Lärm ! Lärm ist hörbarer Schall (z.B. Maschinengeräusch, laute Musik, Straßenverkehr …), der den Menschen belästigt oder sogar gesundheitlich schädigt. Jeder als störend empfundene Schall ist Lärm. Das Gehör kann geschädigt werden. Lärm ist ein Zeichen für Gefahr (Lärm und Alarm haben die gleiche Wortwurzel) und kann schon bei relativ niedrigen Lautstärken wie ein Stressfaktor wirken und bei längerer Dauer die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden des Menschen erheblich beeinträchtigen. Lärm schädigt das Ohr/Gehör: Die Sinnenzellen im Innenohr können so stark geschädigt werden, dass sie sich nie wieder erholen. Ab einer Schallbelastung von 85 dB 40 Stunden/Woche beginnt die Gefahr einer Hörschädigung. Ab 90 dB sind alle Ohren auf Dauer gefährdet – egal ob der Schall als angenehm (z.B. laute Musik) oder als belästigend (z.B. Flugzeuglärm) empfunden wird. 40 Stunden bei 85 dB sind genauso schlimm wie 20 Stunden bei 88 dB, 10 Stunden bei 91 dB oder 4,3 Minuten bei 105 dB (z.B. auf der Tanzfläche einer lauten Disco – und davon gibt es eine Menge) Eine am Ohr abgefeuerte Zündplättchen-Spielzeugpistole kann eine Lautstärke von bis zu 180 dB erreichen. Manche Spielzeug-Handys sind, direkt ans Ohr gehalten, lauter als ein Düsenjet in 15 m Entfernung oder eine Trillerpfeife in 1 m Entfernung. (Computer-Bild: lautestes Handy 133 dB). Lärm belästigt und belastet: Lärm als psychosozialer Stressfaktor aktiviert das autonome Nervensystem und das hormonelle System. Lärm muss keineswegs laut sein. Nur bei gehörschädigendem Lärm spielen physikalische Messungen eine Rolle, bei lästigem Lärm können zwischen den technischen Werten einerseits und den Empfindungen oft Welten liegen. Lästiger Lärm wirkt auf die Psyche, also auf das Gehirn und verursacht Stress. Die Ohren können nicht abgeschaltet werden, alle akustischen Informationen werden automatisch an das Gehirn zur Verarbeitung weitergeleitet, und zwar unabhängig davon, ob der Lärm wahrgenommen wird oder nicht. Die Hörbahnen haben im Gehirn Verbindung zu den „Furchtzentren“ im Mandelkern. Von dort werden hypothalamische Bezirke aktiviert, die die Ausschüttung von Stresshormonen (Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol) bewirken. In der menschlichen Frühzeit war dieser Mechanismus überlebenswichtig und führte zu Flucht oder Kampf. Adrenalin und Noradrenalin werden schnell abgebaut (nach ca. 5-10 min.), Cortisol erst nach 1-2 Stunden. Durch wiederholte Lärmbelastungen kann es somit nachts zu einer dauerhaften Cortisol-Spiegelerhöhung kommen. In der vagotropen Nachtphase ist der Abbau erheblich langsamer als am Tag. Die Erhöhung des Cortisolspiegels kann verschiedene gesundheitliche Auswirkungen haben: Hemmung der Glukoseverwertung (Diabetes Mellitus) Eiweiß-Knochenabbau(Osteoporose) Immunsuppression Cholesterinanstieg Steigerung der Magensaftproduktion Erhöhter Blutdruck. Diese Erkrankungen sind weit verbreitet, haben verschiedene Risikofaktoren. Die Differenzierung der verschiedenen Faktoren, die zur Erkrankung führen, ist schwierig. Wirkung eines Geräusches hängt ab von akustischen Geräuschmerkmalen Lautstärke; Dauer; zeitlicher Verlauf -gleichbleibend schwankend impulsartig-; Frequenzzusammensetzung (je höher die Frequenz desto störender ist der Schall); Häufigkeit… Geräuschart Naturgeräusche; Musik; Sprache; Geräusche am Arbeitsplatz; Straßen-, Schienen-, Flugverkehr; Baustellen; Gaststätten; Sport Zeitpunkt allgemein (tags, nachts, sonntags, feiertags) individuell (Wach-Schlafzustand, Arbeiten, Wohnen, Erholen, Konzentrationszustand, körperliche – geistige Arbeit) Ortsüblichkeit der Geräusche Wohngebiet, Mischgebiet, Gewerbegebiet Informationsgehalt und Bedeutung des Geräusches Tropfender Wasserhahn, Wimmern des Babys für Mutter/Fremden, Musik als Wohlklang oder Ruhestörung Geräuschempfindlichkeit des Betroffenen Persönlichkeitsmerkmale situative Empfindlichkeit (Ermüdete und Kranke fühlen sich stärker gestört als Ausgeruhte und Gesunde) Einstellung zur Geräuschquelle Zuneigung/Neid auf Geräuschverursacher (unfreiwillig Beschallte fühlen sich stärker gestört als Lärmverursacher) geräuschvolle Tätigkeit sinnvoll/unsinnig Geräusch vermeidbar/unvermeidbar geräuschverursachendes Geräusch allgemein anerkannt/abgelehnt Lärm, insbesondere auch Verkehrslärm, ist ein Risikofaktor für eine Reihe von Krankheiten. Veröffentlichungen des Bundesumweltamtes und andere Studien untermauern den Zusammenhang zwischen Straßenverkehrslärm und Herzinfarkt: Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden steigt bei Männern um bis zu 30%, falls sie längere Zeit in Gebieten mit hohem Verkehrslärm wohnen, deren mittlerer Schallpegel im Außenbereich am Tag über 65 dB (A) liegt. Jährlich müssten demnach ca. 4000 Herzinfarkte dem Straßenverkehrslärm zugeschrieben werden. Es besteht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung. Bei Frauen steigt das Herzinfarktrisiko insbesondere durch nächtlichen Fluglärm. Personen, die nachts vor ihrem Schlafzimmerfenster einen mittleren Schallpegel von 55 dB oder mehr hatten, hatten ein fast doppelt so hohes Risiko wegen eines Hypertonus in Behandlung zu sein, als diejenigen, bei denen der Mittelwert unter 50 dB lag. Das Risiko war größer, wenn nur Personen betrachtet wurden, die mit offenem Fenster schliefen. Zwischen Fluglärm und erhöhtem Arzneimittelverbrauch besteht ein direkter Zusammenhang. Fluglärm führt dazu, dass die Betroffenen häufiger den Arzt aufsuchen und die Ärzte diesen mehr Medikamente verschreiben. Es zeigen sich statistische Zusammenhänge zwischen Belastungen durch nächtliche Verkehrsgeräusche und Beeinträchtigungen des Immunsystems und des Stoffwechsels. Zusammenhänge bestehen zwischen der Häufigkeit ärztlicher Behandlung von psychischern Störungen und subjektiv empfundener Störung durch Lärm am Tag. Der menschliche Organismus reagiert während der nächtlichen Ruhephase empfindlicher auf Lärm als in der aktiven Phase am Tag. Die Stresswirkung ist 10fach stärker als am Tag. (Bei vielen Anwohnern lauter Straßen wurden nachts erhöhte Cortisolwerte festgestellt). Ausschüttung von Cortisol und Noradrenalin war bei einer verkehrsbelasteten Gruppe (53-69 dB nachts) signifikant erhöht. Unter Schlaflaborbedingungen führen kontinuierliche Geräusche von über 40 dB (A) zu verzögertem Einschlafen und Wiedereinschlafen, verringerter Traumtiefe, verkürzten Traumschlafzeiten, verlängerten Wachzeiten und Verschlechterungen der subjektiven Schlafqualität und der morgendlichen Leistungsfähigkeit. Personen, die über einen längeren Zeitraum hoher Lautstärke (über 80 dB) ausgesetzt sind, entwickeln mit höherer Wahrscheinlichkeit einen gutartigen Hirntumor. Die Gefahr eines Akustikusneurinoms ist 1 ½ mal so hoch. (American Journal of Epidemiology, Feb. 06) Chronischer Lärm scheint v.a. komplexe kognitive Fähigkeiten von Kindern zu beeinträchtigen, wie z.B. Lesen, ein Problem lösen, Beschäftigung mit einer schwierigen Materie. Lärm stört die Kommunikation. Unter Lärm lässt die Hilfsbereitschaft nach. Ein hilfesuchender Mitbürger erfuhr unter Lärmbedingungen deutlich mehr Ablehnung oder Nichtbeachtung. Laute Geräusche verunsichern und verwirren. (in ruhiger Umgebung kann der Mensch eine rel. weite Umgebung mit dem Gehör akustisch überblicken; man kann hören, was vor sich geht, das gibt Sicherheit.) Aufmerksamkeit von Passanten ist eher auf eigene Ziele gerichtet, Lärm löst natürliche Fluchtreflexe aus. In lauter Umgebung liefen Fußgänger schneller und eher mit starrem Blick nach vorne, auffällige Zeichen wurden weniger bemerkt. Provokante Schlussbemerkung (Prof. Dr. Barbara Griefahn, Lärmforscherin am Institut für Arbeitsphysiologie Dortmund): Lärm macht doof. Lärm macht einsam. Lärm macht krank. Zur Vermeidung lärmbedingter Schlafstörungen sollten die Mittelungspegel im Schlafraum 30 dB und die Einzelgeräusche 45 dB (A) nicht überschreiten. Bei gekippten Fenstern scheinen Außenpegeln nachts von unter 40 dB und tagsüber unter 50 dB unbedenklich. Kinder Nutz-Störschalldiskrimination Weghören wird gefördert HNO Phoniatrie Für mich ist Lärm natürlich in erster Linie aufgrund seiner gehörschädigenden Wirkung von Bedeutung. Lärmtag, liest man viel auch mit Auswirkungen außerhalb des Gehörs. Insbesondere auch dieser lästige Lärm ist heute und ja auch hier ein wichtiges Thema. 70% aller Deutschen fühlen sich durch Straßenverkehrslärm gestört. Nachbarschaftslärm zweitwichtigste Belästigungsursache. Akustische Vermüllung, Überall und ständig von Lärm umgeben, keine stillen Plätze mehr, keine stillen Zeiten. Lärm breitet sich exponentiell aus, es gibt immer mehr Orte und Zeiten mit Beschallung. Lärm wird immer lauter, Lärmpegel in Industrieländern nimmt jährlich um 0,5-1 dB zu. Eine Polizeisirene war 1912 88 dB laut, heute 120 dB. R. Koch Lärm muss so bekämpft werden wie die Cholera Dennoch schwer, harte Daten zu finden, insbesondere in Bezug auf Belästigung durch Lärm und deren Auswirkungen und Folgen. Eine scharfe Grenze, ab der alle Menschen gleich beeinträchtigt wären, gibt es nicht.