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Berufsgrundbildung Elektrotechnik
Mathematische Grundlagen
Formeln – die Universalsprache der Technik
Mathematik ist nicht so sehr eine Sammlung von Wissen
als eine besondere Art Sprache, und zwar eine so vollkommene
und abstrakte, dass sie, so hofft man, von allen vernunftbegabten
Geschöpfen des Universums verstanden werden müsste,
wie verschieden deren Sinnesorgane auch gebaut sein mögen.
(Zitat nach: Ing. Josef Eibl, Salzburg)
1.0
Formeln – die Universalsprache der Technik
Der naturwissenschaftliche Bereich der experimentellen Physik darf als Wiege der
Formelsprache angenommen werden. Was etwa Galileo, Newton und Einstein an
physikalischen Gesetzmäßigkeiten bzw. Zusammenhängen erkannten, wurde – nicht
nur um es auch für normal sterbliche verständlich zu machen – mit Hilfe von
Gleichungen in allgemeiner Form in exakter und unmissverständlicher Weise durch
Formeln dargestellt.
Für elektrotechnische Fachbereiche finden wir die von Georg Simon Ohm, Robert
Kirchhoff, Nikola Tesla oder James Watt – um nur einige zu nennen – ermittelten
Gesetzmäßigkeiten in Tabellenbüchern, als einer Sammlung facheinschlägiger Formeln.
1.1
Die Grammatik der Formelsprache
Als allgemeingültige Rechenanweisungen begegnen uns Formeln als Buchstabengleichungen. Beispielsweise ist für die Größe der Spannung (Grundeinheit Volt) U als
Formelzeichen genormt.
Ist es notwendig innerhalb einer Größe eine Unterscheidung zu treffen, so wird das
Formelzeichen mit einem Index versehen. U1 bezeichnet etwa die Spannung am
Widerstand R1.
Bei deinen ersten berufsgrundbildenden Berechnungen werden dir vor allem folgende Größen mit ihren Formelzeichen und Grundeinheiten begegen:
Aus den Grundlagen der Elektrotechnik:
Größe
Grundeinheit
Spannung
Stromstärke
Ohmscher Widerstand
Elektrische Wirkleistung
Elektrische Arbeit
Wärmemenge
spezifische Wärme
Masse
Zeit
Volt (V)
Ampere (A)
Ohm ()
Watt - Kilowatt (W - kW)
Wattsek. – Kilowattstd. (Ws - kWh)
Joule - Kilojoule (J - kJ)
Joule/Kilogramm.Kelvin (J/kg.K)
Gramm - Kilogramm (g - kg)
Sekunden - Stunden (sec.- h)
6
Formelzeichen
U
I
R
P
W
Q
c
m
t
Aus den Grundlagen der Mechanik:
Größe
Grundeinheit
Formelzeichen
Kraft
Gewichtskraft
Mechanische Arbeit
Drehmoment
Weg
Geschwindigkeit
Beschleunigung
Erdbeschleunigung
Drehzahl
Newton (N)
Newton (N)
Newtonmeter (Nm)
Newtonmeter (Nm)
Meter - Kilometer (m - km)
Meter/Sekunde - Kilometer/Stunde
Meter/Sekunden2 (m/s2)
9,81 m/s2
Umdrehung/Minute (1/min)
F
G
W
M
s
v
a
g
n
Ein gewisser "Touch von höherer" fachrechnischer Bildung wird uns schließlich durch
die Verwendung griechischer Buchstaben verliehen:
für
den Wirkungsgrad
die Temperatur
eine Differenz (Unterschied)
eine Temperaturdifferenz
den spezifischen Widerstand
den Leitwert
die Winkelgeschwindigkeit







eta
theta
delta
delta-theta
rho*
gamma
omega
*
Wird auch für die Dichte (g/cm 3 bzw. kg/dm3) im Zusammenhang mit Massenberechnungen verwendet.
In der Wechselstromtechnik wird das Winkelzeichen  (phi) in Form des sogenannten
Phasenverschiebungswinkels cos (cosinus-phi) ein allgegenwärtiger Formelbegleiter
sein.
1.2
Die Formeldokumentation
Tabellenbücher sind natürlich eine gute Sache, erweisen sich aber bezüglich des
schnellen Suchens einer Formel als wenig komfortabel. Sowohl in dieser Hinsicht,
aber vor allem auch als gute Einführung in die Arbeit mit Formeln, ist das Anlegen
einer persönlichen Formelsammlung – händisch oder computerunterstützt – sehr zu
empfehlen
Als Beispiel sei die Formel zur Berechnung der elektrischen Arbeit (Stromverbrauch)
angeführt:
W=P.t
Um damit auch rechnen zu können, ist es notwendig die Formelzeichen zu beschreiben und mit den in diesem Zusammenhang gültigen Einheiten zu versehen.
W
P
t
=
=
=
Elektrische Arbeit in kWh (Kilowattstunden)
Wirkleistung in kW (Kilowatt)
Zeit in h (Stunden)
7
Es ist geradezu ein klassisches Beispiel für einen immer wieder zu beobachtenden
Berechnungsfehler im Zusammenhang mit der elektrischen Arbeit, dass die
Wirkleistung in Anlehnung an eine vorangegangene Berechnung in der Einheit Watt
eingesetzt wird.
Die elektrische Arbeit erhöht sich dadurch um den tausendfachen (!) Wert. In der Folge ergeben sich
beispielsweise horrende Stromkosten für den fünfstündigen Betrieb einer Konvektorheizung mit 3000 W
(3 kW). Eine Sache für Ölscheichs, die aber ohnehin nicht mit elektrischem Strom heizen.
Deshalb erscheint es auch praktisch, die Formel durch die allenfalls notwendigen Umrechnungen der Einheiten zu ergänzen:
1W
oder eleganter
1W
1.3
=
0,001 kW
=
1 . 10-3 kW
1 kW
oder eleganter
1 kW
=
1000 W
=
1 . 103 W
Formeln verstehen
Die Arbeit mit Formeln erleichtert sich enorm, wenn man sich der Mühe unterzieht, ein
Verständnis dafür zu erwerben, was mit einer entsprechenden Gleichung überhaupt
ausgedrückt wird. Aus der Erkenntnis, dass die Größe der elektrischen Arbeit einerseits von der Wirkleistung eines Verbrauchers und andererseits von der Betriebsdauer
abhängig ist, ergeben sich die beteiligten Variablen W, P und t. Die verrichtete
elektrische Arbeit (Stromverbrauch) ist nun um so höher, je größer die Wirkleistung
und je länger die Betriebsdauer ist. In mathematisch exakter Weise sollten wir feststellen, dass sich Leistung und Zeit direkt proportional (je mehr desto mehr) zur
elektrischen Arbeit verhalten. Werden die eben ausgedrückten Gedanken in die
Formelsprache "übersetzt", so ergibt sich der Zusammenhang von W = P . t.
In der Berufsgrundbildung stellt sich uns aber nicht die Aufgabe des "Formelentwickelns". Vielmehr müssen wir den umgekehrten Weg beschreiten und auf der
Basis logischer Überlegungen eine Formel in Sprache "übersetzen". Erst wenn dies
gelingt, so haben wir die Formel auch verstanden.
Die Beziehung
I

U
R
verdanken wir bekanntlich Georg Simon Ohm.
Um den genannten Zusammenhang zu verstehen sind nun folgende "Untersuchungen" notwendig:

Was kann mit dieser Formel berechnet werden und welche Bedeutung haben
die Formelzeichen ?
Mit dieser Formel wird die Stromstärke in einem elektrischen Stromkreis berechnet.
I
U
R
für die Stromstärke in Ampere
für die Spannung in Volt
für den (ohmschen) Widerstand in Ohm
8

In welchem mathematischen Verhältnis befinden sich die Variablen U und R zu
I?
-
Da U im Zähler des Bruches steht, wird sich bei Erhöhung von U auch
der Wert von I erhöhen - U befindet sich zu I in einem direkt proportionalen Verhältnis - je mehr desto mehr;
-
Da R im Nenner des Bruches steht, wird sich bei Erhöhung von R der
Wert von I verringern - R befindet sich zu I in einem indirekt proportionalen Verhältnis - je mehr desto weniger;
"Ist doch logisch", wird er geübte Mathematiker sagen. Und doch kommen wir oft
schneller als wir denken in eine Situation, wo wir an der "Logik" zu zweifeln beginnen.
Eine Möglichkeit die Richtigkeit unserer logischen Annahmen zu überprüfen besteht
darin, es mit konkreten Zahlen auszuprobieren.
Mit steigender Spannung muss sich also der Wert der Stromstärke erhöhen und mit
steigendem Widerstand verringern. Ist dies wirklich der Fall, so stehen unsere logischen Schlüsse offensichtlich auf festen Beinen.
In der praktischen Arbeit mit Formeln wird es nicht selten notwendig sein, einen Zusammenhang sozusagen nur "überschlägig" zu erfassen.
Für die Berechnung des Widerstandes elektrischer Leiter (Leitungsdraht) finden wir
etwa in einem Tabellenbuch zwei Formeln:
R
R
l


A
.l
A

=
=
=
=
=
bzw.
R

l
.A
Leitungswiderstand in Ohm
Leiterdrahtlänge in m
spezifischer Widerstand in mm2/m
Leitfähigkeit in m/mm2
Leiterquerschnitt in mm2
Ohne viel theoretischen Hintergrund wollen wir nun versuchen diese Formel zu
erklären:
Der Widerstand eines Leitungsdrahtes hängt offensichtlich von seiner Länge ab. Da l
im Nenner des Bruches steht, wird sich mit zunehmender Leitungslänge der Widerstand erhöhen.
Des weiteren hat der Leiterquerschnitt einen Einfluss auf den Widerstand. Der Querschnitt A steht im Zähler des Bruches. Bei Erhöhung des Querschnittes wird sich also
der Widerstand verringern.
Schließlich wirkt sich auch noch das Leitermaterial auf den Widerstand aus, was durch
den spezifischen Widerstand bzw. durch die Leitfähigkeit ausgedrückt wird. Für praxisgerechtes Arbeiten mit den Formeln ist es nun aber gar nicht notwendig, einen
langwierigen Ausflug in Richtung spezifischen Widerstand bzw. Leitfähigkeit eines
Leiters zu unternehmen. Wenn wir in unserer Formelsammlung festhalten, dass die
Leitfähigkeit - mit dieser wird in der Praxis nämlich meistens gerechnet - von Kupfer 56
und die von Alumninium 35 beträgt, so ist durchaus eine verständnisvolle Berechnung
möglich. Wenn du die Zahlen 56 und 35 mit ihrer Position in der Formel (Nenner) vergleichst, wirst du richtiger Weise feststellen, dass Kupfer ein besserer elektrischer
Leiter ist als Aluminium.
9
Mag dir dieser Weg für den Anfang auch reichlich mühsam erscheinen, so bietet er
doch auch erhebliche Vorteile.
Ein prinzipielles Grundverständnis bildet die Voraussetzung für die Fähigkeit des
logischen Abschätzens eines Rechenergebnisses, wodurch sich der qualifizierte
Fachrechner von dem seinen elektronischen Rechenhilfsmitteln auf Gedeih und Verderb ausgelieferten "automatisierten" Rechner unterscheidet.
Es bewahrt dich auch davor, das Ergebnis mit keiner oder einer falschen Einheit zu
versehen.
Schließlich wird sich auch die Sicherheit bei notwendigen Formelumstellungen durch
Äquivalenzumformungen erhöhen.
1.4
Mit Formeln rechnen
Werden zwei Widerstände in reihe geschaltet, so ergibt sich der Gesamtwiderstand
aus der Summe der Einzelwiderstände. Dieser Sachverhalt wird mit Hilfe einer
Gleichung in allgemein gültiger Weise als Formel für die Reihenschaltung von zwei
Widerständen ausgedrückt:
R = R 1 + R2
Sind zwei der Größen bekannt, so kann jeweils die dritte Größe ermittelt werden.
Prinzipiell bestehen nun zwei Lösungsmöglichkeiten:
a) Logisches Denken:
Es ist unmittelbar zu erkennen, dass man den Wert des Widerstandes R 2 dadurch
erhält, indem vom Gesamtwiderstand R der Wert des Widerstandes R 1 abgezogen
wird.
b) Umstellen der Formel – Äquivalenzumformung:
Wiewohl die Logik nie außer acht gelassen werden darf, wirst du aber sehr häufig
die "automatisierte" Methode der Äquivalenzumformung anwenden. Aus der Formel
für den Gesamtwiderstand bei der Parallelschaltung von zwei Widerständen, wirst du
die genannte Aufgabe nicht mehr nur durch logisches Denken lösen können.
Werden zwei Widerstände parallel geschaltet, so ergibt sich der Gesamtwiderstand
aus der Division des Produktes durch die Summe der Einzelwiderstände.
R

R1  R2
R1  R2
Für die Ermittlung des Wertes von R2 bedarf es nun einer entsprechenden
Gleichungsumformung, deren Regeln dir aus dem Mathematikunterricht der Hauptschule natürlich längst bekannt sind. Die dir bekannten Regeln müssen in diesem Fall
aber nun so "kombiniert" werden, dass trotz deiner Vorkenntnisse Schwierigkeiten
bzw. Fehler zu erwarten sind.
Hast du damit allerdings nicht das geringste Problem, so kannst du dir die nun folgende Einführung in die Gleichungslehre sparen.
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