Energieökonomie Prof. Dr. Renate Schubert, Dr. Helga Fehr, Rana Nag Institut für Umweltentscheidungen (IED) 17.4./24.4.2007 4 Energieangebot: Erneuerbare Energieträger 4.1 Das Schaefer-Modell 4.2 Wasserkraft 4.3 Biomasse 4.4 Windenergie 4.5 Solarenergie 4.6 Fazit 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 2 Lernziele Kapitel 4 Ökonomische Grundprinzipien der Ausbeutung erneuerbarer Ressourcen kennen Wichtige energieökonomisch relevante Aspekte konkreter erneuerbarer Energieträger kennen Grundvorstellungen von der Bedeutung erneuerbarer Energieträger für global nachhaltige Energiesysteme haben 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 3 R g ( R) 4.1 Das Schaefer-Modell Idee: Zeigen, wie man eine erneuerbare natürliche Ressource so nutzen kann, dass die Nutzung ökologisch nachhaltig und ökonomisch gewinnbringend ist Basis dabei: Modell stammt aus Biologie; zeigt zunächst den Zusammenhang zwischen Wachstum und Höhe des Ressourcenbestands R g ( R) 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 4 4.1 Das Schaefer-Modell – EinperiodenFall 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 5 4.1 Das Schaefer-Modell – EinperiodenFall Ziel: optimale Erntemenge h pro Periode bestimmen Modell: C C Gewinn ( Erlös Kosten) p h C ( R, h); 0, 0 R h R g ( R) h 0 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 6 4.1 Das Schaefer-Modell – EinperiodenFall L p h C ( R , h ) [ g ( R ) h ] L C p 0 h h L C g 0 R R R L g ( R) h 0 C GK R CR g GE gR R 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 7 4.1 Das Schaefer-Modell – EinperiodenFall Interpretation: Der gewinnmaximierende Ressourceneigner hält sich an die Preis=Grenzkosten-Regel Die Differenz zwischen Preis und Grenzkosten ist aber nicht gleich null, sondern positiv Die positive Differenz entspricht dem Nutzungspreis der Ressource, dem Preis für die Ressourcenpflege CR p Ch gR 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 8 4.1 Das Schaefer-Modell – EinperiodenFall 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 9 4.1 Das Schaefer-Modell – MehrperiodenFall Bei Betrachtung mehrerer Perioden andere Gewinnfunktion des Ressourceneigners max V G (t )e rt dt 0 Nebenbedingung: R g R(t ) h(t ) 0 Ergebnis der Maximierung: CR p Ch gR r 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 10 4.1 Das Schaefer-Modell – MehrperiodenFall Interpretation: Diskontierungssatz = 0 Lösung wie bisher Grösseres r kleinere Preis-Grenzkosten- Differenz höhere Erntemenge Je grösser r desto attraktiver ist frühe Ernte 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 11 4.1 Das Schaefer-Modell – MehrperiodenFall Gründe für „Überausbeutung“ erneuerbarer Ressource: Ressourceneigner hat nicht das Ziel der Bestandserhaltung bzw. Eigentumsrechte an der Ressource nicht eindeutig zugeordnet CR wird unterschätzt Die gR -Kurve wegen mangelnder Sorgfalt im Umgang mit der Ressource zu tief; bei gegebenem R gR zu gross r des Ressourceneigners höher als die Diskontierungsrate der Gesellschaft 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 12 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 13 Grundsätzliches zur praktischen Nutzung erneuerbarer Energieträger Grundproblem der erneuerbaren Energieträger: Häufig diskontinuierlich verfügbar (zeitlich, räumlich) Häufig geringe Energiedichte und hoher Flächenbedarf grosse Infrastrukturanforderungen Bisher nur 13% des weltweiten Primärenergieeinsatz aus erneuerbaren Ress. (World Energy Outlook 2006, p.66; Zahlen für 2004) 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 14 4.2 Wasserkraft Ca. 20% der Welt-Stromproduktion stammen aus Wasserkraft In Form von Speicherkraftwerken kann auch Spitzenenergie bereit gestellt werden Grosse Wasserkraftwerken (StaudammProjekte) sind problematisch (Umsiedlungen/ Methanabsonderung/ Behinderung von Fischzügen/ Versalzung von Flussdeltas Keine Nachhaltigkeit 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 15 4.3 Biomasse Wichtigster Energieträger in besonders armen Ländern Verbrauch nur schwer abzuschätzen, da ein grosser Teil individuell gesammelt wird (nicht auf Märkten verkauft) Grobe Schätzung: Aus Biomasse kommen ca. 10,5% des Weltenergie-Einsatzes 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 16 4.3 Biomasse Grösste Konsumenten: China (15% des Endenergiebedarfs), Indien (30%), Brasilien (25%), Indonesien (30%), Afrika (bis zu 80%) OECD-Länder: 1-4%; Finnland 12,5% Probleme bei der Nutzung: häufig sehr geringe Effizienz/ geringe Energieintensität (pro qm)/ Gesundheitsbeeinträchtigungen Aktuell: vor allem als Treibstoff gefragt Problem der Nutzungskonkurrenz des Bodens Nachhaltigkeit? 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 17 4.4 Windenergie Führende Länder: Dänemark und Deutschland (grösste installierte Leistung an Windturbinen weltweit) Anteil an Stromproduktion in D: 2,5% (2000) Staatliche Förderung durch Subventionierung + Abnahmegarantie für produzierte Windenergie Gestehungspreis (8,8 Euro-Cent pro KWh) > Spotpreis (3,5 Euro-Cent pro KWh) 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 18 4.4 Windenergie Probleme: Gefährlich für Zugvögel/ visuelle Umweltverschmutzung/ Geräuschbelästigung Lösungswege z.T. gemäss Coase (Kompensationszahlungen) Bestandteil einer global nachhaltigen Energiestrategie Vorübergehende Subventionierung kann Sinn machen 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 19 4.5 Solarenergie Auch hier hohe Gestehungskosten und visuelle Umweltverschmutzung Grosser Flächenbedarf (1000fach mehr als fossile Kraftwerke) Vorteil: modular einsetzbar/ kein Netzanschluss notwendig Beispiele: solare Parkuhren/ Solar Home Systems Wichtigstes Element global nachhaltiger Energiesysteme 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 20 4.6 Fazit Viele erneuerbare Energieträger sind geeignete Bestandteile global nachhaltiger Energiesysteme Vielfach sind die erneuerbaren Energieträger „zu teuer“ wegen nicht-internalisierter externer Effekte fossiler und nuklearer Energieträger Vorübergehende Subventionen und entsprechende Energiepolitik sind sinnvoll bzw. wichtig 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 21 Übung vom 8. Mai 2007 Spitzenlasttarifierung Literatur Steiner, P. O. (1957). Peak Loads and Efficient Pricing. Quarterly Journal of Economics 71(4): 585-610. Section I und Problem 1a des Mathematical Appendix Aufgabenstellung Erklären Sie anhand von Beispielen aus der Praxis: Was sind Spitzenlasten und worin besteht die Problematik der effizienten Preissetzung? Wie verteilen sich die optimalen Produktionsmengen auf die verschiedenen Zeitperioden? Warum ist es sinnvoll, dasselbe Produkt in unterschiedlichen Zeitperioden zu verschiedenen Preisen zu handeln? 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 22 5 Energienachfrage und global nachhaltige Energiesysteme 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 23 5 Energienachfrage und global nachhaltige Energiesysteme 5.1 5.2 5.3 5.4 17.4./24.4.2007 Determinanten der Energienachfrage Steuerung der Energienachfrage und des Energieangebots Global nachhaltige Energiesysteme Der Klimawandel und seine Kosten Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 24 5.1 Determinanten der Energienachfrage Determinanten aus mikroökonomischer Sicht: - Preise der Energieträger und Preiselastizitäten der Nachfrage - Präferenzen der Nachfrager - Höhe der verfügbaren Einkommen und Einkommenselastizitäten der Nachfrage vor allem Preise als Ansatzpunkt für Wirtschaftspolitik 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 25 5.1 Determinanten der Energienachfrage Determinanten aus makroökonomischer Sicht: EN = B x Y/B x EN/Y B: Bevölkerungsgrösse Y/B: Pro-Kopf-Einkommen EN/Y: Energieintensität (Kehrwert: Energieproduktivität) Energieintensität als wichtige Steuergrösse 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 26 5.2 Steuerung der Energienachfrage und des Energieangebots Steuerung der Energienachfrage: Quantitativ: Energienachfrage sollte weniger steigen als Bevölkerung und Einkommen (Entkoppelung) Qualitativ: Energienachfrage sollte sich künftig stärker auf erneuerbare Energieträger konzentrieren Instrumente: Preissteuerung, Mengensteuerung 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 27 5.2 Steuerung der Energienachfrage und des Energieangebots Steuerung des Energieangebots: Quantitativ: - Weltweit genügend Energie verfügbar (mindestens 500 KWh pro Kopf und Jahr) - Energieausgaben am Haushaltseinkommen < 10% - Zugang zu moderner Energie für alle Qualitativ: Erneuerbare Energieträger stärken Instrumente: Preissteuerung, Mengensteuerung 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 28 5.3 Global nachhaltige Energiesysteme Energieproduktivität erhöhen (BIP pro Energieeinsatz) Erhöhung von 1,6% als Ziel Erreichbar z.B. durch CO2-Steuer/ Kennzeichnungspflichten Erneuerbare Energien erheblich ausbauen EU: bis 2020 20%; bis 2050 50% als Ziel Nationale + handelbare Quoten Markteinführungsstrategien 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 29 5.3 Global nachhaltige Energiesysteme Aus der Kernkraft aussteigen Internationale Verhandlungen + schärfere Vorschriften für Lagerstätten notwendig Internationale Zusammenarbeit auf nachhaltige Entwicklung ausrichten Nachhaltige Energieversorgung in Armutsbekämpfung integrieren (PRSP) Nationale Entwicklungsbanken stärken 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 30 5.3 Global nachhaltige Energiesysteme Handlungsfähigkeit der Entwicklungsländer stärken Wirtschaftliche und soziale Entwicklung fördern Ggfs. neue Entschuldungsinitiative Regulatorische und privatwirtschaftliche Elemente in Entwicklungsländern kombinieren Angebot: Liberalisierung + Privatisierung mit staatlichen Standards ergänzen Nachfrage: Kaufkraft von Armutsgruppen erhöhen 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 31 5.3 Global nachhaltige Energiesysteme – Rahmenbedingungen Finanzmittel für globale Energiewende mobilisieren: Privates Kapital (PPP)/ EZ-Mittel/ Innovative Finanzierungsinstrumente/Globale Umweltfazilität (UNDP, UNEP, Weltbank) stärken Modellprojekte und Energiepartnerschaften Beispiel: EU + Nordafrika zur Nutzung von Solarenergie 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 32 5.3 Global nachhaltige Energiesysteme – Rahmenbedingungen Forschung und Entwicklung vorantreiben Die Ausgaben für Energieforschung sollen bis 2020 in allen Industrieländern verzehnfacht werden (WBGU Politikpapier Nr. 5) Institutionen globaler Energiepolitik bündeln und stärken Beispiele: Quoten für erneuerbare Energien/ Gründung einer globalen Agentur für erneuerbare Energien 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 33 5.4 Der Klimawandel und seine Kosten Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses seit dem Stern-Report vom Herbst 2006 Versuch, die Kosten der Erderwärmung und den Nutzen von Klimaschutz zu berechnen Methode: Kosten-Nutzen-Analyse Kritische Grössen: Auflistung der Effekte von Klimawandel bzw. Klimapolitik/ Bewertung dieser Effekte/ Betrachtungszeitraum/ Diskontrate (1,3 + 0,1%) 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 34 5.4 Der Klimawandel und seine Kosten Weiteres Problem: ausgesprochen hohe Unsicherheit, weniger über Klimawandel als über sozio-ökonomische Entwicklungen in 40/100/200 Jahren Befunde von Stern: Ohne Klimapolitik Kosten von 5-20% des globalen BIP bis 2050 Annahme dabei: Erwärmung von bis zu 6°C zugelassen + nicht-monetäre Kosten angesetzt Kosten der Emissionsvermeidung: 1% des BIP 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 35 5.4 Der Klimawandel und seine Kosten Schätzung für Deutschland (DIW): Ohne Klimaschutz 800 Mrd. Euro bis 2050(330 für Klimaschäden, 300 für höhere Energiekosten, 170 für Anpassungen an Klimawandel) Entspricht Wachstumseinbusse von bis zu 0,5%Punkten pro Jahr Ohne Klimaschutz: bis 2100 3‘000 Mrd. Euro Kosten Kosten unterschiedlich hoch in unterschiedlichen Sektoren 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 36 5.4 Der Klimawandel und seine Kosten Schätzung für die Schweiz (OcCC): Lediglich qualitative Abschätzung Betroffene Bereiche: Energie-Bauten, Wasserwirtschaft, Versicherung-Infrastrukturen, Tourismus, Landwirtschaft, Gesundheit, Bis 2050 scheinen die Folgen der Klimaerwärmung – falls „die Erwärmung im erwarteten Rahmen bleibt“ - bewältignar 17.4./24.4.2007 Schubert/Institut für Umwelt entscheidungen/[email protected] 37