Teil 4 Massenspektrometrie Dr. Christian Merten, Ruhr-Uni Bochum, WiSe 2016/17 www.ruhr-uni-bochum.de/chirality 1 Funktionseinheiten eines Massenspektrometers Grundprinzip der MS: Trennung von Ionen nach Masse und Ladung MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 2 Einlass-Systeme: Indirekter Einlass (~100 µg Probenmenge) Einlass für gasförmige und leicht flüchtige (verdampfbare) Proben MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 3 Einlass-Systeme: Direkter Einlass (1-100 µg Probenmenge) (1) Probenschleuse geöffnet zum Befüllen des Verdampfungstiegels (2) Probenschleuse geschlossen und evakuiert Verdampfungstiegel in Ionisationskammer transferiert MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 4 Ionisationsmethoden Man unterscheidet allgemein: Harte Ionisation: Hohe Ionisierungsenergie, durch die entstandene Ionen in Fragmentierungsreaktionen in kleinere charakteristische Fragmente zerfallen können Weiche Ionisation: Keine oder geringfügige Fragmentierung Wir beschäftigen uns (wenn auch manchmal nur ganz kurz) mit: Elektronenstoß (electron impact, EI) Chemische Ionisation (CI) Fast Atom Bombardment (FAB) Elektrospray-Ionisation (ESI) Matrix-unterstützte Laser-Desorption/Ionisation (MALDI) MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 5 Erzeugung von Ionen mittels Elektronenstoß (EI) Gesamtvolumen ~1 cm3, Druck ca. 10-4 bis 10-7 mbar (Hochvakuum), T ~ 250°C Glühkathode aus Re- oder W-Draht … emittiert schon bei wenigen mA Stromfluss Elektronen, die Richtung Anode beschleunigt werden (Elektronenenergie typischerweise ~70eV). Ionen werden vor Austritt aus Quelle beschleunigt. MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 6 Massentrennung – Der Klassiker, das Sektorfeld-MS Beschleunigung der Ionen mit Beschleunigungsspannung UB: ⋅ ⋅ 1 2 ⋅ ⋅ ⟹ Einfachstes Trennungsprinzip: Beschleunigte Ionen in homogenes Magnetfeld „hineinschießen“ Bewegte Ladung in Magnetfeld Es wirkt die Lorentzkraft: ⋅ Es ist einfach gezeigt, dass gilt 2 → ⋅ Magnetfeld senkrecht zur Papierebene. MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 7 Massentrennung – Der Klassiker, das Sektorfeld-MS Abfahren verschiedener Feldstärken B erlaubt Auftrennung der Ionen nach m/z. 2 Crash mit Wand Crash mit Wand MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 Passende Flugbahn 8 Massentrennung – Der Klassiker, das Sektorfeld-MS Ionen treten aus Ionenquelle nicht mit exakt identischen Geschwindigkeiten (Energiedispersion) und auch nicht mit genau gleichen Flugbahnen (Richtungsdispersion) aus zwei Magnetfelder zur Korrektur von Abweichungen MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 9 Ionendetektion – Noch ´n Klassiker: Sekundärelektronen-Vervielfacher (SEV) Ionen treffen auf Elektrode… „Einschlag“ eines Ions schlägt ein Elektron aus Elektrode … das beim Auftreffen auf eine Elektrode höheren Potentials ein weiteres Elektron freisetzt … die beim Auftreffen auf eine Elektrode höheren Potentials ein weitere Elektronen freisetzen … das beim Auftreffen auf eine Elektrode höheren Potentials ein weitere Elektron freisetzen MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 10 Bildung von Molekülionen Durch Kollision mit Elektron erfolgt Übertrag von Stoßenergie Herausschlagen eines (oder seltener auch mehrerer) Elektron(en): Ionisierung: → → ⋅ ⋅ Ionisierungsenergien (Beispiele) n-Hexan 10.17 eV Ethanol 10.48 eV Cyclohexan 9.88 eV Acetaldehyd 10.21 eV Cyclohexen 8.95 eV Essigsäure 10.35 eV Benzol 9.25 eV Methylamin 8.97 eV Anthracen 7.23 eV Anilin 7.70 eV MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 11 Bildung von Molekülionen Durch Kollision mit Elektron erfolgt Übertrag von Stoßenergie Herausschlagen eines (oder seltener auch mehrerer) Elektron(en): Ionisierung: ⋅ → → ⋅ Hoher Energieüberschuss bei Ionisierung führt oft auch zu ⋅ Fragmentierung: Neutralverlust: MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 ⋅ ⋅ → → ⋅ 12 EI-MS von Acetophenon (MW=120) Basision (Basispeak) Molekülion M+ MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 13 Ein paar wichtige Vokabeln Molekülion: Peak mit größter Masse Basispeak: Intensivster Peak, auf den alle anderen Peaks normiert werden Fragmentionen: bilden sich aus Molekülionen durch Zerfall (Primär- und Sekundärfragment möglich) MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 14 Eigenschaften des Molekülions 1. M+ ist das Ion mit der höchsten Masse, das eine Verbindung liefern kann 2. M+ ist geradzahlig, wenn kein N oder eine gerade Anzahl NAtome vorhanden ist, und ungeradzahlig bei ungerader Anzahl an N-Atomen (Stickstoff-Regel). 3. Alle Fragmente müssen von M+ aus chemisch sinnvolle Massendifferenzen haben 4. M+ muss alle Elemente enthalten, die in den Fragmenten festzustellen sind 5. Die Intensität von M+ ist dem Probendruck proportional 6. Die Intensitätsabnahme von M+ und zugehörigen Fragmentsignalen als Funktion der Zeit ist gleich. MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 15 M+ ist nicht immer die höchste Masse im Spektrum … denn: Anlagerungen von Protonen oder anderen Kationen (Li+, Na+) möglich [M+H]+ häufig bei Alkoholen oder Aminen zu beobachten Fragmentierungen können mitunter sehr bevorzugt auftreten Nur [M-R]+ beobachtet MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 16 Region des Molekülpeaks von C7 H6 Cl N O Rund um den Molekülpeak können kleine Satelliten auftreten, deren Intensitäten auf die relativen natürlichen Häufigkeiten der Isotope der beteiligten Elemente zurückzuführen sind. m/z = 155 12C 1H 35Cl 14N 16O 7 6 1 1 1 m/z = 156: + 12C6 13C1 1H6 35Cl1 14N1 16O1 + 12C67 1H5 2H1 35Cl1 14N1 16O1 + 12C6 1H6 35Cl1 15N1 16O1 + 12C6 1H6 35Cl1 14N1 17O1 m/z = 157: … … … bis m/z = 173 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 17 Element Massen und Isotope Massenzahl Rel. Häufigk. % 1 99.99 1.007825 2 0.01 2.014102 12 98.93 12.000000 13 1.07 13.003355 14 99.63 14.003074 15 0.37 15.000109 16 99.76 15.994915 17 0.04 16.999132 18 0.21 17.999160 F 19 100.00 18.998403 18.9984 Si 28 92.23 27.976927 28.0855 29 4.68 28.976495 30 3.09 29.973770 P 31 100.00 30.973762 30.9738 S 32 94.93 31.972071 32.0660 33 0.76 32.971459 34 4.29 33.967867 36 0.02 35.967081 35 75.78 34.968853 37 24.22 36.965903 79 50.69 78.918338 81 49.31 80.916291 127 100.00 126.90446 H Einheit der Molekülmasse ist die C atomare Masse u (amu) N 1 u = 1 Da (Dalton) = 1/ 12 O m(12C) = 1.66053810-27 kg Verschiedene Massen werden unterschieden (hier am Beispiel C7H16): Nominalmasse = 100 Exakte Masse = 100.125 (isotopenrein!) Mittlere Masse = 100.205 (über Isotope Cl Br gemittelt) I MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 Exakte Masse amu Chem. Atomgew. g mol-1 1.0079 12.0107 14.0067 15.9994 35.4527 79.9040 126.9045 18 Beispiele für Isotopenmuster am Molekülpeak OCH3 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 Si(CH3)3 19 Isotopenmuster Halogene Mehr zum Thema Isotopenmuster finden Sie als Download. MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 20 EI-MS von 1.3-Dichlorbenzol MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 21 Auflösungsvermögen Manchmal können einer Nominalmasse verschiedene Summenformeln zugeordnet werden Summenformel MZ Exakte Masse CO2 44 43.9898 C2H4O 44 44.0262 C2H6N 44 44.0500 C3H8 44 44.0626 C213CH7 44 44.0581 Exakte Masse muss genau bestimmt werden können! MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 22 Auflösungsvermögen: 10%-Tal-Definition 43.9898 44.0262 Auflösungsvermögen Δ Um zwei Signale bei M=43.9898 (CO2) und M=44.0262 (C2H4O) auseinander zu halten, Zwei benachbarte Signale gelten als aufgelöst, wenn sie sich zu nicht mehr als 10% überlappen. MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 benötigen wir demnach eine Auslösung von 44 44.0262 43.9898 44 0.0364 1208 23 Auflösungsvermögen: Verschiedene Analysatoren Analysator Trennprinzip Sektorfeld Magnetisches und elektrisches Feld bis ~10000 Exakte Masse max. 200000 TOF Flugzeit unbegrenzt Exakte Masse ~30000 Quadrupol Quadrupolfelder ~2000 Nur Nominalmassen Ionenfalle Quadrupolfelder ~6000 Nur Nominalmassen FT-ICR-MS Cyclotronfrequenz ~20000 Exakte Masse (108) MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 Massenbereich Auflösung 24 EI-MS von Acetophenon (MW=120) Basision (Basispeak) -28 Molekülion M+ -15 -77 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 25 Fragmentierung von Acetophenon O O CH3 +e- CH3 -2e- MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 26 -Spaltung: EI-MS von 2-Butanon -Spaltung: -Bindungen zu Heteroatomen werden bevorzugt gespalten. O CH3 H3 C O CH3 m/z = 15 m/z = 57 CH3 43 O Kurznotation: CH3 H3C 57 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 27 -Spaltung: EI-MS von Cyclohexanon 98 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 28 Benzyl-Spaltung: EI-MS von Butylbenzol CH3 CH2 CH3 - C4H9 77 134 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 CH2 29 -Spaltung / McLafferty-Umlagerung Übertragung eines -Wasserstoff-Atoms in einem 6-gliedrigen Übergangszustand auf ein (mindestens) doppelt gebundenes Atom beobachtet für C=O, C=N, S=O, C=C Konzertierter Ablauf Schrittweiser Ablauf MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 30 -Spaltung / McLafferty-Umlagerung Die McLafferty-Umlagerung erfolgt unter Ladungserhalt, d.h. als Alkenverlust, aus dem Ausgangsmolekül. In Abhängigkeit der Ionisierungenergie der beiden Produkte kann auch das entsprechende Molekülion im Spektrum auftreten. Man formuliert deshalb meist allgemein: Prüfen Sie also am besten immer auf beide Ionen! MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 31 McLafferty: Buttersäure-methylester ebenfalls charakteristisch für Methylester: O -Spaltung H3CO 59 Ethylester: 73 und 88 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 32 Fragmentierungstabellen Eine Übersicht charakteristischer Massendifferenzen steht Ihnen als Download bereit! MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 33 Übung: Erklären Sie das Fragmentierungsmuster O m/z = 73: Verlust der Methyl-Gruppe durch -Spaltung O C4H8O2, M=88 m/z = 43 Verlust der Ethoxy-Gruppe durch -Spaltung O O H3C H3C O m/z = 60: McLafferty-Umlagerung H O H3C OH Bei Carbonsäuren wird oft die protonierte Form beobachtet. 61 MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 34 Übung: Erklären Sie das Fragmentierungsmuster m/z = 77: Verlust der Phenyl-Gruppe durch -Spaltung m/z = 105 Verlust von OC3H7 durch -Spaltung 77 O O McLafferty-Umlagerung 122 O O 43 123 (51 = C4H3+ aus Aromaten) MdS-1 | Massenspektrometrie | Dr. C. Merten | WS 2016/17 35