Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Gliederung 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Grundlagen Analyse der Laufzeit von Algorithmen Untere Schranken für algorithmische Probleme Sortier- und Selektionsverfahren Paradigmen des Algorithmenentwurfs Ausgewählte Datenstrukturen Algorithmische Geometrie Umgang mit algorithmisch schwierigen Problemen • • • 5/4, Folie 1 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Divide and Conquer Dynamisches Programmieren Greedy-Algorithmen Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Gliederung ... weiteres Vorgehen • wir schauen uns ein Beispiel für einen Greedy-Algorithmen in der Graphentheorie genauer an • Algorithmus von Kruskal zum Bestimmen minimal spannender Bäume in ungerichteten kantengewichteten Graphen ... wir wählen einen anderen Blick auf diesen bekannten StandardAlgorithmus (/* Ziel: zeigen, dass dieser Algorithmus das leistet, was er leisten soll */) 5/4, Folie 2 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Grundbegriffe • ungerichteter kantengewichteter Graph G = (V,E,w(.)), wobei gilt: • • • • 5/4, Folie 3 V ist die Menge der Knoten von G E { { u,v } | u,v V } w(.) ist eine Funktion, die jeder Kante in e E ihr Gewicht, d.h. eine Zahl w(e) zuordnet das Gewicht w(G) eines ungerichteten kantengewichteten G entspricht der Summe der Gewichte der Kanten von G © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Grundbegriffe (cont.) 5/4, Folie 4 • ein ungerichteter Graph G ist zusammenhängend, wenn für jedes Knotenpaar (u,v) gilt, dass es in G einen Pfad gibt, der vom Knoten u zum Knoten v geht • ein ungerichteter Graph G ist kreisfrei, wenn es für keinen Knoten u in G ein Pfad mit einer Länge größer 2 gibt, der vom Knoten u zum Knoten u geht • ein ungerichteter Graph G ist ein Baum, wenn G zusammenhängend und kreisfrei ist © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume zentraler Begriff 5/4, Folie 5 • • es sei G = (V,E) ein ungerichteter Graph es sei G‘ = (V‘,E‘) mit V‘ V und E‘ E ein Baum • G‘ ist ein spannender Baum in G, falls V‘ = V gilt © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume grundlegende Eigenschaft spannender Bäume • • es sei G = (V,E) ein ungerichteter Graph es sei G‘ = (V‘,E‘) ein spannender Baum in G • dann gilt: G‘ hat genau eine Kante weniger als es Knoten in G gibt, d.h. |E‘| = |V| - 1 ... wenn G‘ weniger Kanten hat, kann G nicht zusammenhängend sein, und wenn G‘ mehr Kanten hat, kann G nicht kreisfrei sein 5/4, Folie 6 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume grundlegende Eigenschaft zusammenhängender Graphen • es sei G = (V,E) ein ungerichteter zusammenhängender Graph • dann gilt: Es gibt einen spannenden Baum G‘ = (V‘,E‘) in G. ... das zeigt man am besten induktiv über die Anzahl der Knoten in G 5/4, Folie 7 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume noch ein zentraler Begriff (cont.) 5/4, Folie 8 • es seien G = (V,E) ein ungerichteter Graph und w(.) eine Gewichtsfunktion, d.h. (V,E,w(.)) ist ein ungerichteter Graph • es sei G‘ = (V‘,E‘) ein spannender Baum für G • G‘ ist ein minimal spannender Baum für G, falls es keinen spannenden Baum G‘‘ = (V‘‘,E‘‘) für G gibt, so dass w(G‘‘) < w(G‘) gilt © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume interessierendes Optimierungsproblem (/* Minimierungsproblem */) zulässige Eingaben: Zulässige Ausgaben: 5/4, Folie 9 © 2014 Prof. Steffen Lange - • ungerichteter zusammenhängender Graph G = (E,V) • Gewichtsfunktion w(.) • einen minimal spannenden Baum G‘ in G HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Algorithmus von Kruskal zur Bestimmung minimal spannender Bäume 5/4, Folie 10 • klassischer Greedy-Algorithmus (/* aber für ein Minimierungsproblem */) • bevor wir den Algorithmus beschreiben und analysieren, brauchen wir noch eine Hilfsbegriff und ein „kleines“ Resultat © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Hilfsbegriff 5/4, Folie 11 • • es sei G = (V,E) ein ungerichteter Graph es sei E‘ E • dann bezeichnen wir mit V(E‘) die Menge der Knoten, die Ecken von Kanten in E‘ sind • den ungerichteten Graphen G‘ = (V(E‘)‘,E‘) nennen wir den durch E‘ induzierten Teilgraphen von G © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume ein „kleines“ Resultat • • es sei G = (V,E) ein ungerichteter Graph es sei E‘ E • dann gilt: Wenn E‘ genau eine Kante weniger enthält, als es Knoten in G gibt, und der durch E‘ induzierte Teilgraph G‘ = (V(E‘),E) kreisfrei ist, so ist G‘ auch zusammenhängend, d.h. G‘ ist dann auch ein spannender Baum in G. ... das zeigt man am besten induktiv über die Anzahl der Knoten in G 5/4, Folie 12 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Algorithmus von Kruskal (/* Details */) • • es sei G = (V,E) ein ungerichteter Graph es sei w(.) eine Gewichtsfunktion, die jeder Kante e V ein Gewicht w(e) zuordnet 1. sortiere die Kanten in G aufsteigend nach ihrem Gewicht (/* Ergebnis: e1,e2,...,en mit w(e1) ≤ w(e2) ≤ ... ≤ w(en) */) 2. setze E‘ = und i = 1 3. while ( |E‘| < |V| - 1 ): 4. 5/4, Folie 13 • teste, ob der von E‘‘ = E‘ { ei } induzierte Teilgraph G‘‘= (V(E‘‘),E) kreisfrei ist • falls ja, setze E‘ = E‘‘ • setze i = i +1 gib den durch E‘ induzierten Teilgraphen G‘ = (V‘,E‘) aus © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Beispiel B 1 2 1 A C 2 3 3 2 2 3 D E 2 {A,C},{B,C},{A,B},{A,E},{B,D},{C,D},{D,E},{A,D},{B,E},{C,E} 5/4, Folie 14 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Beispiel (cont.) B 1 2 E‘ = { {A,C} } 1 A C 2 3 3 2 2 3 D E 2 {A,C},{B,C},{A,B},{A,E},{B,D},{C,D},{D,E},{A,D},{B,E},{C,E} 5/4, Folie 15 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Beispiel (cont.) B 1 2 E‘ = { {A,C},{B,C} } 1 A C 2 3 3 2 2 3 D {A,C},{B,C},{A,B},{A,E},{B,D},{C,D},{D,E},{A,D},{B,E},{C,E} 5/4, Folie 16 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik E Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Minimal aufspannende Bäume Beispiel (cont.) B 1 2 E‘ = { {A,C},{B,C} } 1 A C 2 3 3 2 2 3 D {A,C},{B,C},{A,B},{A,E},{B,D},{C,D},{D,E},{A,D},{B,E},{C,E} 5/4, Folie 17 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik E Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Beispiel (cont.) B 1 2 E‘ = { {A,C},{B,C},{A,E} } 1 A C 2 3 3 2 2 3 D E 2 {A,C},{B,C},{A,B},{A,E},{B,D},{C,D},{D,E},{A,D},{B,E},{C,E} 5/4, Folie 18 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Beispiel (cont.) B 1 2 E‘ = { {A,C},{B,C},{A,E},{B,D} } 1 A C 2 3 3 2 2 3 D E 2 {A,C},{B,C},{A,B},{A,E},{B,D},{C,D},{D,E},{A,D},{B,E},{C,E} 5/4, Folie 19 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Beispiel (cont.) B 1 2 E‘ = { {A,C},{B,C},{A,E},{B,D} } 1 A C 2 3 3 2 2 3 D E 2 {A,C},{B,C},{A,B},{A,E},{B,D},{C,D},{D,E},{A,D},{B,E},{C,E} 5/4, Folie 20 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Analyse und Diskussion • der Algorithmus von Kruskal benötigt O(|E|*log(|E|)) + |E|*O(|V|) viele Rechenschritte, um als Ergebnis einen kreisfreien Teilgraphen von G mit höchstens |V| - 1 Kanten zu bestimmen • • O(|E|*log(|E|)) viele Rechenschritte, um die Kanten von G nach ihrem Gewicht zu sortieren jeweils O(|V|) viele Rechenschritte, um zu überprüfen, ob der durch E‘‘ induzierte Teilgraph G‘‘ = (V(E‘‘),E‘‘) kreisfrei ist (/* wir wissen, dass |V(E‘‘)| ≤ |V| und |E‘‘| ≤ |V| -1 gilt und dass man mit Hilfe der Tiefensuche in der Zeit O(|V‘‘|+|E‘‘|) überprüfen kann, ob G‘‘ kreisfrei ist */) ... zu zeigen bleibt, dass der Algorithmus von Kruskal einen minimal spannenden Baum in G bestimmt 5/4, Folie 21 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume das zugehörige Teilmengensystem • es sei G = (V,E) ein ungerichteter Graph • wir betrachten folgendes Teilmengensystem (E,U): • • die verwendete endliche Menge E ist genau die Menge der Kanten von G U enthält alle Teilmengen E‘ E für die gilt: • 5/4, Folie 22 der durch E‘ induzierte Teilgraph G‘ = (V(E‘),E‘) ist kreisfrei © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Anmerkungen • man kann sich leicht davon überzeugen, dass das Teilmengensysstem (E,U) wirklich ein Teilmengensystem ist • wir wissen, dass es in U nur Teilmengen E‘ mit |E‘| ≤ |V| - 1 gibt • da G = (V,E) ein zusammenhängender Graph ist, wissen wir auch, dass es in U eine bzgl. maximale Teilmenge E‘ mit |E‘| = |V| - 1 gibt ... zu zeigen bleibt, dass das Teilmengensystem (E,U) die Austauscheigenschaft hat 5/4, Folie 23 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Nachweis der Austauscheigenschaft • es seien E1 und E2 zwei Teilmengen aus U mit |E1| < |E2| • es seien G1 = (V(E1),E1) und G2 = (V(E2),E2) die von E1 und E2 induzierten kreisfreien Teilgraphen von G • wir interessieren uns für die Zusammenhangskomponenten des Teilgraphen G1 • man kann die Kanten des Teilgraphen G2 in zwei Klassen zerlegen: • • 5/4, Folie 24 Klasse 1: alle Kanten in G2, deren Ecken Knoten einer Zusammenhangskomponente in G1 verbinden Klasse 2: alle anderen Kanten in G2 © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Nachweis der Austauscheigenschaft (cont.) 5/4, Folie 25 • Beobachtung: in der Klasse 1 können nur so viele Kanten enthalten sein, wie es Kanten in G1 gibt (/* andernfalls wäre G2 nicht kreisfrei */) • da G2 mehr Kanten als G1 hat, gibt es mindestens eine Kante e in G2, die zur Klasse 2 gehört • wir setzen nun E‘ = E1 { e } • da die Ecken der Kante e zu unterschiedlichen Zusammenhangskomponenten des durch E1 induzierten Teilgraphen G1 gehören, muss der von E‘ induzierte Teilgraph G‘ = (V(E‘),E‘) kreisfrei sein • also gehört die Teilmenge E‘ zu U © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik Kapitel 5: Paradigmen des Algorithmenentwurfs Beispiel – Minimal spannende Bäume Zusammenfassung 5/4, Folie 26 • der kanonischen Greedy-Algorithmus für das Teilmengensystem (E,U) arbeitet offenbar genauso, wie der Algorithmus von Kruskal, bei Eingabe eines zusammenhängenden ungerichteten Graphen G = (V,E) und einer Gewichtsfunktion w(.) • da das zu G gehörende Teilmengensystem (E,U) die Austauscheigenschaft hat, bestimmt der kanonische Greedy-Algorithmus eine bzgl. w(.) gewichtsminimale Teilmenge E‘ in U • also ist der vom Algorithmus von Kruskal bestimmte Teilgraph G‘ = (V(E‘),E‘) ein minimal spannender Baum in G © 2014 Prof. Steffen Lange - HDa/FbI - Algorithmik