Bronchokonstriktion, Uterusrupturen und Myokardischämie auftreten. Sehr selten werden Blutdruckabfall oder Nierenfunktionsstörungen beobachtet. Wechselwirkungen Da additive Wirkungen mit Oxytocin und seinen Derivaten und wirkungsabschwächende Effekte durch nichtsteroidale Entzündungshemmer auftreten können, soll eine gemeinsame Anwendung mit Sulproston nicht erfolgen. Es soll keine Vorbehandlung oder Kombination mit anderen Prostaglandinen erfolgen. Kontraindikationen Sulproston darf nicht bei Patientinnen mit Bronchialasthma, spastischer Bronchitis, dekompensierter Herzinsuffizienz, schwerer Hypertonie, schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen, dekompensiertem Diabetes mellitus, zerebralen Krampfleiden, Glaukom, Thyreotoxikose, akuten gynäkologischen Infektionen, Colitis ulcerosa, akutem Ulcus ventriculi, Sichelzellenanämie, Thalassämie, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, allgemein schweren Erkrankungen oder vorausgegangener Uterusoperationen angewendet werden. Eine Geburtseinleitung bei lebensfähigem Kind ist kontraindiziert, da nachhaltige Wirkungen auf den Fetus nicht auszuschließen sind. Dosierung Zur Geburtseinleitung bei intrauterinem Fruchttod oder Abortinduktion 25–100 μg Sulproston extraamnial oder 1500 μg als i. v.-Infusion in 3–6 h oder 100 μg/h. Weitere Dosierungsanleitungen für die Anwendung in entsprechend ausgerüsteten Kliniken. Kommentar Sulproston darf nur unter sorgfältiger Abwägung von Nutzen-Risiko sowie Überwachung der Herz-KreisHelwig/Otto: Arzneimittel lauf-Funktionen angewendet werden. Auch das Alter der Patientin sollte in diese Abwägung einbezogen werden. Dies gilt insbesondere bei bestehenden kardiovaskulären Risikofaktoren. Handelspräparate Nalador® 500 (Jenapharm), Tr.-Subst. f. Inf.-Lsg. Hinweis: Das Handelspräparat wird nur an entsprechende Kliniken geliefert. 22.1.3 Wehenhemmende Mittel Atosiban Atosiban, 1-(3-Mercaptopropionyl)-2-(d-4-ethoxyphenylalanyl)-4-(l-threonin)-8-(l-ornithin)oxytocin, ein synthetisches Strukturanalogon des Oxytocin, wird als Atosibanacetat parenteral appliziert. Wirkungen Atosiban ist ein kompetitiver Antagonist am Oxytocinrezeptor. Nach Bindung werden die Kontraktionsfrequenz und der Tonus der Uterusmuskulatur gesenkt, woraus eine Unterdrückung der Wehentätigkeit resultiert. Durch eine Bindung an den Vasopressin-V1a-Rezeptor wird auch dessen Wirkung gehemmt. Atosiban wirkt damit der Wehentätigkeit entgegen und sorgt für eine Ruhigstellung des Uterus. Bei vergleichenden Studien mit “-Sympathomimetika zeigte Atosiban vergleichbare Wirkung, wobei kardiovaskuläre Effekte nicht beobachtet wurden. Pharmakokinetik Innerhalb 1 h nach Beginn der Infusion tritt eine Steady-state-Plasmakonzentration auf. Nach Ende der Infusion nimmt die Plasmakonzentration mit einer initialen Halbwertszeit von 0,2 h und einer terminalen von etwa 1,7 h ab. Die Wirkung hält ca. 2 h an. Der Mittelwert der Clearance wurde zu 41,8˙8,2 l/h bestimmt. Die Plasmaeiweißbindung beträgt etwa 47 %. Atosiban wird metabolisiert, wobei der Hauptmetabolit, durch Abspaltung von Gly-NH2 und Ornithin vom C-Terminus gebildet, sich in vitro als ebenso wirksam erwies wie Atosiban. Die Eliminierung erfolgt teilweise renal, wie viel mit den Faeces ausgeschieden wird, ist nicht bekannt. 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 9 — le-tex 22–9 22.1.3 Wehenhemmende Mittel H 2N N H O H N NH2 O O N H 2N O H N O N H O S H N S O OH CH3 O HN O CH3 N H Atosiban CH3 O CH3 Indikationen Kontraindikationen Atosiban ist geeignet zur Hinauszögerung einer drohenden Frühgeburt während der 24. bis 33. Schwangerschaftswoche bei Frauen > 18 J. Weitere Voraussetzungen für die Anwendung sind normale Herzfrequenz des Fetus, regelmäßige Uteruskontraktionen von mindestens 30 s Dauer und einer Häufigkeit von mehr als 4 pro 30 min, Öffnung des Muttermunds auf eine Weite von 1–3 cm sowie eine Zervixverstreichung von > 50 %. Atosiban darf nicht angewendet werden, wenn die unter Indikationen angegebenen Voraussetzungen nicht erfüllt sind sowie bei allen Zuständen der Mutter oder des Fetus, bei denen das Fortbestehen der Schwangerschaft ein unvertretbares Risiko darstellt. Das betrifft vorzeitigen Blasensprung nach der 30. Woche, intrauterine Wachstumsretardierung und gestörte Herzfrequenz des Fetus, präpartale Uterusblutungen, die eine sofortige Entbindung notwendig machen, Eklampsie und schwere Präeklampsie, die eine Entbindung erfordern, intrauteriner Fruchttod, Verdacht auf eine intrauterine Infektion, Placenta praevia oder Abruptio placentae. Unerwünschte Wirkungen Beim Neugeborenen ergaben die klinischen Prüfungen keine spezifischen Nebenwirkungen, bei der Mutter traten in der Regel nur leichte Nebenwirkungen auf, wobei Übelkeit mit einer Inzidenz von > 10 % am häufigsten beobachtet wurde. Häufig (1–10 %) traten Kopfschmerzen, Schwindel, Hitzewallungen, Erbrechen, Tachykardie, Hypotonie, Reaktionen an der Injektionsstelle und Hyperglykämie auf. Gelegentlich (0,1–1 %) wurde über Fieber, Schlaflosigkeit, Juckreiz und Hautausschlag geklagt, und als selten (< 0,1 %) wird das Auftreten von Uterusblutungen oder Uteruserschlaffung eingestuft. Es wurde ein Fall von allergischer Reaktion beobachtet, der wahrscheinlich mit der Anwendung von Atosiban im Zusammenhang stand. Wechselwirkungen Atosiban beeinflusst in klinisch nicht relevantem Ausmaß die Pharmakokinetik von Labetalol. Es wurden keine klinisch relevanten Wechselwirkungen mit Betamethason gefunden. Weitere Wechselwirkungsstudien wurden nicht durchgeführt. 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Dosierung In der Regel erfolgt die Applikation in 3 Schritten: Initiale i. v.-Bolusinjektion von 6,75 mg Atosiban gefolgt von eine hochdosierte Dauerinfusion über 3 h als Sättigungsinfusion mit 300 μg/min, anschließend Dauerinfusion mit 100 μg/min bis zu 45 h. Bis zu 3 Wiederholungen sind möglich. Hinweis: Die Behandlung soll nur von erfahrenen Klinikern vorgenommen werden. Kommentar In vergleichenden Studien mit “-Sympathomimetika zeigte Atosiban vergleichbare Wirkung, wobei kardiovaskuläre Effekte nicht beobachtet wurden. Mit der empfohlenen Dosierung kann eine Ruhigstellung für bis zu 12 h erreicht werden. Gynäkologika O Handelspräparate Atosiban Sun (Sun Pharmaceuticals), Inj.-Lsg., Inf.Lsg.-Konz. Helwig/Otto: Arzneimittel 22 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 10 — le-tex 22–10 22.1 Uterusmittel Tractocile® 7,5 mg/ml (Ferring), Inj.-Lsg., Inf.-Lsg.Konz. + Generika Indikationen Fenoterol dient der Hemmung vorzeitiger Wehen sowie zur Prophylaxe einer drohenden Frühgeburt von der 20. bis 37. Schwangerschaftswoche. Fenoterol Unerwünschte Wirkungen Fenoterol, (RS)-1-(3,5-Dihydroxyphenyl)-2-[(RS)(4-hydroxyphenyl)-1-methylethylamino]ethanol, wird als wasserlösliches Fenoterolhydrobromid, Ph.Eur., einer kristallinen Substanz, Schmp. 222– 223 ℃, entweder zur peroralen Applikation oder als Infusions- bzw. Injektionslösung genutzt. HO CH3 N H HO OH OH Fenoterol Bei der tokolytischen Behandlung kommt es zu einem Anstieg der mütterlichen Herzfrequenz, während die fetale bei üblicher Dosierung unbeeinflusst bleibt oder nur geringe Schwankungen zeigt. Weiter kann es bei der Mutter zu einem Blutdruckabfall, besonders des diastolischen Drucks, kommen, weshalb die Seitenlagerung der Patientin während der Infusion empfohlen wird, um ein Vena-cava-Syndrom zu verhüten. Während der Infusion ist eine regelmäßige Überwachung von Kaliumhaushalt (wegen des hypokaliämischen Effekts), Blutdruck, Puls und fetaler Herzfrequenz geboten. Infolge glykogenolytischer Wirkung kann es zu einem Anstieg der Blutzuckerkonzentrationen kommen, ein Effekt, der bei bestehendem Diabetes mellitus stärker ausgeprägt ist und eine sorgfältige Überwachung des Kohlenhydrat-Stoffwechsels, besonders bei Langzeitbehandlung, bedingt. Wirkungen Fenoterol ist ein “-Sympathomimetikum, das bevorzugt “2 -Rezeptoren aktiviert und damit eine Erschlaffung der Uterusmuskulatur sowie eine Gefäßerweiterung bewirkt. Für den Einsatz zur Wehenhemmung ist es brauchbar, da die kardialen Effekte deutlich zurückgedrängt sind. Der Hemmwirkung auf den Uterus liegt wahrscheinlich ein nicht kompetitiver Mechanismus zugrunde, wie In-vitro-Untersuchungen z. B. am mit Estrogen behandelten Rattenuterus zeigen, bei denen die durch Oxytocin, Vasopressin oder Serotonin verursachten Kontraktionen gehemmt wurden. Fenoterol wird außerdem inhalativ in der Asthmatherapie eingesetzt (Kap. 13). Pharmakokinetik Nach peroraler Gabe erfolgt Resorption zu 60 %. Die tokolytische Wirkung setzt nach 30 min ein. Für die uterusrelaxierende Wirkung sind Plasmakonzentrationen von 200 pg/ml notwendig. Die Substanz unterliegt einem intensiven First-pass-Effekt. Die Inaktivierung erfolgt durch Konjugation vorwiegend mit Schwefelsäureresten. Die Plasmaeiweißbindung beträgt 40–50 %. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich renal mit Halbwertszeiten von t’= 0,42 min, t“= 14,3 min und t”= 3,2 h. Helwig/Otto: Arzneimittel Wechselwirkungen Nach neuen Nutzen-Risiko-Abwägungen ist die Kombination mit Verapamil nicht sinnvoll. Auch soll die gleichzeitige Gabe mit Calcium- und Vitamin-D-haltigen Präparaten, Dihydrotachysterol und “-Rezeptorenblockern vermieden werden. Bei gleichzeitiger Anwendung von Narkosemitteln wie Halothan kann es zur Schocksymptomatik kommen. Die Gabe von Antidiabetika kann vermindert werden. Kontraindikationen Fenoterol darf nicht bei Patientinnen mit Thyreotoxikose, idiopathischer hypertropher subvalvulärer Aortenstenose, Tachykardie und tachykarder Arrhythmie angewendet werden. Vorsicht ist geboten bei frischem Herzinfarkt und unausgeglichener diabetischer Stoffwechsellage. Gleichzeitige Behandlung mit Glucocorticoiden ist zu vermeiden. Die Anwendung bei starken genitalen Blutungen ist kontraindiziert. Fenoterol soll bei Herzerkrankungen, schweren Leber- und Nierenerkrankungen, bei Hypokaliämie und als Infusion auch bei pulmonaler Hypertonie nicht angewendet werden. Bei Anzeichen eines Lungenödems ist die Behandlung abzubrechen, ebenso bei fehlender Überlebenschance des Fetus. 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 11 — le-tex 22–11 22.2 Prolactinhemmer Dosierung Die Dosierung hat individuell zu erfolgen. Die Anwendung erfolgt im akuten Fall als i. v.-Infusion (Basis: 5 %-Lävulose- oder Glucoselösung). Für Nach-, Intervall- und Dauerbehandlung standen peroral applizierbare Formen zur Verfügung. Zur Kardioprotektion wird die gleichzeitige Magnesiumgabe bei peroraler Langzeittokolyse empfohlen. Ebenso ist bei Bedarf eine Kaliumsubstitution durchzuführen. Kommentar Eine Risikobewertung (2013) durch die EMA nach Berichten über schwerwiegende und letale Neben- Handelspräparate Partusisten® (Boehringer Ingelheim), Inf.-Lsg.Konz. Partusisten® intrapartal (Boehringer Ingelheim), Inj.-Lsg.-Konz. Prolactinhemmer Prolactin ist ein Hormon des Hypophysenvorderlappens (HVL), welches strukturell dem menschlichen Wachstumshormon und dem humanen plazentaren Lactogen ähnlich ist (Kap. 24). Es ist von Bedeutung bei der Entwicklung der Brustdrüse in der Schwangerschaft und bei der Lactogenese. Weiterhin sind wachstumshormonähnliche Wirkungen bekannt sowie eine Wirkung auf das Corpus luteum, dessen Progesteronsynthese anregt wird. Die Ausschüttung von Prolactin wird durch die Hypothalamushormone Prolactoliberin (PRH, Kap. 24) und Prolactostatin (PIF, Kap. 24) geregelt und erfolgt in einem zirkadianen Rhythmus. Prolactoliberin fördert die Ausschüttung von Prolactin, Prolactostatin (PRIH) und Dopamin hemmen sie. Von einigen abgewandelten Mutterkornalkaloiden ist bekannt, dass sie am HVL und am ZNS als dopaminerge Agonisten wirken (Kap. 11) und zu einer Hemmung der Freisetzung von Prolactin führen. Die Dopaminagonisten Bromocriptin, Cabergolin, Metergolin und Quinagolid werden mit der Indikation Prolactinhemmer eingesetzt. Die Stoffbeschreibungen finden sich in Kap. 11, hier folgen nur einige Angaben zu dieser Indikation. Am HVL und im ZNS wirkt Bromocriptin als dopaminerger Agonist und löst über eine Stimulierung der Dopaminrezeptoren eine Hemmung der Freisetzung von Prolactin aus. Beim Menschen führt eine Dosis von 2,5 mg zu einer Senkung der Konzentration von Prolactin im Plasma innerhalb 24 h auf etwa die Hälfte des Ausgangswertes. 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Cabergolin ist ein langwirkender D2 -Dopaminrezeptoragonist. Es unterscheidet sich von den älteren Substanzen durch geringere Nebenwirkungen bei gleichzeitig höherer Effektivität und längerer Wirkungsdauer. Zum Abstillen ist eine ED von 1 mg Cabergolin ebenso effektiv wie eine Gabe von 2-mal tgl. 2,5 mg Bromocriptin für 2 Wochen. Während in der Langzeitbehandlung Bromocriptin normalerweise mehrmals täglich eingenommen werden muss, kann der entsprechende Effekt durch eine ein- bis zweimal wöchentliche Einnahme von Cabergolin erreicht werden. Metergolin hat ähnliche Wirkungen wir Bromocriptin, weist aber zusätzlich eine antiserotoninerge Wirkung auf. Da Serotonin als Neurotransmitter im Hypothalamus zur Aktivierung von ACTH und zur Freisetzung von Prolactin führt, wird die prolactinhemmende Wirkung von Metergolin zum einen durch seine serotoninantagonistischen Eigenschaften zum anderen durch Hemmung der Prolactinsynthese erklärt. Therapeutisch sind tgl. 12 mg Meterogolin und tgl. 5 mg Bromocriptin äquieffektiv. Quinagolid ist ein selektiver D2 -Dopaminrezeptoragonist mit nicht-ergoliner Struktur und mit ähnlichen Wirkungen wie Bromocriptin. Unterschiede betreffen vorwiegend die Pharmakokinetik (Kap. 11). Gynäkologika 22.2 wirkungen kommt zu dem Ergebnis, dass Fenoterol in der geburtshilflichen Indikation weder oral noch rektal angewendet werden darf. Aus diesem Grunde wurden sämtliche entsprechenden Handelspräparate 2013 aus dem Handel genommen. Die parenterale Anwendung muss in allen zugelassenen geburtshilflichen Indikationen auf maximal 48 h unter Kontrolle eines Facharztes begrenzt werden (Roter Hand Brief vom 30. September 2013). Indikationen Bromocriptin: kann eingesetzt werden bei Zuständen und Erkrankungen, die auf zu hohe Konzentrationen Helwig/Otto: Arzneimittel 22 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 12 — le-tex 22–12 22.2 Prolactinhemmer von Prolactin zurückzuführen sind, bzw. bei denen eine Senkung der Prolactinkonzentration indiziert ist wie primäres und sekundäres Abstillen, Milchstauung nach der Geburt, Mastitis, Hemmung der Laktation nach Abort, Galaktorrhoe, Amenorrhoe, Ovulationsstörungen, Sterilität, prämenstruelle Beschwerden und Fruchtbarkeits-, Libido- und Potenzstörungen beim Mann. Zusätzlich zur chirurgischen oder Strahlentherapie, evtl. auch allein, zur Behandlung der Akromegalie. Cabergolin und Metergolin werden für ein analoges Indikationspektrum empfohlen, besonders bei Hyperprolactinämie, prolactinbedingter Amenorrhoe und Mikroprolactinomen, jedoch nicht zur Behandlung der Akromegalie. Quinagolid ist zugelassen zur Behandlung einer Hyperprolactinämie unbekannter Ursache oder als Folge eines Prolactin sezernierenden Mikro- oder Makroadenoms der Hypophyse. Unerwünschte Wirkungen Nach Bromocriptin treten zu Behandlungsbeginn oder auch bei höherer Dosierung gelegentlich gastrointestinale Störungen wie Erbrechen, Verstopfung u. a., Übelkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindelgefühl auf. Gelegentlich kommt es zu Sehstörungen, Schlafstörungen, psychomotorischer Unruhe, Halluzinationen, Psychosen, Verwirrtheit, Dyskinesie, Mundtrockenheit und zum Gefühl der verstopften Nase. Ebenso wurde über Ödeme und Krämpfe in den Beinen, Miktionsbeschwerden und allergische Hautreaktionen berichtet. Nach der Geburt wurde auch über Störungen im HerzKreislauf-System (Hypertonie, Herzinfarkt) sowie im ZNS (Krampfanfälle, Schlaganfall, psychische Störungen) berichtet. Ein kausaler Zusammenhang konnte bisher nicht belegt werden. Eine sorgfältige Beobachtung der Patienten ist erforderlich. In seltenen Fällen wurden Hypotonie bis hin zum Kollaps mit Bradykardie, andere Arrhythmien sowie Anginapectoris-Anfälle beobachtet. Bei Patienten mit M. Raynaud in der Anamnese kam es gelegentlich bei höher dosierter Langzeittherapie zur Verschlechterung der Symptome. Cabergolin hat weniger Nebenwirkungen (Beachte Kap. 11). Die bisherigen Ergebnisse belegen eine deutlich geringere Inzidenz im Vergleich zu Bromocriptin. Bei primärem Abstillen kommen Schwindel, Übelkeit oder Kopf- und Bauchschmerzen nur gelegentlich vor. Herzklopfen, Nasenbluten, Schläfrigkeit und vorübergehende Hemianopsie traten nur selten auf. In 11 % der untersuchten Fälle trat, meist während der ersten 4 Tage nach der Geburt, ein Blutdruckabfall 10–20 mm Hg auf. Helwig/Otto: Arzneimittel Bei einer Langzeitbehandlung tritt in der Regel eine Blutdrucksenkung auf. Darüber hinaus sind gastrointestinale Schmerzen und Störungen sowie Hitzeanfälle, Parästhesien und Depressionen möglich. Vereinzelt wurde auch auf das Auftreten von Vasospasmen in den Fingern oder Krämpfe in den Beinen hingewiesen. Nach Wiedereintritt normaler Monatsblutungen kann es zu einem Rückgang der Hämoglobinwerte kommen. Metergolin wird ebenfalls günstiger beurteilt. Besonders zu Behandlungsbeginn treten Phänomene wie Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Schwindel auf. Sehr selten ist es bisher zum Blutdruckabfall bis hin zum Kreislaufkollaps gekommen. Unter Quinagolid treten Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit, besonders in den ersten Behandlungstagen häufig auf. Zu ihrer teilweisen Unterdrückung wird der mehrtägige Einsatz von peripheren Dopaminantagonisten, z. B. Domperidon, empfohlen. Anorexie, Schlaflosigkeit, Hitzewallungen, Ödeme, verstopfte Nase sowie Obstipation oder Diarrhoe und Bauchschmerzen treten gelegentlich auf. Eine Blutdrucksenkung ist zu berücksichtigen. In Einzelfällen wurde die Behandlung mit dem Auftreten einer akuten Psychose in Verbindung gebracht, die meist nach dem Absetzen reversibel war und auch bei Patienten ohne psychotische Störungen in der Vorgeschichte auftrat. Wechselwirkungen Prolactinhemmer sollen nicht gleichzeitig mit anderen Mutterkornalkaloiden bzw. Derivaten eingesetzt werden. Gleichzeitiger Alkoholgenuss verschlechtert die Verträglichkeit. Besondere Vorsicht ist auch bei der gleichzeitigen Behandlung mit blutdruckwirksamen Pharmaka geboten. Makrolid-Antibiotika wie Erythromycin, Josamycin u. a. verzögern die Ausscheidung von Prolactinhemmern, d. h. sie führen zu erhöhten Plasmakonzentrationen. Kontraindikationen Siehe auch Kap. 11. – Zu beachten ist ferner, dass sämtliche Prolactinhemmer eine durch Prolactin bedingte Sterilität aufheben können, sodass wegen möglicher Schädigungen sichere Verhütungsmaßnahmen durchzuführen sind. Im Falle einer Schwangerschaft soll die Behandlung, sofern nicht eine spezielle Indikation besteht, sofort abgebrochen werden. Für Bromocriptin gelten Überempfindlichkeit gegen Mutterkornalkaloide, Schwangerschaftstoxikose, psychische Störungen im Wochenbett, koronare Herzkrankheit und Hypertonie als weitere Gegenanzeigen. Vorsicht ist geboten bei Magen-Darm-Geschwüren, 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Helwig/Otto: Arzneimittel — 2016/8/22 — page 13 — le-tex 22–13 22.2 Prolactinhemmer gastrointestinalen Blutungen sowie psychotischen Erkrankungen, auch in der Anamnese. Cabergolin soll zusätzlich nicht angewendet werden bei schwerer Leberinsuffizienz. Vorsicht wird auch empfohlen bei Niereninsuffizienz, Magengeschwüren, gastrointestinalen Blutungen und psychotischen Erkrankungen. Für Metergolin sind eingeschränkte Nieren- und Leberfunktion sowie Schwangerschaft weitere Kontraindikationen. Tierversuche erbrachten embryotoxische/teratogene Effekte, ausreichende Erfahrungen beim Menschen liegen nicht vor. Es ist nicht bekannt, ob Metergolin in die Muttermilch übergeht, auf jeden Fall reduziert es die Milchproduktion, weshalb eine Anwendung in der Stillzeit (ausgenommen Indikationen) nicht erfolgen soll. Quinagolid soll ebenfalls nicht bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion angewendet werden. Erfahrungen bei Kindern sowie älteren Patienten liegen nicht vor. Vorsicht ist geboten bei psychotischen Störungen oder Erkrankungen, auch in der Vorgeschichte. Dosierung Bromocriptin wird peroral zum Abstillen 2-mal tgl. 2,5 mg für 14 d, bei Mastitis 3-mal tgl. 2,5 mg für 3 d, dann 2-mal tgl. 2,5 mg für 11 d eingesetzt. Von Cabergolin wird peroral zum Abstillen 1 mg innerhalb 24 h nach der Geburt gegeben. Bei Hyperprolactinämie beträgt die perorale initiale Dosis einmal 0,5 mg/Woche, dann erfolgt langsame Steigerung auf 1 mg/Woche. Metergolin wird initial peroral einmal tgl. 4 mg abends gegeben, dann langsame Dosissteigerung bis auf 3-mal tgl. 4 mg. Quinagolid wird einschleichend initial mit einmal tgl. 25 μg dosiert, dann erfolgt langsame Steigerung bis zur optimalen Dosis, therapeutischer Dosisbereich 75–150 μg/d. Dosen über 300 μg/d sind nur selten erforderlich. Die Einnahme soll stets einmal tgl., abends vor dem Schlafengehen mit etwas Nahrung erfolgen. Aufsichtsbehörde (ANSM). Diese hatte gemeldet, dass die Einnahme von Bromocriptin mit seltenen, aber schweren kardiovaskulären, neurologischen und psychiatrischen Effekten bis hin zu Todesfällen assoziiert sei. Daten aus der Literatur besagen, dass höhere Dosen oder eine höhere kumulierte Gesamtdosis von Cabergolin Risikofaktoren für die Entwicklung von Herzklappenveränderungen darstellen. Vor Beginn einer Langzeitbehandlung muss bei allen Patienten eine kardiovaskuläre Untersuchung, einschließlich Echokardiogramm, vorgenommen werden. Quinagolid ist genauso wirksam wie Bromocriptin hinsichtlich der Senkung des pathologisch erhöhten Prolactins und der Beseitigung klinischer Symptome bei Frauen mit idiopathischer oder Mikroadenom induzierter Hyperprolaktinämie. Handelspräparate Hinweis: Hier sind nur die Handelspräparate aufgeführt, die mit den für die Indikation Prolactinhemmer gebräuchlichen ED angeboten werden. Andere siehe Kap. 11. Bromocriptinmesilat: Bromocriptin AbZ 2,5 mg (AbZ-Pharma), Tbl. Bromocriptin beta® 2,5 (betapharm), Tbl. Bromocriptin-CT 2,5 mg (AbZ-Pharma), Tbl. Bromocriptin-ratiopharm® 2,5 mg (ratiopharm), Tbl. kirim® 2,5 (Hormosan), Tbl. Pravidel® 2,5 mg (MEDA Pharma), Tbl. Cabergolin: Cabergolin – 1 A Pharma® 0,5 mg (1A Pharma), Tbl. Cabergolin dura® 0,5 mg (Mylan dura), Tbl. Cabergolin HEXAL® 0,5 mg (HEXAL), Tbl. Cabergolin-ratiopharm® 0,5 mg (ratiopharm), Tbl. Cabergolin-TEVA® 0,5 mg (TEVA), Tbl. Dostinex® 0,5 mg (Pharmacia), Tbl. Kommentar Metergolin: Liserdol® (TEOPHARMA), Filmtbl. Quinagolid-HCl: Norprolac® 25/50/75/150 μg (Ferring), Tbl. Gynäkologika Bromocriptin soll nicht mehr routinemäßig zum Abstillen eingesetzt werden. Diese Ansicht vertritt die EMA und folgte damit der Empfehlung des Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC). Die Neubewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses basiert auf einer Forderung der französischen 22 11. Auflage, 8. Aktualisierungslieferung 2016 Helwig/Otto: Arzneimittel