"Leymannsche Ideale und die heutige Arbeitswelt in Deutschland aus persönlicher Sicht“ Dr. Alfred Fleissner Hamburg Was ist Nach Leymann reicht das Spektrum bei Mobbing? Mobbing von Nichtbeachtung über abwertende Äußerungen, Nachahmen und Nachäffen von Verhaltensweisen, aggressive und abwertende Äußerungen über die Vergabe sinnloser Arbeitsaufträge, überzogene und kleinliche Bewertung der Arbeitsergebnisse bis zu offenen Anfeindungen, Schikanen, Beleidigungen und Psychoterror. Das Motiv ist, durch eine Vielzahl gezielter kleiner Stiche den Betroffenen mürbe zu machen, damit er von sich aus kündigt. Das Phasenmodell bei Mobbing nach Leymann: 1. Konflikte, einzelne Unverschämtheiten und Gemeinheiten Ausstieg 2. Übergang zu Mobbing und Psychoterror Ausstieg 3. Rechtsbrüche durch Über- und Fehlgriffe der Personalverwaltung Ausstieg 4. Ausschluss aus der Arbeitswelt Frührente Langfristige Krankschreibung Abschieben und Kaltstellen Mehrere Versetzungen nacheinander Einlieferung in eine Nervenheilanstalt Abfindung Stigmatisierung durch Persönlichkeitsdiagnosen: Betroffene als Kranke (nicht vollendete Diskussion von Heinz Leymann) Menschen, die unter psychischem Stress oder sogar psychischen Erkrankungen leiden, werden „gern“ mit Persönlichkeitsdiagnosen bedacht, die sie in ein sehr negatives Licht rücken. Im Hinblick auf die Mobbingspirale wird deutlich, was das für die Betroffenen an juristischen Problemen aufwerfen kann und wie schwer es diesen Menschen fallen kann, Gerechtigkeit sogar in einem Rechtsstaat zu erheischen, wenn sie erst diese Art von Stigmatisierungen in ihren Papieren haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass entsprechende Diagnosen dazu beitragen, dass die Betroffenen ihre Glaubwürdigkeit verlieren und allmählich in eine Art Dissidententum geraten. Das juristische Problem mit den Persönlichkeitsdiagnosen ist somit genauer zu untersuchen. Es stellt sich die Frage, warum solche Diagnosen überhaupt gestellt werden und wem sie nutzen. Die Erörterung der Persönlichkeitstheorien soll nicht dem folgen, was in Lehrbüchern der Psychologie nachzulesen ist. Statt dessen wird eine Funktionsanalyse durchgeführt. Warum gibt es diese Theorien? Welche allgemeinen Glaubwürdigkeiten haben sie? Wann sind sie von Nutzen? Und wann schaden sie dem Patienten? Die psychoanalytischen und sozialpsychologischen Persönlichkeitstheorien sind untereinander widersprüchlich und dürften keineswegs für Persönlichkeitsdiagnosen genutzt werden, die vor Gerichten Einfluss auf die Rechtslage des Betroffenen nehmen können. Eine andauernde Persönlichkeitsänderung kann der Erfahrung von extremer Belastung folgen. Die Belastung muss so extrem sein, dass die Vulnerabilität der betreffenden Person als Erklärung für die tiefgreifende Auswirkung auf die Persönlichkeit als Erklärung nicht ausreicht. Beispiele hierfür sind Erlebnisse in einem Konzentrationslager, Folter, Katastrophen, andauernde lebensbedrohliche Situationen etwa als Opfer von Terrorismus (als Geisel, langandauernde Gefangenschaft mit drohender Todesgefahr). oder eine umfassende soziale Ausgrenzung mit schweren existenziellen Konsequenzen (Hinzufügung von Leymann!) Eine posttraumatische Belastungsstörung (...) kann dieser Form von Persönlichkeitsänderung vorangehen. Sie wird dann als eine chronische, irreversible Auswirkung einer derartigen Störung angesehen. Eine andauernde Persönlichkeitsänderung kann sich auch ohne vorangegangene posttraumatische Belastungsstörung entwickeln. (...) Diagnostische Leitlinien: Die Persönlichkeitsänderung muss andauernd sein und sich in unflexiblem und unangepasstem Verhalten äuern, das zu Beeinträchtigungen in den zwischenmenschlichen, sozialen und beruflichen Beziehungen führt. Die Persönlichkeitsänderung sollte fremdanamnestisch bestätigt werden. Zur Diagnosenstellung müssen folgende, zuvor nicht beobachtete Merkmale vorliegen: 1. Eine feindliche oder misstrauische Haltung der Welt gegenüber. 2. Sozialer Rückzug. 3. Gefühle der Leere oder Hoffnungslosigkeit. 4. Ein chronisches Gefühl von Nervosität wie bei ständigem Bedrohtsein. 5. Entfremdung. Leymann in seinem Konzept von 1998 für das Buch „Die Mobbingspirale“, dass nicht mehr fertiggestellt worden ist: Es ist meine feste Meinung, dass für den Patienten negative Diagnosen auf sehr mangelhaften Untersuchungen bauen - soweit ich dies bei sehr vielen Patienten mit Mobbinghintergrund habe notieren müssen. Es ist darum auch meine feste Meinung, dass der Psychiater keinerlei für den Patienten schädliche Diagnosen stellen darf, wenn dies nicht haarscharf bewiesen ist. Kann nichts Einschlägiges bewiesen werden, dann soll die Regel gelten, die auch vor Gericht gilt: Wem nichts zu beweisen ist, der ist frei. Kann eine Persönlichkeitsdiagnose (oder eine anderweitig für den Patienten schädliche Diagnose) nicht einwandfrei gesichert werden, dann soll der „Patient“ ohne Diagnose davon kommen. Das sollte ein zukünftiger Ehrenkodex der Psychiatrie sein. Mit dem Buch „Das Mobbingsyndrom“ hat Argeo Bämayr unabhängig vom unvollendeten Vorhaben Leymanns aktuell ganz ähnliche Gedanken veröffentlicht. Mit der in Gründung befindlichen „Initiative für mobbingfreie Gesundheit“ sollte es europaweit gelingen können, für die grundlegenden Gedanken von Leymann eine würdige Fortsetzung zu finden.