Werkstofftechnik Metallische Werkstoffe Einführung Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Metalle und Legierungen Struktur und Eigenschaften Einteilung der Werkstoffe Metall Eisen –Werkstoffe Stähle Baustahl, Werkzeug-, Vergütungsstahl Eisengusswerkstoffe Gusseisen, Temperguss, Stahlguss Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Nichtmetalle Verbundwerkstoffe Nichteisenmetalle Schwermetalle Leichtmetalle > 5kg/dm³ < 5kg/dm³ Kupfer, Zink, Blei Alu, Titan, Magnesium, Natur- Künstliche Werkstoffe Werkstoffe Verstärkte Kunststoffe, Granit, Holz Glas, Kunst- Asbest stoff, Keramik Hartmetalle Stoffkonstanten verschiedener Werkstoffe Elastizität 80 Werkstoff Dichte in kg/dm3 Aluminium 2,7 660 Messing ca. 8,5 ca. 900 Eisen 7,8 1535 Kupfer 8,93 ca. 1083 80 80 elastisch 60 Schmelzpunkt in °C 60 60 20 Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung 40 weichgeglühtes Kupfer 20 20 Gummi 10 20 30 40 Verformung in m m 40 F in kN 40 F in kN F in kN plastisch Baustahl 50 60 10 20 30 40 Verformung in m m 50 60 10 20 30 40 Verformung in m m 50 60 Stoffkonstanten verschiedener Werkstoffe Zähigkeit Zähigkeit ist das Vermögen, innere Spannungen durch Verformung zu verteilen und damit ohne Beschädigung aufnehmen zu können. Das Gegenteil ist die Sprödigkeit. Härte Härte ist der Widerstand eines Körpers gegen das Eindringen eines anderen Körpers in die Oberfläche Korrosionsbeständigkeit Die chemische Beständigkeit von Metallen gegen Einflüsse von außen nennt man Korrosionsbeständigkeit. Technologische Eigenschaften Verformbarkeit, Zerspanbarkeit, Gießbarkeit, Schweißbarkeit, Lötbarkeit Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Anforderungen an die Werkstoffe Technische Aufgabe des Werkstoffs und der Werkstoffauswahl Forderungen an den Werkstoff Erforderliche Eigenschaften Ist der Werkstoff z.B. aufgrund seines Gewichts, seiner Schmelztemperatur oder seines elektrischen Leitvermögens für diese Aufgabe geeignet? Antwort geben physikalische Eigenschaften des Werkstoffs, wie Dichte, Schmelztemperatur und elektrische Leitfähigkeit. Kann der Werkstoff den auf das Bauteil einwirkenden Kräften standhalten? Dies beantworten mechanisch-technologische Eigenschaften, wie Festigkeit und Härte. Verschleißt der Werkstoff an Gleitflächen? Auskunft darauf geben die Verschleißeigenschaften. Mit welchem Fertigungsverfahren lässt sich das Bauteil kostengünstig fertigen? Hierüber informieren fertigungstechnische Eigenschaften, wie Gießbarkeit und Spanbarkeit. Wird der Werkstoff des Bauteils bei seinem vorgesehenen Verwendungszweck von umgebenden Stoffen oder bei erhöhter Temperatur angegriffen? Dieses Verhalten beschreiben chemisch-technologische Eigenschaften, wie Korrosionsverhalten und die Zunderbeständigkeit. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Werkstoff-Auswahl Nach Abwägung aller Gesichtspunkte wird der richtige Werkstoff für ein Bauteil ausgewählt: ▪ der die Funktion des Bauteils und die technischen Anforderungen am besten erfüllt, ▪ dessen Fertigung und Werkstoffpreis am günstigsten ist und ▪ der bei der Fertigung und nach dem Gebrauch keine Belastung für die Umwelt darstellt. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Physikalische Eigenschaften der Werkstoffe Unter der Dichte eines Stoffes versteht man den Quotienten aus der Masse m und dem Volumen V eines Körpers. m V Dichte: Dichte von Stoffen Dichte kg/dm³ Stoff Dichte kg/dm³ Wasser 1 Kupfer 8,9 Aluminium 2,7 Blei 11,3 Stahl 7,85 Wolfram 19,27 V=1dm³ 1dm Stoff 1dm Luft (0°C, 1,013 bar): Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung = 1,29kg/dm³ Physikalische Eigenschaften der Werkstoffe Der Schmelzpunkt ist die Temperatur, bei der ein Werkstoff zu schmelzen beginnt. Schmelztemperatur Stoff Schmelztemperatur °C Stoff Schmelztemperatur °C Zinn 232 Kupfer 1083 Blei 327 Eisen 1536 Al 658 Wolfram 3387 Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Physikalische Eigenschaften der Werkstoffe Die elektrische Leitfähigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Stoffes, den elektrischen Strom zu leiten. Elektrische Leitfähigkeit in % der Leitfähigkeit von Kupfer Stoff Prozent Stoff Prozent Kupfer 100% Zink 29% Silber 106% Eisen 17% Aluminium 62% Blei 8% Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Physikalische Eigenschaften der Werkstoffe l l1 * * t Thermische Längenausdehnung: l1 l l1 = Ausgangslänge l = Längenänderung = Längenausdehnungskoeffizient t = Temperaturänderung t2-t1 Der thermische Längenausdehnungskoeffizient gibt die Längenänderung l eines 1 m langen Körpers bei einer Temperaturänderung von t = 1°C an. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Physikalische Eigenschaften der Werkstoffe Wärmeenergie Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Die Wärmeleitfähigkeit ist das Maß für die Fähigkeit eines Stoffes, Wärmeenergie in sich zu leiten. Physikalische Eigenschaften der Werkstoffe Verformungsverhalten Elastizität eines Sägeblattes Elastisch-plastische Verformung eines Stabstahls Plastizität eines Bleistabes Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Die verschiedenen Werkstoffe können elastisches, plastisches und elastisch-plastisches Verformungsverhalten haben. Physikalische Eigenschaften der Werkstoffe Zähigkeit, Sprödigkeit, Härte Unter Härte versteht man den Widerstand, den ein Werkstoff dem Eindringen eines Prüfkörpers entgegensetzt. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Bestimmung der Härte Beanspruchung der Werkstoffe Beanspruchungsarten Reale Körper sind nie vollständig starr, sondern sie werden durch äußere Kräfte verformt. Die äußere Kraft leistet Deformationsarbeit, die in dem elastischen Körper als potentielle Energie gespeichert wird. Elastische Körper nehmen nach dem Wegfall der Kraft wieder ihre alte Form an. Nichtelastische Körper behalten nach der Krafteinwirkung die neue Form bei, denn die Energie wurde durch die Verschiebung der Metallgitter genutzt. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Innerer Aufbau der Metalle Den Feinbau der Metalle bezeichnet man als kristallinen Aufbau oder als kristalline Struktur. Metallproben unter dem Elektronen-Mikroskop: Man erkennt die Kristallstruktur, die an Tannenbäume erinnert. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Kupfer gediegen Metall-Strukturen Metallbindung (Beispiel Eisen) Aus dem Erz reduzierte Metallatome (Eisenatome Fe) Metallionen -Verband (aus Eisenionen Fe²+) Elektronenwolke Zusammenlagerung Die Metallbindung bewirkt den Aufbau der Metallkristalle und damit den äußerst festen Zusammenhalt (Festigkeit) der Metallteilchen. Metalle sind gute elektrische Leiter. frei bewegliche Elektronen Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Metallionen Metallgefüge Kristallbildung Entstehung der Kristalle: Metalle bilden normalerweise beim Übergang aus der Schmelze in den festen Zustand Kristalle mit regelmäßig angeordneten Atomen. globulare Körner polyedrische Körner dendritische Körner lamellares Gefüge Diese Kristalle wachsen zu Körnern mit jeweils unterschiedlicher Ausrichtung der Kristallgitter und teilweise unterschiedlichen Kristallsystemen und Zusammensetzungen. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Kristalliner Aufbau der Metalle Kristallgitter mit Elementarzelle Die wichtigsten Kristallgitter der Metalle Kubischflächenzentriert Raumgitter Metallionen Die Gitter bilden sich anfänglich aus Elementarzellen. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Kubischraumzentriert Hexagonal dichteste Packung Verformbarkeit der Metalle Aggregatszustände Stufenversetzung Gitterfehler Während der Kristallbildung entstehen Störungen im geometrischen Aufbau des Gittersystems beim Übergang in die feste Phase, durch Gitter- und Phasenumwandlung, thermische Einflüsse und spanlose Umformung. Störungen in der Gitterstruktur erhalten die meisten Werkstoffe überhaupt erst die gewünschten Eigenschaften, sie stellen sie also meistens eine Verbesserung dar. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Kristalliner Aufbau der Metalle Defekt im Atomgitter: Zwischengitteratome : Atome oder Ionen, die sich im Atomgitter einer Kristallstruktur nicht auf einem regulären Gitterplatz befinden. Leerstelle ist ein Platz in der regelmäßigen Anordnung von Atomen, Ionen oder Molekülen im Kristallgitter, der unbesetzt ist. Zwischengitteratome sind Atome oder Ionen, die sich im Atomgitter einer Kristallstruktur nicht auf einem regulären Gitterplatz sondern zwischen den Gitterplätzen befinden. Substitutionsatome finden sich in Mischkristallen aus mindestens zwei Stoffen, bei dem die Atome der zweiten Komponente auf regulären Gitterplätzen der ersten Komponente sitzen. Frenkel-Defekt: Ein Ion oder Atom verlässt seinen regulären Gitterplatz und wandert auf eine normalerweise nicht besetzte Position im Kristallgitter. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Metallgefüge im Schliffbild unter dem Rastermikroskop Korngrenzen eines polykristallinen Metalls Defekt im Atomgitter: Körner gibt es fast in jedem metallischen Werkstoff, meist sieht man sie jedoch nicht. Je kleiner die Körner, desto fester ist das Metall. Mit Glühen kann die Korn Größe verkleinert werden. Korngrenzen Kupfer Korngrenzen sind zweidimensionale Gitterfehler. Die Korngrenze trennt in einem Kristall Bereiche (Kristallite oder auch Körner genannt) unter-schiedlicher Ausrichtung mit ansonsten gleicher Kristallstruktur. An Korngrenzen sammeln bzw. bilden sich Ausscheidungen, insbesondere Oxide. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Korrosion an Korngrenzen Korngrenze in einer verzinkten Stahloberfläche Korngrößen Gefüge mit unterschiedlichen Korngrößen Die gewünschte Korngröße kann erzielt werden durch: • • • Innerer Aufbau eines reinen Metalls Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Wärmebehandlung z.B. Normalglühen Warmumformen z.B. Warmwalzen Zugabe von Legierungselementen z.B. Mangan bei den Feinkornbaustählen. Kristallgemisch - Mischkristall Innerer Aufbau einer KristallgemischLegierung Legierungen haben gegenüber ihrem reinen Grundmetall meist verbesserte Eigenschaften, wie: ▪ höhere Festigkeit ▪ verbessertes Korrosionsverhalten ▪ größere Härte ▪ Bessere Formbarkeit Innerer Aufbau einer MischkristallLegierung Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Wärmebehandlung «Glühen» Was bedeutet Wärmebehandlung? Durch unterschiedliche Aufheizgeschwindigkeiten, Haltezeiten, Haltetemperaturen und Abkühlungsbedingungen lassen sich Zwangszustände im Werkstoff schaffen oder aufheben. Dies geschieht durch Umlagern von Teilchen (Atome, Moleküle) innerhalb des Gefüges. Dadurch können die Eigenschaften von Metallen gezielt verändert werden. Wärmebehandlung «geschützt» Mit der Wärmebehandlung im Vakuum oder unter Schutzgas werden Oberflächenreaktionen vermieden und werden zudem alle reaktionsfähigen Gasbestandteile erreicht. Das Ergebnis ist eine oxid- und entkohlungsfreie Oberfläche. Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Übersicht über die Wärmebehandlungsarten Weichglühen Rekristallisationsglühen Härten Anwärmen, Durchwärmen, Abkühlen von Brammen, Blech, Rohren, Halbzeug Anwärmen, Durchwärmen, Abkühlen von Blech, Rohren, Halbzeug Wärmebehandlung zum Erhöhen der Härte von Legierungen bessere spanende Bearbeitbarkeit Zähigkeit wieder herstellen verschleißfeste, zähe Bauteile Normalglühen Magnet-Schlussglühen Anwärmen, Durchwärmen, Abkühlen von Blech, Rohren, Halbzeug Glühen in Vakuum oder Schutzgasen sowie Reaktionsgasen feinkörnig, gleichmäßiges Gefüge Magnetische Eigenschaften reaktivieren Spannungsarmglühen Nitrierhärten Vergüten Anwärmen, Durchwärmen, Abkühlen von Blech, Rohren, Halbzeug Härten von Stahl durch Zufuhr von Stickstoff Erhöhung der Dauerschwingfestigkeit Kombination aus Härten und Anlassen bei höheren Temperaturen Spannungen im Gefüge abbauen Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Randschichthärten Flamm-, Induktions-, Laserstrahlund Elektronenstrahlhärten Gezielte Oberflächenhärtung Erhöht Dehnbarkeit und Zähigkeit Eisen: Beeinflussung durch metallische Legierungszusätze Elemente Das Element erhöht Das Element erniedrigt Anwendungsbeispiel Aluminium Al Zunderwiderstand, Eindringen von Stickstoff - Nitrierstahl; Desoxidationsmittel bei der Stahlherstellung Chrom Cr Zugfestigkeit, Härte, Warmfestigkeit, Verschleißfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit Dehnung (in geringem Maße) Nichtrostender Stahl Cobalt Co Härte, Schneidhaltigkeit, Warmfestigkeit Kornwachstum bei höheren Temperaturen Schnellarbeitsstahl mit 10% Co, z.B. für Drehmeißel Mangan Mn Zugfestigkeit, Durchhärtbarkeit, Zähigkeit (bei wenig Mn) Zerspanbarkeit, Kaltformbarkeit, Graphitausscheidung bei Grauguss Vergütungsstahl z.B. für Schmiedeteile Molybdän Mo Zugfestigkeit, Warm-festigkeit, Schneidhaltigkeit, Durchhärtung Anlasssprödigkeit, Schmiedbarkeit, (bei höherem Mo-Anteil) Warmarbeitsstahl, z.B. für Strangpressdorne Nickel Ni Festigkeit, Zähigkeit, Durchhärtbarkeit, Korrosionsbeständigkeit Wärmedehnung EN-GJS-NiCr30-3 Vanadium V Dauerfestigkeit, Härte, Warmfestigkeit Empfindlichkeit gegen Überhitzung Werkzeugstahl, z.B. für Gewindebohrer Wolfram W Zugfestigkeit, Härte, Warmfestigkeit, Schneidhaltigkeit Dehnung (in geringem Maße), Zerspanbarkeit Schnellarbeitsstahl mit 6% W, z.B. für Räumnadeln Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung Eisen: Beeinflussung durch nichtmetallische Begleitelemente Elemente Das Element erhöht Das Element erniedrigt Anwendungsbeispiel Kohlenstoff C Festigkeit und Härte (Maximum bei C0,9%), Härtbarkeit, Rissbildung Schmelzpunkt, Dehnung, Schweißund Schmiedbarkeit Vergütungsstahl mit Rm 800N/mm² Wasserstoff H2 Alterung durch Versprödung, Zugfestigkeit Kerbschlagzähigkeit wird bei der Stahlherstellung entfernt, z.B. durch Vakuumbehandlung Stickstoff N2 Versprödung, Austenitbildung Alterungsbeständigkeit, Tiefziehfähigkeit Austenitischer Stahl Phosphor P Zugfestigkeit, Warmfestigkeit, Korrosionswiderstand Kerbschlagzähigkeit, Schweißbarkeit Macht Schmelzen von Stahlguss und Gusseisen dünnflüssig Schwefel S Zerspanbarkeit Kerbschlagzähigkeit, Schweißbarkeit Automatenstahl Silizium Si Zugfestigkeit, Dehngrenze, Korrosionsbeständigkeit Bruchdehnung, Kerbschlagzähigkeit, Tiefziehfähigkeit, Schweißbarkeit, Zerspanbarkeit Federstahl mit einer Zugfestigkeit Rm1600N/mm² Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildungc Einteilung und Verwendung der Stähle Stähle Unlegierte Stähle Grundstähle Qualitätsstähle Legierte Stähle Edelstähle Qualitätsstähle Edelstähle Stähle Baustähle Werkzeugstähle Verwendung für: Verwendung für: Maschinenbau, Fahrzeugbau, Stahlbau, Gerätebau Gesenke, Spritzgussformen, Schneid-, Hand- und Maschinenwerkzeuge Unterteilung in: Unterteilung in: unlegierter Baustahl, Feinkornbaustahl, Automatenstahl, Einsatzstahl, Vergütungsstahl, Nitrierstahl, Federstahl Bilfinger OKI / Aus- und Fortbildung warmfester Stahl, hochwarmfester Stahl, hitzebeständiger Stahl, nichtrostender Stahl, nichtmagnetisierbarer Stahl Kaltarbeitsstahl, Warmarbeitsstahl, Schnellarbeitsstahl