Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Dr. Dirk Löffler Bundesanstalt für Gewässerkunde - Referat Gewässerchemie 15. Chemisches Kolloquium – 27. September 2006 Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Struktur: • Fragen an die organische Umweltchemie • Radiotracer Methodik • Messung der Radioaktivität • Anwendungsbeispiele • Zusammenfassung Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Fragen der organischen Umweltchemie Wie verhalten sich organische Substanzen in der Umwelt? • Verteilungsverhalten (z.B. Sediment/Wasser) • Abbauverhalten - Abbaubarkeit (Abbauwege, Abbaukinetik, Persistenz) - Bildung von Transformationsprodukten - Bildung nicht-extrahierbarer Rückstände Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Radiotracer Methodik Prinzip Untersuchung von Prozessen mit Verbindungen deren Moleküle durch radioaktive Isotope markiert sind. Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Radioaktive Markierung Herstellung der 14C/3H-markierten Verbindungen durch Radiosynthese Vorzugsweise 14C-Markierung Ringmarkierung Seitenkettenmarkierung OH O OH I * I * O N * H N * * O 14 OH * N H OH I O COOH Bsp. Ibuprofen Bsp. Iopromid Vorteil: Markierung verbleibt lange konserviert Nachteil: Aufwendige Synthese Vorteil: Einsatz bei speziellen Fragestellungen Nachteil: Schneller Verlust der Markierung Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Radiotracer Methodik (RTM) Sehr geringe Hintergrundbelastung. Radioaktivität = Information die einer Ursprungsverbindung eindeutig zugeordnet werden kann und die damit die Verfolgung des Verbleibs einer Substanz in Umweltprozessen ermöglicht. Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Leistungsfähigkeit der RTM Rückstands- Radiotraceranalytik methodik volatile Ausgangssubstanz bekannte volatile TPs Testsystem Luft unbekannte volatile TPs CO2 (Mineralisierungsprodukt) - Ausgangssubstanz Wasser bekannte TPs unbekannte TPs - Ausgangssubstanz Sediment bekannte TPs unbekannte TPs gebundene Rückstände - Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie → Bilanzierbarkeit Nachteile der RTM Aufwendig durch Strahlenschutzmaßnahmen Radioaktiver Abfall Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Messung der Radioaktivität Messverfahren: Häufig Flüssig-Szintillationsmessung 1. Messung/Bilanz der Radioaktivität Sediment / Boden / Biota Natronkalk (CO2-Falle) Verbrennung Austreiben des 14CO2 Sorption von 14CO2 in Carbosorb Wasser Szintillationsmessung Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Messung der Radioaktivität 1. Messung/Bilanz der Radioaktivität 2. Spezifizierung der Radioaktivität in den Kompartimenten Wasser Sediment / Boden / Biota Anreicherung / Clean-up Extraktion / Clean-up Chromatographie LC, TLC, GC Radiometrische Detektion Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Anwendungsbeispiele Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie 1. Fate von Iopromid in W/S-Systemen Gasaustausch Glaswolle Natronkalk Glaswolle Luft CO2-Falle Experimentdauer: Probenahme nach: Konzentration Testsubstanzen: 100 d 0, ¼, 1, 2, 7, 14, 28 , 56, 100 d 100-500 µg/kg Testgefäß Wasser Sediment Adaptiert nach OECD 308 Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie 1. Fate von Iopromid in W/S-Systemen 100 100 80 80 O Radioaktivität im Wasser Total Iopromid TP A TP B Relativer Konzentration TP Can Radioaktivität in Wasser TP D Sediment Kalkfallen allen Kompartimenten Iopromid O I C/C0 [%] C/C0 [%] HN O I * N O I 60 60 Röntgenkontrastmittel 4040 OH NH 14 C-Iopromid C-Iopromid Wasserkompartiment Radioaktivität in den Kompartimenten 14 2020 OH OH OH 00 00 20 20 40 40 60 Versuchslaufzeit [d] [d] Versuchslaufzeit Löffler et al., 2005, ES&T Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie 80 80 100 100 2.Verlagerungsverhalten von Iopromid in Böden O O HN I Iodiertes Kontrastmittel O I * Sehr polar (log KOW = -2.33) N O I OH NH OH 14C-Ringmarkierung OH OH Oppel et al., 2004, Sci. Tot. Env. Bodensäulen in einer LeachingStudie. Sektionierbare Glasssäulen (350 mm lang, 50 mm I.D.) Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie 2.Verlagerungsverhalten von Iopromid Radioaktivität im Boden und im Leachat (Sickerwasser) LUFA 2.2 EuroSoil 5 Recovery Recovery 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0-5 0-5 5-10 5-10 10-15 15-20 20-25 25-30 Leachate Soil depth [cm] So il depth [cm] 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 10-15 15-20 20-25 25-30 Leachate Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie 2.Verlagerungsverhalten von Iopromid Zusammensetzung der Radioaktivität in den Leachaten (Mittelwert von 2 Bodensäulen) LUFA 2.2 EuroSoil 5 Iopromid - 85 ± 9% Metabolit 1 63 ± 2% 15 ± 9% Metabolit 2 23 ± 1% - Metabolit 3 Summe 14 ± 3% 100% 100% Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie 3. Abbau von 14C-8:2-FTOH in aeroben Belebtschlammsystemen Perfluortelomeralkohol Produktion weltweit 2000-2002 (~ 5000 Tonnen) F F F F F F 14 F Beschichtungen (Wasser- und Fettabstoßend) F F C OH F F F F F Synthesevorstufe, Polymerzusätze, uvm. Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie F F F 3. Abbau von 14C-8:2-FTOH in aeroben Belebtschlammsystemen Wang et al., 2005, ES&T Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Zusammenfassung • wertvolle Methodik für die Aufklärung von Umweltprozessen • erlaubt Bilanzierung des Verbleibs von Substanzen • sehr empfindlich • sehr geringe Backgroundproblematik • zielführend bei der Identifizierung von Transformationsprodukten • Ergänzung zur Rückstandsanalytik (v.a. Massenspektrometrie) Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. Dirk Löffler Referat Gewässerchemie Bundesanstalt für Gewässerkunde Am Mainzer Tor 1 56068 Koblenz Tel.: 0261/1306-5219, Fax: 0261/130-5363 E-Mail: [email protected] www.bafg.de Einsatz radioaktiv markierter Verbindungen in der organischen Umweltchemie