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Sommerkrankheiten in der
Hausarztpraxis
Prof. Dr. Reto Krapf
Unterrichtsplan
• Umstellung auf die Sommerzeit
• Infektionskrankheiten mit Höhepunkt im
Sommer
• Wird 2015 ein Hitzesommer?
• Nebenwirkungen von (Flug-)Reisen
Umstellung auf die Sommerzeit
am 29. März 2015
Was raten Sie Ihren PatientInnen?
Umstellung auf Sommerzeit
• Umstellung betrifft 2 Mrd Leute
• In der Nacht nach Umstellung (Sonntag auf
Montag!) schläft man im Schnitt 40 Minuten
weniger lang
• Häufung Arbeitsplatz-basierter Unfälle an
diesen Tagen
• Vermehrt Herzinfarkte
• Verminderte depressive Episoden
Infektionen mit Häufung im
Sommer
Was kommt in den Sinn?
Sommer als saisonaler Höhepunkt von
Infektionen
• Vektoriell übertragene Krankheiten (Zecken)
• Febrile (Sommer)Exantheme
• Und wieder: Masern
FSME-Erreger in Zecken
Grün = niedriges Risiko
Grau-Grün = hohes Risiko
Merkpunkte zur FSME
• Inkubationszeit 1-10 Tage (extrem: 30 Tage)
• Grippale (virämische) Phase 1-5 Tag (extrem: 20 Tage)
• Neurologische Phase nach weiteren 1-10 Tagen
(extrem: 0-50 Tage) mit Hospitalisationsrate von 75 %
• Diagnose: Klinik und spezifische IgM Antikörper (selten
PCR)
• Cave: Impfantikörper (meist nur IgG), heterologe
Antikörper (EBV und Autoimmunerkrankungen)
• Annähernd perenniale Infektionskrankheit
FSME Impfung
Borrelien-verseuchte Zecken (5-100%,
durchschnittlich 1/3)
Borreliose
Borrelien-Diagnostik
Im Liquor und Gelenksaspiraten: PCR
Lyme-Manifestationen
Merkpunkte zur Borreliose (1)
• Eine Infektion erfolgt nach 12-24 h Saugzeit durch die
Zecke, Entfernung also Schutz
• Erythema migrans: 3-30 Tage nach Biss, keine Serologie
bestimmen, 2 mal 100 mg Doxycyclin für 10 Tage
• Frühdissemination (2 Wochen ca): Myokarditis,
Fazialisparese, Myokarditis, Neuropathie, Radikulopathie
• Unbehandeltes Erythema chronicum: In 20%
Spätdisseminationen: Arthritis (Knie!), Polyneuropathie,
Enzephalomyelitis, Acrodermatitis atrophicans
• Antikörperverlauf nicht geeignet für Therapiekontrolle
• Post-Lyme-Syndrom: lästig, aber ursächlich nicht geklärt
Merkpunkte zur Borreliose (2)
• Vakzine mit 75% Schutz war vorhanden
• Rückzug durch GSK wegen 100 Fällen von
Arthritiden (und Androhung entsprechender
Klagen)
• CDC noch FDA hatten keinen ursächlichen
Zusammenhang gesehen
• Annähernd perenniale Infektionskrankheit
Masern

12/2010 bis 08/2011: 679 Masernfälle in der CH

Rückgang 2012 mit erneuter Zunahme um 193% 2013

21% > 20 Jahre alt. 88% ungeimpft

11% hospitalisiert
10/2013 BAG
Masern

Prodromi: Fieber, Malaise, Husten,
Konjunktivitis, Photophobie

2. Tag:
Koplik‘s spots, Fieberanstieg

4. Tag:
Makulopapulöses Exanthem
(Stirne, retroaurikulär)
- konfluierend
- dunkelrot, Purpura

6.-10. Tag: Abblassend, fein schuppend

Enzephalitis 1/1000, Mortalität 1/3000 (Industrienat.)
Virus-Exantheme
Morphologie
Auslöser
makulo-papulo
-vesikulös:
Coxsackie A
ECHOvirus
urtikariell:
Hepatitis B
Coxsackie A9
vesikulös:
HSV, VZV, Poxviren
(gelegentlich
5,9,10,16)
(v.a. 4,9,11)
Exantheme durch Enteroviren

Mitglied der Picornaviridae

häufigste Erreger von Virusexanthemen
im Sommer/Herbst

makulöse, papulöse, morbilliforme, vesikulöse,
rubeoliforme, petechiale, roseola-ähnliche E.

Ev. Viruskultur (rektal, konjunktival, Oropharynx)
Fölster-Holst R, Kreth HW J Dtsch Dermatol Ges 2008,
Hand-Fuss- Mundkrankheit
• Inkubationszeit 3-7 Tage, max 14 Tage
• Am meisten Coxsackie A16
• Hohes Fieber, nach 2-3 Tagen gefolgt von schmerzhaften, z.B.
ulzerierenden Enanthemen
• Kurz danach Exantheme v.a. Handflächen und Fussohlen
sowie Gesässregion
• Selten Nägelverlust
• Enterovirus 71 Hirnstammencephalitis, aseptische Meningitis
• Hygiene, social distancing
Wird 2015 ein Hitzesommer?
Meteorologen gehen prospektiv für
alle 10 Jahre von Sommern ähnlich
jenem von 2003 aus
Kumulativ 70 000 Hitztote!
Exzessmortaliät altersabhängig: 65j + 10%, 90 j + 40 %
Und in der Schweiz ?
Machen wir ein Experiment
• Vergleich eines Durstversuchs bei einem 25
und einem 75 jährigen Mann bis zum
intolerablen Durst, danach freier Zugang zu
unlimitiert Wasser
• Wie schnell und wie intensiv entwickelt sich
Durstgefühl?
• Wie schnell wird der Wassermangel korrigiert?
• Wie hoch ist das ADH (AVP) beim Dursten?
Wasserverlust und Umgebungstemperatur,
Probleme des Marathonläufers
Wasserhaushalt: ADH und Durst
Wasserhaushalt: Effekt des Volumenstatus
Ursachen der Mortalität
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•
•
•
Wasser- und Volumenmangel
Exazerbiert durch «Sommergrippen»
Orthostase und konsekutiv Stürze
Niereninsuffizienz
Exazerbation von Lungenerkrankungen
(Asthma, COPD, «Feinstaub» etc)
Mögliche Ratschläge
• Besuchsprogramm bei alleinstehenden
Personen
• Flüssigkeitszufuhr nach Körpergewicht und
Urinfarbe
• Bei interkurrenten Krankheiten: ACE-Hemmer,
ARB und Diuretika pausieren und Arztbesuch
• Keine Nicht-steroidalen Antirheumatika
• Tricks der Wohnungskühlung ohne
Klimaanlage
Eine weitere Hitze-bedingte Krankheit
Sommerzeit - Flugreisezeit
Jet lag Syndrom
Thromboseprophylaxe
Jet lag Syndrom
•
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•
•
•
•
Ein-und Durchschlafstörungen
Tagesmüdigkeit
Verdauungsstörungen (Obstipation, «zu Unzeit»)
Verminderte Leistungsfähigkeit
Generelle «Malaise»
Schlafentzug (>36h) deutliche Störung der Merkfähigkeit
und des Abspeicherns
• Alles aggraviert durch «travel fatigue»
• Verursacht durch fehlendes resetting der zirkadianen Uhr
• Nicht alle Symptome immer präsent, grosse
interindividuelle Unterschiede
Jet lag Syndrom: Prävention und
Therapie
• Nicht mit Schlafdefizit abreisen
• Melatonin (?)
• Ostwärts: Schlafversuch (allenfalls mit kurzwirkenden
Benzodiazepinen)
• Westwärts: Wach bleiben
• Am Zielort: Sofort neuen Tagesrhythmus annehmen, körperlich
aktiv, viel Licht am Tag, Hauptmahlzeit wie zu hause, aber zum
Zeitpunkt des Zielortes
• Bei mehreren Zeitzonen: Versuch mit Melatonin 5mg, 30 Min vor
dem Einschlafen zur Zielortszeit für 4 Abende (bei Nachtflügen
ostwärts, Einnahme von Melatonin im Flug zur Einschlafzeit am
Zielort)
• Verzicht auf Stimulantien (Modafinil u.a.) wegen Unwirksamkeit,
Koffein ws bessere Alternative
Thromboseprophylaxe (British Journal
of Hematology, 2013, «guidelines»)
• Allgemeiner Art (wenig praktikabel!)
– 1 mal Herumgehen pro Stunde Flugzeit
– Verhinderung der Immobilisierung durch Sedativa/Alkohol
– Hydrierung, zumindest Vermeidung einer Dehydrierung
• Kompressionsstrümpfe bei Risikopatienten
• Eine («underpowered») Studie zeigte Effekt von LMW Heparin
(Clexane 40 mg, 1x vor der Reise)
• Marcoumarisierte Reisende 6 Wochen nach Hüft TP hatten
signifikant weniger Thrombosen
• Keine Daten für F Xa-Hemmer oder Thrombin-Hemmer
• Daten der Prophylaxe bei anderweitiger Immobilisierung nicht
transferierbar (Schutz bei nur kurzfristiger, gar nur einmaliger
Applikation?)
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