Phoca vitulina (LINNAEUS, 1758) Anhang: II, V Seehund FFH-Code: 1365 CHRISTOF HERRMANN, VERÄNDERT NACH ABT (2004) Beschreibung Der Seehund ist eine kleine, gedrungene Robbe mit verhältnismäßig großem Kopf und kurzer Schnauze. Die Färbung ist grau mit kleinen, dunklen, undeutlich abgegrenzten Flecken, am Bauch ist sie etwas heller. Es besteht ein geringer Geschlechtsdimorphismus: Adulte Männchen sind 150–180 cm lang und 60–130 kg schwer, adulte Weibchen sind 120–150 cm lang und 50–105 kg schwer. Areal und Verbreitung Der Seehund lebt in Küstengewässern der gemäßigten Breiten der gesamten nördlichen Halbkugel mit je zwei Unterarten im Atlantik und Pazifik sowie einer Unterart in ostkanadischen Süßwasserseen: • • • • • Phoca vitulina vitulina, (Nordost-Atlantischer Seehund), europäische Küsten Phoca vitulina concolor, Ostküste Nordamerikas vom Arktischen Ozean bis Maine Phoca vitulina richardsi, Westküste Nordamerikas von Alaska bis Baja California Phoca vitulina stejnegeri (Kurilenseehund), Küsten Hokkaidōs, der Kurilen und Kamtschatkas Phoca vitulina mellonae (Ungava-Seehund), Seen im nördlichen Québec, Kanada (einziger im Süßwasser lebender Seehund) In Europa ist der Seehund die am weitesten verbreitete Robbenart des Nordatlantiks. Er kommt in der gesamten Nordsee, im Kattegat, in der südwestlichen Ostsee (Dänemark) sowie mit einer isolierten Population im Kalmarsund (Schweden) in der zentralen Ostsee vor (HARDER 1996, ORTHMANN 2000). Im Bereich der dänischen Inseln (Beltsee und Öresund) bestehen Liegeplätze auf Saltholm, Bøgestrømmen, im AnuøFjord, an der Nordwestspitze der Insel Falster sowie unmittelbar gegenüber der deutschen Ostseeküste auf Vitten/Skrollen und dem Rødsand (zwischen Lolland und Falster, EDRÉN et al. 2004). In Deutschland kommt der Seehund vor allem an der Nordseeküste (Wattenmeer) und auf Helgoland, saisonal auch in den Unterläufen der Flüsse (Elbe, Weser, Ems) vor (DEIMER 1987). An der deutschen Ostseeküste existieren derzeit keine festen Liegeplätze (SCHWARZ et al. 2003). Die gelegentlich hier zu beobachtenden Seehunde gehören mit großer Sicherheit zur Population der westlichen Ostsee mit ihrem Verbreitungsschwerpunkt in der Beltsee und im Öresund. Angesichts der geringen Entfernung ist davon auszugehen, dass die Küstengewässer von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Bestandteil des Nahrungs- und Streifgebiets der Seehunde der Liegeplätze Vitten/Skrollen und Rødsand sind. Angaben zur Biologie Fortpflanzung: Die Wurfzeit ist im gesamten Verbreitungsgebiet recht einheitlich im Juni und Juli, beginnt jedoch z.T. auch schon Ende Mai. Die Dauer beträgt innerhalb geschlossener Populationen nur etwa fünf Wochen. Als Besonderheit innerhalb der Gattungsgruppe wird das Embryonalfell (Lanugo) bereits intrauterin abgeworfen, so dass die Jungen voll schwimmfähig zur Welt kommen (REIJNDERS 1992). Dank dieser Anpassung können sich Seehunde auch auf periodisch überfluteten Landflächen fortpflanzen und sich dadurch besser der anthropogenen Verfolgung entziehen als andere Robben der gemäßigten Breiten. Die Säugezeit dauert 4–5 Wochen. Seehundwelpen können nur auf ihren Liegeplätzen außerhalb des Wassers gesäugt werden (RIEDMANN 1990). Da Ruhe hierfür besonders wichtig ist, ziehen sich Seehundmütter mit ihren Welpen an von Menschen ungestörte Küstenabschnitte zurück. Störungen haben stark negative Folgen (DE JONG et al. 1999). Der Aktionsradius der Weibchen ist in der frühen Säuglingszeit eingeschränkt. Paarungen finden etwa zur Zeit der Entwöhnung statt. Männchen konkurrieren im Wasser um paarungsstrategisch günstige Standorte und begatten, ebenfalls im Wasser, nach Möglichkeit mehrere durchziehende Weibchen (serielle Polygamie). Das embryonale Wachstum setzt erst nach einer 2–2,5monatigen Diapause ein (verzögerte Implantation), so dass nach 9-monatiger Entwicklung die Geburt im folgenden Jahr zur gleichen Jahreszeit stattfindet (REIJNDERS 1992). Phänologie: Zählungen sind im Sommer am ergiebigsten, in der Ostsee mit Spitzenwerten im August (EDRÉN et al. 2004). Abgesehen von den Geburten im Juni spiegeln sich hierin vor allem saisonale Unterschiede im Aktivitätsmuster wider: Bedingt sowohl durch die Fortpflanzung als auch durch den Haarwechsel liegen die Tiere im Sommer häufiger und länger an Land, während im Herbst und Winter mehr Zeit für die Nahrungssuche im Meer aufgewendet wird. 1 Populationsbiologie: Die maximal nachgewiesene Lebensdauer im Freiland beträgt 38 Jahre für Weibchen und 31 Jahre für Männchen (REIJNDERS et al. 1997, ABT 2002). Die Sterblichkeit beträgt im ersten Lebensjahr 30–35 %, bei adulten Weibchen 5 % pro Jahr und bei adulten Männchen 9 % pro Jahr (ABT 2002). Weibchen werden mit 3–5 Jahren geschlechtsreif, Männchen mit 5–7 Jahren. Die Trächtigkeitsrate adulter Weibchen liegt bei 90–95 %. Muttertiere haben ein Junges pro Wurf, das Geschlechterverhältnis ist bei der Geburt annähernd 1:1. Die Pro-Kopf-Geburtenrate hängt unmittelbar mit der Altersstruktur und indirekt mit der Wachstumsrate der Population zusammen (REIJNDERS 1992). Ehemals bejagte, heute geschützte Populationen zeigten in den letzten Jahrzehnten jährliche Zuwächse von 10–13 % (TOUGAARD 1989, HEIDE-JØRGENSEN & HÄRKÖNEN 1988, OLESIUK et al. 1990, ABT 2002). Generell wird der Seehund als k-selektiert eingestuft, ungeachtet dessen war eine rasche Erholung der meisten Bestände nach dem Massensterben durch die Virusepidemien von 1988 und 2002 zu beobachten. HARWOOD & HALL (1990) nehmen eine evolutive Anpassung an derartige, möglicherweise periodisch auftretende Katastrophen an. Nahrung: In Verbindung mit der ihnen eigenen verhaltensbiologischen und ernährungsökologischen Flexibilität zählen Seehunde zu den Generalisten unter den Robben, sie besitzen ein breites Nahrungsspektrum (ORTHMANN 2000). Schwarm- und Plattfische wie Hering (Clupea harengus), Makrele (Scomber scombrus), Kliesche (Limanda limanda), Flunder (Platichthys flesus) und Scholle (Pleuronectes platessa), zu einem geringen Anteil auch Dorsch (Gadus morhua) und Aal (Anguilla anguilla), gehören zu den bevorzugten Beutefischarten (ORTHMANN 2000, DIETZ et al. 2000). Seehunde nehmen ihre Beute vor allem visuell und taktil wahr. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den Vibrissen, d.h. den Schnurrhaaren der Tiere zu, mit denen sie in der Lage sind, auch feinste Strömungen im Wasser aufzuspüren und Wirbelschleppen schwimmender Fische zur Jagd zu nutzen (DEHNHARDT et al. 1998). Der Gehörsinn des Seehunds ist auch im niederfrequenten Bereich sehr gut ausgeprägt (KASTAK & SCHUSTERMAN 1998), ein Umstand, den sich z.B. Fischzüchter zu Nutze machen, um Seehunde mit akustischen Vergrämungsgeräten von ihren Anlagen fernzuhalten (JOHNSTON & WOODLEY 1998). Feinde/Konkurrenten: Bis zur Unter-Schutz-Stellung in den 1960er und 1970er Jahren war der Jagddruck durch den Menschen maßgeblich für die Populationsentwicklung. Heute könnte Nahrungskonkurrenz durch die intensive Fischerei die maximal mögliche Bestandsgröße bestimmen. Genaue Erkenntnisse über die Konkurrenzsituation und deren Auswirkungen auf beiden Seiten sowie auf die Beutebestände gibt es jedoch nicht. Unklar ist auch, inwieweit eine Konkurrenz mit der Kegelrobbe (Halichoerus grypus) auftreten kann; die Nahrungsspektren beider Arten sind jedenfalls ähnlich (REIJNDERS et al. 1997). Angaben zur Ökologie Habitate: Felsküsten und Strände mit vorgelagerten Sandbänken oder Watten sowie Flussmündungen sind die wichtigsten Lebensräume. Essenziell ist das Vorhandensein geeigneter Ruheplätze, die vom Menschen ungestört und vom tiefen Wasser aus zugänglich sind (REIJNDERS 1992). Die Liegeplätze werden saisonal unterschiedlich stark genutzt, aber selbst im Winter kehren die Tiere regelmäßig dorthin zurück (SCHWARZ 1997). Nahrungshabitate sind meist relativ flache Seegebiete mit weichem Bodengrund, die bis zu 60 km von den Ruheplätzen entfernt liegen können (REIJNDERS et al. 1997). Wanderungen: Nach den vorliegenden Kenntnissen vollführen Seehunde in der Ostsee keine weiten Wanderungen. Es besteht jedoch ein Austausch zwischen den benachbarten Kolonien im Bereich der dänischen Inseln (DIETZ et al. 2003). Gelegentlich wandern einzelne Tiere bis in die vorpommerschen Küstengewässer (SCHWARZ et al. 2003). In den letzten Jahren wurden an der Nord- und Ostküste Rügens auch einzelne Jungtiere beobachtet. DIETZ et al. (2003) rüsteten vier Seehunde aus der Kolonie Rødsand (DK) mit Satellitensendern aus. Insgesamt wurden die Tiere 356 „Seehundstage“ lang per Satellit beobachtet. Dabei stellte sich heraus, dass die Seehunde sehr ortstreu waren. Das von ihnen genutzte Gebiet hatte eine mittlere Ausdehnung von 237– 709 km² (95 % Kernel Home Range) und – bei Annahme eines kreisförmigen Streifgebietes - einen Radius von rund 9-15 km. Nur ein einjähriges Tier führte zwischen dem 24.9.2001 und dem 27.2.2002 umfangreichere Streifzüge in der westlichen Ostsee durch. Doch auch bei diesem Tier war der Aktionsradius 95 % der Zeit auf nur rund 15 km rund um die Seehundsbank an der Westspitze des Rødsand beschränkt. Bestandsentwicklung Der Seehund besiedelt die Ostsee mit drei genetisch differenzierten Populationen (NILSSEN 2007): • Kattegat • Südwestliche Ostsee • Kalmarsund (zentrale Ostsee). Im Skagerrak, Kattegat, Limfjord und in der südwestlichen Ostsee lebten im Jahr 2005 etwa 10.100 Tiere (NILSSEN 2007). Der Bestand wurde durch die Staupe-Epidemien 1988 und 2002 stark reduziert, regenerierte 2 sich danach aber sehr schnell wieder und wächst auch gegenwärtig noch. Der Seehundbestand in der südwestlichen Ostsee (Beltsee und Öresund) nahm von 1988 bis 2000 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 11,2 % zu und betrug im Jahr 2001 etwa 900 Tiere (TEILMANN et al. 2003). Liegeplätze befinden sich auf den Inseln Falster und Møn sowie Süd-Lolland und im Öresund (Vitten/Skrollen, Rødsand, Bøgestrømmen, Aunø Fjord, NW Spitze von Falster, Saltholm und auf der südschwedischen Insel Falsterbo; EDRÉN et al. 2004). Die Kolonie von Vitten/Skrollen wurde wahrscheinlich neu gegründet und im Jahr 2000 erstmals erfasst (TEILMANN & HEIDE-JØRGENSEN 2001). Die Staupe-Epidemie im Jahr 2002 führte zu einer zwischenzeitlichen Bestandsabnahme auf ca. 550 Tiere. An der Küste Mecklenburg-Vorpommerns gibt es keine ständig genutzten Liegeplätze von Seehunden. Häufigere Beobachtungen gibt es auf der Lieps (Wismar-Bucht; HERRMANN et al. 2007). An der Küste der Insel Rügen wurden in den letzten Jahren gelegentlich junge Seehunde festgestellt. Die unserer Küste nächstgelegenen Liegeplätze befinden sich in Dänemark auf dem Rødsand (größter Liegeplatz der südwestlichen Ostsee, ca. 200 Tiere im August 2002) sowie Vitten/Skrollen (kleiner Liegeplatz, ca. 10 Seehunde im August 2002; TEILMANN et al. 2003). Die Entfernung dieser Sandbänke zu unserer Küste beträgt nur etwa 50 km. Seehunde, die an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns beobachtet werden, dürften zumeist von diesen Liegeplätzen stammen. Eine dritte, isolierte Seehundpopulation in der Ostsee besiedelt den Kalmarsund und die Küsten der Insel Öland. Diese Population umfasste in den 1970er Jahren nur noch etwa 50 Tiere, ist bis 2006 jedoch wieder auf 530 Individuen angewachsen. Die jährliche Wachstumsrate liegt bei 7-8 % (NILSSEN 2007). Gefährdungsursachen Die Populationen der Nord- und Ostsee wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch starke Bejagung dezimiert (BACH 1999, REIJNDERS 1992). Eine mögliche Gefährdung geht heutzutage vor allem von Tourismus, Fischerei und Industrie aus: • • • • • • Habitatverluste durch Küstenschutzmaßnahmen, Bebauung und intensive Störungen, Störung der Ruhephasen und Jungenaufzucht durch Freizeitaktivitäten, (Bootsverkehr, Surfen), Verletzung oder Tötung durch Kollision mit Wasserfahrzeugen (VOGEL & V. NORDHEIM 1995), Verminderung der Nahrungsgrundlage durch Überfischung, Verletzung oder Ertrinken durch Verfangen in Netzen bzw. Beifang, gesundheitliche Schädigung durch imitierte Schadstoffe (PCB, CKW, Schwermetalle): Immunsuppression, Hyperkortisonismus, Missbildungen, Unfruchtbarkeit (REIJNDERS 1986). In den Jahren 1988 und 2002 führten Staupe-Epidemien zu hohen Verlusten, von denen sich die Bestände jedoch relativ schnell erholten. In der Ostsee wird außerdem eine begrenzte Zahl von Seehunden durch Abschuss getötet. Für 2008 wurden 10-15 Abschüsse aus Dänemark und 8 aus Schweden gemeldet, für 2009 20 in Schweden (dänische Meldung lag nicht vor, HELCOM 2010). Maßnahmen Notwendig sind ein verbesserter Schutz der terrestrischen und aquatischen Habitate vor anthropogener Veränderung (Schadstoffbelastungen und Überfischung). Um eine zukünftige Besiedlung der Küste Mecklenburg-Vorpommerns zu ermöglichen, müssen geeignete, ungestörte Strandabschnitte verfügbar sein. Diese bestehen z.B. am Darßer Ort. Die Sandbank Lieps sowie die Inseln Langenwerder und Kieler Ort in der Wismar-Bucht bieten ebenfalls potentiell geeignete Habitatbedingungen. Da eine Bejagung der Seehunde weder möglich noch sinnvoll ist, haben HAUPT et al. (2001) vorgeschlagen, den Seehund aus der Liste der jagdbaren Tierarten zu streichen. Erfassungsmethoden und Monitoring In Mecklenburg-Vorpommern werden Robben (Kegelrobben und Seehunde) seit Februar 2007 im Rahmen eines Monitoringprogrammes durch regelmäßige Beobachtungen in ausgewählten Gebieten erfasst (HERRMANN et al. 2007, Abb. 1). Beobachtungen außerhalb des Monitoring-Programms werden, sofern sie dem LUNG oder dem Deutschen Meeresmuseum mitgeteilt werden, ebenfalls registriert. Todfunde von Seehunden in gutem Erhaltungszustand werden in Mecklenburg-Vorpommern im Hinblick auf Gesundheitszustand und Todesursache untersucht (HARDER et al. 2007). 3 Abb. 1: Potentielle Robbenliegeplätze an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns, die regelmäßig auf die Anwesenheit von Robben kontrolliert werden. Kenntnisstand und Forschungsbedarf Offene Fragen betreffen die natürliche Regulierung der Populationsgröße (limitierende Umweltfaktoren, populationsdynamische Mechanismen), die Epidemiologie und langfristigen Auswirkungen der Seehundstaupe, die Verbreitung auf See sowie die Konkurrenzsituation mit der Fischerei (aktuelle Daten zur Nahrungszusammensetzung in regionaler und saisonaler Differenzierung, Wechselwirkungen zwischen Seehunden, Fischbeständen und Fischerei). Verbreitungskarte Quelle: Nationaler Bericht der FFH-Arten, http://www.bfn.de/0316_bewertung_arten.html 4 Verbreitungsgebiete der Pflanzen- und Tierarten der FFH-Richtlinie 1365 Phoca vitulina (Seehund) Stand: Oktober 2007 84 88 1 4 4 92 8 8 12 16 20 24 28 32 36 40 56 52 48 44 12 12 16 16 20 20 24 Legende Range der Art 24 Biogeogr. Region Flüsse Deutschland inkl. AWZ 28 28 Bundesländer und AWZ MTB-Gitter 32 32 1 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 0 52 50 56 100 km Bundesweite Vorgaben zum Monitoring und Kriterien für die Bewertung des Erhaltungszustandes (nach Schnitter et al. 2006) Phoca vitulina (LINNAEUS, 1758) Zustand der Population Liegeplätze: Ostsee Liegeplätze: Nordsee Wurfplätze: Ostsee Wurfplätze: Nordsee Populationsstruktur: Ost- und Nordsee Gesundheitszustand: Ost- und Nordsee Habitatqualität 01) Liege- und Wurfplätze: Ost- und Nordsee Nahrungshabitat: Ostsee Nahrungshabitat: Nordsee Beeinträchtigungen (direkte und indirekte) Fischerei Störungen, u.a. durch Schiffsverkehr, Tourismus, Jagd, Militär, Mineralstoffentnahme A B C (hervorragend) (gut) (mittel bis schlecht) viele regelmäßig genutzte einige regelmäßig genutzte einzelne und kurzzeitig entlang der Küste entlang der Küste genutzte (durchgehend von W nach (Ausbreitungstendenz von E) W nach E erkennbar) viele regelmäßig genutzte einige regelmäßig genutzte einzelne und kurzzeitig entlang der gesamten Küste entlang der gesamten Küste genutzte entlang der (inkl. Helgoland) (inkl. Helgoland) gesamten Küste (inkl. Helgoland) viele regelmäßig genutzte einige regelmäßig genutzte nur einzelne etablierte entlang der Küste entlang der Küste lokale oder nur einzelne (durchgehend von W nach (Ausbreitungstendenz von Wurfnachweise E) W nach E erkennbar) viele regelmäßig genutzte einige regelmäßig genutzte einige lokale entlang der gesamten Küste entlang der gesamten Küste (inkl. Helgoland) (inkl. Helgoland) entspricht der natürlichen entspricht weitgehend der überwiegend Alttiere Zusammensetzung (?*) natürlichen Zusammensetzung (?*) keine Krankheiten durch einzelne Tiere mit über 25% der Population Umweltbelastungen Krankheiten durch mit Krankheiten durch Umweltbelastungen Umweltbelastungen A B C (hervorragend) (gut) (mittel bis schlecht) störungsfreie Sandbänke störungsarme Sandbänke kleine störungsarme oder Küstenabschnitte und Strände Strandabschnitte viele regelmäßig genutzte einige regelmäßige nur sporadisch genutzte, entlang der Küste genutzte entlang der Küste, weite Wanderungen (durchgehend von W nach z.T. Wanderungen zwischen zwischen Liegeplätzen und E) in unmittelbarer Nähe Liegeplätzen und Nahrungshabitaten Nahrungshabitaten und unmittelbar erreichbar erforderlich von den Liegeplätzen; erforderlich; ungestörte ungestörte Wanderkorridore zwischen Wanderkorridore zwischen den Gebieten und in andere den Gebieten und in andere Meeresgebiete vorhanden Meeresgebiete vorhanden viele regelmäßig genutzte einige regelmäßig genutzte nur sporadisch genutzte entlang der gesamten Küste entlang der gesamten Küste entlang der gesamten Küste (inkl. Helgoland) in (inkl. Helgoland), (inkl. Helgoland), unmittelbarer Nähe und z.T. Wanderungen zwischen weite Wanderungen unmittelbar erreichbar von Liegeplätzen und zwischen Liegeplätzen und den Liegeplätzen; Nahrungshabitaten Nahrungshabitaten erforderlich; erforderlich ungestörte ungestörte Wanderkorridore zwischen Wanderkorridore zwischen den Gebieten und in andere den Gebieten und in andere Meeresgebiete vorhanden Meeresgebiete vorhanden A B C (keine bis gering) (mittel) (stark) keine Beeinträchtigungen nur wenige häufig und regelmäßig durch Fischereiaktivitäten beeinträchtigende beeinträchtigende Fischereitechniken in der Fischereitechniken in der Nähe der Liegeplätze und in Nähe der Liegeplätze und in den Nahrungs- und den Nahrungs- und Wanderungshabitaten Wanderungshabitaten keine innerhalb der sehr seltene innerhalb der unregelmäßige innerhalb Fluchtdistanz Fluchtdistanz, seltene der Fluchtdistanz, häufiger innerhalb der “Zone innerhalb der “Zone erhöhter Aufmerksamkeit“ erhöhter Aufmerksamkeit“ 6 Umweltbelastungen keine geringe (s. Gesundheitszustand) nur vernachlässigbare mittlere (s. Gesundheitszustand) Technische Eingriffe keine mit Auswirkungen auf das Raum-Zeit-Muster der Tiere im Gebiet Verlärmung im keine geringe Intensitäten und mittlere Intensitäten Nahrungshabitat kurzzeitig bzw. selten (?*) und/oder länger andauernd bzw. häufiger (?*) ?* - Für eine quantitative Einschätzung dieses Parameters liegen zurzeit noch nicht genügend Ergebnisse aus der Seehundforschung vor. Bemerkungen/Erläuterungen: 01) Da zurzeit an der deutschen Ostseeküste keine Seehundkolonien vorkommen, konnte die Qualität der Küstenhabitate lediglich in Analogie zu den Vorkommen in Dänemark und Schweden bzw. an der Nordsee eingeschätzt werden. Literatur: ABT, K.F. (2001): Seehund (Phoca vitulina) und Kegelrobbe (Halichoerus grypus). In: FARTMANN, T., DIETZ, R., TEILMANN, J., HENRIKSEN, O.D. & LAIDRE, K. (2001): Satellite tracking as a tool to study potential effects of offshore wind farm on seals at Rødsand, Technical Report. 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